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Meine Kindheit, ein Leidensweg
1949 bis 1995
Ein norddeutsches „Moin“

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  1. Prolog – Meine Kindheit, ein Leidensweg
  2. Fahrt nach Helgoland 1953
  3. Erziehung bei Tisch
  4. Ein parkendes Auto
  5. Ein norddeutsches „Moin“
  6. Klassenspiegel und blauer Brief
  7. Entnazifizierung der „Nazi-Kinder“
  8. Krankheit als Versagen
  9. Meine innere Flucht
  10. Ausbruch und Flucht vor der Familie
  11. Mein selbstbestimmtes Leben
  12. Sehnsucht – Bitte melde dich

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Wolfram Stratmann

Die Lehrerin und ein norddeutsches „Moin“

Beide Auswanderungsversuche meiner Eltern waren Mitte der 1950er Jahre gescheitert. Verträge wurden nicht eingehalten. Träume zerplatzten. Nun waren wir, von Norddeutschland aus betrachtet, in einer exotischen Gegend angekommen, in Nordhessen. Für mich war das gut. Dem trostlosen norddeutschen Flüchtlingsdasein entkommen, hatte ich nun eine kindlich positive, hoffnungsvolle Perspektive. In der neuen Umgebung zeigten sich gelegentlich kulturelle Unstimmigkeiten.

Weil sich die Kinder in der Nachbarschaft nicht gegenseitig zu Hause zum Spielen abholten, sondern weil man rausging und meist immer jemanden traf, blieb es nicht aus, dass man zeitweise allein um die Ecken zog. Bei so einer Gelegenheit traf ich an einer Straßenecke eine junge Lehrerin meiner Schule. Die fand ich sympathisch und glaubte, sie sei nett. Erfreut mit einem warmen Gefühl sah ich sie an. Vermutlich war ich kindlich in diese Frau verliebt. Dass man Respektspersonen grüßt, hatte ich gelernt. So grüßte ich sie, wie ich das in Norddeutschland gelernt hatte, im Vorbeigehen laut und deutlich mit: „Moin“Eine plattdeutsche Herkunft, wonach es von moi „angenehm, gut, schön“ käme, wird vielfach angenommen, so auch vom Niedersächsischen Wörterbuch. Dieser Etymologie hat sich inzwischen, neben anderen, die Duden-Redaktion angeschlossen; nach dem Duden sind die Wurzeln im ostfriesischen mōi und im mittelniederdeutschen mōi(e) zu finden.

Die Frau stutzte, blieb stehen und rief mich zurück: „Das heißt guten Morgen, aber nur am Morgen, jetzt ist Nachmittag und man sagt guten Tag!“ Schnell sagte ich kleinlaut „guten Tag“ und durfte gehen.

Am nächsten Tag in der Schule erwähnte die Lehrerin die Grußbegegnung vor der Klasse und sie erklärte, das gibt einen Klassenbucheintrag: „Das Kind kann die Tageszeiten noch nicht unterscheiden. Es ist in seiner Entwicklung zurückgeblieben.“

Sie fragte nicht, wieso ich so gegrüßt hatte. Für mich war das eine ungerechtfertigte Diffamierung vor der Klasse. In Norddeutschland hätte man das intolerante Prinzipienreiterei genannt. Mich traf das sehr. Offensichtlich wusste ich mehr über regionale Gepflogenheiten als die Lehrerin.

Nicht erklären dürfen und verurteilt werden, dieses negative Erleben kannte ich von meiner Mutter. Für mich war die Lehrerin entweder dumm, weil sie die unterschiedlichen Grußformen nicht kannte, oder sie war mit Vorurteilen beladen und böse. Bornierte Besserwisserei kannte ich damals noch nicht.

Die Sache klarstellen oder gegen diese Herabwürdigung zu protestieren hatte keinen Sinn, das wusste ich, weil ich von zu Hause keine Unterstützung bekam. Meine kindliche Liebe zur Lehrerin war brutal abgewürgt. Mit dem Kummer war ich allein. Der Knabe erkannte, auch schöne Frauen können Böses tun.

Der kleine Haken im Verhalten der jungen Lehrerin lag vermutlich in der Lehrerausbildung. Diese war sehr kurz nach der NS-Zeit und möglicherweise noch von der selbigen beeinflusst. Hinzu kam das Flüchtlingsproblem. Die Integration von Millionen deutscher Flüchtlinge war für alle eine große Belastung. Diese sollten keinen Dialekt sprechen, sondern kulturelle Mindeststandards einhalten. Dazu gehörten das Hochdeutschsprechen und die Verwendung hochdeutscher Begriffe. Diesem Mindeststandard an Bildung hatte ich nicht genügt.


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  • Autor: Wolfram Stratmann, im November 2025
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