Seep koken
No den Terrorangriff 1943Lesen Sie auch: Operation Gomorrha
, wie Hamburg ausradiert werden sollte. in Sommer reep Onkel Emil Vadders Swager bi uns an un froog: Wöllt ji Seep koken?
Dat wulln wi geern, denn de Swemmseep lang bloß eenen Dag för fiev Lüüd un de Sandseep kratz uns meist dat Fell aff bi't Waschen - un een Stück Seep geev dat man pro Person in Monat. Seep koken, jo, aver womit?
froog mien Vadder. Fohrt no Hamborg, dor swemmt Fett in Osterbekkonol ut de Margarinefabrik. Dat is fix schietig, aver dat geiht. Den annern Kroom dorto bring ik ju hin.
Annern Dag fohrn Oschi Hatje, Maria Vick, Bruno Hatje, mien Vadder un ik los mit 'n Rad no Barmbek. Wi harrn Harken, Säck un Ammers mit op uns Rö. Wi wüssen jo nich, wie dat Fett eegentlich utsüht. Eerst mol hin no den Konol, dat weern so üm un bi 15 Kilometers. Denn sehn wi dat swatte Fett. Eerst glöven wi gor nich, dat dat Fett weer. Aver nodem wi dat mit de Harken rutangelt harrn, kunnen wi dat föhln. Een smeerigen Kroom un dat stünk! Dor weer Schiet un Dreck, Asch un verkohltet Holt bin, aver dat weer Fett. Wi mooken nu all uns Ammers un Säck vull. De Säck klemmen wi achter op den Gepäckdräger un de Ammers keemen an'n Lenker. Nu güng dat wedder no Huus. De Lüüd keeken achter uns ran un schimpen, weil dat so stünk. De Fohreree weer nich licht mit de swooren Ammers an Lenker. Aver wi keemen heel wedder an Loden un ohne Plattfoot.
Onkel Emil hett uns den Seepensteen un Woterglas, un wat sünst noch ton Seepkoken höör, brööcht un wies uns an , wie wi dat angohn schulln.
Eerstmol hebbt wi den Smeerkroom mit Woter in den Waschketel kreegen un hitt warrn loten. Süh an, dat Fett un de Schiet deelen sik. Dat Fett un dat Holt swemmen boben, wat nich swemmen kunn sack an den Grund. Wi kunnen dat fein uteenanner kriegen. Ik weet nich mehr wieveel Mol wi dat mookt hebbt, bit wi dat reine Fett utscheedt harrn. Wi hebbt dat aver trech kreegen.
Nu güng dat ant Seepkoken. Dor müssen wi höllisch oppassen, dat uns dat Gebräu nich överkook. Uns Ketel weer jo nich dorför mookt. Weer to wenig Füür ünnern Ketel, leggen wi wat no. Wöör de Hitt to groot, roken wi dat Füür ünner rut. Dat weer de reinste Angstpartie. Wi hebbt dat trecht kreegen. Opletzt spendeer mien Modder noch 'n Buddel Kölschwoter von wegen dat Odeur
. Twintig Minuten müss de Kroom koken un denn keem de hitte Schü in Formen ton Affköhlen. Pütt un Pann wörrn bruukt, allns weer vull Seep un stünn buten op'n Hoff.
Dat Beste weer, de Kroom harr den Gestank verloorn un Modders Rüükwoter geev son beten fienen Duft
. As de Seep koolt weer, probeern wi uns Wark: De Seep schüüm as Freedensseep, kunnst di endlich mol anständig waschen. Mien Modderr hett sogor Seepenflocken dorvon mookt un de groote Wasch dormit wuschen. De hett sik lohnt disse Arbeit un wi weern all glücklich, dat wi dat woogt harrn - denn uns Freedensseep hett bit no den Krieg vörholn. Dormols kunnst jo keen köpen - weil dat eenfach keen geev.
Seife kochen
Nach dem Terrorangriff im Sommer 1943Lesen Sie auch: Operation Gomorrha
, wie Hamburg ausradiert werden sollte. rief Onkel Emil Vaters Schwager bei uns an und fragte: Wollt ihr Seife kochen?
