Unterwegs als Kundendienst-Monteur
ich lerne Österreich kennen
Die Filiale in Österreich
Eine Vertriebsfiliale in Österreich wurde 1973 eingerichtet. Das wollte ein Mann aus dem Büro machen, der mit seiner Familie dort hingezogen war und als Betriebsleiter dort blieb. Ich sollte für ein paar Monate mit, um das neu einzustellende Personal einzuarbeiten. Aus den paar
Monaten wurden sieben Monate. Um das Büro und den Lagerraum einzurichten, kamen ein paar Schlosser aus dem Werk für kurze Zeit mit nach Grödig bei Salzburg. Das Gebäude war einmal ein Kino gewesen. Gleich gegenüber war der Metzger, wo es einen wunderbaren Leberkäse gab. In dem ehemaligen Zuschauerraum wurde das Lager eingerichtet und das Büro fand im früheren Foyer seinen Platz. Für mich war als Unterkunft ein Zimmer in dem schönen und für den Ort recht großen Hotel an der Hauptstraße reserviert. Ich glaube, es hieß Haus Hubertus
. Das Zimmer war die ganzen sieben Monate durchgehend für mich da, auch wenn ich mit den Leuten kreuz und quer in Österreich unterwegs war und an den unterschiedlichen Orten ja ebenfalls ein Zimmer brauchte.
Als Firmenwagen wurde hier ein Ford englischer Bauart angeschafft. Aber natürlich mit links befindlicher Lenkung. Das Gefährt machte einen robusteren Eindruck als die gleichen Wagen, die ich aus Deutschland kannte. In der ersten Zeit bin ich nach Feierabend und an den Sonntagen oft mit meinem privaten Opel Kadett Coupé nach Salzburg gefahren, um die Mozart-Stadt
kennenzulernen. Schloss, Kirchen, Dom besichtigen und die vollkommen überfüllten Gassen zu erkunden. Um eine Mahlzeit einzunehmen, war es mir hier zu voll. Da bin ich dann häufig nach Anif gefahren, auf halbem Weg zwischen Salzburg und Grödig. Dort hatte ich ein sehr schönes Restaurant ausfindig gemacht, das sich ganz in der Nähe des Hauses von Herbert von Karajan befand.
Auf einer der ersten Fahrten in Österreich wollten wir nach Graz. Der Weg führte uns über die Hohen Tauern, hier bewegten wir uns entlang der Dreitausender-Berge. Nach Überqueren einer Passhöhe sah ich unter uns einen sehr großen See, dessen Oberfläche nur leicht gekräuselt war. Ich schaute in die Landkarte, aber da war weit und breit kein See eingezeichnet. Ich grummelte verwundert vor mich hin und guckte und suchte. Meine beiden ortskundigen Begleiter, Dieter und Franz, schmunzelten, sagten aber nichts. Als wir tiefer kamen, erkannte ich, dass der See
eine geschlossene Wolkendecke war, die das ganze Tal überdeckte. Ein anderes Mal führte der Weg uns in die Nähe des Gotthard, wo am Straßenrand selbst im Sommer der Schnee noch meterhoch lag.
In einem kleinen, weit abgelegenen Dorf mit einer recht steilen Straße war sogar eine Schule. Am Abend logierten wir in dem einzigen Gasthaus. Wir hatten uns gerade das einzig angebotene Essen bestellt, als drei sehr hagere Männer hereinkamen. Die Arme und Beine schienen nur aus Sehnen und Muskeln zu bestehen. Es waren wohl Vater und Söhne, sie quetschten sich in eine Ecke auf die Bank und verlangten anen Moscht
, und bekamen jeder einen Becher Wein. Uns wurde das Essen gebracht, eine ganze Schüssel Gemüse, Kartoffeln und dazu ein dickes Schnitzel, das den ganzen Teller bedeckte. Die drei Burschen verfolgten jeden Bissen, den wir machten. Als wir etwa die Hälfte gegessen hatten und reichlich satt waren, besprachen wir uns kurz und gaben den Männern in der Ecke ein verständliches Handzeichen, sich den üppigen Rest nehmen zu könnten. Die beiden Jüngeren kamen schnell an unseren Tisch und holten sich das gute Essen samt unserer Bestecke. So schnell konnten wir gar nicht gucken, hatten sie alles restlos verspeist. Am Morgen wurden wir recht früh durch die Sonne geweckt und hörten ein kratzendes Geräusch. Als wir aufstanden und aus dem Fenster sahen, entdeckten wir an der hölzernen Hausverkleidung die vielen kleinen Löcher, aus denen die Holzwürmer fleißig die Späne warfen.
