6. Auslandsreise Kreuzer »Emden« 1935/36
8. Reisebericht. Portland — Honolulu.
Dass es immer kälter wird, je näher wir Portland kommen wird von uns allen sehr angenehm empfunden. Am Sonntag, den 19.I., ankern wir vor Astoria, das an der Mündung des Columbia-River liegt. Von hier bis Portland sind es noch 100 Meilen, deshalb geht die Fahrt sehr früh am nächsten Morgen weiter. Man könnte beinahe glauben, zur Winterszeit eine Fahrt durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal zu machen. Die Landschaft ist fast die gleiche und erinnert uns mit den verschneiten Tannen und Fichten stark an die Heimat. Manch einer von uns bedauert, dass wir hier nicht unser Weihnachtsfest feiern konnten. Gegen Mittag merkten wir, teils an großen Sägewerken, und teils an schmucken Landhäusern, dass wir uns Portland näherten. Wir passieren viele Hoch- und Drehbrücken. Endlich sind wir da! Ein grandioser Empfang, alles schwarz voll Menschen. Ähnliches haben wir noch nicht erlebt.
Portland — Honolulu
![Sägewerke](thumbs/emden067.jpg)
![Einlaufen in Portland](thumbs/emden066.jpg)
![Portland](thumbs/emden068.jpg)
![Starker Seegang](thumbs/emden069.jpg)
![Einlaufen in Honolulu](thumbs/emden070.jpg)
Bald kommen die ersten Besucher an Bord und suchen sie an Hand einer Liste, auf der die Personalien eines jeden Besatzungsangehörigen stehen, ihren Landsmann heraus. Und das geht so schnell und ist so herzlich, dass bald das Schiff bis auf die Wache verwaist ist. Für uns ist Portland ein Repräsentationshafen. Damit wir unsere Aufgabe auch voll und ganz erfüllen können, wird nur das nötige Reinschiff gemacht, im Übrigen ist vor- und nachmittags dienstfrei. Die Zeit ist ausgefüllt mit Autorundfahrten, Familieneinladungen und allabendlichen Einladungen ins Deutsche Haus
. Dort ist jeden Abend etwas los. Meist wird getanzt, gesungen und getrunken. Es herrscht eine Fröhlichkeit und Ungezwungenheit, wie sie nur unter Landsleuten möglich ist. Auch die Amerikaner überbieten sich gegenseitig, uns den Aufenthalt in. Portland so angenehm wie möglich zu machen. Sie können sich nicht genug über das tadellose und disziplinierte Auftreten der »Emden« – Besatzung wundern. Darüber sind unsere Landsleute sehr stolz und fühlen sich mehr denn je mit der Heimat verbunden.
Die Bordkapelle zwingt auch hier mit ihren Darbietungen Amerikaner und Deutsche zu spontanen Beifallsbezeugungen. Und welch ungläubige Gesichter machen unsere neugewonnenen Freunde, wenn wir ihre falsche Meinung über unseren Führer und sein Werk berichtigen: Sie sind ja so verhetzt und können es kaum glauben. Vielen geben wir bereitwilligst Auskunft und gewinnen dadurch neue Freunde für Deutschland. Nur zu bald kommt die Abschiedsstunde. Wir werden reichlich mit allen möglichen Erinnerungstücken beschenkt. Manche ehrliche Träne fließt, als wir mit Muss i denn …
den gastlichen Hafen verlassen und unserem nächsten Port; Honolulu und neuen Aufgaben zustreben.
9. Reisebericht. Honolulu — La Paz.
Auf der Fahrt von Portland nach Honolulu stellen wir fest, dass der Stille Ozean
anders ist, als sein Name vermuten lässt. Wir erleben einen Seegang, der manchen steinalten
Seemann zwingt, sein greises
Haupt zu schütteln. Das Mitteldeck auf Luvseite, die Seitendecks und die Schanz können nicht betreten werden. Es ist ein unvergessliches Erlebnis, vom sicheren Standort dem Wüten des Meeres zuzusehen. Und bei diesem Seegang gelingt es unserem Assi
, eine notwendige Blinddarmoperation glücklich durchzuführen. Doch ist bei dieser Schaukelei das Leben des Kranken sehr gefährdet und der Kommandant entschließt sich daher, mit höchster Fahrt den Hawaii-Inseln zuzustreben. In einer geschützten Bucht wird geankert, dem Patient ist geholfen und — dem Oberbootsmann! Letzterer fühlt sich erst wieder wohl, als alles an der »Emden« nur so blitzt und funkelt. Am 8. II. sind wir dann bereit, in Honolulu einzulaufen. Auf der Pier begrüßt uns eine riesige Menschenmenge, die RoyaI Hawaiin-Band
singt und spielt uns das Aloha-Lied und andere Hawaiin-Songs.
