Corona-Chronik, Juni 2021
Die Chronik dieser Pandemie hier zum Nachlesen in gesammelten Pressemeldungen.
UN: Knapper Impfstoff verhindert Tourismuserholung weltweit
Die schleppenden Corona-Impfkampagnen in vielen Ländern machen eine schnelle Erholung vieler Tourismusregionen zunichte. Betroffen sind vor allem ärmere Länder, wie die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) und die UN-Tourismusorganisation (UNWTO) am Mittwoch berichteten. Im vergangenen Jahr haben demnach direkte und indirekte Folgen des Tourismuseinbruchs das Bruttoinlandsprodukt - die Produktion von Waren und Dienstleistungen nach Abzug aller Vorleistungen - weltweit um schätzungsweise 2,4 Billionen Dollar (etwa zwei Mrd Euro) geschmälert.
Nach UNWTO-Angaben waren international etwa eine Milliarden weniger Touristen unterwegs als im Jahr davor, ein Einbruch von 73 Prozent. Auch in diesem Jahr sei im Vergleich zu 2019 ein Minus von 1,7 bis 2,4 Billionen Dollar zu befürchten - vor allem, wenn das Impftempo in Ländern mit niedrigen Einkommen nicht rasch anziehe. Entsprechend litten diese Länder am meisten, während die Erholung in reichen Ländern mit hohen Impfraten - etwa Frankreich, Deutschland, die Schweiz, Großbritannien und die USA - schneller komme.
Allerdings dürften frühestens 2023 wieder so viele Touristen international unterwegs sein wie vor der Pandemie, so die Organisationen. Viele Länder haben ihre Reisebeschränkungen noch nicht aufgehoben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von Impfnationalismus in reichen Ländern und moralischem Versagen. Einige Regierungen hätten einen Großteil des knappen Impfstoffs aufgekauft statt sich einer solidarischen Verteilung in aller Welt anzuschließen. dpa
Dänemark kauft mehr als eine Million Impfdosen von Rumänien
Dänemark hat mit Rumänien eine Vereinbarung über den Kauf von mehr als 1,1 Millionen Dosen des von Biontech und Pfizer entwickelten Corona-Impfstoffs getroffen. Das teilte das dänische Gesundheitsministerium am Dienstagabend in einer Pressemitteilung mit. Der Kauf werde möglich, weil die Impffreudigkeit in Rumänien zurzeit nicht sehr groß sei und das Land deshalb seine überschüssigen Impfdosen verkaufen wolle, sagte Gesundheitsminister Magnus Heunicke.
Das Staatliche Serum-Institut rechnet damit, dass die ersten Lieferungen möglicherweise bereits diese Woche kommen. Mit den aus Rumänien gekauften Impfstoffen können schnell mehr Dänen geimpft werden
, so Heunicke. Das sei nicht zuletzt jetzt wichtig, da sich die ansteckendere Delta-Variante immer mehr ausbreite. dpa
Immer mehr Menschen von Post-Covid-Syndrom betroffen
Tausende Patientinnen und Patienten in Deutschland leiden nach einer Covid-19-Erkrankung an Langzeitfolgen. Allein bei der zweitgrößten deutschen Krankenkasse, der Barmer, waren zwischen November 2020 und März 2021 mehr als 2900 Versicherte von Long- oder Post-Covid betroffen, wie eine Auswertung von Versichertendaten der Kasse zeigt, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer, geht davon aus, dass vielen Betroffenen wegen der uneinheitlichen Symptome nicht bewusst sei, dass sie unter Long-Covid leiden. Nicht immer sei leicht erkennbar, wann die akute Virusinfektion aufhöre und die Langzeitfolgen anfingen, betonte Marschall. Erst seit Januar 2021 könne Post-Covid auch als Erkrankung offiziell im Abrechnungssystem der Ärzte codiert werden.
Von den Barmer-Versicherten, die von Januar bis März 2021 zunächst wegen Corona krankgeschrieben waren, waren mindestens 6,3 Prozent anschließend wegen Post-Covid arbeitsunfähig. Post-Covid-Syndrome treten der Barmer-Erhebung zufolge bei Frauen häufiger auf als bei Männern. dpa
Zahl der Arbeitslosen sinkt deutlich
Auf dem Weg aus der Corona-Pandemie ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland so stark gesunken wie seit zehn Jahren nicht mehr in einem Juni. Im Vergleich zum Mai sank die Zahl der Menschen ohne Job deutlich um 73.000 auf 2,614 Millionen, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch mit. Das sind 239.000 Arbeitslose weniger als im Juni 2020. Die Arbeitslosenquote sank bundesweit im Vergleich zum Mai um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ergibt sich sogar ein Minus von 0,5 Punkten.
