Meldörper Mehlbüdel
Wi weern mit Frünnen op Rundtour dörch Dithmarschen. Wi wulln jüm wat von uns Heimot wiesen, wovon se glööven, dat dat hier so wat as Kunst gor nich gifft. Beide weern se von de Güntsiet von de Weißwurstgrenz
, den Main.
Wi setten mit de Fähr bi Brunsbüttel över un moken uns eerst Statschon bi de lütt Jakobuskark mit de veelen Linnenbööm rundüm. Se is een Goov von den dänschen König Friedrich IV. De lütt Soolkark hett een Königsloosch (Loge) för em, man he hett dor in sien Kark nie seeten. Opfulln is uns Gäst de Altar in Knorpelstil, de von een Heider Schnitzer ut Eekenholt mookt worrn is. De twölf inrohmten Biller dorop sind bunt un wert antokieken.
Wieder güng uns Fohrt övern Dieksander Koog no Friedrichkoog un denn no Meldörp. Sien Dom, de keen is aver so heet, is jo all von wieden to sehn. Uns Frünnen weern baff son groote Kark hier to finnen. Un as wi denn in de Kark seeten un de gewaltige Hööcht op uns wirken leten, marken wi foorts, wo lütt wi doch sind. De oolen Frescen weern frisch restaureert un sind eenmolig hier in Norden. Uns Gäst weern begeistert. As wi uns no een Stünnstiet satt sehn harrn , marken wi an uns Mogen, dat dat Meddagstiet weer. Wi harrn Hunger.
An Markt achter den Dom stüürn wi de Gasthoff Zur Linde
an. Wi kreegen jüst noch'n Disch för uns. Blangen uns seet een Sellschop all bit Eten. As ik mi ankeek, wat de op'n Töller harrn, froog ik: Eet ji Mehlbüdel?
- jo, wi kommt extra von de anner Siet von de Elv üm hier Mehlbüdel to eten.
Wi diskuteern nich lang un bestelln uns ok Mehlbüdel. Uns Gäst meenen, se wulln wat eten, wat dat bi jüm tohuus nich gifft. Ik weer skeptisch, ob jüm dat wohl smecken wöör.
Op een groot Sülvertablett leeg de opsneeden Mehlbüdel. De Rosinen un Krinthen dorbin grienen uns an. Denn weer dor noch een Töller mit rökerte un kookte Swiensback, een Schöttel mit hitte Kassbeern un een Schöttel mit Muster. Uns Gäst keeken sik dat an un froogen: Wie ißt man das?
Dor harr'k all op luurt. Een Stück Mehlbüdel, een Stück Swiensback un Kassbeern un Muster bobenop,
anter ik. Kann man das zusammen essen?
- Kloor, man ohne prögen, geiht dat nich.
Se füngen vörsichtig mit Swiensback un Muster an — smeckt — denn Mehlbüdel mit Kassbeern — smeckt ok. Un denn güng dat richdig los, allns wöör probeert un opletzt eeten se allns mit'n anner. Wi hebbt dat Sülvertablett aver nich leddig kreegen un uns de letzten Stücken inpacken loten. Dat wulln wi obends in Bodder in de Pann broden un mit'n beten Zucker geneten.
As wi betohln wulln, sä uns Kellnerin: Ji hebbt noch keenen Nodisch hatt.
— Wi könnt nich mehr,
antern wi. — Dat mutt
, sä se, sünst kriegt ji Buukkniepen.
Un se stell uns kookte Soltkantüffeln un Musterstipp op den Disch. Jeder hett noch twee Kantüffeln mit Musterstipp eten, dat rutsch tatsächlich noch dörch dat Halslock.
Wi hebbt uns Tour denn wedder opnohmen un sind noch op de Dusenddüwelswarft west. Dat is de Stell, wo vör fievhunnert Johr de Dithmarscher üm ehr Freeheit kämpft hebbt. Un dorno hebbt wi uns noch den Geschlechter Friedhoff in Lunden ok noch ankeeken.
As wi opletzt in Tönning an Hoben seten, kunnen wi all wedder een Ies eten. Keener harr Buukkniepen, uns leeg de Mehlbüdel nich op'n Mogen. Dorför hebbt uns de Soltkantüffeln un de Musterstipp bewohrt.
Uns Gäst — de wöllt geern mol wedder son Tour mit uns moken. Se harrn Spooß hatt an uns Fohrt dörch Dithmarschen un an den Mehlbüdel.
Meldorfer Mehlbüdel
Wir waren mit Freunden auf einer Rundtour durch Dithmarschen. Wir wollten ihnen etwas von unserer Heimat zeigen, wovon sie glaubten, dass es so etwas wie Kunst
überhaupt nicht gab. Beide waren von der Südseite des Weißwurstäquators.
