Mit Kreuzer »Emden« nach Amerika
vom 31.10.1935 - 13.6.1936
Vorwort der Redaktion
Diese Erinnerungen wurden von Kurt Jürgen Voigt aufgezeichnet und illustriert, als er 11 Jahre alt war. Grundlage seines Berichtes waren die Briefe seines Vaters, Kurt Voigt, Offizier an Bord der »Emden«, die er während der Ausbildungsfahrt nach Hause schickte. Sowohl die Briefe als auch der nacherzählte Bericht waren in Sütterlin-Schrift verfasst.
Er hat die damaligen Ereignisse unmittelbar beschrieben, wie er sie durch die Briefe des Vaters miterlebt hat und damit ein historisches und authentisches Dokument geschaffen, das wir Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, nicht vorenthalten möchten.
Transliteriert wurde es 2012 von Kurt Jürgen Voigt, Sohn des Seeoffiziers Kurt Voigt, für die Erinnerungswerkstatt Norderstedt. Nach Möglichkeit wurde die damalige Rechtschreibung beibehalten.
Bitte navigieren Sie durch alle Kapitel dieser Erinnerungen, mit dem Navigationszettel
in der rechten Spalte. Außerdem können Sie, wenn Sie einen der Radio-Button im Kopf dieser Seite benutzen, einen Eindruck bekommen, wie der Urtext in Sütterlin-Schrift ausgesehen hat.
Bei der Umsetzung der Rund-s / Lang-s Regeln hat Dr. Peter Hohn, Sütterlinstube Hamburg geholfen. Die technische Realisierung übernahm der Webmaster dieser Seite, Hartmut Kennhöfer.
***
Mit Kreuzer »Emden« nach Amerika
Es war ein kalter klarer Oktobertag des Jahres 1935, an dem der Kreuzer »Emden« in Wilhelmshaven an der Pier lag, um für acht Monate unter dem Kommandanten Kpt.z.See Bachmann ins Ausland zu fahren. Eine letzte Abschiedsstunde verbrachten wir an Bord in Vaters Kammer.
153 Seekadetten sollten militärisch und seemännisch geschult werden. Da wurde von allen Decks ausgepfiffen Fremde von Bord!
, und wir standen winkend an der Pier, Abschiedsworte flogen hin und her, dann warf man die Leinen los und das schlanke Schiff setzte sich in Bewegung.
Die Bordkapelle ließ das alte Lied Muss I denn
erklingen, die Mützen der Matrosen flogen im Takt auf und nieder. Wir sahen den Vater mit anderen Offizieren an der Reling stehen, winkend so lange wie möglich.
Die »Emden« fuhr langsam den Schleusen zu, dann an vielen winkenden Menschen vorbei nach der offenen See.
Angra do Heroismo. 31.Oktober bis 7. November 1935
In einer kleinen bergigen Bucht liegt der Hafen. Die Portugiesen nehmen das deutsche Schiff liebenswürdig und höflich auf. Ein sauberes Städtchen mit gepflasterter Hauptstraße zeigt sich, kleine weiße Häuser mit schmalen Gitterbalkonen gibt es dort und vom Land hat man einen schönen Blick auf die Bucht, in der die »Emden« liegt.
In den Straßen fahren Ochsenkarren. Die Besatzung der »Emden« kann die berühmten Madeira-Handarbeiten kaufen. Die hier lebenden Deutschen laden die Seeleute ein, bewirten sie und zeigen ihnen die Insel. In den nächsten Tagen werden die Besucher zum Stierkampf eingeladen, es gibt ein Volksfest, an dem gesungen und getanzt wird. Entgegen der Landessitte tanzen die Mädchen mit den Deutschen. An einem warmen Novembermorgen läuft die »Emden« aus. Nach mehreren Tagen sehr stürmischer Seefahrt werden die Bermudas erreicht.
Port Hamilton 15. November bis 18. November 1935
Auf den Bermudas leben nur wenige Deutsche, viele Amerikaner kommen als Badegäste hierher, so herrschen amerikanische Sitten vor.
Ein wundervolles Aquarium wird als Sehenswürdigkeit gezeigt. Staunend stehen die Emdenleute vor so viel Farbenpracht und unerhörten Formen.
Im Freien bewundert man Pinguine, Schildkröten und Leviathane, die richtige Drachen sind. Das Klima ist angenehm für Europäer.
Port au Prince, Haiti - 22. November bis 31. November 1935
Es ist wärmer geworden. Die Moskitofenster wurden ausgegeben, die bei Dunkelheit eingesetzt werden. Eine Felsenküste taucht auf, bald hat »Emden« festgemacht. Am Ufer stehen Palmen, hübsche Bungalows liegen in der südlichen Sonne. Üppiger Pflanzenwucht erfreut das Auge. Viele Deutsche leben hier, doch beherrschen die Farbigen das Straßenbild. Die deutschen Matrosen spielen Fußball mit den eingeborenen Sportlern, doch die Neger gewinnen alle Spiele. Dicht gedrängt schauen Schwarze, Braune und Weiße zu, wie Kinder bejubeln sie jeden Sieg ihrer Mannschaft. Im Hintergrund recken sich die Berge.