Die Unternehmen reduzierten weiter die Kurzarbeit und suchten wieder verstärkt nach Personal, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele. Für die Monatsstatistik hat die Bundesagentur Daten bis zum 14. Juni berücksichtigt.
Bei der Kurzarbeit habe sich ein spürbarer Rückgang ergeben, hieß es von der Bundesagentur. In der Zeit vom 1. bis 24. Juni habe es lediglich noch neue Anzeigen für 59.000 Personen gegeben. Meist wird für weniger Personen Kurzarbeit tatsächlich in Anspruch genommen als angezeigt. Daten für die tatsächlich realisierte Kurzarbeit liegen der Bundesagentur nur bis zum April vor. In diesem Monat wurde Hochrechnungen zufolge für 2,34 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt. In der Spitze waren es im April 2020 fast sechs Millionen. dpa
Portugal und Russland sind Virusvariantengebiete
Wegen der starken Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus sind Portugal und Russland seit Dienstag um Mitternacht als Virusvariantengebiete eingestuft. Damit gilt ein weitgehendes Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bus- und Bahnunternehmen. Sie dürfen nur noch deutsche Staatsbürger und Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland über die Grenze bringen. Für diejenigen, die einreisen dürfen, gilt eine strikte 14-tägige Quarantänepflicht, die nicht durch einen Test verkürzt werden kann und auch für vollständig Geimpfte und Genesene gilt.
Mit Portugal wird erstmals seit Wochen wieder ein EU-Land in die höchste Risikokategorie eingestuft. Die Entscheidung trifft auch deutsche Touristen. Die besonders beliebte Küstenregion Algarve war bisher noch nicht einmal in die niedrigste Risikokategorie eingestuft.
Mit der Einstufung Portugals und Russlands steigt die Zahl der Virusvariantengebiete von 14 auf 16. In Europa ist sonst nur noch Großbritannien betroffen. Die anderen Virusvariantengebiete liegen in Asien, Afrika, und Lateinamerika. dpa
Rund zehn Millionen Australien im Lockdown
Mit Brisbane und Perth gelten in Australien ab Dienstag nun in vier Metropolen wieder Lockdowns zur Eindämmung des Coronavirus. Das sind harte Entscheidungen
, sagte die Regierungschefin des Bundesstaats Queensland, Annastacia Palaszczuk. Damit sind nun insgesamt rund zehn Millionen Menschen in Australien und damit mehr als ein Drittel der Bevölkerung von den weitreichenden Maßnahmen betroffen.
Die Beschränkungen sollen in Brisbane zunächst drei Tage lang gelten, in Perth vier Tage. Wir haben Lockdowns in Großstädten, weil Einreisende aus Übersee das Virus hierher bringen
, sagte Palaszczuk. Brisbane ist die Hauptstadt des in Nordostaustralien gelegenen Bundesstaats Queensland, Perth liegt an der Westküste. Zuvor waren Lockdowns bereits in den Metropolen Sydney und Darwin verhängt worden.
Australien hat die Ausbreitung des Coronavirus seit Beginn der Pandemie mit Grenzschließungen und strengen Quarantäne-Regeln weitgehend eindämmen können. Gesundheitsexperten gehen jedoch davon aus, dass es immer wieder Ausbrüche geben wird, solange nicht die Mehrheit der Einwohner geimpft ist. Bisher wurden in Australien 7,4 Millionen Impfdosen verabreicht, aber laut Medienberichten sind weniger als fünf Prozent der 25 Millionen Einwohner zwei Mal geimpft. AFP
Luftfahrtbranche warnt vor Chaos rund um EU-Impfpass
Europas größte Fluggesellschaften und Airports warnen vor Chaos rund um den EU-Impfpass. Das digitale Zertifikat, mit dem Reisende über einen QR-Code eine Voll-Impfung, eine überstandene Covid-19-Erkrankung oder einen negativen Corona-Test nachweisen können, soll von Donnerstag an für Reisen innerhalb der EU gelten. Doch ein Flickenteppich an Regelungen für die Kontrollen gebe Anlass zur Sorge, schrieben der Flughafen-Verband ACI und Airline-Branchenorgansiationen wie IATA in einem Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs.
