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Kap ArkonaLuftaufnahme Putgarten Kap Arkona Mai 2011, von Klugschnacker - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Sehnsuchtsort Kap Arkona

Jeder Mensch hat wohl seinen ganz persönlichen Sehnsuchtsort, den Ort, an dem er wenigstens einmal im Leben unbedingt gewesen sein muss.

Meine Frau erzählte mir, dass ihr Vater während des Krieges bei der Handelsmarine war und vor der Insel Rügen auf einem Minensucher gefahren ist. Ein Himmelfahrtskommando, solche Seeminen aufzuspüren und unschädlich zu machen. Auf keinen Fall durfte das Minensuchboot bei der Bergung diese mit Stacheln bewährten runden Behälter berühren, die voller Sprengstoff waren. In den Stacheln befanden sich die Zündmechanismen, welche die Minen unter dem Schiff zur Explosion bringen sollten. Aber es gab auch magnetische Zündvorrichtungen, die auf eiserne Schiffskörper reagierten. – Sein Einsatzgebiet war die Ostsee vor der Insel Rügen und Kap Arkona. Er hat Glück gehabt und ist unversehrt aus dem Krieg heimgekehrt, obwohl er mehrere Male schiffbrüchig geworden ist.

Meiner Frau ist Kap Arkona in der Erinnerung geblieben, davon hat ihr Vater während eines Heimaturlaubs erzählt und so ist er zu ihrem Sehnsuchtsort geworden. Die Reise dorthin war aber vor 1989 unmöglich, es gab keine Verwandten auf der Insel Rügen, die uns hätten einladen können. Und Rügen lag hinter dem Eisernen Vorhang, für uns unerreichbar in der DDR. Wir hätten Reisepässe, Visa und die Einladung eines Verwandten gebraucht, um dorthin reisen zu können.

Am 9. November 1989 geschah das Unfassbare, etwas, woran niemand mehr geglaubt hatte. Glasnost und Perestroika, also Transparenz und Offenheit der Staatsführung gegenüber dem Volk und der damit verbundene Umbau der Sowjetunion, das Wagen von Demokratie erschütterte auch das politische System der DDR und brachte es schließlich zum Einsturz. Die Menschen gingen auf die Straße und erstritten sich demokratische Verhältnisse. Und diesmal wurde der Volksaufstand nicht wie am 17. Juni 1953 von russischen Panzern niedergeknüppelt. Die stacheldrahtbewehrte todbringende Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten Ost- und Westdeutschlands hörte auf zu existieren.

Hatten wir noch im Januar 1990 mit der provisorisch eingerichteten Elbfähre nach DömitzLesen Sie auch:
Wie ich die Wiedervereinigung erlebte
übergesetzt und in einem ebenso provisorischen Abfertigungshäuschen zehn D-Mark in die Staatskasse der DDR gezahlt, weil wir kurzfristig keinen Pass bekamen. Ab 3. Oktober 1990 galten die normalen Ausweispapiere für alle, aus Ost und West, damit war die Wiedervereinigung vollzogen.

Den Sommer 1991 wollten wir auf Bornholm verbringen. Nun war es für uns möglich, die kurze Strecke über Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund zu fahren. Vor Wismar haben wir das erste Mal im Stau gestanden. Der eingerichtete Blockverkehr erlaubte es nur wenigen Fahrzeugen, wechselweise die einspurige Straßenbaustelle zu befahren. Geduld war angebracht, aber wir hatten in unserem Bulli alles dabei, was man zum Leben braucht. Kaffee kochend und auf der Schlafbank ein Nickerchen machend, hat uns der Stau gegen Abend entlassen. Die Fähre ab Saßnitz haben wir nicht mehr rechtzeitig erreicht. Macht nichts, wir haben Urlaub und der Weg ist das Ziel, ist unsere Devise. Die Weiterfahrt durch die grauen Städte Wismar, Rostock und Stralsund zeigte den Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Städten, im Osten hatte es seit Kriegsende weder Erneuerung noch Restaurierung gegeben, es schien alles dem Verfall überlassen zu sein. Aber die Naturschönheiten Rügens, insbesondere die Kreideküste von der Piratenschlucht bis zum Kaiserstuhl haben nicht unter den politischen Verhältnissen gelitten, wie wir uns bei einer ausgedehnten Wanderung überzeugen konnten.

Am nächsten Tag sind wir dann ab SaßnitzBis zum 2. Februar 1993 Saßnitz, danach Sassnitz Hafen mit einer Eisenbahnfähre, die auf der Rostocker Neptunwerft für die Eisenbahnverbindung Vogelfluglinie gebaut wurde, nach Bornholm, Rönne, abgefahren.