Palmen beschatten den Sportplatz und über allem spannt sich ein tiefblauer Himmel. An einem Tag empfängt der Präsident des Landes, umgeben von schwarzen Offizieren, den Kommandanten der Emden und seine Begleitung. Ausflüge ins Innere des Landes werden unternommen. Fremdartig wirken die schwarzen Frauen, welche Tellerhüte tragen und in armseligen Hütten wohnen. Gute Landstraßen ermöglichen der Bevölkerung, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf den Markt zu bringen. Die Frauen wandern hintereinander her, ihre Lasten auf dem Kopf tragend. Auf dem Markt sieht man die Verkäufer auf der Erde hocken, vor ihnen liegen Hülsenfrüchte, Reis, Bananen und Fische. Die Nächte sind kalt, doch die glühend heißen Tage lassen die Deutschen auf eine kühle Seebrise hoffen. Nach herzlichem Abschied von manchen neuen Freunden gehen die Emdenleute an Bord.
Nach langer Seefahrt erreicht die »Emden« die Schleusen von Gatun, um den Panamakanal zu durchfahren. Jede dieser Schleusen führt eine Stufe höher, bis der Spiegel des Gatunsees erreicht ist. An beiden Uferseiten ziehen Triebwagen das Schiff an Stahltrossen vorwärts. Der Kanal ist stark befestigt, an Land erkennt man Wachtposten in Khakiuniformen und großen Hüten. Der Gatunsee ist künstlich vergrößert worden, man sieht noch die Reste überfluteter Bäume aus dem Wasser ragen. Man versteht, warum so viele Menschen beim Bau des Kanals gestorben sind.
Auf der Fahrt nach Guayaquil erleben die Emdenfahrer die Linientaufe, die für die Besatzung ein lang vorbereitetes Fest bedeutet. Am 19.Dezember geht das deutsche Kriegsschiff vor Guayaqil vor Anker.
vor Anker in Guayaqil - 19. Dezember bis 28. Dezember 1935
Staunend betrachten die Emdenleute die riesigen Zementkästen am Ufer. Diese modernen Häuser der Europäer verdecken die schmutzige Hüttenstadt, in der die Eingeborenen leben. Auf dem braunen Guayafluß schwimmen Flöße, unter deren Schilfdach die Familien leben. In tagelangen Reisen werden Früchte aus dem Inneren des Landes hergebracht. Es ist sehr heiß, und eine richtige Weihnachtsstimmung kommt nicht auf. Auch fehlen die Tannenbäume, das Begleitschiff Amasis
hat sich verspätet, trifft aber am 26.Dezember ein und bringt die Pakete aus der Heimat, da wird heftig gefeiert. Dann sind die Emdenfahrer eingeladen an Land. Alle sind Gäste der deutschen Kolonie, die den Platz Bolivar gemietet hat und durch Soldaten absperren lässt. Hier spielen abwechselnd die Bordkapelle und die einheimische. Auf Steinfliesen wird getanzt. Darauf erlässt die »Emden« eine Gegeneinladung, und mit Stolz und Freude strömen die Auslandsdeutschen an Bord, wo sie festlich bewirtet werden. Am Altjahresabend steht das deutsche Schiff im Stillen Ozean.
Die Hitze lässt allmählich nach, blaue Uniformen ersetzen das Tropenzeug. Die Heizung wird angestellt, bei +15 Grad friert alles. Tagelang stampft das Schiff nach Norden, Möwengeschrei erinnert an die Nordsee. Die »Emden« fährt an San Francisco vorbei, die Golden Gate ist durch das Glas zu erkennen – Immer stürmischer wird die See, das Schiff kämpft tapfer gegen die grünen Wellenberge.
Portland - 20. Januar bis 29. Januar 1936
Am frühen Morgen des 20.Januar 1936 fährt die »Emden« bei +5 Grad den Columbia-River hinauf, es ist Winter geworden. In Portland erregt das deutsche Schiff großes Aufsehen. Der Liegeplatz ist abgesperrt, Polizisten halten Tag und Nacht Wache. Wenn Offiziere das Schiff verlassen, stellen sich ihnen Polizeiautos zur Verfügung, hinter dem Kraftwagen fährt zum Schutz noch ein Motorrad. Die Polizeisirene veranlasst jedes Fahrzeug zum Ausweichen.
Den Emdenleuten bieten sich neue Anblicke, Hochhäuser und riesige Lichtreklamen. Die Markthallen werden durchstreift. Man nimmt sich am Eingang der Halle einen handlichen Drahtwagen, packt alles Gekaufte hinein und gibt ihn zum Lift. Der Inhalt wird dann ins Auto gepackt, welches man auf schräger Ebene bis in die obere Halle fahren kann. Auch hier werden Ausflüge ins Innere des Landes veranstaltet. In den Bergen liegt Schnee. In den kleinen Wochenendhäusern der Gastgeber werden die Deutschen bewirtet. Schnell gewonnene Bekannte erwidern den Besuch an Bord.
Honolulu - 8. Februar bis 15. Februar 1936
Es geht wieder der Wärme entgegen. Die »Emden« schlingert, die Schotten werden verrammelt und auf dem Oberdeck ist das Gehen schwierig geworden. In der Kammer gehen Vasen und Blumentöpfe zu Bruch. Die Brecher schäumen, der Sturm heult, und am Horizont zucken Blitze. Nach Tagen stürmischer Seefahrt erreicht die »Emden« die ersten kleinen Inseln und am 8.Januar macht sie im Hafen von Honolulu auf Hawaii fest. Eine große Kapelle schwarzer Musikanten empfängt die Gäste, dunkelhäutige Sängerinnen singen schwermütige Lieder, die Deutschen werden mit Alohakränzen geschmückt. Bald hat die schmucke Emdenmannschaft alle Herzen gewonnen, und Einladungen folgen.
