TimetunnelMachen Sie eine Zeitreise … Erkunden Sie die Zeittafel der Machtergreifung 1933
  • Start
  • Aktuelles * Termine * Seitenüberblick * Chronik einer Pandemie
    Leitartikel & TermineAktuelle MitteilungenRSS-Feed
    SitemapImpressumDatenschutz
    2019     |     20202021     |     20222023     |     2025
  • 96 Zeitzeugen stellen sich vor * Zeitzeugenberichte; unsere Bücher
    Zeitzeugen von B - G Zeitzeugen von G - J Zeitzeugen von J - L Zeitzeugen von M - S Zeitzeugen von S - Z
    Die Schreibwerkstatt
     
    Für Mitwirkende
    LogIn Intern
    Bücher bestellenKriegskinderSchwarzbrot mit ZuckerDennoch gelacht…
  • Zeitzeugenberichte, zeitlich und thematisch geordnet
    Kaiserreich1900 - 1939Erster WeltkriegNS-DiktaturZweiter WeltkriegShoa, HolocaustU-Boot und Seekrieg
    NachkriegszeitWährungsreform40 Jahre DDR1950 - 19701980 bis HeuteFluchtgeschichtenRund ums Auto
    Moderne ZeitenWeihnachtlichesSchule, TanzstundeVerschickungskinderMaritimes, SeefahrtReiseberichteDer vordere Orient
    Omas KücheTierischesHeiter bis poetischGeschichtliches WissenGeschichte in ZeittafelnGedanken zur Zeit - BlogThemen im Überblick
  • Lexikon der alten Wörter und Begriffe
    A - AalB - BaasC - CalculusD - dalbernE - EcherF - FäheG - Gabelfrühstück
    H - HaarnetzI - IbexJ - JachK - KaapL - LaberdanM - MachorkaN - Nabob
    O - ObersP - PachulkeQ - QuacksalberR - RabattmarkeS - SabberlatzT - TabernakelU - Ubiquisten
    V - VakanzW - WackelpeterX - XanthippeY - YachtZ - ZachMaritimes LexikonOstpreußens Vokabular
  • Impressum * Kontakt zur Erinnerungswerkstatt * Gästebuch
    KontaktformularImpressum
    GästebuchBuchbestellung

1949 bis 1989 - 40 Jahre DDR

DDR
DDR
DDR
DDR
DDR
DDR
Leben in der DDR — 40 Jahre Diktatur
  Diese Seite anzeigen im …  
  • Bildschirm-ModusBildschirm
  • Lesemodus NormalLesemodus Normal
  • Lesemodus KontrastLesemodus Kontrast

Diesen Artikel können Sie sich auch von Susanna M. Farkas vorlesen lassen. Steuern Sie die Wiedergabefunktion mit den Bedienelementen des Players.

Leider unterstützt dein Browser dieses Audio Element nicht.
Die Kinderkrippe, Albert AnkerDie Kinderkrippe, Gemälde von Albert Anker (1890)

Kinderkrippe

Kinderkrippen sind Einrichtungen oder Gruppen der Kindertagesbetreuung bzw. familienergänzende Kinderbetreuungen für Kleinstkinder. Als Kurzform wird auch das Wort Krippe gebraucht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben Kinderkrippen in Westdeutschland ein Randphänomen, während in der DDR ein großer Anteil der Kinder eine Krippe besuchte.

In der DDR gab es ein dichtes Netz an staatlichen Kinderkrippen (1988 waren laut Statistik 7770 Tages- und Wochenkrippen sowie Dauerheime für Säuglinge und Kleinstkinder mit 355.089 Plätzen vorhanden). Der Bedarf in Westdeutschland hat sich dagegen an einer Notsituation bzw. Fehlen der elterlichen Erziehung orientiert. Ausnahme war West-Berlin: dort war Ende der 1980er für jedes vierte Kind unter drei Jahren ein Krippenplatz vorhanden. Seit der Wiedervereinigung ist auch in den westlichen Ländern die Anzahl der Plätze für Kinder im Krippenalter gestiegen. Eine flächendeckende Versorgung für alle Kinder, wie sie das Tagesbetreuungsausbaugesetz (s. o.) als Ziel vorgibt, wird in allen Bundesländern sukzessive realisiert. Strittig ist die Frage nach dem tatsächlichen Bedarf. Zum Teil ist die Nachfrage nach staatlich subventionierten Krippenplätzen so groß, dass es in vielen Gemeinden schon für ungeborene Kinder Wartelisten gibt. Andererseits zahlen einzelne Bundesländer einen Betreuungsbonus an das Jugendamt für den möglichst zügigen Ausbau. Die Gebühren liegen nach einer Übersicht der AOK zwischen 70 und 425 Euro pro Monat, abhängig vom Wohnort und Einkommen der Eltern. Das sind – zum leichteren Vergleich mit Studiengebühren – pro Jahr und Kind zwischen 840 und 5 100 Euro.