Auch in Wien gab es für uns was zu tun. Doch als wir dort am späten Nachmittag ankamen, fuhren wir erst einmal in den Prater. Es war ein regnerischer grauer Tag und der Betrieb dort war sehr mäßig, es machte keinen richtigen Spaß. Die Zimmersuche war auch nicht besonders ergiebig. In einem alten Kasten, nicht weit vom Prater wurden wir aber fündig. Über einem Torbogen bekamen wir ein großes, leicht schmuddeliges, Dreibettzimmer. Als es dunkel wurde, fing auf dem Hof, zu dem man durch den Bogengang gelangte, ein munteres Treiben an. Das Haus auf der anderen Hofseite hatte seine schrille Beleuchtung angeschaltet, davor stöckelten einige Damen in dürftiger Bekleidung hin und her.
In Seefeld kamen wir gegen 23 Uhr an. In einem Wirtshaus erkundigten wir uns nach einem Quartier. Ein Gast bot uns bei sich zu Hause ein Zimmer an. Der Preis für die halbe Nacht sollte 150 Schillinge betragen. Der Sommer ging dem Ende entgegen, im Burgenland hatte die Weinlese begonnen und es gab den ersten Heurigen. Obwohl ich sonst überhaupt keinen Wein trinke, hatte ich an dem Abend doch einige Gläser zu mir genommen und die Augenlider wurden schwer. Auf weichen Beinen wankte ich ins Bett, aus dem ich aber gleich wieder raussprang, um schnellstens auf die Toilette zu kommen, um es dort dem Reiher nachzumachen. Irgendwann kam ich dann doch zur Ruhe und habe geschlafen, bis gegen drei Uhr jemand auf der Straße randalierte und rumschrie, in übelster Weise Unflätigkeiten von sich gab. Das ging so etwa eine Stunde lang, dann war endlich Ruhe. Beim Frühstück hörten wir dann, das der Randalierer der Landeshauptmann gewesen ist, was in Deutschland dem Ministerpräsidenten entspricht.
In Grödig hat sich den ganzen Sommer über an den Wochenenden einiges getan. Der Untersberg ist von Grödig aus immer zu sehen. An einem schönen warmen Sonntag fuhr ich in den Nachbarort St. Leonhard, hier befindet sich die Talstation der Seilbahn, mit der ich 1.320 Meter weiter nach oben wollte. Zu der morgendlichen Zeit waren es schon etwa 25°C. Na, ich hatte der Wärme entsprechend eine leichte Hose, Hemd und eine leichte Sommerjacke an, dazu meine Turnschuhe. An der Station standen schon einige Mitfahrer in der Warteschlange. Ich wunderte mich etwas über deren Bekleidung. Feste Bergschuhe, warme Hosen und Hemden, darüber dicke Joppen. Na, die wollen bestimmt dort oben wandern und eventuell auf die Gipfel, 1.853 und 1.972 ü.d.M. Die Gondel brachte uns schnell nach oben. Kaum war ich ausgestiegen, da wehte mir schon ein empfindlich kalter Wind entgegen. Die Hütten, in denen man etwas zu sich nehmen konnte, waren mir alle zu voll. Ich wollte ja auch etwas von der schroffen Bergwelt sehen. So bummelte ich die ausgetretenen Wege entlang. Und richtig, etliche der Leute machten sich festen Schrittes auf den Weg Richtung Gipfel. Da berührte mich etwas Feuchtes und schnell fing es kräftig an zu schneien. Da habe ich aber gesehen, dass ich zurück zur Seilbahn kam und meinen Bergausflug beendet.
Mal wieder auf dem Weg nach Salzburg, auf der großen Kreuzung bei Anif, ich hatte grün, links standen ein paar Abbieger, aber ich wollte geradeaus. Da tauchte, von links kommend, die lange Kühlerhaube eines Oldtimers auf, der jedem Automuseum zur Ehre gereicht hätte. Meine Vollbremsung hat nicht ganz gereicht und ich landete in dem wunderbaren Wagen. Den beiden Insassen, zum Wagen passend gekleidet, und auch mir ist nichts passiert. Aber das schöne Fahrzeug war recht stark beschädigt. An meinem Wagen waren nur ein paar leichte Beulen und ich konnte weiterfahren, nachdem die Gendarmerie alles geregelt hatte.