Autofahrten zeigen den Deutschen das bergige Land mit seinen lieblichen Tälern, den Zuckerrohrfeldern und malerischen Küsten. Man badet in der Waikikibucht (dort ist auch mein Vater im Badeanzug auf dem Foto zu sehen), man bewundert im Aquarium seltsame tropische Fische, fährt mit Booten mit einem Glasboden aufs Meer hinaus und betrachtet die schillernden Fische an den bunten Korallenbänken, kurz, man genießt das wundervolle Honolulu von ganzem Herzen.
Hulamädchen tanzen ihre anmutigen Tänze, die Gitarren klingen. Die Eingeborenen sind von zutraulicher Liebenswürdigkeit. Auch hier leben Deutsche, die die »Emden« besuchen und sich von der Heimat erzählen lassen. Nun ist die Hälfte der Reise zurückgelegt, die Emdenfahrer begehen das Bergfest, während ihr Schiff verschwenderisch geschmückt den Hafen verlässt.
La Paz, Mexiko - 26. Februar bis 6. März 1936
La Paz liegt in einer weiten Bucht und vom Liegeplatz der »Emden« muß man in Booten an Land fahren. In dem kleinen sonnigen Städtchen kommt man den deutschen Seeleuten freundlich entgegen und lädt sie zu der landesüblichen Kost, mexikanischen Sandwiches, ein.
Auf der Plaza wandeln die glutäugigen Schönheiten auf und ab, während die einheimische Kapelle abwechselnd mit der der »Emden« spielt. Doch bald geht die Fahrt weiter.
Corinto - 12. März bis 17. März 1936
Auch in Corinto wird nur kurzer Aufenthalt genommen, nachdem die »Emden« ihre Artillerieübung beendet hat. Hier herrscht tropische Hitze, an Land sieht man ärmliche Bretterhütten. Die Bewohner sind Mischlinge aus Spaniern und Indianern. Zu langen Ausflügen ist keine Zeit und niemand ist traurig, als die »Emden« diesen Hafen verlässt, um wieder durch den Panamakanal zu fahren.
Am Ende dieses wichtigen Kanals liegt Colon, ein Umschlagplatz für fast alle Güter dieser Erde. Deutsche aus Ecuador sind hierher gefahren, um noch einmal auf die »Emden« zu kommen. Deutsche Kinder werden von dem Marinepfarrer getauft und manch ein Paar lässt sich von ihm auf dem deutschen Schiff trauen. In Colon gehen die Emdenleute mit Spannung an Land, hier werden große Einkäufe an Seife, Handarbeiten, Geweben und Panamahüten gemacht. Wieder folgen Feste und Einladungen in deutsche Häuser in bunter Folge.
Am 22. März hört die Besatzung im Rundfunk die Rede des Führers
.
Kingston - 23. März bis 30. März 1936
Hier liegt das Schiff nur wenige Tage: Einige Ausflüge ins Innere und in die Berge vermitteln einen Eindruck dieser Landschaft. In Wellblechhütten hausen Schwarze in großer Armut. Bananen und Zuckerrohrpflanzungen liegen breit in der Sonne, Palmen und Bambusstauden beleben die Flusstäler.
Der berühmte Jamaikarum wird von Kingston ausgeführt. Im Hafen liegen zahlreiche Boote, mit Negern bemannt, die bald das deutsche Schiff umschwärmen. Schwarze Mädchen tauchen nach Geldmünzen. Schnatternd und lachend drängen sich die dunklen Gestalten in den schmalen Booten. Wenn sie zu aufdringlich werden, lässt der Wachoffizier sie mit dem Feuerwehrschlauch vertreiben.
San Domingo - 1. April bis 3. April 1936
Wieder wird die Insel Haiti angelaufen. Sie besteht aus der Republik Dominika, zum anderen Teil aus dem Negerstaat Haiti. Wie immer wird auch in San Domingo ein festlicher Empfang mit Salutschüssen für die »Emden« bereitet. Die Hitze ist groß. Das Schiff liegt in hoher Dünung vor Anker, mit Booten wird die Besatzung an Land gebracht. Wieder strömen die Auslandsdeutschen zum Bordfest auf die »Emden«, wenn auch oft in nassen Kleidern, nicht jeder kommt trocken im wild tanzenden Boot bis zum Fallreep.
Lange Unterhaltungen mit den Deutschen lassen die Emdenfahrer erkennen, dass erst jetzt durch die Aufklärung über die Rassenfrage bessere Verhältnisse geschaffen werden; Mischlinge aller möglichen Schattierungen beweisen, wie es bisher damit stand. Wieder wirken die deutschen Offiziere im Sinne des Dritten Reiches, erzählen von Adolf Hitler, dem Umschwung und Aufbau in Deutschland.
St.Barbara de Samana - 4. April bis 16. April 1936
Anfang April liegt »Emden« vor Samana auf Haiti. Man sieht von Bord aus Wellblechhütten und Kokospalmen auf dem hügeligen Land. Der Ort Samana wird kaum besucht, aber die kleinen Robinsoninseln sollen der gesamten Besatzung einige Ferientage ermöglichen. Die Boote werden ausgefiert, und die vergnügten Männer in kurzen Hosen fahren auf eine der Inseln hinüber.