Das wollten wir gern, denn die Schwemmseife hielt nur einen Tag bei fünf Personen und die Sandseife kratzte uns fast die Haut ab beim Waschen — und Seife gab es nur ein Stück im Monat pro Person. Seife kochen- aber womit?
fragte mein Vater. Fahrt nach Hamburg, da schwimmt das Fett im Osterbekkanal aus der Margarinefabrik. Das ist sehr schmutzig, aber es geht. Die anderen Zutaten bringe ich euch.
Am nächsten Tag fuhren Oschi Hatje, Maria Vick, Bruno Hatje, mein Vater und ich mit dem Fahrrad nach Barmbek. Wir hatten Harken, Säcke und Eimer mit. Wir wussten ja nicht, wie das Fett eigentlich aussah. Bis zum Kanal waren es so ungefähr 15 Kilometer. Dann sahen wir das schwarze Fett - erst glaubten wir nicht, das es Fett wäre, aber nach dem wir einiges davon mit den Harken heraus geangelt hatten, konnten wir es fühlen. Es war ein schmieriger Kram und stank gewaltig. Da war Schiet un Dreck bin
wie der Hamburger sagt, Asche und Holz - aber es war Fett. Wir füllten unsere Säcke, die wir auf dem Gepäckträger klemmten, und auch die Eimer, die an den Lenker aufgehängt wurden. Nun ging es auf den Rückweg. Die Menschen kuckten hinter uns her und schimpften, weil es so bestialisch stank. Die Fahrerei war nicht ganz leicht mit den schweren Eimern am Lenker. Aber wir schafften es und kamen heil wieder in Garstedt an ohne Plattfuss.
Onkel Emil hat uns dann Seifenstein und Wasserglas und was sonst noch zum Seifekochen gebraucht wurde gebracht, wies uns ein, wie wir die Sache angehen sollten. Erst haben wir den Schmierkram mit viel Wasser im Waschkessel vermengt und alles heiß werden lassen. Sieh an, das Fett trennte sich von dem Dreck. Fett und Holz schwammen oben und der Dreck sammelte sich im Wasser am Grund. Wir konnten es gut trennen. Ich weiß nicht mehr, wie oft wir das wiederholt haben, bis wir das saubere Fett ausgeschieden hatten. Wir hatten es geschafft.
Nun ging es ans Seifekochen. Dabei mussten wir höllisch aufpassen, dass uns das Gebräu nicht überkochte. Unser Kessel war ja nicht dafür gemacht. Wurde die Hitze zu groß, ragten wir das Feuer aus dem Loch. Das war eine Angstpartie. Wir haben es aber geschafft. Zuletzt hat unsere Mutter noch eine kleine Flasche Kölnisch Wasser hineingetan von wegen dem Odeur
. 20 Minuten musste die Seife kochen, dann kam die heiße Brühe in Formen zum Abkühlen. Töpfe und Pfannen wurden gebraucht - alles wurde benutzt und stand im Garten.
Das Beste war, die Seifenmasse hatte den Gestank total verloren, und Mutters Riechwasser spendete sogar einen feinen Duft. Als die Seife kalt war, probierten wir unser Werk sofort aus. Die Seife schäumte wie Friedensseife, man konnte sich damit endlich mal richtig abseifen. Unsere Mutter hat sogar Seifenflocken daraus gemacht und damit die große Wäsche gewaschen. Die Arbeit hatte sich gelohnt und wir waren alle glücklich darüber, dass wir es gewagt hatten. Unser Friedensseifenvorrat hielt vor bis lange nach dem Krieg. Man konnte ja keine Seife so einfach kaufen — weil es einfach keine gab.
P.S. Einen Schaden hat diese Kocherei doch gemacht, unser gusseiserner Waschkessel verlor dabei seine Emaillierung an einigen Stellen. Aber wir hatten ja Hugo Sellhorn, unseren Haushaltswarenhändler, der hatte noch einen neuen und auch besseren Waschkessel auf Lager, den hat er uns verkauft, obwohl es eigentlich gar keine Waschkessel zu kaufen gab - ohne Bezugschein schon gar nicht.