Wir setzten mit der kostenlosen Fähre über den Nord-Ostsee-Kanal bei Brunsbüttel und machten unseren ersten Halt bei der Jakobuskirche, die auf einer von vielen Lindenbäumen eingefassten Rasenfläche steht. Sie ist eine Gabe des dänischen Königs. Die kleine Saalkirche hat sogar eine Königsloge, die er aber nie genutzt hat. Unseren Freunden fiel der Altar im Knorpelstil auf, der von einem Heider Holzschnitzer aus Eichenholz gemacht wurde. Die umrahmten Bilder sind sehr bunt und sehenswert.
Weiter ging unsere Fahrt über den Dieksander Koog nach Friedrichskoog und dann nach Meldorf. Der Meldorfer Dom, der keiner ist, aber immer so genannt wird, ist ja schon von weitem zu sehen. Unsere Freunde waren erstaunt, hier eine so große Kirche zu finden. Als wir in der Kirche saßen und die gewaltige Höhe auf uns wirken ließen, merkten wir alle, wie klein wir doch sind. Die alten Fresken waren frisch renoviert und sind einmalig hier im Norden. Unsere Gäste waren begeistert. Als wir uns nach einer Stunde satt gesehen hatten, merkten wir an unserem Magen, dass es Mittagszeit war, wir hatten Hunger.
Am Markt hinter dem Dom steuerten wir den Gasthof zur Linde an. Wir bekamen den letzten freien Tisch. Am Nebentisch saß eine Gesellschaft, die schon beim Essen war. Als ich mir ansah, was sie auf ihren Teller hatten, fragte ich: Essen sie Mehlbüdel?
— Ja, wir kommen extra von der anderen Seite der Elbe, um hier Mehlbüdel zu essen.
Wir diskutierten nicht lange und bestellten alle dieses Nationalgericht
. Unsere Gäste meinten, sie wollten etwas essen, was es bei ihnen in der Heimat nicht gibt. Ich war skeptisch, ob ihnen das wohl schmecken würde?
Auf einem großen Silbertablett lag der aufgeschnittene Mehlbüdel. Ein Mehlbüdel ist ein Hefeteigkloß, der in einem Tuch in Salzwasser hängend gegart wird. Die Rosinen und Korinthen darin lachten uns an. Dann war da noch ein Teller mit geräucherter und gekochter Schweinsbacke, eine Schüssel mit heißen Kirschen und eine mit Senf. Unsere Gäste sahen sich das alles an und fragten dann: Und wie isst man das nun?
Darauf hatte ich gewartet. Ein Stück Mehlbüdel, ein Stück Schweinsbacke, ein paar Kirschen und obendrauf Senf.
— Kann man das zusammen essen?
— Natürlich, nur probieren muss man das schon.
Sie fingen vorsichtig an — Mehlbüdel mit Kirschen — schmeckt- Schweinebacke mit Senf — schmeckt auch. Dann ging es richtig los. Alles wurde probiert. zuletzt aßen sie alles miteinander und durcheinander — . Wir haben aber das Silbertablett nicht leer essen können. Die letzten Stücke ließen sich unsere Gäste einpacken. Sie wollten das abends in der Pfanne in Butter braten und mit ein bisschen Zucker genießen.
Als wir bezahlen wollten, sagte unsere Kellnerin: Ihr habt noch keinen Nachtisch gehabt, das geht nicht.
— Wir können nichts mehr essen
, war unsere Antwort. Das muss sein, sonst bekommt ihr Bauchweh.
Sie stellte uns Salzkartoffeln und Senfsoße auf den Tisch. Jeder hat noch zwei Kartoffeln mit Soße gegessen. Das rutschte tatsächlich noch in den Magen!
Wir haben dann unsere Tour wieder aufgenommen und sind zur Dusenddüwelswarft gefahren. Das ist die Stelle, wo vor 500 Jahren die Ditmarscher um ihre Freiheit gekämpft haben, dabei setzten sie ihr Land unter Wasser, indem sie die Schleusen öffneten und die Feinde in ihren Rüstungen ertranken. Danach sind wir nach Lunden gefahren, um uns den Geschlechterfriedhof anzusehen. Es ist eine einmalige Anlage. Dort wurden die Menschen, die zusammen auf einer Warft gelebt hatten, bestattet in einer gemauerten, tiefen Gruft.
Zuletzt sind wir im Hafen von Tönning gelandet und haben ein Eis gegessen. Keiner hatte Bauchweh — der Mehlbüdel lag uns nicht im Magen. Davor haben uns die Kartoffeln mit Senfsoße bewahrt.
Unsere Gäste wollen gern noch mal eine Tour mit uns machen. Sie hatten Spaß an unserer Fahrt durch Dithmarschen und an dem Mehlbüdel.