Nadelscharfe Korallen machen das Gehen beschwerlich, doch tummeln sich die Emdenleute am Strand und im klaren Wasser. Hier werden Spiele veranstaltet, seltene Muscheln gesucht und gegen Abend werden Feuer aus trockenem Holz und Kokosschalen gemacht, die mitgebrachten Lebensmittel werden verzehrt. Schließlich brät man gar ein ganzes Schwein am Spieß. Das Fett tropft ins knisternde Feuer. Es wird dunkel und der Vollmond steht am Himmel.
Baltimore - 21. April bis 2. Mai 1936
Eine große moderne Stadt. Mount Vernon, George Washingtons Landsitz, wird besucht. Die Amerikaner sind begeistert von den schmucken deutschen Seeleuten und fotografieren sie von allen Seiten. Einige Offiziere werden abgeteilt, hier vor dem deutschen Club zu sprechen. Beifallsstürme brausen durch den großen Saal – Tausend Fragen stürmen auf die Emdenleute ein. Überall werden sie mit großer Gastlichkeit aufgenommen, immer mehr will man von Deutschland hören.
Die deutschstämmigen Einwohner scheinen nur noch für die »Emden« zu leben, sie kommen an Bord und fragen nach Deutschland, sie laden die Besatzung in ihre Vereinsräume. Wenn sie auch oft gebrochen deutsch sprechen und ihre Kinder Amerikaner nach Sprache und Sitte geworden sind, sie hängen doch an ihrer Heimat. Jetzt ist aller Streit innerhalb der deutschen Vereine vergessen. Die amerikanische Presse hat ja meist nur Nachteiliges von dem neuen Deutschland berichtet, nun bringen deutsche Zeitungen ganzseitige Schilderungen des Schiffes. Die Emdenleute sind nie so gefeiert worden wie in Baltimore.
Der Abschied ist rührend.
Montreal - 12. Mai bis 18. Mai 1936
Die »Emden« fährt den Lorenz-Strom hinauf, er ist so breit, dass man seine Ufer nur mit dem Fernglas deutlich erkennen kann. Am Ufer liegen kleine Siedlungen. Bei Quebec wird der Landessalut geschossen. Es ist sehr kalt auf dem Wasser, der Wind ist schneidend. Gegen Mittag wird es wärmer. Bei jeder noch so kleinen Siedlung steht eine auffallend große Kirche. Der Holzreichtum des Landes ist bedeutend. Man sieht ungeheure Mengen von kurzen Holzstämmen neben den Papierfabriken liegen. Die »Emden« geht vor Anker.
In Kanada wird viel französisch gesprochen, im Ganzen ist Montreal den Deutschen freundlich gesinnt. Für die »Emden« werden auch hier Festlichkeiten veranstaltet. Die Stadt bietet wenig Neues für die schon an Amerika und Wolkenkratzer gewöhnten Emdenleute, von denen mehrere Abteilungen sogar New York besucht haben. Auch Montreal hat Wolkenkratzer in der City. Hier ist es kühl, fast kalt, die Umgebung jedoch ist reizvoll. Jetzt prangt das Land im Frühlingsschmuck und schöne Ausflüge werden für die Emdenbesatzung veranstaltet.
Man hat hier abenteuerliche Vorstellungen vom Dritten Reich, und in langen Gesprächen tut jeder an Bord sein Bestes, für Deutschland zu wirken.
Pontevedra - 29. Mai bis 6. Juni 1936
Es geht der Heimat entgegen. In Pontevedra wird ein kurzer Aufenthalt genommen, um das Schiff zu überholen.
Alle sehnen sich nach dem Heimathafen. Nun möchte man nicht mehr in fremden Sprachen reden, möchte nichts Neues mehr kennen lernen, sondern will nun heimkehren nach Deutschland.
Zurück in Wilhelmshaven am 13. Juni 1936
Am 13. Juni 1936 läuft die »Emden« mit flatterndem Heimatwimpel in Wilhelmshaven ein. Wieder stehen die Angehörigen am Anlegeplatz. Tausende säumen den Hafen, an allen Molen winkt man begeistert dem Schiff zu. Eilige Hände befestigen die Leinen an Land, die Laufstege werden ausgebracht, in dichtem Gewühl drängen wir uns an Bord.
Wieder vereint uns drei die gemütliche Kammer des Vaters. Fast in jedem Hafen hat er etwas gekauft: Handarbeiten, Seide, Flechtwerk, Schmuck, einen Panamahut.
Da geht ein Fragen und Erzählen hin und her. Papierkränze aus Honolulu, seltene Kakteen und fremdartige Muscheln von den Robinsoninseln sind sichtbare Zeugen all der bunten Erlebnisse. Schließlich reißen wir uns los von dem Zauber dieses weitgereisten Schiffes, um den Vater in unser wartendes Heim zu führen.
Als wir die Stelling hinabgehen, sinkt im Westen blutrot die Sonne.
Für die Karten: Andres Handatlas - Für den Inhalt: Briefe und Erzählungen meines Vaters.
Mit Kreuzer »Emden« nach Amerika
vom 31.10.1935 bi$ 13.6.1936
Vorwort der Redaktion
Diese Erinnerungen wurden von Kurt Jürgen Voigt aufgezeichnet und illustriert, al$ er 11 Jahre alt war. Grundlage seine$ Berichte$ waren die Briefe seine$ Vater$, Kurt Voigt, Offizier an Bord der »Emden«, die er während der Ausbildung$fahrt nach Hause schickte. Sowohl die Briefe al$ auch der nacherzählte Bericht waren in Sütterlin-Schrift verfaßt.