Honolulu — La Paz
![RoyaI Hawaiin-Band](thumbs/emden071.jpg)
![Aloha](thumbs/emden072.jpg)
![gut Freund](thumbs/emden073.jpg)
![Japanisches Viertel in Honolulu](thumbs/emden074.jpg)
![Japanischer Tempel in Honolulu](thumbs/emden075.jpg)
Abends ist großer Empfang mit Tanz. Aber die Sache haut
nicht so richtig hin. Am nächsten Tage auf dem Ausflug zur Kailua-Beach wird's schon besser. Hier und in den folgenden Tagen in der Waikiki-Beach — erleben wir in jeder Beziehung das so vielgepriesene Hawaii. Mit jedem Tage wird es schöner. Auto- und Badeausflüge wechseln ab mit Familieneinladungen. Ob Deutsche, Hawaiianer, amerikanisches Militär, Japaner oder Chinesen, wir sind bald Gut Freund
mit ihnen. Bereitwilligst zeigt man uns die paradiesische Schönheit der Insel. Wer einen Hula-Hula-Tanz zu sehen bekommt, der kann was besonders Schönes zu seinen Erinnerungen hinzufügen.
Aloa oe!
![Hawaiisches Königsschloss](thumbs/emden076.jpg)
![Hula-Hula-Tanz](thumbs/emden077.jpg)
![Offiziere mit Blumenkränzen](thumbs/emden078.jpg)
![Abschied von Honolulu im Blumenkranz](thumbs/emden079.jpg)
![Abschied](thumbs/emden080.jpg)
Die Zahl unserer Freunde ist so groß, dass es unmöglich ist, sie alle zu einem Bordfest zu laden. Der Kommandant setzt daher an zwei Nachmittagen Bordfest an, so gelingt es uns, allen unseren Freunden und Freundinnen für die uns gewährte Gastfreundschaft zu danken. Auch hier werden wir alle zum Abschied sehr reich beschenkt. Stunden vorher versammelt sich alles vor dem Schiff und lauscht den Weisen einer amerikanischen Militärkapelle. Anschließend spielt und singt dann wieder die Royal Hawaiin-Band
. Jeder unserer Freunde hängt uns einen Blumenkranz um, drückt uns noch einmal die Hand und sagt: Aloha!
Mit diesem Wort drückt der Hawaiianer alle Gefühle für seine Freunde aus. Es ist ein Abschied, den von uns wohl niemand vergisst. Auch unser braves Schiff trägt einen Aloha-Kranz am Bug. Immer leiser werden die Aloharufe, noch sehen wir den Alohaturm, dann den Diamond Head, und dann werfen wir die Blumenkränze — wie es die Sitte fordert — über Bord, der Traum von Hawaii ist aus! — Aloha oe!! —
10. Reisebericht. La Paz — Corinto.
Am Nachmittag des 25. Februar passieren wir die Südspitze der Halbinsel Kalifornien und gehen am nächsten Vormittag auf der Reede von La Paz vor Anker. Nach den beiden vorhergehenden Repräsentationshäfen Portland und Honolulu soll dieser Hafen hauptsächlich der Ausbildung dienen. La Paz hat nur 8000 Einwohner und lebt mehr oder weniger vom Ertrag der Perlenfischerei, die hier mit Erfolg betrieben wird. Ein Teil der Besatzung bekommt Gelegenheit, den Perlenfischern bei der Arbeit zuzusehen. Es ist ein anstrengendes Gewerbe, dem nichts Romantisches mehr anhaftet, seit die Nasenklemme und das Senkblei von der modernen Taucherausrüstung verdrängt wurde.
Mit viel Mühe und Fleiß haben die Bewohner von La Paz ihre Straßen, Plätze mit Palmen und schattenspendenden Bäumen bepflanzt, sonst ist die ganze Gegend versandet und eintönig grau. Niederschläge sind sehr selten zu verzeichnen.
Es ist Karnevalszeit! Unsere Urlauber beteiligen sich an dem bunten Treiben auf der Plaza, sie sind gern gesehen, bringt ihr Besuch doch Abwechslung in das ewige Einerlei des Städtchen. Manche glutäugige Schönheit läßt sich von unseren Männern oft und gerne zum Tanze führen.
La Paz — Corinto
![Kommandantenbesichtigung](thumbs/emden086.jpg)
![Kirche in La Paz](thumbs/emden087.jpg)
![Am Strand von La Paz](thumbs/emden088.jpg)
![Die Mannschaft beim Frühstück](thumbs/emden089.jpg)
![nach Managua](thumbs/emden090.jpg)
Am Montag verlassen wir den Ankerplatz und erledigen unser terminmäßiges Torpedoschießen. An den beiden nächsten Tagen hat die Leichte- und die Mittelartillerie das Wort
. Unsere Kadetten und Rekruten bestehen ihre Feuertaufe gut, was das vorzügliche Schießergebnis bestätigt. Der A.O.Abwehroffizier, für den deutschen militärischen Geheimdienst in Reichswehr und Wehrmacht ist mit seinen Leuten zufrieden und spricht allen Beteiligten, vornehmlich dem Ausbildungspersonal, seine Anerkennung aus.