Angesichts des steigenden Passagieraufkommens in den kommenden Wochen ist das Risiko von Chaos an europäischen Flughäfen real.
Die Verbände fordern, die Kontrolle der QR-Codes und die Erfassung von Passagieren zur Kontaktnachverfolgung müsse schon vor den Flughäfen geschehen. Reuters
Ausbreitung der Delta-Variante:
Behörden verhängen zweiwöchigen Lockdown über Sydney
Einschränkungen für mehr als fünf Millionen Menschen: Wegen der Ausbreitung der Delta-Variante wird der Großraum Sydney abgeriegelt. Die Behörden rechnen mit steigenden Fallzahlen. Auch in Russland spitzt sich die Lage zu. Australiens größte Stadt Sydney wird wegen der Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus abgeriegelt. Nach einem Lockdown für Teile der Stadt weiteten die Behörden am Samstag die Maßnahme auf den Großraum Sydney sowie umliegende Regionen aus. Mehr als fünf Millionen Menschen sind von den Einschränkungen betroffen.
Ab 18.00 Uhr (Ortszeit) werden der gesamte Großraum Sydney, die Bergregion Blue Mountains sowie die nahe gelegenen Küstengemeinden abgeriegelt, kündigte Gladys Berejiklian, die Regierungschefin des Bundesstaates New South Wales, an. Wir müssen uns auf eine potenziell große Anzahl von Fällen in den folgenden Tagen einstellen
, fügte sie hinzu.
Ein Großteil der fünf Millionen Einwohner von Sydney durfte bereits seit Mittwoch die Stadt nicht mehr verlassen, um eine Verbreitung des Virus in andere Gebiete zu verhindern. Die Menschen sind aufgefordert, in den kommenden zwei Wochen nur für notwendige Besorgungen, medizinische Dienstleistungen und Sport aus dem Haus zu gehen.
Der jüngste Ausbruch geht auf einen Fahrdienst zurück, der vor rund zwei Wochen die Besatzung eines Flugzeuges in ein Quarantäne-Hotel brachte. Die Behörden haben seither 180 Corona-Fälle registriert.
Australien hat die Corona-Infektionen mit Grenzschließungen und strengen Quarantäne-Regeln weitgehend eingedämmt. Insgesamt zählten die Behörden seit Pandemiebeginn mehr als 30.000 Corona-Fälle, 910 Menschen starben. Gesundheitsexperten glauben jedoch, dass es weitere Ausbrüche geben werde, solange nicht die Mehrheit der Australier geimpft ist. Bisher wurden unter den 25 Millionen Einwohnern Australiens rund 6,7 Millionen Dosen verabreicht. Nur ein Bruchteil der Australier hat eine zweite Dosis erhalten.
Auch in Russland steigen die Fallzahlen
In Russland spitzt sich die Corona-Lage weiter zu. Am Samstag meldeten die Behörden 21.600 Neuinfektionen innerhalb eines Tages, so viele wie seit Anfang des Jahres nicht mehr. Mit 8400 neuen Fällen ist die Situation in Europas größter Stadt Moskau besonders dramatisch. Zudem registrierten die Behörden 619 weitere Todesfälle, die meisten davon (107) in Sankt Petersburg, wo auch einige Spiele der Fußball-Europameisterschaft ausgetragen werden.
Nach Angaben von Gesundheitsminister Michail Muraschko sollen nun 2,5 Millionen Dosen des russischen Impfstoffs Sputnik Light
ausgeliefert werden, wie die Agentur Interfax meldete. Das Vakzin ist etwa als Auffrischungsimpfung gedacht. Russland verfügt seit Monaten über mehrere eigene Vakzine.
Für Reisende nach Deutschland sollen wegen der Corona-Lage in Russland massive Einschränkungen gelten. Dem Robert Koch-Institut zufolge wird neben Russland auch Portugal am Dienstag als Virusvariantengebiet eingestuft, was ein weitreichendes Beförderungsverbot und strikte Quarantäneregeln zur Folge hat.