Er hat die damaligen Ereignisse unmittelbar beschrieben, wie er sie durch die Briefe de$ Vater$ miterlebt hat und damit ein historische$ und authentische$ Dokument geschaffen, da$ wir Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, nicht vorenthalten möchten.
Tran$literiert wurde e$ 2012 von Kurt Jürgen Voigt, Sohn de$ Seeoffizier$ Kurt Voigt, für die Erinnerung$werkstatt Norderstedt. Nach Möglichkeit wurde die damalige Rechtschreibung beibehalten.
Bitte navigieren Sie durch alle Kapitel dieser Erinnerungen, mit dem Navigation$zettel
in der rechten Spalte. Außerdem können Sie, wenn Sie einen der Radio-Button im Kopf dieser Seite benutzen, einen Eindruck bekommen, wie der Urtext in Sütterlin-Schrift au$gesehen hat.
Bei der Umsetzung der Rund-$ / Lang-$ Regeln hat Dr. Peter Hohn, 1. Vorsitzender der Sütterlinstube Hamburg geholfen. Die technische Realisierung übernahm der Webmaster dieser Seite, Hartmut Kennhöfer.
***
Mit Kreuzer »Emden« nach Amerika
E$ war ein kalter klarer Oktobertag de$ Jahre$ 1935, an dem der Kreuzer »Emden« in Wilhelm$haven an der Pier lag, um für acht Monate unter dem Kommandanten Kpt.z.See Bachmann in$ Au$land zu fahren. Eine letzte Abschied$stunde verbrachten wir an Bord in Vater$ Kammer. 153 Seekadetten sollten militärisch und seemännisch ge$chult werden. Da wurde von allen Deck$ au$gepfiffen "Fremde von Bord!", und wir standen winkend an der Pier, Abschied$worte flogen hin und her, dann warf man die Leinen lo$ und da$ schlanke Schiff setzte sich in Bewegung. Die Bordkapelle ließ da$ alte Lied "Mus$ I denn" erklingen, die Mützen der Matrosen flogen im Takt auf und nieder. Wir sahen den Vater mit anderen Offizieren an der Reling stehen, winkend so lange wie möglich. Die »Emden« fuhr langsam den Schleusen zu, dann an vielen winkenden Menschen vorbei nach der offenen See.
Angra do Heroismo. 31. Oktober bi$ 7. November 1935
In einer kleinen bergigen Bucht liegt der Hafen. Die Portugiesen nehmen da$ deutsche Schiff lieben$würdig und höflich auf. Ein saubere$ Städtchen mit gepflasterter Hauptstraße zeigt sich, kleine weiße Häuser mit schmalen Gitterbalkonen gibt e$ dort und vom Land hat man einen schönen Blick auf die Bucht, in der die »Emden« liegt. In den Straßen fahren Ochsenkarren. Die Besatzung der »Emden« kann die berühmten Madeira-Handarbeiten kaufen. Die hier lebenden Deutschen laden die Seeleute ein, bewirten sie und zeigen ihnen die Insel. In den nächsten Tagen werden die Besucher zum Stierkampf eingeladen, e$ gibt ein Volk$fest, an dem gesungen und getanzt wird. Entgegen der Lande$sitte tanzen die Mädchen mit den Deutschen. An einem warmen Novembermorgen läuft die »Emden« au$. Nach mehreren Tagen sehr stürmischer Seefahrt werden die Bermuda$ erreicht.
Port Hamilton 15. November bi$ 18. November 1935
Auf den Bermuda$ leben nur wenige Deutsche, viele Amerikaner kommen al$ Badegäste hierher, so herrschen amerikanische Sitten vor. Ein wundervolle$ Aquarium wird al$ Sehen$würdigkeit gezeigt.
Staunend stehen die Emdenleute vor so viel Farbenpracht und unerhörten Formen. Im Freien bewundert man Pinguine, Schildkröten und Leviathane, die richtige Drachen sind. Da$ Klima ist angenehm für Europäer.
Port au Prince, Haiti - 22. November bi$ 31. November 1935
E$ ist wärmer geworden. Die Moskitofenster wurden au$gegeben, die bei Dunkelheit eingesetzt werden. Eine Felsenküste taucht auf, bald hat »Emden« festgemacht. Am Ufer stehen Palmen, hübsche Bungalow$ liegen in der südlichen Sonne. Üppiger Pflanzenwucht erfreut da$ Auge. Viele Deutsche leben hier, doch beherrschen die Farbigen da$ Straßenbild. Die deutschen Matrosen spielen Fußball mit den eingeborenen Sportlern, doch die Neger gewinnen alle Spiele. Dicht gedrängt schauen Schwarze, Braune und Weiße zu, wie Kinder bejubeln sie jeden Sieg ihrer Mannschaft. Im Hintergrund recken sich die Berge.
