Veerdig Johr no de School
Veerdig Johr no de School wöör ik inloodt to een WeddersehnLesen Sie auch die Geschichte des Klassentreffens nach 40 Jahren. [Klick …] von een Schoolklass. Jüm ehr Klassenlehrer weer mien Vadder west.
Ik hff dormols een lütte Reed holn un de güng so:
Weet ji noch, wie dat weer 1945 as de Krieg to Enn weer un de School wedder los gohn schull? Dormols geev dat man een School in Gorstedt un in de weer ok noch de Mittelschool ünnerbröcht. Dörch de Butenhamborgs — un de veelen Flüchtlingskinner, de jeden Dag noch ankeemen, harr man överhaupt keen Ohnung, wie veel Kinner disse School eegentlich besöken wulln oder müssen. Een anner Froog weer, wie veele Lehrer geev dat noch in Gorstedt? Eenige von de olen Schoolmeisters wöörn nich wedder instellt, se weern to lang in de NSDAP west. Mien Vadder harr Glück, he weer eerst 1937 in de Partei Mitglied worrn — ohne dat he dat wull- zwangswies.
Een komische Sook weer, dat he all lang een sonennte
Politische Leiterweer un dat keem so: He harr siet Johrn sik üm de Kriegsopfer un de Kriegshinterbliebenen ut den eersten Weltkrieg kümmert un jüm Arbeit un ok Renten besorgt hett. As nu de Nazis ant Regiern weern, heet dat nuNational sozialistische Kriegsopferversorgungun mien Vadder bleev de Leiter. Dat he nich in de Partei weer, hebbt se gor nich markt bit 1937. Dat aver hett 1945 bedüüdt, dat he wedder Lehrer sien kunn.As he von de eerste Lehrerkonferenz no Huus keem, weer he ganz bestött. Man harr em 3 Klassen todeelt un in jede Klass seeten 60 Kinner — dicht an dicht, dat geev nich mol för jedet Kind eenen Platz. Sien Schooldag güng morgens Klock 8 los un no een lütte Meddagstünn, weer he obends kott no Klock 6 wedder to Huus. Dat weern däglich 9 Stünnen Ünnerricht bi 180 Kinner.
Wie un wann schull he sik vörbereiten? He harr meist keen Lehrmittel, Schoolböker geev dat nich un de olen dröff he nich bruken. Dat geev ok meist keen Hefte, keen Bleestifte - von Dinte un Bleefeddern wöllt wi gor nich eerst snacken. Von uns Verwandschoop in USA leeten wi uns Hefte un Blestifte schicken. De Hefte hebbt wi tweisneden un so wöörn Zettel un Bleestifte verdeelt, wenn mol een Klassenarbeit anseggt weer. Männicheen von ju keem mit dat glatte Popier nicht trecht, de Bleestifte rutschten jümmers dorop ut. Ji harrn sünst jo bloß Holtpopier mit Splitter dorbin. Könnt ji dat erinnern, hebbt ji dat nich vergeeten?
Wenn mien Vadder mol een Rekenarbeit schrieven leet, denn glieks in alle dree Klassen. Obends seeten he un ik dorbi un hebbt se nokeeken. Jo. ik heff em holpen, so goot as ik kunn.
In disse Tiet hett he döttig Pund affnohmen un wöög grood een beten mehr as een Zentner.He weer so mööd un oft vertwiefelt. Hebbt ji dat markt?
Wie oft hett he seggr:Wie schall ik all de Kinner bloß dat Nödigste bibringen- ik weet jo nich mol jüm ehr Nomens all. Wat schall ut disse Kinner bloß warrn?Wie lang dat so weer, weet ik nich mehr. Aver as dor de een oder anner Lehrer instellt wöör un he endlich een Klass affgeven kunn, dor foot he wedder Moot un güng geern wedder no sien School.
Den Satz: Wat schall bloß ut disse Kinner warrn?
denn mutt ik noch mol wedder holn. Wenn ik mi hier so ümkiek, kann ik bloß seggen: Ik glööv ut all sien Sorgenkinner is doch wat worrn.
Denkt ji ok so?
Opletzt müch ik mi bi ju bedanken, dat ik hier un hüüt dorbi sien kunn.
