Hurra, ich lerne Friseur (1966)
Für einen Tag besuchte ich im Hamburger Arbeitsamt in der Fritz-Schumacher-Allee die Berufsinformation. Hier stellte sich nach einigen Tests heraus, dass ich das Talent zum Friseur habe. Nach einigen Tagen bekam ich Post von der Berufsinformation. Es war eine Adresse von einem Friseur, der einen Lehrling suchte. Dort könnte ich mich sofort melden.
Bei einem Vorstellungsgespräch wurde mir alles erklärt, was ich als Lehrling zu beachten habe. Ich dachte mir, schön schnell nach Feierabend zu Hause zu sein, denn es waren nur ungefähr 15 Minuten Fußweg. Das Geschäft war in Hamburg 22 in der Heitmannstraße 4. Jetzt nennt es sich Barmbek-Süd. Links vom Geschäft war die Drogerie Biel, rechts waren ein Sparmarkt und eine Gaststätte. Gegenüber befand sich das Leihhaus. Der Friseurmeister wohnte mit seiner Familie in einem Wohnhaus neben der Drogerie.
Für meine zukünftige Lehre musste ich mir ein fachkundliches Berichtsheft bei der Hamburger Handwerkskammer am Holstenwall kaufen. Bei der Ausübung des Berufs musste ich einen blauen Arbeitskittel tragen. Auch ein blaues oder weißes Hemd mit Schlips war Pflicht. Arbeitsgeräte, wie Haarschneidescheren, Kämme, Bürsten und vieles mehr musste ich mir selbst kaufen. Eine Lohnsteuerkarte musste ich mir auch auf dem Ortsamt besorgen.
Meine Lehre begann am 1. April 1966 und endete am 31.März 1969. Das Gehalt im ersten Lehrjahr betrug 60 D-Mark, im zweiten Jahr 75 D-Mark und im dritten Jahr 90 D-Mark. Einen Tag in der Woche hatte ich in der Gewerbeschule am Steinhauerdamm Ecke Lübecker Straße von 8 bis13 Uhr Schulunterricht. Danach musste ich wieder in die Firma. Einen freien Tag in der Woche gab es auch, wenn das Geschäft geschlossen hatte. Das fachkundliche Berichtsheft musste ich mit einem Bericht alle 14 Tage beim Chef abgeben. Der Bericht musste von einem Elternteil und dem Chef unterschrieben werden.
Am Montagvormittag wurden alle Arbeitsgeräte im Salon mit Desinfektionsmittel gereinigt. Auch die Trockenhauben an den Wänden mit den Plexiglasschirmen wurden gereinigt. So konnten die Kunden wieder durch das Plexiglas hindurchsehen, und in aller Ruhe die neusten Tratschblätter lesen. Im Salon gab es jede Woche die neusten Wochenblätter im Austausch. Auch das Schaufenster wurde jede Woche mit heißem Wasser und Spiritus von innen und außen gereinigt.
Die Standortlage des Geschäfts war gut, denn hier gab es viele Mietshäuser aus den 1960er Jahren und früheren Baujahren. Im Umkreis wohnten viele ältere Herrschaften. Ein Alten- und Pflegeheim gab es in der Oberaltenallee Ecke Finkenau. Heute nennt es sich Pflegen und Wohnen in der Finkenau 11
in Barmbek Süd. Aus dem Pflegeheim kamen die Omis zur Dauerwelle zu uns in den Salon. Bei der Dauerwelle mussten die Lehrlinge ran.
So sah mein Bericht №3, erste Hälfte Monat Mai 1966 im fachkundlichen Berichtsheft aus:
Die Anforderung an einen Friseurlehrling
Das Geschäft ist für den Friseurlehrling die wichtigste Berufsbildungsstätte.
Er muss auf die Gesundheitspflege achten, sowohl auf seinen Körper und seine Kleidung. Vor allem die Hände sollen stets sauber sein.
Die Zahnpflege sollte nicht vergessen werden, da übler Mundgeruch abweisend für den Kunden ist.
Man sollte nicht mit unordentlicher, wilder Frisur oder unfrisiert vor der Kundschaft erscheinen, sollte man von selber wissen.
Bei der persönlichen Pflege darf auch die Kleidung nicht vergessen werden. Weder der Berufskittel noch das Oberhemd oder die Hose darf schmutzig oder ungebügelt sein.
Die Ordnung im Geschäft gehört auch dazu. Zur Ordnung gehören, die Pünktlichkeit im Geschäft, Ordnung in den Geschäftsräumen und die Ordnung bei den Arbeitsgeräten.
Da man über Bedienungsarbeiten und über kosmetische Artikel selbständig verfügt, verlangt man vom Lehrling die Ehrlichkeit.
Ebenso kennzeichnet vorbildliches Benehmen des Friseurlehrlings wie meisterliche Fachleistung.
Freundlichkeit und echte Höflichkeit gegen jede Person, aufmerksame Hilfsbereitschaft, persönlicher Takt bei der Arbeit und im Gespräch machen das vorbildliche Benehmen des Lehrlings sichtbar.