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blühende Strandkamille
Bild 1: blühende Strandkamille
blühende Strandkamille
Bild 2: blühende Strandkamille
Insel Lesbos
Bild 3: Blick zur Insel Lesbos
Würste hängen im Baum
Bild 4: Würste hängen im Baum
Fladenbrot und türkische Pizza
Bild 5: Im gemauerten Ofen gebackenes Fladenbrot und türkische Pizza ...
kleine Fensterklappe
Bild 6: ... werden durch eine kleine Fensterklappe verkauft
Yoghurtladen
Bild 7: Yoghurt mit Schöpfkellen in Blechschüsseln
Bootsfahrt
Bild 8: Durch die Straßen fahren Eselskarren ...
Holzbrücke
Bild 9: ... und vollbeladene Mopeds
Kabinenroller
Bild 10: Alte Männer rauchen Wasserpfeife
Naturpark
Bild 11: Der Fischhändler ist auch der Frisör
Akropolis von Pergamon
Bild 12: Akropolis von Pergamon vom Asklepieion

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Dikili – und zerschlagene Hoffnungen

Nachrichten Fokus Online: Freitag, 21. April 2017, 08.03 Uhr:
Griechenland hat wieder 60 Migranten in die Türkei zurückgeschickt. Sie wurden an Bord eines Bootes unter Aufsicht der europäischen Grenzschutzagentur Frontex von der griechischen Insel Lesbos zum türkischen Hafen Dikili gebracht, wie die griechische Polizei mitteilte.

Im Frühjahr 1990 brauchten wir dringend Erholung und suchten kurzfristig einen ruhigen Urlaubsort am Meer. Da kam uns der Tipp eines Bekannten von einer preiswerten Pension in Dikili gerade recht. Türkische Gastarbeiter hatten sich ihren Traum erfüllt und nach über zwanzigjähriger Arbeit in Deutschland eine kleine Pension in ihrer Heimat gebaut. Dikili war alles andere als ein Touristenort, aber dank der guten Kontakte nach Deutschland, war ihre kleine Pension mit deutschen Urlaubern gut ausgelastet.

Es war alles sehr familiär und die Mahlzeiten nahmen wir mit zehn anderen deutschen Gästen gemeinsam am großen Wohnzimmertisch des Ehepaares ein. Die Stimmung am Tisch war, nicht zuletzt aufgrund der ausgezeichneten Küche der Hausfrau, sehr fröhlich. Sie kochte die jeweils drei Gänge mittags und abends allein in ihrer kleinen Küche, was für mich kaum vorstellbar war. Aber ich habe selten im Urlaub so gut und abwechslungsreich gegessen, wie bei Esra mit ihrer türkischen Hausmannskost. Später habe ich versucht, die türkische Küche nachzukochen, was mir leider nicht richtig gelang. Wer wollte, konnte Esra morgens zum Markt begleiten und auch vor Ort mitentscheiden, was gekocht werden sollte. Da ich Märkte aller Art sehr liebe, war ich häufig dabei und konnte beobachten, wie das Gemüse, der frische Fisch und das Fleisch sehr genau begutachtet wurde, bevor es in den Einkaufskorb wanderte. Das Palaver mit den Marktleuten machte viel Spaß, obwohl ich kein Wort verstand. Die Männer durften den Einkauf dann nach Hause tragen. 

Am ersten Abend gingen wir durch den kleinen Ort und fühlten uns hier in eine weit zurückliegende Zeit versetzt. Auf einem Platz mit vielen großen Bäumen, an denen bunte Glühlampen hingen, tranken wir vor einem kleinen Lokal ein Bier. Als wir bezahlen wollten, konnte der Wirt auf unseren großen Geldschein nicht herausgeben, mit Gesten machte er uns klar, dass wir eingeladen waren. Wir waren überrascht von dieser Gastfreundschaft und bedankten uns damit, dass wir noch mehrfach als zahlende Gäste wiederkamen.

Unsere Erwartungen an einen erholsamen Urlaub wurden voll erfüllt. Es war ruhig, keinerlei Touristenrummel, ich glaube, der Ort besaß damals noch nicht mal ein Hotel.

Der Strand war leuchtend weiß, denn er war, soweit man sehen konnte, mit blühenden Strandkamillen übersät. Es war wunderschön und ich konnte mich nicht daran sattsehen. (Bild 1+2) Ich habe so einen Strand auch nie wiedergesehen. Nur das Meer erschien mir eher wie ein großer Fluss, denn unmittelbar gegenüber liegt die griechische Insel Lesbos. (Bild 3)

Es ist die kürzeste Verbindung auf dem Mittelmeer zwischen Griechenland und der Türkei und deshalb werden hier jetzt die Flüchtlinge, die das Meer nach Europa illegal, teuer bezahlt und unter Lebensgefahr überquert haben, in die Türkei zurückgeführt. Für die Flüchtlinge ist es das Ende der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa.

Aufgrund der heutigen Berichterstattung sehe ich mir unser selbstgedrehtes Urlaubsvideo nochmal an. Vieles habe ich vergessen und ich tauche nochmal in eine lange vergangene Zeit ein.

