Mein erster VDO Fahrradtacho aus Metall
In den 60er Jahren hatte ich einen Schulfreund im Stadtteil Dulsberg. Dieser Stadtteil gehört zu Hamburg-Nord. Mein Freund wohnte in der Angelnstraße in der Nähe zum Straßburger Platz. Ich fuhr mit dem Bus der Linie 71 von Barmbek-Süd zum Straßburger Platz. Dort trafen wir uns an der Haltestelle, um gemeinsam zur Schule zu gehen. Weitere Stationen waren U-Bahn Dehnheide, Krausestraße, Endstation für die Linie 71 war U-Bahn Farmsen. Zurück fuhr er bis zur U-Bahn Borgweg. Es fuhren Stadtbusse vom Typ Büssing und Magirus-Deutz. Büssing-Busse hatten besser gefederte Sitze. Ich freute mich immer, wenn ich mit einem Büssing zur Schule fahren durfte. Für die Schülermonatskarte musste ich mir eine Bescheinigung meiner Schule holen. Mit ihr und 12 D-Mark in der Hand besorgte ich mir an der U-Bahn Mundsburg, am Schalter, eine neue Monatsmarke der HHA. Den Hamburger-Verkehrsverbund (HVV) gab es noch nicht. Bei der HHA konnte man Bus, U-Bahn und Straßenbahn benutzen.
Mit meinem Schulfreund traf ich mich immer rechtzeitig vor Schulbeginn am Straßburger Platz. Eines Tages hatte ich einen Bus früher zu fassen. Warten wollte ich nicht und ging in die Richtung, wo er wohnte. Was sah ich da mit meinen Augen? Viel Sperrmüll in der Seitenstraße. Vor einigen Häusern türmte sich der Sperrmüll ca.1 Meter 80 hoch. Es waren auch noch Bastler unterwegs, der eine suchte Schrauben, der andere Holzplatten aller Größen. In der Straße war ein reges Treiben von Bastlern und Sammlern. Vor einem Haus lag im Sperrmüll eingebettet ein altes 28er Herrenfahrrad in schwarz. Die Bereifung war noch gut, Zustand auch gut, es war nur keine Luft auf den Reifen. Was nun
dachte ich! Mitnehmen, bevor der Sperrmüllwagen kommt. Ich schob das Fahrrad Richtung Schulfreund. Der kam mir entgegen und war begeistert von dem Fahrrad. Das Rad stellten wir schnell in seinem Keller ab. Jetzt konnten wir mit einem Schritt schneller den Weg Richtung Schule an der Lämmersieht
antreten. Auf dem Rückweg von der Schule zum Bus beratschlagten wir beide über das Fahrrad. Er hatte für mich noch 2 Blitzventile übrig, für die Fahrtüchtigkeit des Rades. Wir machten einen Termin, wann ich das Fahrrad abholen sollte. Luft wurde in beide Reifen gepumpt und die Bremse überprüft, alles war OK. Die Bremse am Fahrradlenker hatte einen langen Bremsgriff, eine so genannte Stempelbremse. Ohne eine Panne kam ich in der Mozartstraße an, Im Mietshaus war ein großes Schild angebracht, dort stand, Das Abstellen von Fahrrädern und anderen Gegenständen ist verboten
. Meine Mutter sagte: Das sieht ja noch gut aus
. Ich brachte das Fahrrad nach oben in den 3. Stock unserer Wohnung. Nur meine Oma durfte es am Anfang nicht wissen, dass ich ein Fahrrad besitze. Oma hatte immer Angst, wenn die Enkelkinder mit dem Rad unterwegs waren. Radwege in den 60er Jahren waren in Hamburg noch nicht so wie heute. Für das Fahrrad wurde neues Zubehör gekauft, Scheinwerfer, Dynamo, Rücklicht und Kabel. Der größte Kauf aus der Sicht vom Taschengeld war ein Tacho. Es war ein Tacho ohne Batterie von VDO aus Metall. Der Tacho wurde am Lenkrad angebaut. Vom Tacho ging eine Stange zur Vorderradnabe, mit der die Welle verbunden wurde.
Wo habe ich alles gekauft? Natürlich bei Brinkmann in der Spitalerstraße 10, in Hamburg. Das Haus wurde 1948 eröffnet. In der Mitte des Eingangs war eine Schaufensterinsel, von dort konnte man von allen 4 Seiten in das Schaufenster blicken. Links vom Eingang waren Fernseher, Radios, Tonbänder im Schaufenster zu sehen. Kühlschränke, Waschmaschinen und andere technische Haushaltshelfer standen auf der rechten Seite. Betrat man das Geschäft, war rechts ein langer Tresen mit vielen Fachverkäufern dahinter. Diesen Tresen sehe ich noch heute bildlich vor mir! Auch die Eisenbahnanlage in der Mitte vorm Eingang war in der Weihnachtszeit immer schön anzusehen, einfach toll.
Das war einmal!! Das Traditionshaus in der Hamburger Innenstadt musste 2002 schließen. Brinkmann war früher das technische Kaufhaus in Hamburg. Nun musste ich die gekauften Teile für mein Fahrrad noch anbauen, dann konnte ich eine Probefahrt machen. Nur Oma durfte nicht kommen. Nach Monaten wurde es Oma bei Kleinem beigebracht. Ich versprach Oma, immer schön im Verkehr aufzupassen. Mit dem Rad und dem Tacho wurden jetzt Kilometer gefahren und jeder Kilometer der zählte. In der Hamburger Innenstadt musste man sehr vorsichtig sein, denn die Schienen der Straßenbahn waren sehr gefährlich. Wäre man mit dem Fahrradreifen in die Schienen gekommen, hätte man eine ungewollte Schwalbe
gemacht. Das Fahrrad hat in den 70er Jahren das Gnadenbrot erhalten. Es kam auf einem Bauernhof in der Südheide (Kreis Uelzen) zum Einsatz. Kühe zur Weide bringen und wieder zurück in den Kuhstall. Wie lange das Fahrrad noch lief, kann ich leider nicht sagen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mehr Interesse an meinem VW-Käfer 1302 Baujahr 1972 mit 44 PS und der Benzinpreis lag damals un die 79 Pfennige!