Söder gegen weiteren Lockdown
Wegen der ebenfalls angespannten Lage in Großbritannien hat SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zudem ein Reiseverbot für Briten in der Europäischen Union gefordert. Es ist komplett unverständlich, warum es keine harten EU-weiten Einreisebeschränkungen für Reisende aus Großbritannien gibt
, sagte Lauterbach der Bild
-Zeitung (Samstagsausgabe). Angesichts der dramatischen Corona-Entwicklung im Vereinten Königreich mitten in der Hauptreisesaison wäre ein Reise-Embargo aus dem Vereinigten Königreich nach Europa ratsam.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat sich derweil gegen einen weiteren Lockdown ausgesprochen, sollten die Infektionszahlen in Deutschland wieder steigen. In einer denkbaren vierten Welle mit der Delta-Mutation muss es neue Instrumente geben
, sagte der CSU-Politiker dem Münchner Merkur
(Samstagausgabe). Wir müssen bei einem Anstieg nicht sofort wieder zur klassischen Notbremse greifen, also automatisch Geschäfte und Gastronomie schließen.
Die Gefahr sei nun wegen der fortschreitenden Impfungen eine andere, denn die Delta-Variante greife weniger die Älteren an, sondern eher Schüler und Studenten. Wir müssen deshalb die Schulen besser vorbereiten.
Außerdem forderte er mehr Tempo beim Impfen. AFP/dpa/Reuters/jant.
Johnson & Johnson und Astrazeneca bleiben in Dänemark außen vor
Die Corona-Impfstoffe von Johnson & Johnson und Astrazeneca werden in Dänemark auch weiterhin aus der nationalen Impfkampagne herausgehalten. Man könne die beiden Präparate auch nach erneuter Überprüfung nicht für einen Einsatz in Dänemark empfehlen, teilte die Gesundheitsverwaltung des Landes mit. Die Mittel werden deshalb weiterhin nicht im Rahmen des öffentlichen Impfprogramms angeboten.
Wegen deutlicher Verzögerungen bei der Impfkampagne hatte die dänische Regierung die Gesundheitsbehörden zuletzt gebeten, den Einsatzstopp für die beiden Mittel noch einmal zu überdenken. Dänemark hatte die Verwendung von Astrazeneca-Dosen Mitte März nach Berichten über seltene Fälle von Blutgerinnseln in Verbindung mit der Impfung zunächst gestoppt und den Wirkstoff Mitte April dann gänzlich aus dem Impfprogramm gestrichen. Ein ähnlicher Schritt folgte Anfang Mai für Johnson & Johnson. Stern.de
Delta-Variante: RKI erwartet Wiederanstieg der Inzidenzen
Das Robert Koch-Institut (RKI) geht in der Coronavirus-Pandemie von einem Wiederanstieg der Inzidenzen hierzulande durch die Delta-Variante aus. Delta sei noch ansteckender als Alpha, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Delta verbreitet sich also noch schneller, vor allem natürlich in der ungeimpften Bevölkerung. Daher müssen wir damit rechnen, dass künftig auch die Fallzahlen wieder steigen werden.
Im Moment lägen die bundesweiten 7-Tage-Inzidenzen mit 6,2 Prozent erfreulich niedrig. Grund dafür sei auch das verantwortungsbewusste Handeln der Bevölkerung. Lassen Sie uns diese niedrigen Inzidenzen verteidigen!
, appellierte Wieler.
In der zweiten Juni-Woche lag der Delta-Anteil nach den jüngsten RKI-Zahlen in Deutschland schon bei 15 Prozent. Wir gehen davon aus, dass er heute schon höher sein wird
, sagte Wieler. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann diese Variante die Hoheit übernehmen werde. Stern.de
CDU-Kanzlerkandidat Auswirkung von Delta nicht so groß? Aussage von Laschet sorgt für Kritik
Wenn trotz der Verbreitung der Delta-Variante die Inzidenz nicht steigt, sondern jede Woche immer weiter sinkt, scheint die Auswirkung nicht so groß zu sein.
Diese Aussage von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet bei einer Pressekonferenz sorgt für Kritik.