Die Höhe des tatsächlichen Bedarfs ist umstritten. Nach einer Auswertung des Deutschen Jugendinstitutes (DIJ) Ende 2010 wünschen sich die Eltern jedoch offenbar weitaus mehr als von Bund und Ländern eingeschätzt.

Siehe Wikipedia.org

© Copyright by Erinnerungswerkstatt Norderstedt 2004 - 2025
https://ewnor.de / https://www.erinnerungswerkstatt-norderstedt.de
Ausdruck nur als Leseprobe zum persönlichen Gebrauch, weitergehende Nutzung oder Weitergabe in jeglicher Form nur mit dem schriftlichem Einverständnis der Urheber!
 zurück zur Normalansicht 

Das Leben hinterlässt Spuren
oder:
Wochenkinderkrippe und Wochenkindergarten

Mit diesen beiden Begriffen kann nur ein Mensch, der seine Kindheit in der DDR verbracht hat, etwas anfangen. Wochenkinderkrippe und Wochenkindergarten waren Einrichtungen, in denen die Kinder von ihren Eltern am Montag früh abgegeben und am Freitagabend wieder abgeholt wurden. Diese Einrichtungen waren keine ganzen, aber auch keine halben Heime - für Kinder. Auf jeden Fall waren sie für Kinder gedacht, deren Eltern aus irgendwelchen Gründen nicht die nötige Zeit oder Muße für ihre Sprösslinge hatten.

Für die Kinder selbst glichen diese Anstalten eher einer seelischen Folterkammer.
Es waren Häuser voller Leid und Elend. Häuser, in denen Kinder, die kaum auf dieser Welt angekommen, statt von Freude und Geborgenheit umgeben, von Selbstzweifeln und Sehnsucht geplagt und letztendlich geformt wurden. Unsere Welt – denn auch ich gehörte zu diesen Kindern – bestand aus der quälenden Sehnsucht nach den Eltern und aus der verzweifelten Suche nach dem Grund dieses Zustandes.

Leider kann ich mich, vielleicht aus verständlichen Gründen, an diese insgesamt sechs Jahre meines Lebens kaum erinnern. Fast nichts ist übriggeblieben. Kein Bild, kein Name … nur ein einziges Ereignis. Dieses eine Ereignis, das ich so tief begraben wollte und das doch immer wieder, gleich einem Vulkan, aufbricht und meine Welt zum welken bringt.

Es muss wohl an einem Novembernachmittag gewesen sein. Draußen war es schon dunkel, als ich voller Vorfreude dem Kommen meines Vaters entgegenfieberte.
Ich hatte großes Glück, denn meine Eltern gehörten nicht zu denen, die ihre Kinder nur am Freitagabend abholten. Meine Eltern waren Künstler. Dieses Leben jedoch erlaubte kein geregeltes Leben, denn das Theater hatte und hat stets seinen ganz eigenen Rhythmus. So konnte ich auch an Tagen, an denen die anderen Kinder noch ausharren und warten mussten, den Qualen der Anstalt kurz entkommen. So auch heute. Dachte ich. Doch es kam anders, als erhofft.

Nein, mein Vater vergaß mich nicht. Nein, er kam. Zwar viel später als angekündigt, aber er war da. Am liebsten wäre ich ihm sogleich um den Hals gesprungen doch unsere Aufseherin hielt mich mit ihrer knochigen Hand fest und sagte mit strenger Stimme: Du bleibst jetzt hier! Mit diesen fast schon warnenden Worten ging sie zu meinem Vater. Ich sah nur, wie sich die beiden angeregt unterhielten. Und zwar lange! Dann kam die Wärterin wieder und sagte knapp: Dein Vater kann dich heute nicht mitnehmen. Er kommt morgen wieder. Er muss heute noch arbeiten.
Das Gefühl, dass mich jetzt füllte, entzieht sich allen Beschreibungen. Es gibt kein einziges Wort, keine Musik, die den Klang dieser Tiefe ergreifen und vermitteln kann. Nichts vermag diesen Augenblick der Enttäuschung beschreiben … Nichts.
Mein Vater musste gehen und ich blieb. Bei den anderen Kindern. Die nur am Freitagabend abgeholt wurden.

