Fohrrööd — gestern un hüüt
Radfohrn schöllt wi wedder mehr, dat Auto stohn loten. Uns mehr bewegen un nich inrosten. Radfohrn mookt Spooß un höllt jung. Wenn du dien slanke Linie wedder hebben wullt, mußt du önnig in de Pedalen pedden un 'n Barg Kilometers achter di bringen, sonst nützt dat nix. Radfohrn is goot för't Hatt. De Wind mookt de Lungen free. Radfohrn helpt de Muskeln in de Been to aktiveern un dormit diene Venen. Radfohrn is heel gesund, bloß hinfalln dröffst du nich, dorbi kannst di de Knoken breeken.
Ok mußt du de Verkehrsregeln kennen. Am besten du stiggst von dienen Drohtesel, wenn du över de Hauptstroot mit veel Autoverkehr mußt, un du geihst bi de Ampel op de anner Siet.
Du mußt ok weten, dat man nich mit twee Mann nebeneenanner fohrn dröff, bloß wenn man in een Kolonn is. Wichtig is, dat dien Brems un dat Licht funktschoneert. Verkehrt rüm een Eenbohnstroot fohr lever nich, dat gifft Udels, de markt dat. Dat weer so, hüüt kannst du dat aver, dat is nich ungefährlich.
Ik weer grood fiev Johr oolt, as ik op'n Jungsrad dat Fohrn lehrt heff. Ton Opstiegen bruuk ik eenen groten Steen, de an de Opfohrt leeg, un ton Affstiegen fohr ik eenfach in eenen Knick oder gegen een Wand, wat grood dor weer.
Von 1942 bit 1955 bin ik jeden Dag mit Rad non Ossentoller Bohnhoff fohrt un denn wieder mit de Hochbohn no School oder loter ton Deenst bi de Post. Mien Rad brööch ik no Ohrens gegenöver von Bohnhoff. Dor geev dat een Steed, wo man sien Rad affgeven kunn för ganz wenig Geld. In groote Schuppens un op 'n Hoff stünnen poor hunnert Rööd. Jedet harr sienen Platz. De oole Kudenholt un sien Helpslüüd wüssen genau, wo dien Rad hingehöör buten oder binnen.
Dat natte Regentüüg kunn ik as oole Kunn in de Bood ton Affdrögen ophingen. Disse Bood harr een Kanoonoben, de in de koole Tiet ganz wichtig weer. Hier kunnst dien verklaamten Hannen wedder opwarmen. Doch lang kunn ik dat in de Bood nich uthooln — dat stünk dor no nattet Tüüg, dat du meenst, di blifft de Luft weg.
Een von de Helpslüüd weer Erwin, sienen Nonomen heff ik vergeeten. He bleev oftmols över Nacht dor. Dat heet, bit ton letzten Tog müß he woken blieven. An annern Morgen ton eersten Tog hooln em de Lüüd ut de Puuch. Wenn man denn de oole Liege in de Bood Puuch nömen kunn. Ik heff nie begreepen, dat he in disse dicke Luft — üm nich to seggen Mief — slopen kunn. Lüftung geev dat nich un dat eenzige lütte Fenster kunn man nich opmoken. Dor keem noog Luft dörch de Ritzen un wenn man de Döör opmoken dee.
Erwin weer för mi een ganz wichtigen Mann, he putz mi mien Rad, wenn ik mol loot ut Hamborg keem. För 3,50 Mark hett he dat putzt — aver wie! Nich bloß mol eben överwischt, nee richdig gründlich mook he dat.Hüüt weet ik nich, wat dat kost un op dat överhaupt eenen gifft, de di dat Rad putzt.
All dat is Vergangenheit
— so lang her — aver doch wohr. Eegentlich harr dat hüüt in dat Parkhuus an Herold-Center ok son Stand geven müßt, wo du dien Rad affgeven kunnst. Weer doch gor nich so verkehrt — oder? Mi hebbt de dor krüüz un quer affstellten Rööd jümmers stöört. Dat seh doch meschand ut. Intwüschen hett man dor Fohrradstänners opstellt, de sogor överdacht sind.
Aver een Oppasser för de Rööd gifft dat nich, de denn ok von eersten bit ton letzten Tog dor is. Wer wull denn ok för anner Lüüd op de ehr Rööd oppassen. Du mußt dienen Drohtesel also goot affsluten. Ik wöör mien Rad an Bohnhoff den ganzen Dag över nich affstellen. In disse Tiet bestimmt nich, deit mi Leed, ik harr Angst — dor stoht noher twee(!!). Deshalv fohr ik nu veel weniger mit'n Rad — ik nemm den Bus oder fohr mit Auto non Herold-Center un non Bohnhoff.