Palmen beschatten den Sportplatz und über allem spannt sich ein tiefblauer Himmel. An einem Tag empfängt der Präsident de$ Lande$, umgeben von schwarzen Offizieren, den Kommandanten der Emden und seine Begleitung. Au$flüge in$ Innere de$ Lande$ werden unternommen. Fremdartig wirken die schwarzen Frauen, welche Tellerhüte tragen und in armseligen Hütten wohnen. Gute Landstraßen ermöglichen der Bevölkerung, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf den Markt zu bringen. Die Frauen wandern hintereinander her, ihre Lasten auf dem Kopf tragend. Auf dem Markt sieht man die Verkäufer auf der Erde hocken, vor ihnen liegen Hülsenfrüchte, Rei$, Bananen und Fische. Die Nächte sind kalt, doch die glühend heißen Tage lassen die Deutschen auf eine kühle Seebrise hoffen. Nach herzlichem Abschied von manchen neuen Freunden gehen die Emdenleute an Bord.
Nach langer Seefahrt erreicht die »Emden« die Schleusen von Gatun, um den Panamakanal zu durchfahren. Jede dieser Schleusen führt eine Stufe höher, bi$ der Spiegel de$ Gatunsee$ erreicht ist. An beiden Uferseiten ziehen Triebwagen da$ Schiff an Stahltrossen vorwärt$. Der Kanal ist stark befestigt, an Land erkennt man Wachtposten in Khakiuniformen und großen Hüten. Der Gatunsee ist künstlich vergrößert worden, man sieht noch die Reste überfluteter Bäume au$ dem Wasser ragen. Man versteht, warum so viele Menschen beim Bau de$ Kanal$ gestorben sind.
Auf der Fahrt nach Guayaquil erleben die Emdenfahrer die Linientaufe, die für die Besatzung ein lang vorbereitete$ Fest bedeutet. Am 19.Dezember geht da$ deutsche Kriegsschiff vor Guayaqil vor Anker.
vor Anker in Guayaqil - 19. Dezember bi$ 28. Dezember 1935
Staunend betrachten die Emdenleute die riesigen Zementkästen am Ufer. Diese modernen Häuser der Europäer verdecken die schmutzige Hüttenstadt, in der die Eingeborenen leben. Auf dem braunen Guayafluß schwimmen Flöße, unter deren Schilfdach die Familien leben. In tagelangen Reisen werden Früchte au$ dem Inneren de$ Lande$ hergebracht. Es ist sehr heiß, und eine richtige Weihnacht$stimmung kommt nicht auf. Auch fehlen die Tannenbäume, da$ Begleitschiff "Amasi$" hat sich verspätet, trifft aber am 26.Dezember ein und bringt die Pakete au$ der Heimat, da wird heftig gefeiert. Dann sind die Emdenfahrer eingeladen an Land. Alle sind Gäste der deutschen Kolonie, die den Platz Bolivar gemietet hat und durch Soldaten absperren lässt. Hier spielen abwechselnd die Bordkapelle und die einheimische. Auf Steinfliesen wird getanzt. Darauf erlässt die »Emden« eine Gegeneinladung, und mit Stolz und Freude strömen die Au$land$deutschen an Bord, wo sie festlich bewirtet werden. Am Altjahre$abend steht das deutsche Schiff im Stillen Ozean.
Die Hitze lässt allmählich nach, blaue Uniformen ersetzen da$ Tropenzeug. Die Heizung wird angestellt, bei +15 Grad friert alle$. Tagelang stampft da$ Schiff nach Norden, Möwengeschrei erinnert an die Nordsee. Die »Emden« fährt an San Francisco vorbei, die Golden Gate ist durch da$ Gla$ zu erkennen – Immer stürmischer wird die See, da$ Schiff kämpft tapfer gegen die grünen Wellenberge.
Portland - 20. Januar bi$ 29. Januar 1936
Am frühen Morgen de$ 20.Januar 1936 fährt die »Emden« bei +5 Grad den Columbia-River hinauf, e$ ist Winter geworden. In Portland erregt da$ deutsche Schiff große$ Aufsehen. Der Liegeplatz ist abgesperrt, Polizisten halten Tag und Nacht Wache. Wenn Offiziere da$ Schiff verlassen, stellen sich ihnen Polizeiauto$ zur Verfügung, hinter dem Kraftwagen fährt zum Schutz noch ein Motorrad. Die Polizeisirene veranlasst jede$ Fahrzeug zum Au$weichen.
Den Emdenleuten bieten sich neue Anblicke, Hochhäuser und riesige Lichtreklamen. Die Markthallen werden durchstreift. Man nimmt sich am Eingang der Halle einen handlichen Drahtwagen, packt alle$ Gekaufte hinein und gibt ihn zum Lift. Der Inhalt wird dann in$ Auto gepackt, welche$ man auf schräger Ebene bi$ in die obere Halle fahren kann. Auch hier werden Au$flüge in$ Innere de$ Lande$ veranstaltet. In den Bergen liegt Schnee. In den kleinen Wochenendhäusern der Gastgeber werden die Deutschen bewirtet. Schnell gewonnene Bekannte erwidern den Besuch an Bord.
Honolulu - 8. Februar bi$ 15. Februar 1936
E$ geht wieder der Wärme entgegen. Die »Emden« schlingert, die Schotten werden verrammelt und auf dem Oberdeck ist da$ Gehen schwierig geworden. In der Kammer gehen Vasen und Blumentöpfe zu Bruch. Die Brecher schäumen, der Sturm heult, und am Horizont zucken Blitze. Nach Tagen stürmischer Seefahrt erreicht die »Emden« die ersten kleinen Inseln und am 8.Januar macht sie im Hafen von Honolulu auf Hawaii fest. Eine große Kapelle schwarzer Musikanten empfängt die Gäste, dunkelhäutige Sängerinnen singen schwermütige Lieder, die Deutschen werden mit Alohakränzen geschmückt. Bald hat die schmucke Emdenmannschaft alle Herzen gewonnen, und Einladungen folgen.
