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Karpfenfest in Reinfeld
oder:
warum ich keine Karpfen essen mag

Herbst 1957, wir machen einen Familienausflug zur Oma nach Reinfeld. Diesmal werde ich aber nicht im Beiwagen der Horex meines Onkels kutschiert, meine Eltern haben Bahnfahrkarten für sich selbst und uns Kinder gekauft. Ab Hamburg Hauptbahnhof geht die Fahrt über Bad Oldesloe und wir sitzen in einem Abteil mit Holzbänken der dritten Klasse. Die dritte Klasse ist zwar unbequem, aber billig, die Fahrt dauert nicht all zu lang und das ewig knappe Familienbudget wird auf diese Weise geschont. Vorweg schnauft, schwarzen Qualm ausstoßend, eine beeindruckende Dampflokomotive.

In Reinfeld angekommen haben wir nur einen kurzen Fußweg. Von der Bahnhofstraße in Reinfeld geht gleich rechts die Neuhöfer Straße ab, dort wohnt Vaters Mutter, unsere Oma Martha. Jedes Jahr putzt sich die kleine Stadt zu einem großen Ereignis mit bunten Bändern und Luftballons heraus. Der ganz in der Nähe liegende Herrenteich ist abgelassen worden, nur noch ein Rinnsal in der Mitte des schlammigen Grundes ist übrig geblieben. An der kleinen Schleuse in der Matthias-Claudius-Straße befindet sich noch ein kleiner Rest Wasser, das jetzt vor wimmelnden Karpfenleibern kocht. Dort sind Männer in Wathosen mit ihren Käschern damit beschäftigt, die Fische aus dem Wasser zu holen und nach Größen zu sortieren. Die zu kleinen und ganz großen Karpfen werden wieder zurück ins Wasser gesetzt. Interessiert schaue ich dem Treiben zu, während den Erwachsenen in der Vorstellung des zu erwartenden Fischgerichtes das Wasser im Munde zusammenläuft.

Meine Oma hat uns alle eingeladen, schon Plätze reserviert und die Teilnahmegebühr für das Karpfenfest bezahlt. Jeder von uns bekommt jetzt eine Kokarde, die mit einem Druckknopf am Kragen oder Revers befestigt wird. Die Farben sind für Kinder und Erwachsene unterschiedlich. Aber jetzt kommt eine Musikkapelle die Straße herunter, mit Pauke, Schellenbaum, Flöten und Pfeifen spielt sie auf. Dahinter gehen die Honoratioren mit Ehrenketten um den Hals. Es folgen Fahnenträger und einige geschmückte Wagen. Quer über der Straße hängen Plakate und Spruchbänder und der Karpfen steht im Mittelpunkt.

Wir machen zusammen einen Spaziergang um den Herrenteich, der einen traurigen Anblick bietet, abgelassen, schlammig und ohne die schönen Seerosen des Sommers. Ein Spaziergang vor dem Essen wirkt appetitanregend, meint meine Oma und so spazieren wir einmal um den Teich herum, bis wir zu einem Restaurant kommen, um dort einzukehren.

Mit den Kokarden an der Kleidung dürfen wir an einer langen gedeckten Tafel Platz nehmen, sie weisen uns als Teilnehmer am Karpfenfestessen aus. Es gibt heute nur ein einziges Gericht, dass man bestellen kann, Karpfen blau. Darunter kann ich mir nun überhaupt nichts vorstellen, während die Erwachsenen in Erwartung der kommenden Gaumenfreuden frohe Gesichter und ihre Späße machen. Dann wird aufgetragen, Schälchen mit undefinierbarem weißen Zeug darin und Saucieren mit Zerlbutter kommen auf den Tisch. Jedenfalls höre ich diese Bezeichnung unter Gelächter der Eltern. Es stellte sich später heraus, dass es sich um Meerrettich und um zerlassene Butter in den Saucieren handelt. Der Grund der guten Laune ist die Speisekarte, hier wird zerl. Butter und gem. Salat angeboten, gemeint ist natürlich gemischter Salat, aber die Abkürzungen führen zu allgemeiner Heiterkeit.

Dann kommt der Fisch – auf einem riesigen Teller, so kommt es mir jedenfalls vor und so habe ich es heute noch in Erinnerung, wird ein halber Fisch serviert, mit Kopf, sein Maul steht offen, aus trüben Glupschaugen blickt er mich an und wirklich – er ist blau!

Fisch isst man nicht mit dem Messer kommt jetzt die ermahnende Stimme meiner Mutter, als ich mich mit den merkwürdigen Werkzeugen an das Zerteilen des Fisches mache. Erstmals habe ich so ein Fischbesteck, bestehend aus dem Fischmesser und der beeindruckenden Gabel in den Händen. Sie hilft mir, die Happen grätenfrei zu bekommen und ich esse zum ersten Mal in meinem Leben Karpfen blau. Welch ein ekliger und modderiger Geschmack – pfui Teufel, das soll gut schmecken und ein Festessen sein? Prompt kommen die gleichen Sprüche wie zu Hause, wenn ich mal etwas nicht essen mag, es wird gegessen, was auf den Tisch kommt, der Teller wird aber leer gegessen und man muss alles im Leben einmal probiert haben. Wenn ich mir aber selbst einmal aufgefüllt hatte und den Teller nicht leer essen konnte, heißt es sofort da waren deine Augen mal wieder größer als dein Hals. So habe ich das damals erlebt, das waren die elterlichen Standardsprüche.

So esse ich meinen Fisch mit langen Zähnen, versuche ihm nicht in die Augen zu schauen und bin endlich froh, als der Teller leer ist. Bei den letzten Bissen hilft mir meine Mutter heimlich, ihr ist mein Leid nicht entgangen. Nach einiger Zeit kommt die Kellnerin wieder mit Tellern aus der Küche, auf denen die hintere Hälfte des armen Fisches liegt, es wird nachgelegt und die Eltern jubeln vor Glück. Mir sinkt das Herz in die Hose, den Moddergeschmack habe ich noch zwischen den Zähnen. Es hilft aber die Beteuerung, dass ich jetzt wirklich satt bin und keinen Bissen mehr herunterbekomme. Mein Vater erbarmt sich darauf des Karpfenhinterns und isst mit den Worten das kann man doch nicht umkommen lassen eine doppelte Portion. Nachdem Oma mir die Versicherung es habe mir gut geschmeckt abgerungen hat, lässt man mich in Frieden.

Ich habe mich auf diesen Tag gefreut, es hätte ein soooo tolles Karpfenfest werden sollen.

Lesen Sie auch die Vorgeschichte: Regina und die SeerosenIm Beiwagen der Horex Regina unterwegs …


  • Autor: Hartmut Kennhöfer, 23. November 2013
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