In den kommenden Jahren haben wir diese Reise oft wiederholt und waren erstaunt, mit welcher Geschwindigkeit Gebäude in den Städten saniert, restauriert oder wiederaufgebaut wurden, wie gut die Straßen jetzt waren, auf denen man zügig vorankam. Unsere Fähre sollten wir trotzdem nicht kriegen. Im Fährhafen Saßnitz hing ein gelber Post-it-Zettel an einem der Abfertigungscontainer. Handschriftlich vermerkt stand darauf: Fähre nach Bornholm jetzt ab Fährhafen Neu-Mukran. Dort waren wir gerade vorbeigefahren. Also zurück nach Neu-Mukran und Erstaunen über den steingewordenen Solidaritätszuschlag! Der neue Fährhafen auf Rügen! Die Fähre nach Rönne, die wir zu nehmen beabsichtigten, war ohne uns abgedampft, also erst einmal neu orientieren. In dem neuen und modernen Abfertigungsgebäude sollten wir wohl die Fahrzeiten erfahren und Fahrkarten kaufen können. Am Schalter hing ein auf DIN A4-Papier handgeschriebenes Plakat: Hier nur Auskünfte über Fähre KlaipėdaDie Stadt im heutigen Litauen hieß bis 1945 Memel und gehörte zu Ostpreußen. Der Name Klaipėda wurde 1413 erstmals schriftlich in einem Brief des Großfürsten Vytautas erwähnt (Caloypede)..

Wir hatten in der Vergangenheit bereits Erfahrungen mit auskunftsfreudigen Rügenern machen dürfen, deshalb strebten wir dem Ausgang zu und liefen einem Mann in die Arme, der mit einer Kanne Wasser aus dem Klo kam. Kann ich Ihnen helfen? seine Frage. Überrascht von der freundlichen Ansprache fragte ich ihn nach der Fährverbindung nach Bornholm und bekam zur Antwort: Über Bornholm geben wir keine Auskunft, sonst müssten wir ja den ganzen Tag Fragen beantworten und kämen nicht mehr zu unserer Arbeit. Ja, das habe ich begriffen, als ich das Papier gelesen habe, deswegen wollte ich ja ohne zu Fragen wieder gehen, war meine Antwort. Ohne ein weiteres Wort schlurfte der Mann zu seinem Schalter, ich konnte sehen, dass er karierte Hausschuhe anhatte.

Draußen gab es noch einen weiteren Abfertigungsschalter, dort saß eine Dame und kontrollierte die Tickets der Reisenden in den Autos. Meine Frage an einen der Autofahrer bestätigte mir, dass hier die Bornholmfähre abgefertigt wird. Ich ging zum Schalter und fragte die Dame nach den Fährzeiten und ob ich hier auch ein Ticket bekommen könne. Die Antwort war ähnlich der, die ich mir gerade im Fährbüro abgeholt hatte. Also stellte ich mich mit meinem Bulli in die Reihe der Fahrzeuge und fragte, als ich an der Reihe war, ob sie mir jetzt eine Auskunft geben wollte. Da ich keine Anstalten machte, mich von ihrem Schalter fortzubewegen, bekam ich die gewünschte Auskunft und sogar ein Ticket für die Fähre des nächsten Tages. Nicht gerade freundlich, Service geht irgendwie anders.

Da wir aber so viel Zeit hatten, sollte jetzt der Wunsch meiner Frau, Kap Arkona zu besuchen, endlich Wirklichkeit werden. Von Neu-Mukran nach Altenkirchen und weiter bis zum Parkplatz kurz vor Putgarten fährt man nur eine halbe Stunde. Das Wetter regnerisch, kühl. Die Straße, eng und mit unbefestigten Banketten, erfordert Aufmerksamkeit. Dann der Schock: Eine hektargroße, frisch asphaltierte Fläche tut sich vor uns auf, mit vollautomatischen Schranken und elektronischem Bezahlsystem. Fünf D-Mark pro Stunde verlangen die Piraten hier, und bis zum Kap und den Leuchttürmen sind es noch gut zwei Kilometer zu Fuß – und das bei diesem Wetter. Nein, da spiele ich nicht mit – Seeräuber, Piraten, schimpfe ich und drehe das Auto in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Meine Frau ist sauer und spricht nicht mehr mit mir.

Zwei Jahre später haben wir die Gelegenheit noch einmal, sind gerade auf Rügen und haben viel Zeit, weil unsere Fähre nach Bornholm erst morgen fährt. Das Wetter spielt diesmal mit, es ist warm und sonnig. In einer halben Stunde sind wir am Parkplatz Putgarten. Das gleiche Bild wie vor zwei Jahren, aber ergänzt mit einem Schild: Parkgebühr je Stunde 5 D-Mark, Höchstparkgebühr 5 D-Mark. Darüber lässt sich reden, die Piraten haben dazugelernt, sind etwas bescheidener geworden. Vom Hightech-Parkplatz führt ein neu angelegter Weg, breit und gepflastert, zum Kap. Gegen Bares fährt eine gummibereifte Touristen-Bahn die zwei Kilometer zum Kap. Wir gehen lieber zu Fuß, um uns bei schönstem Wetter den viereckigen Schinkel-Leuchtturm anzuschauen und einen Blick vom Kap Arkona auf die türkisgrüne Ostsee zu werfen. Sehnsucht gestillt, am Kap Arkona waren wir nie wieder, aber viele weitere Male auf Bornholm.


  • Autor: Hartmut Kennhöfer, 24. Juni 2021
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