Autofahrten zeigen den Deutschen da$ bergige Land mit seinen lieblichen Tälern, den Zuckerrohrfeldern und malerischen Küsten. Man badet in der Waikikibucht (dort ist auch mein Vater im Badeanzug auf dem Foto zu sehen), man bewundert im Aquarium seltsame tropische Fische, fährt mit Booten mit einem Gla$boden auf$ Meer hinau$ und betrachtet die schillernden Fische an den bunten Korallenbänken, kurz, man genießt da$ wundervolle Honolulu von ganzem Herzen.
Hulamädchen tanzen ihre anmutigen Tänze, die Gitarren klingen. Die Eingeborenen sind von zutraulicher Lieben$würdigkeit. Auch hier leben Deutsche, die die »Emden« besuchen und sich von der Heimat erzählen lassen. Nun ist die Hälfte der Reise zurückgelegt, die Emdenfahrer begehen da$ Bergfest, während ihr Schiff verschwenderisch geschmückt den Hafen verlässt.
La Paz, Mexiko - 26. Februar bi$ 6. März 1936
La Paz liegt in einer weiten Bucht und vom Liegeplatz der »Emden« muß man in Booten an Land fahren. In dem kleinen sonnigen Städtchen kommt man den deutschen Seeleuten freundlich entgegen und lädt sie zu der lande$üblichen Kost, mexikanischen Sandwiche$, ein.
Auf der Plaza wandeln die glutäugigen Schönheiten auf und ab, während die einheimische Kapelle abwechselnd mit der der »Emden« spielt. Doch bald geht die Fahrt weiter.
Corinto - 12. März bi$ 17. März 1936
Auch in Corinto wird nur kurzer Aufenthalt genommen, nachdem die »Emden« ihre Artillerieübung beendet hat. Hier herrscht tropische Hitze, an Land sieht man ärmliche Bretterhütten. Die Bewohner sind Mischlinge au$ Spaniern und Indianern. Zu langen Au$flügen ist keine Zeit und niemand ist traurig, al$ die »Emden« diesen Hafen verlässt, um wieder durch den Panamakanal zu fahren.
Am Ende diese$ wichtigen Kanal$ liegt Colon, ein Umschlagplatz für fast alle Güter dieser Erde. Deutsche au$ Ecuador sind hierher gefahren, um noch einmal auf die »Emden« zu kommen. Deutsche Kinder werden von dem Marinepfarrer getauft und manch ein Paar lässt sich von ihm auf dem deutschen Schiff trauen. In Colon gehen die Emdenleute mit Spannung an Land, hier werden große Einkäufe an Seife, Handarbeiten, Geweben und Panamahüten gemacht. Wieder folgen Feste und Einladungen in deutsche Häuser in bunter Folge.
Am 22. März hört die Besatzung im Rundfunk die Rede de$ Führer$.
Kingston - 23. März bi$ 30. März 1936
Hier liegt da$ Schiff nur wenige Tage: Einige Au$flüge in$ Innere und in die Berge vermitteln einen Eindruck dieser Landschaft. In Wellblechhütten hausen Schwarze in großer Armut. Bananen und Zuckerrohrpflanzungen liegen breit in der Sonne, Palmen und Bambu$stauden beleben die Flus$täler.
Der berühmte Jamaikarum wird von King$ton au$geführt. Im Hafen liegen zahlreiche Boote, mit Negern bemannt, die bald da$ deutsche Schiff umschwärmen. Schwarze Mädchen tauchen nach Geldmünzen. Schnatternd und lachend drängen sich die dunklen Gestalten in den schmalen Booten. Wenn sie zu aufdringlich werden, lässt der Wachoffizier sie mit dem Feuerwehrschlauch vertreiben.
San Domingo - 1. April bi$ 3. April 1936
Wieder wird die Insel Haiti angelaufen. Sie besteht au$ der Republik Dominika, zum anderen Teil au$ dem Negerstaat Haiti. Wie immer wird auch in San Domingo ein festlicher Empfang mit Salutschüssen für die »Emden« bereitet. Die Hitze ist groß. Da$ Schiff liegt in hoher Dünung vor Anker, mit Booten wird die Besatzung an Land gebracht. Wieder strömen die Au$land$deutschen zum Bordfest auf die »Emden«, wenn auch oft in nassen Kleidern, nicht jeder kommt trocken im wild tanzenden Boot bi$ zum Fallreep.
Lange Unterhaltungen mit den Deutschen lassen die Emdenfahrer erkennen, das$ erst jetzt durch die Aufklärung über die Rassenfrage bessere Verhältnisse geschaffen werden; Mischlinge aller möglichen Schattierungen beweisen, wie e$ bisher damit stand. Wieder wirken die deutschen Offiziere im Sinne de$ Dritten Reiche$, erzählen von Adolf Hitler, dem Umschwung und Aufbau in Deutschland.
St. Barbara de Samana - 4. April bi$ 16. April 1936
Anfang April liegt »Emden« vor Samana auf Haiti. Man sieht von Bord au$ Wellblechhütten und Koko$palmen auf dem hügeligen Land. Der Ort Samana wird kaum besucht, aber die kleinen Robinsoninseln sollen der gesamten Besatzung einige Ferientage ermöglichen. Die Boote werden au$gefiert, und die vergnügten Männer in kurzen Hosen fahren auf eine der Inseln hinüber.