Ich sehe die kleinen Geschäfte: Die Metzgerei, keine drei Meter breit. Das Fleisch liegt auf einem Holztisch an der Straße, die Würste hängen an dem davorstehenden Baum (Bild 4). Der Bäcker, der in einem großen gemauerten Ofen das Fladenbrot und die türkische Pizza backt. Verkauft wird die Ware durch eine kleine Fensterklappe. (Bild 5+6). Der Yoghurtladen, in dem der Yoghurt mit Schöpfkellen in mitgebrachte Blechschüsseln gefüllt wird. (Bild 7)

Durch die Straßen fahren Eselskarren (Bild 8+9) und vollbeladene Mopeds. Alte Männer sitzen zusammen und rauchen Wasserpfeife (Bild 10). Zu den üblichen Zeiten ruft der Muezzin vom Minarett der kleinen Mosche, was ich mit unserem Glockenläuten gleichsetze. Man hat hier Zeit und es geht ruhig und gemächlich zu.

Ganz anders ist es in Izmir, der pulsierenden Millionenstadt, zu der wir einen Tagesausflug machen. Hier sind das Moderne und das Alte nebeneinander. Wir fahren hoch zum Tarihi Asansör und genießen einen herrlichen Ausblick über die Stadt und den Golf von Izmir. Natürlich sind wir auch in dem großen Fischmarkt und können einen Fischstand filmen, hinter dem der Fischhändler noch gleichzeitig dem Frisörhandwerk nachgeht (Bild 11).

Wir besuchen auch das nahegelegene Pergamon. An diesem touristischen Highlight sind im Verhältnis zu heute nur sehr wenige Leute und es ist wieder sehr entspannt. Heute ankern vor Dikili Kreuzfahrtschiffe, um den Passagieren einen Ausflug zu den Ruinen der antiken Stadt Pergamon zu ermöglichen.

Meistens bleiben wir in Dikili und laufen am blühenden Strand entlang bis zum Fischerhafen oder wir gehen durch die angrenzenden Olivenfelder, in denen die Schafe weiden und wo wir Schildkröten beobachten können.

Als ich unseren langen Videofilm von dieser Reise aufmerksam ansehe, fällt mir auf: Es sind keine Frauen mit Verschleierung oder Kopftuch zu sehen. Nur manchmal tragen ein paar alte Frauen das Kopftuch unter dem Kinn geknotet, so wie es bei uns früher die Bäuerinnen machten. Die Männer haben manchmal eine Strick- oder eine Schirmmütze auf dem Kopf. Sie sind immer korrekt gekleidet mit Bügelfaltenhosen, auch wenn von der Falte oft nichts mehr zu sehen ist, und mit Jackett.

Ich frage Esra, unsere Gastgeberin, deren Sohn gerade den Wehrdienst ableistete, einmal:
Was würdest du sagen, wenn dein Sohn eine Deutsche heiratet? Sie denkt eine ganze Weile nach und sagt: Ich würde das akzeptieren, aber nicht gut finden. Als ich sie etwas irritiert ansehe, denn ich nahm sie durch ihr gutes Deutsch kaum als Türkin wahr, meint sie: Es ist nicht so wie du denkst, aber im Ehealltag gibt es ohnehin schon viele Probleme, besonders wenn Kinder da sind. Ich wünsche mir für meinen Sohn nicht noch zusätzliche Erschwernisse durch die fehlende Akzeptanz des Umfeldes wegen kultureller oder religiöser Unterschiede. Wir selbst sind zwar durch unseren langen Aufenthalt in Deutschland sehr aufgeschlossen gegenüber einer solchen Verbindung, aber viele hier in der Türkei sind noch nicht so tolerant, um eine gemischte Ehe zu akzeptieren. Dem habe ich nichts entgegenzusetzen.

Liebe Esra, ich weiß nicht wie es dir geht und ob du noch lebst, aber wir beide haben uns oft über unsere Heimatländer und die unterschiedlichen Kulturen unterhalten. Dennoch waren wir der Überzeugung, dass wir spätestens in 20 Jahren gemeinsam in einem Europa leben, in der volle Gleichberechtigung herrscht, ohne politische Grenzen oder religiöse Schranken. Ein möglicher Beitritt der Türkei zur Europäischen Gemeinschaft war damals schon im Gespräch. Der Fall der Berliner Mauer wenige Monate zuvor und die Wahl von Michail Gorbatschow zum Präsidenten der UdSSR ließen uns sehr optimistisch in die Zukunft sehen. Leider ist nach fast 30 Jahren genau das Gegenteil von dem, was wir erwartet haben, eingetreten und unsere Hoffnung hat sich in Luft aufgelöst.

Wir waren nach diesem Urlaub in Dikili noch einige Male an verschiedenen Orten in der Türkei und es hat uns immer gut gefallen. Politik oder Religion waren nie ein Thema. Bei unserem letzten Aufenthalt in Istanbul vor drei Jahren haben wir allerdings große Veränderungen festgestellt. Die Frauen waren jetzt häufig voll verschleiert oder trugen mindestens ein Kopftuch, um ihre Religionszugehörigkeit zu zeigen. Die Abkehr von dem laizistischen Staat Atatürks, der sogar das Tragen eines religiös bedingten Kopftuchs in der Öffentlichkeit verbot, war nicht zu übersehen. Der Transport des Islams in das öffentliche Leben und die politische Instrumentalisierung der Religion wird durch die gegenwärtige Regierung stark vorangetrieben.

Nachdem auf dem Istanbuler Taxim-Platz Aufstände angekündigt wurden, fühlten wir uns trotz der Faszination dieser Stadt nicht mehr wohl. Zum Glück sind wir vorher abgereist und sahen die Aufstände und die folgenden Ereignisse in der Türkei mit Bestürzung im Fernsehen.

Ich werde wohl in absehbarer Zeit nicht mehr in dieses Land reisen und kann nur noch von unserem ehemals schönen und verschlafenen Dikili träumen.


  • Autorin: Margot Bintig, im Juni 2017
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