Fahrräder — gestern und heute
Wir sollten mehr mit dem Rad fahren und das Auto stehen lassen. Wir sollten uns mehr bewegen, um nicht einzurosten. Radfahren macht Spaß und hält jung. Wenn du deine schlanke Linie wieder haben willst, musst du tüchtig in die Pedale treten und eine Menge Kilometer hinter dich bringen — sonst nützt das nichts. Radfahren ist gut für das Herz. Der Wind macht die Lungen frei. Radfahren hilft die Beinmuskeln zu aktivieren und damit deine Venen. Radfahren ist gesund — aber hinfallen, das darfst du nicht, da könntest du dir deine Knochen brechen.
Du musst die Verkehrsregeln kennen. Es ist am besten, wenn du von deinem Drahtesel absteigst, wenn du über eine Hauptstraße mit viel Autoverkehr willst — noch besser, du gehst bei der Ampel auf die andere Seite.
Du musst wissen, dass du nicht mit zwei Mann nebeneinander fahren darfst, nur wenn man in einer Kolonne unterwegs ist. Wichtig ist, dass die Bremsen und das Licht funktionieren. Durch eine Einbahnstraße in falscher Richtung zu fahren, kann gefährlich sein, lass' es lieber.
Ich war gerade fünf Jahre alt, als ich auf einem Rad für Jungen, also mit Stange, das Fahren lernte. Zum Aufsteigen brauchte ich einen Stein, der bei uns an der Auffahrt lag, und zum Absteigen fuhr ich einfach in einen Knick oder gegen eine Wand, was ich gerade vorfand.
Von 1942 bis 1955 bin ich jeden Tag mit dem Rad zum Ochsenzoller Bahnhof gefahren und dann weiter mit der Hochbahn zur Schule und später zum Dienst beim Postscheckamt Hamburg. Mein Fahrrad brachte ich zu Ahrens
gegenüber vom Bahnhof. Dort gab es eine Stelle, wo man sein Fahrrad abgeben konnte für ganz wenig Geld. In großen Schuppen und auf dem Hof standen immer ein paar hundert Räder. Jedes hatte seinen Platz. Der alte Kudenholt, Pächter dieses Standes, und seine Hilfsleute wussten genau, wo dein Rad stehen musste, drinnen oder draußen.
Das nasse Regenzeug konnte ich als alter Kunde in der Bude zum Trocknen abgeben. Diese Bude hatte einen Kanonenofen, der in der kalten Zeit ganz wichtig war. Hier konntest du deine klammen Hände wieder aufwärmen. Doch lange hielt ich es in der Bude nicht aus — es stank da nach nassen Klamotten, dass du glaubtest, gleich bleibt dir die Luft weg.
Einer der Hilfsleute war Erwin, seinen Nachnamen habe ich vergessen. Er blieb manchmal über Nacht da, das hieß, bis zum letzten Zug musste er wach bleiben. Am anderen Morgen holten ihn die ersten Kunden aus dem Bett, wenn man die alte Liege in der Bude überhaupt Bett nennen konnte. Ich habe nie begriffen, dass er in der dicken Luft der Bude — um nicht zu sagen Mief — schlafen konnte. Eine Lüftung gab es nicht. Das einzige kleine Fenster war nicht zu öffnen. Aber es kam ja genug Luft durch die Ritzen oder man machte die Tür auf.
Erwin war für mich ein ganz wichtiger Mann, er putzte mein Fahrrad, wenn ich mal spät aus der Stadt kam. Für 3,50 D-Mark hat er das Rad geputzt — aber wie! Nicht nur mal eben übergewischt, nein, er putzte es gründlich. Heute weiß ich nicht, was es kostet und ob es überhaupt jemanden gibt, der dir deinen Drahtesel auf Vordermann bringt.
All das ist Vergangenheit — schon lange her, aber doch wahr. Eigentlich hätte es beim Parkhaus am Herold Center so einen Stand geben müssen, wo man sein Rad abgeben könnte. Das wäre doch gar nicht falsch — oder? Mich haben die kreuz und quer stehenden Räder dort immer gestört, das sah grässlich aus. Inzwischen hat man dort Fahrradständer aufgestellt, die sogar überdacht sind. Aber Leute, die auf die Räder aufpassen und von der ersten bis zur letzten Hochbahn vor Ort sind, die gibt es nicht mehr. Heute musst du dein Fahrrad selbst anschließen mit einem starken Schloss. Ich würde mein Fahrrad heute nicht dort den ganzen Tag abstellen — in dieser Zeit bestimmt nicht, tut mir Leid, ich hätte Angst — da stehen abends zwei!? Deshalb fahre ich weniger mit dem Rad, nehme lieber einen Bus oder hole unser Auto aus der Garage.