Klönsnack
Wi weern bi Noberslüüd ton Klönen. Kloor dat wi von oole Tiden snacken, denn bit op mienen Mann kennt wi uns ut de Kinnertiet. Jeder weet wat ut de Familjengeschicht von den Annern un kennt ok de Lüüd, de dor tohöört.
Aver ik mutt eerstmol wat vertelln von uns oole Clubgarnitur
‒ uns Sofa mit de beiden Sessel. Wi harrn uns vör uns Hochtiet ‒ dat is över 60 Johr her ‒ een grootet Sofa mit'n hoge Lehn moken loten. Mien Mann wull unbedingt wat hebben, wo he den Kopp anlehnen kunn. Dat weer son Sofa mit Backen
, as dat nöömt wöör. De Sessellehn weer eenfach ut Holt, sünst harr ik dat Genöök gor nich regeern kunnt.
As dat nu anleevert warrn dee, geev dat een groot Malöör. Wi kreegen dat Sofa ut't Treppenhuus nich in uns lütte Wohnung in Barmbek rin. Mit'n besten Willn weer 't nich över dat Treppengelänner in de Wohnungsdöör to kriegen. Dat hölp allns nix, de Polsterer müß de achtersten Been affsogen. Nu endlich in de Stuuv wöörn se wedder anliemt un anschroven. Wi weern fardig mit de Welt no de ganze Prozedur aver froh, dat dat doch noch klappt harr.
As wi veer Johr loter wedder uttrocken, vertelln wi dat de Umtogslüüd. Se keeken sik dat an un meenen: Son Blödsinn ‒ dat geiht so.
Un de hebbt dat Sofa mit de Been ut de Wohnung rutkregen. Wi kunnen dat överhaupt nich begriepen. Von nu an stünn dat Sofa in Gorstedt in uns Stuuv.
Een Johr ‒ wi weern bit Grootreinmoken ‒ hebbt wi dat Sofa no buten brööcht. Ik harr dat Geföhl, dat müß mol önnig kloppt warrn. Son mit Epinglee betrockenet Sofa kann jo wat aff. Wi hebbt dat önnig verrüscht, un dor keem een Stoff rut, dat mach ik meist nich vertelln. Ik glööv, dor weer noch de ganze Stoff ut de Warksteed bin.
Veele Johrn hebbt wi dat hatt, aver eenen Dag harrn wi dat groote Dings satt un köffen uns wat Lütteres. ‒ Süh, un nu kommt uns Noberslüüd int Spill. Se wulln de Garnitur för jüm ehrn Partykeller hebben. Prima, dor weern de Möbel goot to hebben.
Man in son Keller warrt jo ok mol wat klamm. Un so stelln se dat Sofa eenen Doogs in'n Goorn in de Sünn ton Drögen. Den Dag keem unvermoden Tante Elvira ut Ellerbek to Besöök un keek sik dat Sofa an. Dat steiht bi ju in Keller? Is jo veel to schood. Dat loot mi man kriegen för'n Stammdisch in de Gaststuuv.
Un so keem uns oolet Sofa no Ellerbek. Wo dat dor genau stohn hett, weet ik nich, ik bin dor nie ankehrt.
Mit de Wirtschaft güng dat bald nich mehr goot. Se wöör eerst an eenen Joponer verpacht. Aver de kunn sik dor nich holn. Denn hett dat een Fischspezialisten in de Hannen nohmen. In de Gaststuuv kunnst noch de oolen Kacheln un den Tresen von de Johrhunnertwenn sehn, ok de wunnerschönen Stuckdecken – allns is restaureert worrn. As wi eenes Doogs dor ton Eeten weern, heff ik no dat oole Sofa froogt, aver de Inhober wüß nix dorvon aff. Wat schall't ‒ is jo man bloß een oolet Sofa!
All dit vertelln wi nu uns Noberslüüd. Un wat wi dor to höörn kreegen, kunnen wi meist nich glöven. Dat Sofa existeert noch. As dat Anwesen verköfft wöör, hett sik de Dochder von Tante Elvira de Möbel un veeles mehr as ehr Arvdeel holt. Se hett allns in'n Container packen loten, denn verschifft ‒ un nu steiht uns oolet Sofa in Tampa in Florida fein oparbeidt von eenen amerikoonschen Spezialisten.
Weeß Du wat ‒ eegentlich müch ik mol no Tampa fleegen un uns oolet Sofa besöken.
