Aus meiner Lehrzeit
Kap. 2
Einführung der 40-Stunden-Woche
Am Anfang hatten wir noch die 48-Stunden-Woche und mussten auch samstags arbeiten. Aber bald kam die 40-Stunden-Woche. Nun wurde in der Woche täglich etwas länger gearbeitet, aber wir hatten samstags frei. Dadurch hatte der Chef mit seiner Familie auch öfter Gelegenheit, an den Timmendorfer Strand in sein Wochenendhaus zu fahren, von wo er am Montagmorgen oft eine Menge Aale mitbrachte, die dann in den Späne-Öfen geräuchert wurden. Der würzige Duft hing dann tagelang in der Werkstatt.
Im ersten Jahr bekamen wir 60 D-Mark, im zweiten 70 und im dritten Jahr waren es 85 D-Mark im Monat. Zu unseren Aufgaben gehörte auch, dass wir die Fahrzeuge waschen mussten. Auch die Hühner-, Gänse- und Kaninchenställe ausmisten, war eine immer wieder vorkommende Beschäftigung. Aber solche Arbeiten kannte ich ja von zu Hause. Im Innenhof der zu einem U
aufgebauten Häuser, befand sich das große Holzlager. Hier gab es eine Vorrichtung, auf der große Holzbohlen der Länge nach von Hand aufgesägt werden konnten. Dazu stellten sich zwei Mann auf das Holz und einer darunter. Mit einer großen Schrotsäge
, sehr grobzahnig und die Zähne beidseitig geschärft, wurde das Teil dann aufgeschnitten, wobei die Säge an den Griffen nach oben und unten bewegt wurde und der Untermann die ganzen Späne abbekam. Eine mühsame und schmutzige Arbeit, die aber dank der Maschinen heute nicht mehr gemacht wird.
Einmal in der Woche war Berufsschule in Elmshorn. Das waren von Quickborn aus etwas mehr als 20 Kilometer. Bei einigermaßen gutem Wetter bin ich mit dem Fahrrad gefahren. Aber im Winter oder bei schlechtem Wetter habe ich den Zug genommen. Das war die Altona-Kaltenkirchen-Neumünster Eisenbahn
. Also mit der AKN
Die AKN Eisenbahn GmbH (Altona-Kaltenkirchen-Neumünster Eisenbahn GmbH; bis 12. Juni 2018 AKN Eisenbahn AG) ist ein seit 1883 bestehendes regionales Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen mit Sitz in Kaltenkirchen.Klick für Wikipedia nach Hamburg, umsteigen in den Regionalzug und nach Elmshorn.
Hans-Peter fühlte sich in der Wohnsituation beim Meister nicht sehr wohl. Da mein Bruder inzwischen zur See fuhr, war bei uns Platz und er zog mit dem Einverständnis aller zu uns. Nach der Lehre wechselte er in die Seefahrt. Im zweiten Jahr durften wir kleine Reparaturarbeiten an Tischen, Stühlen und kleinen Schränken sowie an Fenstern und Türen machen. Der Aufwand deckte aber oft nicht den Preis, den der Meister hierfür nehmen konnte. Dann durften wir auch bald die Maschinen benutzen und neue Fenster und Türen bauen. Diese Arbeiten dienten hauptsächlich der Ausbildung und zum Erhalt der örtlichen Kundschaft. Die hauptsächliche Arbeit in diesem Betrieb war die Einrichtung von Gaststätten, die von der Astra-Brauerei finanziert wurden. Hier arbeiteten wir mit einer Innenarchitektin zusammen, die auch einen Dekorateur- und Polsterbetrieb führte, und das mit über 70 Jahren.
Zur Einrichtung wurden die Teile passgenau individuell angefertigt. Der geschwungene Tresen, die verschieden geformten Bänke, das Büffet für die Flaschen und Gläser und meistens eine Überdeckung des Tresens. Eine dieser Überbauungen des Tresenbereichs nannten wir Bumelatsche
, dieses war eine Lattenkonstruktion in der gespiegelten Form des Tresens. Oder die Wolke
. Hier wurde eine Fläche über dem Tresen-Arbeitsbereich tiefer gehängt und vorn eine Schürze
in der Form des Tresens angebracht. Zwischen dieser Schürze und der tiefer gehängten Abdeckung sowie dem Büffet blieb ein Zwischenraum frei, der mit einer Milchglasscheibe abgedeckt wurde, durch die die Beleuchtung erfolgte. So sieht der mittlere Bereich dann aus wie eine Wolke.
In den meisten Gaststätten wurden auch noch die Wände vertäfelt. Als wir im zweiten Jahr zum Einbauen der Möbel mit rausfahren durften, habe ich mich bald auf die Vertäfelung der Wände und die Abdeckung der Bänke spezialisiert. Hier kommt es besonders darauf an, dass bei den aneinander gefügten Flächen keine Fuge zu erkennen ist.