Die ansteckendere Delta-Variante des Coronavirus breitet sich in Deutschland weiter aus. Wochenlang hatten Berichte des Robert Koch-Instituts (RKI) mit Auswertungen von Stichproben keine merkliche Zunahme des Anteils von Delta erkennen lassen. Das hat sich nach Daten vom Mittwochabend geändert: Es zeigt sich darin eine Verdoppelung des Delta-Anteils im Wochentakt, auf rund 15 Prozent (Woche vom 7. bis 13. Juni). Damit stellt sich ein Tempo ein, das von Virologen befürchtet wurde.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet mahnt trotz einer niedrigen Inzidenz wegen der Delta-Variante zur Vorsicht, wie er am Mittwoch auf einer Landespressekonferenz in Düsseldorf sagte. Die Ausbreitung bereite Sorge, aber die Impfkampagne sei das Mittel dagegen.
Kritik von Politiker:innen an Laschets Äußerung
Alles was wir tun, muss verhältnismäßig sein. Irgendwann liegen wir bei null (bei den Inzidenzen, Anm. d. Red.). Da kann man nicht sagen:
, so Laschet. Dies sei auch verfassungswidrig. Man müsse vorsichtig sein, Delta im Blick haben, Wir liegen jetzt bei null. Es gibt zwar keine Inzidenzen mehr, es gibt zwar keine Verbreitung mehr, aber wir halten alle Grundrechtsbeschränkungen mal aufrecht, weil möglicherweise irgendwann doch etwas kommen könnte.
Das hält vor keinem Gericht standaber wenn trotz der Verbreitung der Delta-Variante die Inzidenz nicht steigt, sondern jede Woche immer weiter sinkt, scheint ja die Auswirkung nicht so groß zu sein.
Dieser letzte Satz lässt aufhorchen – und sorgt für Kritik. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Oberarzt der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienst Berlin schrieb: Während die Kanzlerin jederzeit CT-Werte & Viruslast-Konzentrationskurven erklärt, gibt es nach 1,5 Jahren Pandemie noch immer Politiker, die weder Latenzzeit, verdecktes Wachstum, noch saisonale Effekte verstanden haben. Laschet gehört zu diesen Politikern.
Die nordrhein-westfälische SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp kommentierte: Ausschweifende Gestik kann Ahnungslosigkeit nicht immer verbergen.
Andere Twitter-User:innen kommentieren die Aussage ebenfalls. Das ist dieselbe Logik wie …
, heißt es etwa. Ein anderer schreibt: Ich bin jetzt 3.000m ohne Fallschirm gefallen und mir ist nichts passiert, da kann der ja gar nicht so wichtig sein ...
Armin der Große wird uns aus jeder Krise herausführen, die er selbst nicht verstanden hat.
Die gehörlose Lippenleserin und Grünen-Politikerin Julia Probst bewertete die Körpersprache des Kanzlerkandidaten bei dieser Aussage: Ich weiß ja nicht, was Laschet da sagt, aber er scheint völlig davon überzeugt davon zu sein, dass er etwas richtig wiedergibt. Aber in Wahrheit sieht man an seiner Körpersprache, dass er keine Ahnung hat.
Die absolute Zahl an wöchentlichen Delta-Fällen hat laut RKI seit der 21. Meldewoche zugenommen, von etwa 270 auf rund 470 in der 23. Meldewoche. Insgesamt ist die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland tatsächlich weiter rückläufig und sehr niedrig. Das erklärt sich durch den deutlichen Rückgang der Ansteckungen, die von der noch dominanten Alpha-Variante (Anteil 74 Prozent) verursacht werden. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sieht in der Entwicklung keinen Grund zur Panik, hält Wachsamkeit aber für angebracht: Es könnte ein Kipppunkt sein.
Laschet hält an Öffnungskurs in NRW fest
Trotzdem wolle auch in Zukunft weitere Öffnungs- und Lockerungsschritte unternehmen, so Laschet. Du kannst im Ist-Zustand den Menschen nicht Rechte vorenthalten, wenn es den objektiven Grund dafür gar nicht mehr gibt
, so der CDU-Politiker. Wir werden in den nächsten Jahren mit Coronaviren leben müssen.
Auch die Schulen in NRW sollten nach den Sommerferien offenbleiben, obwohl er mit einem Anstieg der Corona-Fallzahlen im Herbst rechne. Der Bildschirm könne soziale Kontakte für Kinder und Jugendliche nicht ersetzen. Wir bereiten uns sehr genau für die Zeit nach den Sommerferien vor, so dass dann ein sicherer Schulstart beginnen kann.
