§. 1. Vor zurückgelegtem neunten Lebensjahre darf niemand in einer Fabrik oder bei Berg-, Hütten- und Pochwerken zu einer regelmäßigen Beschäftigung angenommen werden.
§. 2. Wer noch nicht einen dreijährigen regelmäßigen Schulunterricht genossen hat, oder durch ein Zeugniß des Schulvorstandes nachweiset, daß er seine Muttersprache geläufig lesen kann und einen Anfang im Schreiben gemacht hat, darf vor zurückgelegtem sechszehnten Jahre zu einer Beschäftigung in den genannten Anstalten nicht angenommen werden.§. 3. Junge Leute, welche das sechszehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, dürfen in diesen Anstalten nicht über zehn Stunden täglich beschäftigt werden. Die Orts-Polizei-Behörde ist befugt, eine vorübergehende Verlängerung dieser Arbeitszeit zu gestatten, wenn durch Naturereignisse oder Unglücksfälle der regelmäßige Geschäftsbetrieb in den genannten Anstalten unterbrochen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß dadurch herbeigeführt worden ist. Die Verlängerung darf täglich nur eine Stunde betragen und darf höchstens für die Dauer von vier Wochen gestattet werden.
§. 4. Zwischen den im vorigen Paragraphen bestimmten Arbeitsstunden ist den genannten Arbeitern Vor- und Nachmittags eine Muße von einer Viertelstunde und Mittags eine ganze Freistunde und zwar jedes Mal auch Bewegung in freier Luft zu gewähren.
§. 5. Die Beschäftigung solcher jungen Leute vor 5 Uhr Morgens und nach 9 Uhr Abends, so wie an den Sonn- und Feiertagen ist gänzlich untersagt.
§. 6. Christliche Arbeiter, welche noch nicht zur heiligen Kommunion angenommen sind, dürfen in denjenigen Stunden, welche ihr ordentlicher Seelsorger für ihren Katechumenen- und Konfirmanden-Unterricht bestimmt hat, nicht in den genannten Anstalten beschäftigt werden.
§. 7. Die Eigenthümer der genannten Anstalten, welche junge Leute in denselben beschäftigen, sind verpflichtet, eine genaue und vollständige Liste, deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern, Eintritt in die Fabrik enthaltend, zu führen, dieselbe in dem Arbeits-Lokal aufzubewahren und den Polizei- und Schulbehörden auf Verlangen vorzulegen.
§. 8. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung sollen gegen die Fabrikherren, oder deren mit Vollmacht versehenen Vertreter durch Strafen von 1 bis 5 Thalern für jedes vorschriftswidrig beschäftigte Kind geahndet werden. Die unterlassene Anfertigung oder Fortführung der im §. 7. vorgeschriebenen tabellarischen Liste wird zum ersten Male mit einer Strafe von 1 bis 5 Thalern geahndet; die zweite Verletzung dieser Vorschrift wird mit einer Strafe von 5 bis 50 Thalern belegt. Auch ist die Orts-Polizei-Behörde befugt, die Liste zu jeder Zeit anfertigen oder vervollständigen zu lassen. Es geschieht dies auf Kosten des Kontravenienten, welche zwangsweise im administrativen Wege beigetrieben werden können.
§. 9. Durch vorstehende Verordnung werden die gesetzlichen Bestimmungen über die Verpflichtung zum Schulbesuch nicht geändert. Jedoch werden die Regierungen da, wo die Verhältnisse die Beschäftigung schulpflichtiger Kinder in den Fabriken nöthig machen, solche Einrichtungen treffen, daß die Wahl der Unterrichtsstunden den Betrieb derselben so wenig als möglich störe.
§. 10. Den Ministern der Medizinal-Angelegenheiten, der Polizei und der Finanzen bleibt es vorbehalten, diejenigen besondern sanitäts-, bau- und sittenpolizeilichen Anordnungen zu erlassen, welche sie zur Erhaltung der Gesundheit und Moralität der
Fabrikarbeiter für erforderlich halten. Die hierbei anzudrohenden Strafen dürfen 50 Thaler Geld- oder eine diesem Betrag entsprechende Gefängnißstrafe nicht übersteigen.
Berlin, den 9. März 1839
Frh.v.Altenstein. v.Kamptz. Mühler. v.Rochow. v.Nagler.
Graf v.Alvensleben. Frh.v.Werther. v.Rauch.