Nadelscharfe Korallen machen da$ Gehen beschwerlich, doch tummeln sich die Emdenleute am Strand und im klaren Wasser. Hier werden Spiele veranstaltet, seltene Muscheln gesucht und gegen Abend werden Feuer au$ trockenem Holz und Koko$schalen gemacht, die mitgebrachten Leben$mittel werden verzehrt. Schließlich brät man gar ein ganze$ Schwein am Spieß. Da$ Fett tropft in$ knisternde Feuer. E$ wird dunkel und der Vollmond steht am Himmel.
Baltimore - 21. April bi$ 2. Mai 1936
Eine große moderne Stadt. Mount Vernon, George Washington$ Landsitz, wird besucht. Die Amerikaner sind begeistert von den schmucken deutschen Seeleuten und fotografieren sie von allen Seiten. Einige Offiziere werden abgeteilt, hier vor dem deutschen Club zu sprechen. Beifall$stürme brausen durch den großen Saal – Tausend Fragen stürmen auf die Emdenleute ein. Überall werden sie mit großer Gastlichkeit aufgenommen, immer mehr will man von Deutschland hören.
Die deutschstämmigen Einwohner scheinen nur noch für die »Emden« zu leben, sie kommen an Bord und fragen nach Deutschland, sie laden die Besatzung in ihre Verein$räume. Wenn sie auch oft gebrochen deutsch sprechen und ihre Kinder Amerikaner nach Sprache und Sitte geworden sind, sie hängen doch an ihrer Heimat. Jetzt ist aller Streit innerhalb der deutschen Vereine vergessen. Die amerikanische Presse hat ja meist nur Nachteilige$ von dem neuen Deutschland berichtet, nun bringen deutsche Zeitungen ganzseitige Schilderungen de$ Schiffe$. Die Emdenleute sind nie so gefeiert worden wie in Baltimore.
Der Abschied ist rührend.
Montreal - 12. Mai bi$ 18. Mai 1936
Die »Emden« fährt den Lorenz-Strom hinauf, er ist so breit, das$ man seine Ufer nur mit dem Ferngla$ deutlich erkennen kann. Am Ufer liegen kleine Siedlungen. Bei Quebec wird der Lande$salut geschossen. E$ ist sehr kalt auf dem Wasser, der Wind ist schneidend. Gegen Mittag wird e$ wärmer. Bei jeder noch so kleinen Siedlung steht eine auffallend große Kirche. Der Holzreichtum de$ Lande$ ist bedeutend. Man sieht ungeheure Mengen von kurzen Holzstämmen neben den Papierfabriken liegen. Die »Emden« geht vor Anker.
In Kanada wird viel französisch gesprochen, im Ganzen ist Montreal den Deutschen freundlich gesinnt. Für die »Emden« werden auch hier Festlichkeiten veranstaltet. Die Stadt bietet wenig Neue$ für die schon an Amerika und Wolkenkratzer gewöhnten Emdenleute, von denen mehrere Abteilungen sogar New York besucht haben. Auch Montreal hat Wolkenkratzer in der City. Hier ist e$ kühl, fast kalt, die Umgebung jedoch ist reizvoll. Jetzt prangt da$ Land im Frühling$schmuck und schöne Au$flüge werden für die Emdenbesatzung veranstaltet.
Man hat hier abenteuerliche Vorstellungen vom Dritten Reich, und in langen Gesprächen tut jeder an Bord sein Beste$, für Deutschland zu wirken.
Pontevedra - 29. Mai bi$ 6. Juni 1936
E$ geht der Heimat entgegen. In Pontevedra wird ein kurzer Aufenthalt genommen, um da$ Schiff zu überholen.
Alle sehnen sich nach dem Heimathafen. Nun möchte man nicht mehr in fremden Sprachen reden, möchte nicht$ Neue$ mehr kennen lernen, sondern will nun heimkehren nach Deutschland.
Zurück in Wilhelm$haven am 13. Juni 1936
Am 13. Juni 1936 läuft die »Emden« mit flatterndem Heimatwimpel in Wilhelm$haven ein. Wieder stehen die Angehörigen am Anlegeplatz. Tausende säumen den Hafen, an allen Molen winkt man begeistert dem Schiff zu. Eilige Hände befestigen die Leinen an Land, die Laufstege werden au$gebracht, in dichtem Gewühl drängen wir un$ an Bord.
Wieder vereint un$ drei die gemütliche Kammer de$ Vater$. Fast in jedem Hafen hat er etwa$ gekauft: Handarbeiten, Seide, Flechtwerk, Schmuck, einen Panamahut.
Da geht ein Fragen und Erzählen hin und her. Papierkränze au$ Honolulu, seltene Kakteen und fremdartige Muscheln von den Robinsoninseln sind sichtbare Zeugen all der bunten Erlebnisse. Schließlich reißen wir un$ lo$ von dem Zauber diese$ weitgereisten Schiffe$, um den Vater in unser wartende$ Heim zu führen.
Al$ wir die Stelling hinabgehen, sinkt im Westen blutrot die Sonne.
Für die Karten: Andre$ Handatla$ - Für den Inhalt: Briefe und Erzählungen meine$ Vater$.