Uns Kuul
Wi harrn an Spann een lütten Diek, wie hebbt em jümmers noch, aver de Reeg no. Eenen Nomen harr de Diek eegentlich nich, wi sään eenfach uns Kuul as all de Kinner rundüm. Kinner, de een beten wieder weg wohnen, sään Dalls Kuule, dorbi höör uns de gor nich, wi wohnen aver gegenöver von de Kuul.
Fröher wüschen de Buurns ehr Wogens dor not Mistfohrn. Se fohren von de Stroot mit de schräge Anfohrt rin un de Peer stünnen bit an Buuk solang int Woter, denn wöör de Wogen mit dar Woter affschrubbt un dorno güng dar op de anner Siet wedder rut.
An dissen Diek hebbt wi as Kinner speelt mit Lehm un Baggermatsch, hebbt uns de Puuspoggen un de Kaulquappen, de ut den Laich kropen weern, bekeken un uns ok mol welk fungen, aver jümmers wedder in den Diek trüüchschütt.
In Winter weer hier Glitschen un Schlittschohlopen anseggt. Von de Stroot den Barg hendol un denn op dat Ies un quer över de ganze Kuul — un dor achter füllen wi all över eenanner in den Snee- wenn dor Snee weer. Dat mook Spooß, geev männichmol blaue Placken un dee weh, aver de Spooß weer dat wert.
Wenn dat Ies noch nich ganz fast weer, denn weer Bullerieslopen anseggt. Jümmers an den Kant lang leepen wi een non annern un denn keem dat Ies int Swingen. Dorbi müss man genau oppassen — sünst harr mit een Mol natte Fööt.
Natte Fööt un natte Büxen hebbt wi, glööv ik, all mol hatt, dat höör eenfach dorto. Veele Kinner sind dor rinfulln, sommerdags un winterdags aver nie is een Kind würklich to Schoden kommen. Ik bin dor ok mol rinfulln int Fröhjohr as mien Broder un ik een Deern de Kaulquappen wiesen wulln. Mien Hoorsleuf keek noch rut. Uns Nober Ohloff stüün bit an de Knee int Woter as Rudolf Timm rinjump un mi ruthol. Mien Broder weer achter uns Modder ranlopen, de non Höker wull, un hett to ehr seggt: Nun is Inge int Woter fulln, warüm geihst du ok weg.
De is trüüch lopen, so gau as se kunn, un fünn mi bi anner Noberslüüd int Bett ton Opwarmen.
Un hüüt — de Diek hett een ganz anner Gesicht kreegen. Hüüt is de Diek intüünt mit een grönet Gitter. Dor stoht Bänke op verschieden Höchten, dor is mit een rostfreet Gelänner een Trepp rünner ant Woter. Ründüm liegt Steen int Woter un Steen sind in Droht inpackt as een Wand. Denn is dor een lütte Fontäne anbrööcht in de Mitt von dat Woter. Ringsrüm hebbt se Blomen un Büscher anplannt - de jeden Dag goten warrt. Twee grote Tünnen mit roden Oleander stoht ganz boben an de Stroot. De Lüüd blievt stohn un kiekt sik dat an. Aff un an sett sik ok mol een op een Bank.
Ik stoh dor un kann blots mit den Kopp schütteln. Dat is nich mehr uns Kuul, de passt no mien Meen nich hier int oole Dörp, dat höört viellicht in een grote Anloog oder to een Altersheim. Aver wo söllt de Kinner denn speelen, glitschen un Schlittschohlopen winterdogs?
Unser Teich
Wir hatten in unserer Straße Spann
einen kleinen Teich, wir haben ihn immer noch — aber der Reihe nach. Einen Namen hatte dieser Teich nie, wir sagten einfach unser Teich
wie all die anderen Kinder rundum. Kinder, die ein wenig weiter weg wohnten, sagten oft Dalls Kuhle
, obwohl er uns gar nicht gehörte, wir wohnten nur gegenüber.
Früher wuschen die Bauern nach dem Mist-Ausfahren ihre Wagen darin. Sie fuhren dazu von der Straße die schräge Anfahrt hinein. Die Pferde standen so lange bis zum Bauch im Wasser, bis der Wagen mit dem Reisigbesen vom Dreck befreit war, und dann ging es auf der anderen Seite wieder hinaus.
An diesem Teich haben wir als Kinder mit Lehm und Baggermatsch gespielt, haben die Frösche und die Kaulquappen beobachtet, die aus dem Laich gekrochen waren. Wir haben auch mal welche gefangen, sie aber immer zurück in den Teich geworfen.
Im Winter war hier Glitschen und Schlittschuhlaufen angesagt. Von der Straße ging der Anlauf die Schräge hinunter, dann glitschten wir auf dem Eis über den ganzen Teich. Am Ende purzelten wir alle übereinander in den Schnee, wenn dort welcher lag. Das machte Spaß, gab oftmals blaue Flecken und tat auch weh — aber das war uns der Spaß wert. Wenn das Eis noch nicht ganz fest war, war Bullereislaufen angesagt. Immer an der Kante liefen wir schnell einer hinter dem anderen her und brachten so das Eis zum Schwingen. Dabei musste man genau aufpassen, sonst hatte man mit einem Mal nasse Füße.
Nasse Füße und nasse Hosen haben, glaube ich, alle mal gehabt, das gehörte einfach dazu. Viele Kinder sind im Sommer und im Winter in den Teich gefallen, aber nie ist eines zu Schaden gekommen. Ich gehöre auch dazu. Mein Bruder und ich wollten im Frühjahr einem Mädchen die Kaulquappen zeigen, da war ich plötzlich drin und nur meine Haarschleife guckte noch raus. Unser Nachbar Ohloff stand bis zu den Knien im Wasser, als Rudolf Timm hineinsprang und mich rausholte. Mein Bruder war meiner Mutter nachgelaufen, die gerade einholte, und hat zu ihr gesagt: Nun ist Inge ins Wasser gefallen, warum gehst du auch weg.
Sie lief so schnell sie konnte zurück, aber ich steckte schon zum Aufwärmen beim Nachbarn im Bett.
Doch heute hat der Teich ein ganz anderes Gesicht. Heute ist der Teich mit einem grünen Gitter eingezäunt. Da stehen Bänke auf verschiedenen Terrassen, dort ist ein rostfreies Geländer hinunter zum Wasser. Rundum liegen Steine im Wasser oder sind in Draht eingepackt, um eine Mauer zu bilden. Mitten im Wasser ist eine kleine Fontäne angebracht. Ringsherum sind Büsche und Blumen angepflanzt, die jeden Tag gegossen werden. Zwei große Tonnen mit rotem Oleander stehen oben an der Straße. Leute bleiben stehen und sehen sich alles an. Selten setzt sich jemand auf eine Bank.
Ich stehe da und kann bloß mit dem Kopf schütteln. Das ist nicht mehr unser Teich, dieser passt überhaupt nicht ins alte Dorf. So einer gehört in eine große Anlage oder an ein Altenheim. Wo sollen hier eigentlich die Kinder im Sommer spielen und im Winter glitschen und Schlittschuhlaufen?