§. 1. Vor zurügelegtem neunten Lebensjahre darf niemand in einer Fabrik oder bei Berg-, Hüen- und Powerken zu einer regelmäßigen Beäigung angenommen werden.
§. 2. Wer no nit einen dreijährigen regelmäßigen Sulunterrit genoen hat, oder dur ein Zeugniß des Sulvorſtandes naweiſet, daß er seine Muerſprae geläufig leſen kann und einen Anfang im Sreiben gemat hat, darf vor zurügelegtem ſeszehnten Jahre zu einer Beäigung in den genannten Anſtalten nit angenommen werden.§. 3. Junge Leute, wele das seſzehnte Lebensjahr no nit zurügelegt haben, dürfen in diesen Anſtalten nit über zehn Stunden tägli beäigt werden. Die Orts-Polizei-Behörde iſt befugt, eine vorübergehende Verlängerung dieſer Arbeitszeit zu geſtaen, wenn dur Naturereignie oder Unglüsfäe der regelmäßige Geäsbetrieb in den genannten Anſtalten unterbroen und ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß dadur herbeigeführt worden iſt. Die Verlängerung darf tägli nur eine Stunde betragen und darf höſtens für die Dauer von vier Woen geſtaet werden.
§. 4. Zwien den im vorigen Paragraphen beſtimmten Arbeitsſtunden iſt den genannten Arbeitern Vor- und Namiags eine Muße von einer Viertelſtunde und Miags eine ganze Freiſtunde und zwar jedes Mal au Bewegung in freier Lu zu gewähren.
§. 5. Die Beäigung soler jungen Leute vor 5 Uhr Morgens und na 9 Uhr Abends, ſo wie an den Sonn- und Feiertagen iſt gänzli unterſagt.
§. 6. Chriſtlie Arbeiter, wele no nit zur heiligen Kommunion angenommen nd, dürfen in denjenigen Stunden, wele ihr ordentlier Seelsorger für ihren Kateumenen- und Konfirmanden-Unterrit beſtimmt hat, nit in den genannten Anſtalten beäigt werden.
§. 7. Die Eigenthümer der genannten Anſtalten, wele junge Leute in denſelben beäigen, nd verpflitet, eine genaue und voſtändige Liſte, deren Namen, Alter, Wohnort, Eltern, Eintri in die Fabrik enthaltend, zu führen, dieſelbe in dem Arbeits-Lokal aufzubewahren und den Polizei- und Sulbehörden auf Verlangen vorzulegen.
§. 8. Zuwiderhandlungen gegen dieſe Verordnung soen gegen die Fabrikherren, oder deren mit Vomat verſehenen Vertreter dur Strafen von 1 bis 5 Thalern für jedes vorriswidrig beäigte Kind geahndet werden. Die unterlaene Anfertigung oder Fortführung der im §. 7. vorgeriebenen tabearien Liſte wird zum erſten Male mit einer Strafe von 1 bis 5 Thalern geahndet; die zweite Verleung dieſer Vorri wird mit einer Strafe von 5 bis 50 Thalern belegt. Au iſt die Orts-Polizei-Behörde befugt, die Liſte zu jeder Zeit anfertigen oder vervoſtändigen zu laen. Es gesieht dies auf Koſten des Kontravenienten, wele zwangsweiſe im adminiſtrativen Wege beigetrieben werden können.
§. 9. Dur vorſtehende Verordnung werden die geſelien Beſtimmungen über die Verpflitung zum Sulbeſu nit geändert. Jedo werden die Regierungen da, wo die Verhältnie die Beäigung ulpflitiger Kinder in den Fabriken nöthig maen, ſole Einritungen treffen, daß die Wahl der Unterritsſtunden den Betrieb derſelben so wenig als mögli ſtöre.
§. 10. Den Miniſtern der Medizinal-Angelegenheiten, der Polizei und der Finanzen bleibt es vorbehalten, diejenigen beſondern ſanitäts-, bau- und enpolizeilien Anordnungen zu erlaen, wele e zur Erhaltung der Geſundheit und Moralität der
Fabrikarbeiter für erforderli halten. Die hierbei anzudrohenden Strafen dürfen 50 Thaler Geld- oder eine dieſem Betrag entſpreende Gefängnißſtrafe nit überſteigen.
Berlin, den 9. März 1839
Frh.v.Altenſtein. v.Kamp. Mühler. v.Roow. v.Nagler.
Graf v.Alvensleben. Frh.v.Werther. v.Rau.