Erst jetzt, nach etlichen Jahren riss die alte Wunde wieder auf.
Hinterhältig und unerwartet. In einem Augenblick der Schwäche.
Wir schreiben den 19. Februar 2018.
Draußen ist es dunkel.
Ich gehe den langen Flur entlang.
Überall Türen. Es ist kalt hier. Das Licht so grell.

Es kann sein, dass wir Sie heute Nacht zur Beobachtung hierbehalten müssen.
Mir wird bange. Ich will nicht allein hierbleiben müssen.

Längst vergessene Bilder machen plötzlich auf sich aufmerksam.
Doch ich will sie nicht sehen. Ich will sie nicht fühlen. Sie gehorchen mir nicht. Sie sind überall.
Sie füllen mein Herz mit Trauer. Mit Tränen. Mit Angst.

Ich erkenne meinen Vater. Ich erkenne mich als Kind. Bettelnd. Flehend. Weinend.
Er muss gehen. Ich muss bleiben.
Ich will nicht.
Ich will nicht allein bleiben müssen.
Kindertränen rollen über die erwachsene Landschaft meines Gesichts.
Unbeschreibliche Angst beherrscht mich.

Ich werde untersucht. Der Arzt ist gründlich.
Ich glaube, Sie können heute nach Hause gehen. Es reicht, wenn Sie erst in drei Tagen erneut zur Nachuntersuchung kommen.

Es ist Sonntag. Ich telefoniere mit meinem Vater:
Meine letzte Woche war sehr turbulent. Ich war im Krankenhaus und weißt du, irgendetwas dort, vielleicht die Türen, der Flur oder das Licht hat mich an den einen Abend im Kindergarten erinnert. An den Abend, als du mich nicht mitnehmen konntest, weil du noch arbeiten musstest. Das war unbeschreiblich. Dieses Gefühl wieder erleiden zu müssen. Ich hatte solch eine Angst, allein dort bleiben zu müssen. Ich glaube, ich habe die ganze Nacht durchgeweint.

Mein Vater schweigt. Dann sagt er zögerlich:
Ja, das wollte ich dir schon immer sagen …Seine Stimme versagt.
Ich nutze die kurze Pause und frage nichts Gutes ahnend ungeduldig und vielleicht zu hart:
Was wolltest Du schon immer sagen?

Mich plagen solche Schuldgefühle … du glaubst gar nicht, wie leid es mir tut.
Was?
Ich musste an dem Abend nicht arbeiten.
Nein?
Nein.
Mein Vater verstummt. Ich warte.
Nein. Ich war an dem Abend betrunken und deshalb durftest du nicht mitkommen. Es tut mir so leid!

Sein unerwartetes Geständnis raubt mir den Atem.

All die Jahre saß die Musik, das Theater auf der Anklagebank. Sie waren es, die mir meine Eltern nahmen! Doch nun drängte sich ein neuer, mir aber keineswegs unbekannter Gegner in den Mittelpunkt. Alkohol. Kann es sein, dass ich nicht nur dank der Tätigkeit meiner Eltern in diesen Einrichtungen meine Kindheit erleiden musste? Kann es sein, dass es einen anderen Grund gab und dass der der Wahre war?

Es fällt mir schwer jetzt, nach so langer Zeit zugeben zu müssen, dass diese Einrichtungen, die es in der DDR zu dieser Zeit noch gab, doch ihre Berechtigung hatten. Ich glaube, der geschulte Blick der Aufseherinnen und die Tatsache, dass wir von unseren Eltern getrennt leben mussten, hat so manche Kinder beschützt.

Mich auch.


  • Autorin: Suzanna M. Farkas, April 2018
  • Artikel drucken
  • Seitenanfang
  • SiteMap
  • Impressum
  • Kontakt
  • Gästebuch
  • Developed by © HaKenn 2004 - 2025