Unterwegs als Kundendienst-Monteur
ich lerne Deutschland kennen
Auf Montage im Westen und Süden
Besonders umständlich mit dem Einlass war es im Bayerwerk in Leverkusen. Erst sollten wir schon Wochen vorher alle wichtigen Angaben zur Person schriftlich einreichen. Als wir dann vor Ort waren, saßen wir noch kleine Ewigkeiten in einem Warteraum, bis unsere Personalien überprüft waren. Als wir dann drinnen waren und im Nebenraum einer Werkshalle unsere Arbeit machten, konnten wir beobachten, wie die Werksbahn durch ein weit geöffnetes Tor rein und raus fuhr und auf den Güterwagen verschiedene Bahnarbeiter mitfuhren. Neben dem Tor stand ein älterer Mann vom Werksschutz gelangweilt herum und schien sich nicht im Geringsten darum zu kümmern, wer da mitfuhr.
Nicht ganz so schlimm war es bei VW in Wolfsburg, aber immer noch nervig. Es muss wohl Anfang 1974 gewesen sein, als wir mal wieder in dem Werk tätig waren. Aus den Fenstern des Schulungsraums konnten wir in eine Ausstellungshalle sehen. Da fiel uns auf, dass neben den schönen Rundungen der Käfer auch Autos in eckiger Form standen, wie wir sie von Ford, Opel oder Mercedes kannten. Nun, später im Jahr wurde der VW-Golf in der Öffentlichkeit präsentiert. Einen kleinen Spaß machten wir uns gerne mit dem Werksschutz beim Ein- und Auschecken. Wenn unser Fahrzeug beim Einfahren gewogen wurde, stieg einer von uns aus und stellte sich neben die Waage, beim Verlassen des Werkes blieben wir dann beide im Wagen sitzen, was immer wieder zu aufgeregtem Palaver und einer gründlichen Besichtigung des Fahrzeugs führte.
Ein schönes Wochenende hatten wir auch in Konstanz am Bodensee. Den Sonntag nutzten wir zu einer Besichtigung der Insel Mainau. Das Schloss und die Kirche haben wir besichtigt und durch einen Teil der wunderschönen Gärten sind wir geschlendert. Aber an einem Tag kann man gar nicht alles sehen. Am Abend waren wir noch in Konstanz an der Uferpromenade, wo ein Orchester für Stimmung sorgte. Am Montag nahmen wir dann die Fähre, um nach Friedrichshafen zu kommen, wo unsere Tour weiterging. Auf der Fähre gab es schmackhafte Weißwürste mit süßem Senf und Salzbrezeln.
Einmal parkte ich mit unserem Wagen vor dem Schuleingang, während mein Kollege nach dem Hausmeister suchte. Als er wieder herauskam, setzte er sich in das Auto und sagte, dass wir auf die andere Seite des Gebäudes müssten. Rückwärtsgang rein und – es krachte und knirschte. Da hatte sich eine Lehrerin mit ihrem VW genau mittig dicht hinter unser Fahrzeug gestellt, sodass es in den Rückspiegeln nicht zu sehen war. Zu einem anderen Zwischenfall kam es in Tuttlingen. Es hatte gerade angefangen zu schneien und die Straße war richtig schön schmierig. Als ich an einer Ampel bremste, scherte das Fahrzeug ganz leicht zur Seite aus und es gab eine klitzekleine Berührung mit dem danebenstehenden Mercedes. Besonders ärgerlich war,dass der angerempelte Wagen gerade aus dem in Sichtweite befindlichen Autohaus kamund ganz neuwar. Später am Abend konnte ich mein schlechtes Gewissen dann etwas beruhigen, als wir in der Dunkelheit bei inzwischen heftigem Schneefall auf der Landstraße einer Frau beim Radwechsel behilflich sein konnten.
Von Bischhofswiesen nach Berchtesgaden kamen wir durch ein Tal mit vielen Ahornbäumen, deren Blätter in ihrem kräftigen Rot leuchteten. Es stand wieder ein Wochenende an, das wollten wir dieses Mal in Berchtesgaden verbringen. Von dort aus machten wir einen Ausflug an den Königssee und mit dem Schiff nach Sankt Bartholomä. Auf der Überfahrt hielt das Boot natürlich vor der Echowand an und es wurde mit der Trompete ein spezielles Echolied gespielt. Dafür ist ein ganz bestimmter Abstand zwischen Wand und Schiff erforderlich. Außerdem besuchten wir das Berchtesgadener Salzbergwerk. Hier waren die langen Rutschen eine besondere Gaudi.
Am Montag machten wir uns von Berchtesgaden aus auf den Weg nach Passau. Die Bundesstraße macht dort einen riesigen Bogen über Bad Reichenhall, hier wollte ich etwas abkürzen und fuhr über Nebenstraßen weiter. Die kleine Straße führte schließlich in den Wald, aber die Richtung stimmte noch. Zwischen den Bäumen hindurch war schon die Bundesstraße zu sehen, die uns weiterführen sollte, da kamen wir an einem Schild vorbei, worauf stand: Achtung! Sie verlassen das Staatsgebiet Österreich
. Na, da hatten wir ja Glück, dass uns keiner erwischt hat. Ein Schild, dass wir die Bundesrepublik Deutschland verlassen, hatten wir nirgends gesehen.
Unserer Betriebsleitung kam die Idee, dass die Büromitarbeiter, die mit dem Vertrieb und dem Kundendienst zu tun hatten, doch mal einen Einblick bekommen sollten, wie es draußen mit den Kunden so zugehen würde. So bekam ich mehrere Wochen lang jeweils einen Mann aus dem Büro zugeteilt. Bei Fahrtantritt reichte ich ihm die Hand, nannte meinen Vornamen und schlug für die nächste Arbeitswoche vor, dass wir uns duzen. Damit einverstanden, wollte auch nach der Woche niemand das Du
wieder zurücknehmen. Schon bald meldeten sich auch einige Damen der Abteilung und wollten auch so eine Bildungsreise
mitmachen. Daraus wurde aber nichts.