Bütten wat von Dröben
— 1990
Dat wi Frünnen in de DDR hebbt, heff ik all vertellt. De Mann un mien Mann weern tohoop in Kriegsgefangenschoop west. Nu schull uns de Dochder mit Mann un Dochder besööken, wi harrn jüm inloodt.
Ik mutt vörher vertelln, dat wi all een poor Johr nix von jüm direkt höört harrn bloß över de Öllern. Silvia weer scheedt un harr ut disse eerste Ehe een Dochder. As se ehrn tweten Mann kennen lehr un he ehr heiroden wull, harr se Bedenken hatt. He weer Koch un Proviantje bi de Volksarmee, un wenn se heiroden, denn dröff se mit uns keenen Kontakt mehr hebbn.
Ik heff ehr dormols eenen langen Breef schreeven un ehr verkloort, dat wi in ehr Leven man een ganz lütte Rull speelt, een Mann aver een groote, wenn he sien Leven mit ehr deelen wull. Se hebbt denn heiroodt un wi höörn, wie geseggt bloß över de Öllern von jüm.
As de Muur füll, hebbt se an 22. Dezember 1989 een Stück Muur utbroken un an uns schickt. Un nu wullen se kommen. Wat hebbt wi schööne un lustige Stünnen tosomen hatt! Dat weer so, as wenn nie wat twüschen uns stohn hett — op gor keenen Fall son Muur as de DDR baut hebbt — wi weern een groote Familje.
As wi obends bi'n Buddl goden Rotspon int Vertelln keemen, kreegen wi Trabbigeschichten to höörn, wie wi se noch nich kennen deen.
Eerste Geschicht:
Burghart fohrt mit sienen Trabbi no Berlin, he wull sien Silvia besööken. Op de Autobohn füng de Trabbi mit een Mol an to qualmen. Anhooln, den Motordeckel hoch un de Batterie affklemmen, weer in Null Komma Nix
doon. Nu müss de Motor eerstmol koolt warrn. Denn dat Kobel mit Ploster isoleern un dat allns in Düstern. As he dat trecht harr, hett he ganz liesen den Motor wedder anloten. He leep - aver Licht kunn he nich anmooken. Un so is he ohne
wiederfohrt no Silvia de merden in den Ostdeel von Berlin wohnt un is dor unbehelligt ankomm'n.
Twete Geschicht:
Wenn du bi'n Trabbi eenen Keilriemen nee optrecken musst, bruukst du dorför anderthalv Stünn Tiet, aver du musst dat ok können. Eerstmol warrt dat rechte Rad vörn affmonteert, denn de Lichtmaschien lööst un op de Siet kippt un denn kannst du den Keilriemen optrecken. Dorno kriggst allns wedder an sienen Platz. De annerthalv Stünn sind vörbi, un du musst di sülven wedder op Vördermann bringen. Dat duurt ok sien Tiet, denn du musst jo bi disse Arbeit ünner den Trabbi liggen, dat is anners nich trecht to kriegen.
Dritte Geschicht:
Burghart vertell uns, dat he sik in sienen Trabbi een Radio un Luutspreekers inbauen leet. Gediegen weer, dat dorno de Trabbi duppelt so veel Sprit as vörher sluken dee. He fohr also wedder hin no de Warkstell. De Monteur harr dat wohl noch nie mookt. Sien Kolleegen harrn em glieks för'n Narrn un sään: Du musst doch weeten, dat du lüttere Schruven nemmen musst as de geleeverten — mit de grooten Dinger bohrst du Löcker in den Tank!
Un so weer dat ok. De bipackten Schruven passt eben nich — is doch kloor!!
Besuch aus der DDR — von Drüben
1990
Dass wir Freunde in der DDR hatten, habe ich schon erzählt. Der Mann war mit meinem Mann in der russischen Kriegsgefangenschaft gewesen. Nun wollte uns die Tochter mit Mann und Tochter besuchen, wir hatten sie eingeladen.
Ich muss aber vorher erzählen, dass wir einige Jahre nichts direkt von ihnen gehört hatten, nur über die Eltern. Silvia war geschieden und hatte aus der ersten Ehe eine Tochter. Als sie ihren zweiten Mann kennen lernte und er sie heiraten wollte, hatte sie Bedenken gehabt. Er war Koch und Lebensmitteleinkäufer bei der Volksarmee, und wenn sie heirateten, dann durfte sie keinen Kontakt mit uns mehr haben.
Ich habe ihr damals einen langen Brief geschrieben und ihr erklärt, dass wir in ihrem Leben doch nur eine ganz kleine Rolle spielten, ein Mann aber eine große, wenn er sein Leben mit ihr teilen wollte. Sie haben dann geheiratet und wir hörten über sie nur von den Eltern.
Als die Mauer fiel, haben sie am 22. Dezember 1989 ein Stück Mauer heraus gebrochen und sie an uns geschickt. Und nun wollten sie kommen. Wir haben schöne und lustige Stunden miteinander verbracht. Das war so, als wenn nie zwischen uns irgendetwas gestanden hätte - schon gar keine Mauer - wir waren wie eine große Familie.
Als wir abends bei einer guten Flasche Wein ins Erzählen kamen, bekamen wir Trabbi-Geschichten zu hören, wie wir sie noch nicht kennen konnten.
Erste Geschichte:
Burghart fährt mit seinem Trabbi nach Berlin. Er wollte Silvia besuchen. Auf der Autobahn fing der Trabbi mit einem Mal an zu qualmen. Anhalten, die Motorhaube auf und die Batterie abklemmen war in Null Komma Nix
getan. Nun musste der Motor erst einmal kalt werden. Dann das Kabel mit Pflaster isolieren und das alles im Dunkeln. Als er das fertig hatte, startete er den Motor ganz vorsichtig wieder. Er lief - aber Licht konnte er nicht anmachen. Und so ist er ohne Licht weiter gefahren bis Berlin-Mitte und ist dort unbehelligt angekommen.
Zweite Geschichte:
Wenn du beim Trabbi einen neuen Keilriemen aufziehen musst, brauchst Du dafür anderthalb Stunden Zeit - aber du musst es auch können. Erstmal wird das vordere rechte Rad abmontiert, dann die Lichtmaschine gelöst und auf die Seite gekippt und dann kannst du den Keilriemen aufziehen. Danach kommt nacheinander alles wieder an seinen Platz. Die anderthalb Stunden sind vorbei und nun musst du dich selbst wieder auf Vordermann bringen. Das dauert auch seine Zeit, denn du musst bei dieser Arbeit unter dem Trabbi liegen, anders ist das nicht zu machen.
Dritte Geschichte:
Burghart erzählt uns, dass er sich ein Radio und Lautsprecher einbauen ließ. Komisch war, dass der Trabbi danach doppelt so viel Sprit verbrauchte wie davor. Er fuhr also wieder zu der Werkstatt. Der Monteur hatte das wohl noch nie gemacht. Seine Kollegen haben ihn nachher gehänselt und sagten: Du musst doch wissen, dass du kleinere Schrauben nehmen musst als die mitgelieferten - mit den großen Dingern bohrst du Löcher in den Tank!
Und so war das auch. Die beigepackten Schrauben passen eben nicht - das ist doch normal!