Glückliche Kindheit in Hamburg
Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke, so hatte ich eine glückliche Kindheit, wie ich meine. Nach deutschem Recht ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Für die Eltern bleibt man sein Leben lang das Kind, wenn sie zu ihrem Kind stehen.
Meine Eltern hatten es nicht leicht bei der Gründung einer Familie 1949 in Hamburg. Um auch kirchlich heiraten zu dürfen, mussten beide Partner einer christlichen Konfession angehören. Da mein Vater katholisch war und meine Mutter evangelisch, musste meine Mutter einige Stunden Religionsunterricht in einer katholischen Gemeinde besuchen. Dann durften sie 1949 in einer katholischen Kirche heiraten. Auf St. Pauli bekamen sie ein kleines Zimmer neben Omas und Opas Wohnzimmer.
1951 zogen meine Eltern nach Hamburg-Langenhorn. Hier wohnten sie in einer Holzbaracke mit nur einem WC, das von mehreren Bewohnern gemeinsam benutzt wurde. Vor der Baracke warteten die Kinder auf mich zum Spielen. Waren keine Kinder da, hatte ich ja noch die Hühner meiner Eltern. Sie lebten in einem Verschlag neben den Baracken. Dort, im Hühnerstall, war immer Bewegung, besonders wenn ich mit meiner Mutter das Federvieh füttern durfte. Sonntags ging es mitunter auf den Fußballplatz in Langenhorn. Dort spielte mein Vater bei Fichte Langenhorn
1909 als Arbeitersportverein FTSV Fichte Langenhorn gegründet und – wie alle Arbeitersportvereine – 1933 von den Nationalsozialisten verboten worden, gründete sich aber nach Ende der Nazi-Herrschaft wieder neu. Heutiger Name: Sportclub Alstertal-Langenhorn e. V.. Meine Mutter und ich beobachteten das Spiel live auf dem Platz.
Vielfach ging es auch zu Oma und Opa nach St. Pauli mit der Hamburger-Hochbahn (U-Bahn). Dort ging es hoch hinaus in den vierten Stock eines Mietshauses in der Rendsburger Straße unweit der Hamburger Reeperbahn. Bei Oma durfte ich am Küchenschrank die Kaffeebohnen mit der Handmühle mahlen. An einem Kiosk auf der Reeperbahn kaufte Oma mir ein kleines durchsichtiges Passagierschiff, gefüllt mit etwa 200 Gramm Gummibärchen. Damit konnte ich meiner Fantasie beim Spielen freien Lauf lassen. Ich spielte auch gern mit kleinen Plastikautos. Sie waren als Überraschung in jedem Muckefuck-Kaffee-Paket. Der Kaffee fing mit B
, wie Bonisto
Binisto-Werbung der 1950er Jahre an. Muckefuck-Kaffee wurde viel getrunken, weil er erheblich billiger als Bohnenkaffee war. Bohnenkaffee war zu der Zeit sehr teuer. Man kaufte ihn in kleinen Mengen in 125-Gramm-Packungen.
Auch war ich begeistert, wenn dort die Hamburger Straßenbahn der Linie 14 durch die Hein-Hoyer-Straße ratterte. Sie fuhr Richtung Eimsbüttel - Schulterblatt. Mitunter nur mit einem Triebwagen (Motorwagen), manchmal auch mit ein oder zwei Anhängern.
Die Zeit bei Oma und Opa verging immer wie im Flug
. Dann holten meine Eltern mich wieder ab und es ging zurück nach Hamburg-Langenhorn. Hier war es wieder dörflich und es gab nur ganz wenige Geschäfte.
Meine Eltern verabredeten sich oft mit Nachbarn aus den Baracken. Es ging zu viert Samstagabend zum Tanzen ins Hotel TomfortHotel Tomfort, bis 31. Dezember 2006 in Langenhorn an der Langenhorner Chaussee. Hier fanden in den 1950er Jahren viele Veranstaltungen statt. Vor einigen Jahren wurde das Gebäude abgerissen und ein großer Discounter entstand auf dem Gelände.
Im Jahre 1955 zogen meine Eltern und ich nach Hamburg-Barmbek, heute Barmbek Süd. Hier wohnten wir zur Untermiete, mit Kohlenheizung im dritten Stock eines Mietshauses mit 16 Mietparteien in der Mozartstraße. Zwei der Mieter hatten noch ihr Geschäft im Haus. Rechts am Torweg war das Radiogeschäft Fischbacher. Links war ein Kaffee- und Konfitürengeschäft. Ganz links war die Komet-Drogerie ohne Wohneinheit. Der Besitzer der Drogerie hatte noch zwei weitere Geschäfte in der Semperstraße und am Anfang der Gärtnerstraße auf der rechten Seite. War der Schaufensterdekorateur im Kaffeegeschäft im Schaufenster, verschenkte er die alte verblichene Werbung an uns Kinder. So auch Attrappen von Schokoladen-Packungen, wie Sarotti, Stollwerk und Waldbauer.