Klönen oder Unterhalten
Wir waren bei Nachbarn zum Klönen. Klar, wir sprachen von alten Zeiten, denn wir kennen uns seit unser Kindheit – nur mein Mann war ein Außenseiter
. Jeder wusste etwas aus der Familiengeschichte der Anderen und kennt auch die Angehörigen.
Aber erstmal muss ich etwas von unserer alten Clubgarnitur erzählen – unserem Sofa mit den beiden Sesseln. Wir hatten uns vor unserer Hochzeit ‒ das ist heute über sechzig Jahre her – ein großes Sofa mit einer hohen Lehne machen lassen. Mein Mann wollte unbedingt etwas haben, wo er seinen Kopf anlehnen konnte. Das war ein Sofa mit Backen, wie das genannt wurde. Die Sessellehnen waren einfach aus Holz, sonst hätte ich sie gar nicht regieren können.
Als die Garnitur angeliefert wurde, gab es ein großes Malheur. Wir bekamen das Sofa vom Treppenhaus aus nicht in unsere kleine Barmbeker Wohnung. Mit dem besten Willen war es nicht über das Treppengeländer durch die Tür zu bekommen. Es half nichts – der Polsterer musste die beiden hinteren Beine absägen. Als es denn endlich im Wohnzimmer stand, wurden sie wieder angeleimt und angeschraubt. Nach dieser Prozedur waren wir alle fertig mit der Welt – aber froh, dass es doch noch geklappt hatte.
Als wir vier Jahre später wieder auszogen, erzählten wir das den Umzugsleuten. Sie sahen sich das an und meinten: So‘n Blödsinn – das geht auch so.
Sie haben das Sofa mit den Beinen aus der Wohnung getragen. Wir konnten das überhaupt nicht begreifen. Von da stand es viele Jahre bei uns in Garstedt in der Stube.
Eines Tages – wir waren beim Großreinemachen ‒ haben wir das Sofa nach draußen gebracht. Ich hatte das Gefühl, das musste mal anständig durchgeklopft werden. So ein mit Épinglée bezogenes Sofa kann das ja ab. Wir haben es ordentlich mit dem Teppichklopfer bearbeitet. Da kam ein Staub raus, das mag ich kaum erzählen. Ich glaube, da war noch der ganze Staub aus der Polstereiwerkstatt drin.
Viele Jahre haben wir die Garnitur gehabt, aber eines Tages hatten wir sie satt und kauften uns etwas Kleineres. Und nun kommen unsere Nachbarn ins Spiel. Sie wollten unsere Garnitur für ihren Partykeller haben. Prima – da passte sie hin.
Aber in einem Keller wird ja leicht mal etwas klamm. Darum stellten sie die Garnitur in den Garten zum Trocknen und Ausdünsten. An dem Tag kam unangemeldet Tante Elvira aus Ellerbek zu Besuch und sah sich alles genau an. Das steht bei euch im Keller? Das ist doch viel zu schade – das lass mich man kriegen für meinen Stammtisch in der Gaststube.
Und so kam unsere Garnitur nach Ellerbek. Wo es dort genau gestanden hat, weiß ich nicht. Ich bin in diese Wirtschaft nie eingekehrt.
Mit der Wirtschaft lief es bald nicht mehr so gut. Sie wurde erst an einen Japaner verpachtet, der sich dort aber nicht lange halten konnte. Dann hat es ein Fischspezialist übernommen.In der Gaststube waren noch die alten Kacheln und der Tresen aus der Jahrhundertwende zu sehen, auch die wunderschönen Stuckdecken – alles wurde restauriert. Als wir eines Tages zum Essen dort waren, habe ich nach dem alten Sofa gefragt. Aber der neue Inhaber wusste nichts davon. Was soll's – war ja nur ein altes Sofa.
All dies erzählten wir uns. Und was wir dann zu hören bekamen, ist fast nicht zu glauben. Das Sofa existiert noch! Als das Anwesen von Tante Elvira verkauft wurde, hat ihre Tochter ihr Erbteil abgeholt inklusive Sofa. Sie hat alles in einen Container packen lassen und verschifft. Nun steht unser altes Sofa in Tampa in Florida, nachdem es von einem amerikanischen Spezialisten aufgearbeitet wurde.
Weißt du was – eigentlich möchte ich mal nach Tampa fliegen und unser altes Sofa besuchen.