Vierzig Jahre nach der Schule
Vierzig Jahre nach der Schulentlassung war ich zu einem KlassentreffenLesen Sie auch die Geschichte des Klassentreffens nach 40 Jahren. [Klick …] eingeladen worden. Davon habe ich in einer Geschichte erzählt. Heute möchte ich erzählen, was ich in einer kleinen Ansprache zu den ehemaligen Schülern meines Vaters gesagt habe.
Wisst ihr noch, wie es war, als der Krieg 1945 zu Ende war und die Schule wieder beginnen sollte? Damals gab es nur eine Schule in Garstedt und darin war auch noch die Mittelschule untergebracht. Durch die Ausgebombten aus Hamburg und die vielen Flüchtlingskinder, die täglich noch in Garstedt ankamen, hatte man überhaupt keine Ahnung, wie viele Kinder diese Schule besuchen wollten oder sollten. Eine andere Frage war, wie viele Lehrer haben wir überhaupt noch? Einige der alten Schulmeister wurden nicht wieder eingestellt, weil sie zu früh in die NSDAP eingetreten waren. Mein Vater hat Glück gehabt, er war erst 1937 Parteimitglied geworden — ohne dass er es wollte — zwangsweise.
Es war eine komische Sache. Er war 1920 nach Garstedt gekommen und hat sich der Kriegsopferversorgung und der Hinterbliebenen von 1914/18 angenommen. Diese wurde von den Nazis übernommen und hieß von da an
National sozialistische Kriegsopferversorgung. Mein Vater blieb der Leiter und wurde dadurch zum politischen Leiter, so hießen die Leiter damals. Dass er gar nicht in der Partei war, hat keiner gemerkt bis 1937! Das aber bedeutete, dass er 1945 wieder als Lehrer tätig sein durfte.Als er von der ersten Lehrerkonferenz nach Hause kam, war er ganz niedergeschlagen. Man hatte ihm drei Klassen zugeteilt. In jeder Klasse waren sechzig Kinder. Seinen Schuldienst begann er jeden Morgen um 8 Uhr und nach einer kleinen Mittagsstunde war er dann am Abend gegen 18 Uhr wieder im Haus. Das waren täglich 9 Stunden Unterricht mit 3 mal 60 Kindern.
Wie und wann sollte er sich vorbereiten? Es gab keine Lehrmittel und keine Schulbücher. Die alten durfte er nicht benutzen. Es gab keine Hefte, keine Bleistifte, von Tinte und Federhalter wollen wir gar nicht reden. Wir bekamen von unseren Verwandten aus den USA Schulhefte geschickt und andere Schulsachen. Die Hefte haben wir zerschnitten und die Bleistifte verteilt, wenn eine Klassenarbeit geschrieben werden sollte. Manch einer von euch konnte mit dem glatten Papier nicht zurecht kommen, der Bleistift rutschte immer aus. Ihr kanntet nur das Papier mit den Holzsplittern darin — könnt ihr euch daran erinnern?
Wenn mein Vater mal eine Rechenarbeit schreiben ließ, dann in allen drei Klassen an einem Tag. Abends saßen mein Vater und ich dabei und haben die Arbeiten nachgesehen. Ja, ich habe ihm dabei geholfen, so gut ich es konnte. In dieser Zeit hat er über 30 Pfund an Gewicht verloren und wog gerade noch etwas mehr als ein Zentner. Er war so müde und manchmal ganz verzweifelt. Habt ihr es gemerkt?
Wie oft hat er gesagt:Wie soll ich den Kindern nur das Wichtigste beibringen — ich kenne ja nicht mal ihre Namen. Was soll nur aus diesen Kindern werden.Wie lange diese Zustände so anhielten, das weiß ich nicht mehr. Aber als der eine oder andere Lehrer wieder eingestellt wurde und mein Vater eine Klasse abgeben konnte, da fasste er wieder Mut und ging wieder gern zu seiner Schule.
Den Satz von ihm:
Was soll nur aus diesen Kindern werden?muss ich noch mal wiederholen. Wenn ich mich jetzt hier so umsehe, dann kann ich wohl sagen:Ich glaube, aus seinen Sorgenkindern ist doch etwas geworden. Denkt ihr auch so?
Zuletzt möchte ich sagen: Vielen Dank, dass ich heute dabei sein durfte.