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Geburtsdag

Bi us in de Familie kummt de Geburtsdoge all tohop – jedenfalls wär dat fröher so. Mine Fründin harr am 2. Dezember, mine Schwester am 7. Dezember, am 22. Dezember heff ik Geburtsdag, min Cousin am 31. Dezember un min Grotmodder am 6. Januar. Datwischen leeg Wihnachten un dat Neie Johr – un denn wär ne ganze Tid gornix. Nich dat dat allens grot fiert worn wär, nur min Oma mokt dor een Utnahme. Miene Schwester ton Beispiel harr in den Schoh am Niklausdag een Zettel: Se sull sik mol bescheiden, denn beide Dog kunn se doch nich wat geschenkt kregen (as wär dat ehre Schuld). Mien Geburtsdag wär mien Modder ehr Backdag. Wie schesen no mien Grotmodder hen un för all de Feste wär backen. Mien Oma harr een groten Isenherd, de mit Kohlen und Koks to beheizen wär. De Teig för de Brunen Koken wär schon vor veertein Doog anröhrt un dat wär een Gewese dormit, dat se nich verbrennen dän, denn so genau kunnen se de Hitze nich kontrolleern. Ehre Spezialität wär ne Sandtorte, de mut mindestens eene halbe Stünn mit de Hand röhrt, un de Stollen mit gode Bodder utknetet sien, sonst wär dat nix.

Mi schient dat so, dat se vor luder Hiddeligkeit dat Geburtsdagskind – nämlich mi – ganz vergeten hefft un ik swor mi in Stillen, dat ik mien Geburtsdag – wenn ik erwachsen wär – fiern will (un dat is bit hüt so bleben). Un twee Dog för de Festtage könnt se all, so dat ik mannigmol bis twantig Lüd to Hus harr. Ok för mi wärn dat ja twee Dog för Wiehnachten un mit twee lütte Kinner wär dat nich eenfach för mi, aber ik wull dat ja so hebben – wenn ik an miene Kinnertied denken do.

Bi mien Cousin wär dat wat anneres. An Silvester fiert de Lüd sowieso un dor wär de Hauptsook dat Knallen mit Knallfröschen un Kanonenschlägen. Obwohl ik mi jümmers de Ohrn tohielt, wieldat ik Angst harr, aber dat wär so ne Mischung twischen Bang un dat mookt mi doch nix ut.

Un denn käm de Höhepunkt: De Geburtsdag von miene Grotmodder. Eenmol int Johr seeten wi in de gode Stuv. Een Dag vorher näm min Modder dat Schontüg vun de Polster un de Vitrine weg un de Kinner durften de Nippessoken ankiken, ober beileibe dor nich mit speelen. De grote Ogenblick wär för uns Oma: Wi Kinner möten ehr Wihnachtsgedicht noch eenmol opsogen un denn för all de Gäst. Miene Schwester, als die Ollste, wär so opgeregt, dat se sik mannigmol vertütern dä un mien Cousin wull sik so geern drücken un sä jümmers dat is so hit hier dorüm kunn he nicht reden, aber he käm dor nich mit dorch. Ik as de Lüttste käm ton Schluß dran un denn mokt mi das nix mehr ut un de meisten hört gor nich mehr to. Aber froh wärn wi, as de ganze Prozedur hinter uns leeg denn wi wussen jo, dat wir dat ganze Johr nich mehr op disse Ort ran müssen.


Geburtstage

Bei uns in der Familie fallen alle Geburtstage zusammen – jedenfalls war das früher so. Meine Freundin hat am 2. Dezember, meine Schwester am 7. Dezember, am 22. Dezember habe ich Geburtstag, mein Cousin am 31. Dezember und meine Großmutter am 6. Januar. Dazwischen liegen Weihnachten und das Neue Jahr – und dann ist die ganze Zeit Sendepause. Nicht, dass alles groß gefeiert würde, nur meine Oma macht eine Ausnahme. Meine Schwester zum Beispiel findet am Nikolaustag einen Zettel im Schuh: Sie soll mal schön bescheiden sein, denn an beiden Tagen kann sie doch nicht beschenkt werden (als wäre das ihre Schuld). Aus meinem Geburtstag macht meine Mutter ihren "Backtag". Wir fahren zu meiner Großmutter, um für die Feste zu backen. Meine Oma hat einen großen Eisenherd, der mit Kohle und Koks zu beheizen ist. Der Teig für die braunen Kuchen ist schon vor vierzehn Tagen angerührt worden und jetzt wird ein großes Brimborium darum gemacht, dass sie nicht verbrennen, denn so genau können sie die Hitze nicht kontrollieren. Ihre Spezialität ist die Sandtorte, die muss mindestens eine halbe Stunde mit der Hand gerührt und der Stollen muss mit guter Butter geknetet werden, sonst taugt er nichts.

Mir scheint, dass sie vor lauter Aufregung das Geburtstagskind – nämlich mich – ganz vergessen haben und ich schwöre mir im Stillen, dass ich meinen Geburtstag, wenn ich erwachsen bin, feiern werde, und das ist bis heute so geblieben. Zwei Tage vor den Festtagen kommen sie alle, sodass ich manchmal bis zu zwanzig Leute in Hause habe. Auch für mich sind das zwei Tage bis Weihnachten und mit zwei kleinen Kindern ist es nicht einfach für mich, aber ich will das so haben,– wenn ich an meine Kinderzeit denke. Bei meinem Cousin war das etwas anderes. Silvester feiern die Leute sowieso und die Hauptsache ist das Knallen mit Knallfröschen und Kanonenschlägen. Obwohl ich mir immer die Ohren zuhielt, weil ich Angst hatte, aber das war mehr eine Mischung zwischen Angst und das macht mir nichts aus.

Und dann kam der Höhepunkt: der Geburtstag meiner Großmutter. Einmal im Jahr saßen wir in der guten Stube. Am Tag zuvor nahm meine Mutter die Schonbezüge von den Polstern und der Vitrine und die Kinder durften auch die Nippes angucken, aber auf keinen Fall damit spielen. Der große Augenblick kommt für unsere Oma: Wir Kinder müssen die Weihnachtsgedichte noch einmal aufsagen, und zwar vor allen Gästen. Meine Schwester als die Älteste ist so aufgeregt, dass sie sich manchmal verspricht, und mein Cousin versucht gern, sich zu drücken und sagt jedes Mal "das ist so heiß hier", deshalb kann er nicht reden, aber damit kommt er nicht durch. Ich, als die Kleinste, komme zum Schluss dran und das macht mir gar nichts aus, denn die meisten hören gar nicht mehr zu. Aber froh sind wir alle, wenn die ganze Prozedur hinter uns liegt, denn wir wissen ja, dass wir das ganze Jahr nicht mehr auf diese Art ran müssen.