An der Maskenpflicht in Schulen halte man bis zu Beginn der Sommerferien fest. Laschet machte außerdem klar, dass es keine Impfpflicht für Schüler:innen geben werde, womit das Land der Ständigen Impfkommission (Stiko) folge. Stern.de
Verstoß gegen die Corona-Regeln:
Britischer Gesundheitsminister tritt nach Kuss-Affäre zurück
Trotz strenger Abstandsregeln soll Matt Hancock eine Mitarbeiterin umarmt und geküsst haben. Damit verstieß er gegen seine selber aufgestellten Regeln.
Nach Berichten über eine Affäre mit einer engen Mitarbeiterin ist der britische Gesundheitsminister Matt Hancock zurückgetreten. Wer die Corona-Regeln aufstelle, müsse sich erst recht daran halten, sagte der konservative Politiker in einem Video, das am Samstagabend veröffentlicht wurde. Der 42-Jährige hatte am Freitag zugegeben, Abstandsregeln verletzt zu haben. Einen Rücktritt lehnte er zunächst aber ab. Seitdem war der Druck ständig gewachsen.
Der konservative Premierminister Boris Johnson nahm den Rücktritt an. Hancock könne stolz sein auf das, was er vor und während der Pandemie erreicht habe. Zum Nachfolger ernannte Johnson den 51-jährigen Sajid Javid, der im Februar 2020 im Streit mit dem Premier als Finanzminister zurückgetreten war.
Die Zeitung The Sun
hatte am Freitag Bilder veröffentlicht, die zeigen, wie der verheiratete Minister eine Frau umarmt und küsst. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen galten strenge Abstandsregeln zu Mitgliedern fremder Haushalte, die Hancock selbst aufgestellt hatte.
Die Opposition fordert zudem eine Untersuchung, ob der Minister seine mutmaßliche Geliebte, die ebenfalls verheiratet ist, vor Beginn der Affäre eingestellt hat oder erst danach. Hancock gilt als Gesicht der britischen Regierung in der Pandemie. Trotz zahlreicher Vorwürfe konnte er sich bisher im Amt halten. So hatte etwa ein Kumpel einen millionenschweren Auftrag zur Lieferung von Corona-Schutzausrüstung erhalten, obwohl er keine Erfahrung in diesem Gebiet hat. Nun aber musste Hancock doch seinen Rücktritt einreichen. Das letzte, das ich will, ist, dass mein Privatleben die Aufmerksamkeit von der zielstrebigen Konzentration ablenkt, die uns aus dieser Krise herausführt
, betonte der Ex-Minister. Er wolle nun bei seinen drei Kindern sein. dpa
Regierungsberater: Deutschland ist, denkt und handelt zu kompliziert
Angesichts der in der Corona-Krise aufgedeckten Missstände und Mängel in der staatlichen Verwaltung schlägt der Normenkontrollrat mutige Reformen vor. Jetzt sei eine gute Chance für eine grundlegende Verwaltungsreform, sagt der Vorsitzende des Beraterkreises, Johannes Ludewig, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
. Denn die Erinnerungen an die Probleme des Staates seien noch frisch, eine neue Bundesregierung komme demnächst ins Amt, ein neuer Koalitionsvertrag werde geschrieben.
In einem Positionspapier, das auf der Homepage des Rats veröffentlicht wurde, werden sogenannte gezielte Selbstreflexionen von Behörden im Normalbetrieb gefordert, außerdem regelmäßige Stresstests mit simulierten Krisensituationen. Nötig sei auch die Stärkung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Angeregt wird überdies ein unabhängiger Expertenrat als kontinuierlicher Mahner
. Weil die Aufmerksamkeit der Politik erfahrungsgemäß schnell nachlasse, müsse aber zugleich ein gewisser Selbstlauf
erreicht und eine nachhaltige Kulturveränderung eingeleitet werden.
Die Vorschläge gehen zum einen auf die Erfahrungen aus der Flüchtlingskrise zurück, die sich nach dem Eindruck des Rates während der Corona-Pandemie in Teilen wiederholt haben. Dazu schreibt Ludewig: Durch die Corona-Pandemie und die Flüchtlingskrise hat das Bild eines gut organisierten und gut regierten Landes in der Öffentlichkeit Risse bekommen. Deutschland ist, denkt und handelt zu kompliziert.
Der unabhängige, von der Regierung erstmals 2006 eingesetzte Nationale Normenkontrollrat soll den Bürokratieabbau vorantreiben. Das Gremium prüft unter anderem Gesetzentwürfe auf unnötige Bürokratiekosten und andere Folgebelastungen.