Am 6. März tritt die »Emden« ihre Fahrt nach Corinto an. Mit Genugtuung lauschen wir am nächsten Tage den Worten unseres Kommandanten, der uns die Ereignisse des 7. März bekannt gibt. Aufs Neue bewundern wir die Größe unseres Führers.
8. März. HeldengedenktagDie Nationalsozialisten übernahmen den Volkstrauertag und legten ihn als staatlichen Feiertag fest. Mit dem Gesetz über die Feiertage vom 27. Februar 1934 wurde er in Heldengedenktag umbenannt und sein Charakter alsdann vollständig verändert: Nicht mehr Totengedenken sollte im Mittelpunkt stehen, sondern Heldenverehrung. Träger waren die Wehrmacht und die NSDAP. Propagandaminister Joseph Goebbels erließ die Richtlinien über Inhalt und Durchführung. Die Flaggen wurden nicht mehr wie bislang auf halbmast gehisst, sondern vollstock gesetzt. Im Jahr 1939 wurde der Heldengedenktag auf den 16. März verlegt, den Tag der Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fiel. Wenn nicht, sollte er am Sonntag vor dem 16. März begangen werden. Damit wurde die Bindung an den christlichen Kalender aufgegeben. Der letzte Heldengedenktag wurde 1945 begangen. Quelle: Wikipedia.de Gottesdienst auf der Schanz! Unser Pfarrer spricht von den toten Helden des Weltkrieges. Ihr Blut floss nicht umsonst, diese Saat ist herrlich aufgegangen, das beweist der 7. März! — Mit der Divisions- und Gefechtsbesichtigung am 9., 10. und 11. März sind diese Ausbildungsabschnitte abgeschlossen. Das gute Resultat lässt uns frohen Mutes der Klarschiff-Besichtigung entgegensehen.
11. Reisebericht. Corinto — Kingston (Jamaica)
Programmäßig gehen wir am 12. März im Hafen von Corinto vor Anker. Durch eine kleine vorgelagerte Insel ist der Hafen gut geschützt, die starke Dünung des Stillen Ozeans macht sich daher kaum bemerkbar. Corinto, ist ein kleiner Ort und macht einen freundlichen Eindruck. Unsere Urlauber können im bequemen Anzug — der Hitze angepasst — an Land gehen. Ähnlich wie in San José ist auch hier ein viertägiger Besuch der Hauptstadt vorgesehen. Wenige Stunden nach dem Einlaufen sind die Teilnehmer schon im Zuge, und in fünfstündiger Fahrt wird Managua erreicht. Hier großer Empfang durch die Deutsche Kolonie unter starker Beteiligung des Militärs und der Bevölkerung von Managua. Mit Marschmusik geht es durch die Stadt, die noch die Spuren des vernichtenden Erdbebens von 1931 aufweist. Im Club Internationale
findet die Quartierverteilung statt. Bald hat sich alles bekannt gemacht und sitzt in zwangloser Unterhaltung beim Glase Bier. Die Veranstaltungen der nächsten Tage werden besprochen. Geplant sind: Reiten, Schwimmen, Stadt- und Brauereibesichtigung, Parade, Ausflüge, Heimat- und Tanzabende, ein Konzert der »Emden« - Kapelle und Vorführung des deutschen Films: Ein Lied für Dich
.
Managua — Corinto — Kingston (Jamaica)
![Frühschoppen](thumbs/emden091.jpg)
![Kaffeeplantage](thumbs/emden092.jpg)
![Kaffeebohnen am Strauch](thumbs/emden096.jpg)
![Feuerberge der Anden](thumbs/emden097.jpg)
![Frauen am Brunnen](thumbs/emden098.jpg)
Am Tage der Parade trifft noch eine hundert Mann starke »Emden« - Abordnung mit Waffen ein, die sich neben dem einheimischen Militär an der Parade beteiligt. Das hat Managua noch nicht gesehen! Mit ihrer schmucken Uniform und dem schneidigen Parademarsch löst unsere Abordnung Stürme der Begeisterung aus. Nur zu schnell sind die schönen Tage von Managua vorbei und wir fahren mit unseren Landsleuten, die mal wieder deutschen Boden betreten wollen, nach Corinto zurrück.
Ein gut gelungenes Bordfest, das seine Fortsetzung in einem sehr vergnügten Abend an Land findet, bildet auch hier der Abschluss unseres Besuches.
Am 17. März verlassen wir Corinto und treten unsere Fahrt nach Jamaica an. Wieder geht es durch den Panama-Kanal, aber dieses mal mit heimatlichem Kurs. In Colon bleiben wir 18 Stunden zur Öl- und Proviantübernahme liegen. Da man hier billig kaufen kann, nutzt jeder die günstige Gelegenheit und kauft Andenken und sonstige Mitbringsel ein. Die Geschäfte sind bis in die Nacht hinein geöffnet und wenn wir auch schon unsere Einkäufe erledigt haben, so macht es uns doch einen ungeheuren Spaß, immer wieder die herrlichen Sachen anzusehen, die die Inder und Japaner allzu verlockend ausstellen.