De Pill
Wi schulln Besöök kriegen ut de Schweiz. Een jungen Mann wull uns op sein Dörchreis no Kopenhogen besöken un mol sehn, wie dat op dat platte Land ohne Bargens so utsüht. Loot an Obend weer he ankomen un müß eerst mol önnig utslopen.
An annern Morgen bi'n Fröhstück froog he, ob wi een Velo för em harrn, so heet bi em tohuus 'n Fohrrad. Jo, man wat wullt du dormit? Du kennst di hier doch gor nich ut?
— He druckst son beten rüm, eh dat he dormit rutkeem. He wull mol eben an de Nordsee fohrn un sik dat Watt ankieken. Ik froog em, ob he dat noch vör'n Meddageten wull. Jo, dat wull he!
Mien leeve Jung, anter ik, dorvon warrt nix. Bit an de Nordsee sind dat üm un bi 100 km.
— Dor weer he baff. He harr in de School lehrt, Hamborg liggt an de Elv un an de Nordsee. Villicht hett he nich richtig oppaßt, oder de Schoolmeister wüß dat ok nich beter.
Intwischen trock een Storm op, un ik harr swoore Bedenken, dat dat uns Besöök obends op den Damper no Trelleborg nich so ganz goot gohn wöör. In knööp mi em vör un verkloor em, wat he doon schull. Ik geev em een Pill, de he in Lübeck sluken schull, dormit se op'n Damper gegen Übelkeit
wirken kunn. Denn verkloor ik em noch, sik in de Mitt von dat Schipp optoholn, denn dor schaukelt dat an wenigsten. Ik hoff, he wöör sik dorno richen, bi de jungen Lüüd hüüt, weet man dat jo nich. Wi bröchen em no'n Hauptbohnhoff, un denn müß he alleen trecht komen.
Annern Dag güng dat Telefon. He meldt sik ut Kopenhogen. He vertell ganz stolt, dat he wohl de Eenzige west weer, de nich Neptun opfert harr. He harr allns goot överstohn. Mi füll een Steen von Harten.
Uns Dochder froog mi, wat dat eegentlich för'n Pill west weer de ik em geven harr. Ik müß lachen. Jäh, dat weer'n Schwangerschaftstablett, de harr ik noch liggen
, anter ik.- Mami, de weer doch bestimmt afflopen, wie kunnst du em de geven?
— Wieso - hett se holpen oder nich? He weet dat jo nich, un vertelln warr ik em dat bestimmt nich! Wat wullt du eegentlich?
Die Pille
Wir sollten Besuch bekommen aus der Schweiz von einem jungen Mann. Er wollte auf der Durchreise nach Kopenhagen zu uns kommen, um zu sehen wie es auf dem platten Land aussieht so ohne Berge. Spät abends kam er an und musste erstmal gründlich ausschlafen.
Am anderen Morgen beim Frühstück fragte er ganz beiläufig, ob wir wohl ein Velo für ihn hätten, dass ist in der Schweiz das Wort für Fahrrad. Natürlich haben wir das, aber was willst du denn damit, du kennst dich doch hier nicht aus?
Er druckste ein bisschen herum, ehe er mit der Sprache heraus kam. Er wollte mal eben an die Nordsee fahren und sich das Watt ansehen, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass das Wasser so einfach verschwindet. Hm — willst du das denn noch vor dem Mittagessen?
fragte ich. Ja — wenn es möglich ist.
Mein lieber Junge, davon kann nichts werden, denn bis zur Nordsee sind es ungefähr 100 km.
Er war ganz erschrocken und sagte, er hätte in der Schule gelernt, dass Hamburg an der Elbe und an der Nordsee liegt. Vielleicht hat er in der Schule nicht richtig aufgepasst, oder der Lehrer wusste das auch nicht besser.
Inzwischen kam ein Sturm auf, und ich hatte schwere Bedenken, dass es unserem Besuch auf der Fahrt mit dem Dampfer nicht so gut gehen würde. Ich knöpfte ihn mir vor und versuchte, ihm zu erklären, was er tun sollte. Ich gab ihm eine Pille gegen Übelkeit, die auf dem Schiff wirken sollte. Er sollte sie in Lübeck schlucken und auf dem Schiff sich in der Mitte des Schiffes aufhalten, denn dort schaukelt es am wenigsten. Ich hoffte, er würde sich danach richten. Aber bei den jungen Leuten heute weiß man nie, wie sie reagieren. Wir brachten ihn zum Bahnhof und dann musste er sehen, wie er zurechtkam.
Am anderen Tag ging das Telefon. Er meldete sich aus Kopenhagen. Er erzählte, dass er wohl der einzige Passagier gewesen wäre, der Neptun nicht geopfert hätte. Er hatte die Überfahrt gut überstanden. Mir fiel ein Stein vom Herzen.
Unsere Tochter fragte mich danach, was das eigentlich für eine Pille gewesen wäre, die ich ihm gegeben hatte. Ja — das war eine Schwangerschaftstablette, die hatte ich noch liegen
, antwortete ich. Mami, die war doch bestimmt abgelaufen, wie konntest du ihm die geben?
Wieso - hat sie geholfen oder nicht? Er weiß das doch nicht, und ich werde es ihm bestimmt nicht erzählen. Was willst du eigentlich?