Zu meinem achtzehnten Geburtstag wollte ich den Führerschein haben. Ich begab mich also zu jener Zeit in eine Fahrschule und erkundigte mich dort, ob ich jetzt schon am Unterricht und den Fahrübungen teilnehmen dürfte, so dass ich den Führerschein an meinem bevorstehenden achtzehnten Geburtstag haben würde. Dieses wurde abgelehnt. In der Woche darauf war ich wieder in der Fahrschule, setzte mich zu den anderen Teilnehmern und machte nach dem Unterricht meine persönlichen Angaben, wobei von dem Fahrschullehrer nicht bemerkt wurde, dass ich erst 17 Jahre alt war. Ich wollte die Führerscheine Eins und Drei machen. Also für Motorräder und PKW. Nach sechs Fahrstunden hielt der Fahrlehrer es für angebracht, dass ich zur Prüfung gehen sollte. Wir, mein großer Bruder und ich, hatten das Autofahren und das Einparken schon lange vorher bei uns im Garten mit Vaters Auto geübt. Wir Prüflinge versammelten uns im Prüfungsraum der Hauptzweigstelle der Fahrschule in Elmshorn. Da fiel dem Fahrlehrer bei Einsicht der Unterlagen auf, dass ich noch keine Übung mit dem Motorroller gemacht hatte. Er zeigte mir aus dem Fenster, wo der Heinkel-Roller stand, gab mir den Schlüssel und sagte, ich solle im Hof ein paar Kreise und Achten fahren und einige Bremsproben machen. Da ich von unserem Moped her Fahrerfahrung hatte, gab es für mich keine Probleme. Die schriftliche sowie die praktischen Prüfungen verliefen gut, und ich hatte bestanden. Als wir dann aufgerufen wurden, den Schein entgegenzunehmen, und ich an der Reihe war, rief der Prüfer Stopp, Sie bekommen den Schein zum achtzehnten Geburtstag zugeschickt
. Was auch pünktlich per Einschreiben geschah. Als alles erledigt war, fuhren wir mit unserem Fahrlehrer zurück nach Quickborn, und zwar zum Bahnhof. Hier befand sich eine gemütliche Gaststätte, wo der Erfolg begossen werden sollte. Jeder zwei Bier und zwei Schnaps, danach sollten wir uns gegenseitig nach Hause fahren. Da ich meinen Schein ja noch nicht hatte, sollte ich nicht fahren, aber weil ich am weitesten draußen wohnte, wurde ich als erster nach Hause gebracht. Als ich dann den Schein hatte, überließ mir mein Bruder sein Motorrad, eine 98er Herkules, die er sich mal angeschafft hatte, obwohl er keinen Motorradführerschein hatte und zur See fuhr.
Einmal bekamen wir einen etwas anderen Auftrag. Wir sollten in einer der Reemtsma-Villen in Blankenese eine Decke in einem der Schlafzimmer schallisolieren und tiefer hängen. Lustig fanden wir, dass in einem der großen Einbauschränke der Beginn einer Rutsche war, die in das Schwimmbad des Hauses führte.
Ein anderes Mal hatten wir in Lübeck zu tun und waren mit zehn Leuten mit unseren beiden Firmenwagen, jeder mit Anhänger, angereist. Die Arbeit zog sich hin und es wurde spät. Irgendwann war unsere Chefin, die ausnahmsweise mit dort war, mit einem Auto nach Hause gefahren. Als dann die Arbeit endlich getan war, standen wir mit zehn Leuten und nur einem Auto da. Nun, das Werkzeug und die Kleinmaschinen kamen in den Anhänger, dann nahmen drei Mann auf der Rückbank Platz, verriegelten die Türen und legten ein Brett auf die Armlehnen. Hier fanden die nächsten drei Platz. Ich als der Kleinste kam in den Kofferraum und drei saßen auf der durchgehenden Vorderbank. Ich hatte eine angenehme, liegende Heimfahrt, die drei, hinten auf dem Brett hatten es da recht unbequem.
Wir bekamen nicht nur Aufträge in Hamburg, sondern auch, wie schon erwähnt, in Lübeck, Neumünster - Holstein, Lütjenburg und bis Braunschweig. Besonders viel gab es in Hamburg-Wilhelmsburg nach der Flutkatastrophe 1962 zu tun. Die Einrichtungen waren durch das Wasser zerstört und mussten raus und erneuert werden. Wenn eine Gaststätte fast fertig war, wurde von der Brauerei ein kleines Fass Bier gespendet, zum Durchspülen der Leitungen. Dieses war für die Handwerker gedacht. Aber manche Wirte behielten es für sich. Schorsch, ein Geselle bei uns, war Mitglied bei der plattdeutschen Laien-Schauspielgruppe Speel-Deel
in Quickborn. So kam auch ich zu der Truppe. Leider musste der Gasthof- und Hotelbetrieb, zu dem der Saal gehörte, in dem die Aufführungen stattfanden, ihren Betrieb schließen und wir fanden keinen Ersatz.