In der Mozartstraße 4 bis 10 bei VW-Eble standen viele VW Käfer und Transporter T1 auf dem großen Hofplatz. Heute würde man sagen, ein kleiner Hofplatz. Oft spielten wir Kinder in unserem Hinterhof oder im Torbogen. Ballspiele waren hier angesagt. Auch die Terrassen Nr. 16 der Mozartstraße waren toll zum Spielen. Vor der Terrasse war ein Blumenladen im Keller, ich glaube, der hieß Hagemann.
Das schönste war, wenn ich Geburtstag hatte, denn dann bekam ich von meinem Patenonkel Walter immer kleine und große Spielzeugautos. Mit denen konnte ich im Hinterhof spielen. Natürlich durfte ich nicht alles in den Hinterhof mitnehmen, um den Kindern das neue Spielzeug zu zeigen. Denn meine Mutter hatte ein Auge darauf, was ich mit nach unten nahm.
Für meine Spielzeugautos bastelte mein Opa eine Garage aus Sperrholz mit Batterie, Beleuchtung und kleinen Fenstern aus Plexiglas. Ein kleiner Schalter war für die Beleuchtung der Garage vorgesehen. Die Garage war in Blau gehalten und hatte nach hinten ein abfallendes Flachdach. Bei Regen hatte ich dann in der Wohnung viel zu spielen mit den vielen Autos. Später bekam ich zu Weihnachten von meinen Eltern Spielzeug von Schuco. Ich baute Spiralen auf dem Boden zu einem Kreis auf. Die Autos hatten einen Federwerkantrieb, ich musste sie aufziehen mit einem Schlüssel von Schuco. Das machte auch viel Spaß.
An einem Weihnachten bekam ich eine Geschenkpackung von Trix-Eisenbahn, Spur H0. Die Eisenbahnplatte hierfür bastelte mein Opa. Sie war ungefähr einen Meter dreißig mal eins dreißig groß. Mit einer tollen Unterkonstruktion, damit sie auch stabil war. Opa hatte sie in der Eggerstedtstraße 72 in Hamburg Altona auf dem Dachboden gebaut. Jetzt sollte sie nach Barmbek in die Mozartstraße. Meine Eltern und ich fuhren mit der Straßenbahn der Linie 15. Für die Mitnahme der großen Holzplatte berechnete der Schaffner eine einfache Fahrt, wie für einen Erwachsenen. Natürlich musste man mit der Eisenbahnplatte im hinteren Bereich des Schaffners stehen bleiben. Wir waren froh, dass wir überhaupt mitgenommen wurden. Diese Holzplatte hat viele Jahre gehalten, zum Spielen mit der Trix-Bahn. Viel Holzspielzeug bekamen wir auch von der Verwandtschaft, die in der DDRDie Deutsche Demokratische Republik (DDR) war neben der Bundesrepublik ein zweiter deutscher Staat, der nach 1945 durch die Teilung Deutschlands von 1949 bis 1990 bis zur friedlichen Revolution im Herbst 1989 existierte. lebte, zu Weihnachten. Denn in unserer Familie wohnten viele in der DDR, die wir auch vielfach besuchten. Auch meine Oma mütterlicherseits.
Am Sonntag gingen wir oft an der Hamburger Außenalster spazieren. Meine Eltern bewohnten eine Mietwohnung drei Straßen vor der Schönen Aussicht
. Dieser Straßenzug liegt direkt an der Außenalster. Hier am Alsterdampfer-Anleger gab es eine Fährlinie auf die andere Alsterseite nach Harvestehude. Diese Fährlinie gibt es seit Jahren nicht mehr. Auch ging es oft in den Hamburger Stadtpark, auf Schusters Rappen
. Dort war ein großer Spielplatz mit vielen Kindern.
Vielfach nahm mein Vater mich am Sonntag mit zu einem Kunden. Das war ein toller Ausflug. Mit der Hamburger Hochbahn (U-Bahn) ging es von der Station Mundsburg
zur -Station Kiekut
, eine Station vor Großhansdorf
. In Volkdorf wurde dann ein Teil der Waggons Richtung Großhansdorf abgehängt. Es waren alles alte Umbau-Waggons der Hamburger Hochbahn, gelb-rot lackiert. In Kiekut angekommen, waren dort viele Einzelhäuser, wie auf dem Land. Fünf Minuten vom Bahnhof, und mein Vater und ich waren beim Kunden. Es war ein Professor, Doktor der Medizin, er war in Hamburg tätig. Seine Familie war sehr nett zu uns. Der Rückweg mit der Hochbahn war wieder interessant. Am U-Bahnhof Volksdorf
wurden Richtung Innenstadt wieder Waggons dazu gekoppelt. So habe ich als Kind viel erlebt und nichts vermisst. Ich hatte eine schöne Kindheit damals in den 1950er Jahren.