Im Zentrum steht dabei der so genannte Erfüllungsaufwand: Er umfasst den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten, die durch die Befolgung einer bundesrechtlichen Vorschrift bei Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung entstehen. dpa, AFP
Gesundheitspolitiker der Opposition für frühere Zweitimpfung
Angesichts der raschen Ausbreitung der Delta-Variante sprechen sich Gesundheitsexperten der Opposition für eine frühere Zweitimpfung aus. Bei mRNA-Impfstoffen (Biontech/Pfizer und Moderna) solle die Zweitimpfung gegen das Coronavirus bereits nach drei Wochen stattfinden, sagte Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen der Welt am Sonntag
. Es gebe harte Daten
, dass dies gegen die Delta-Variante sehr wirksam sei. Zu einer früheren Zweitimpfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca läge noch nichts vor.
Der FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss, Andrew Ullmann, sagte: Die Ständige Impfkommission sollte ihre Empfehlung zu den Impfintervallen überarbeiten und den Zeitpunkt der Zweitimpfung vorziehen.
Die Stiko empfiehlt bislang längere Zeitabstände zwischen den zwei Impfungen als möglich. Das hat Gründe: Bei Astrazeneca etwa steigt die Wirksamkeit bei längerem Abstand. Zudem sprach die Impfstoffknappheit dafür, zunächst möglichst viele Menschen zu versorgen.
Bei Astrazeneca lautet der bisherige Rat des Expertengremiums, zwölf Wochen zwischen erster und zweiter Dosis verstreichen zu lassen. Für die mRNA-Impfstoffe beträgt der empfohlene Abstand sechs Wochen. Laut Zulassung wären schnellere Impfserien möglich: zwei Biontech-Spritzen im Abstand von drei Wochen, bei Moderna und Astrazeneca im Abstand von vier Wochen. dpa
600 Schulabgänger infizieren sich bei Partys auf Mallorca
Auf Mallorca haben sich 600 Schulabgänger bei Partys mit dem Coronavirus infiziert. Die jungen Leute waren aus verschiedenen Landesteilen auf die Insel gereist, um das Schuljahresende und den Abschluss der Hochschulzugangsprüfungen zu feiern. 1.000 müssen nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Quarantäne. Einige der Teenager zeigten milde Krankheitssymptome. Reuters
Bayerischer Gesundheitsminister:
Strengere Kontrollen bei Urlaubsrückkehrern
Rückkehrer aus dem Sommerurlaub im Ausland sollen wegen der Delta-Mutation des Coronavirus bei der Einreise nach Deutschland strenger als im Vorjahr auf Impfausweise und negative Tests kontrolliert werden. Entscheidend ist, dass vor Einreise getestet wird und die Testnachweise an den Grenzübergängen und den Flughäfen nicht nur stichprobenartig kontrolliert werden
, sagt der bayrische Gesundheitsminister und Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Klaus Holetscheck (CSU), laut einem Vorabbericht der Bild am Sonntag
. Reuters
Täglich verzichten Zehntausende auf ihre Impfung – was steckt dahinter?
Der Impfkampagne gerät ins Stocken. In mehreren Teilen Deutschlands sinkt die Impfbereitschaft – trotz Delta-Variante.
Rasant breitet sich die Delta-Variante jetzt auch in Deutschland aus. Ihr Anteil hat sich binnen sieben Tagen mehr als verdoppelt. Innerhalb von zwei Wochen kletterte sie zudem laut Mutationsbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) von 3,7 auf 15 Prozent. Dass sie hierzulande die Oberhand gewinnt, gilt als sicher. Die Frage ist nur, wann.
Gegen dieses Grassieren der Delta-Variante setzt die Bundesregierung im Wesentlichen auf ein einziges Rezept: Impfen, Impfen, Impfen. Mit Blick auf die versprochenen Liefermengen rechnet Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) damit, dass bis Ende Juli/Anfang August wirklich jeder, der möchte auch seine erste Impfung bekommen hat
. Aber es schwingt eine große Sorge mit – je nach dem, wie hoch die Impfbereitschaft ist
.
Diese Sorge ist nicht unbegründet. Es mehren sich die Anzeichen, dass der Impfmotor tatsächlich ein wenig ins Stottern gerät. Das zeigt eine Tagesspiegel-Umfrage in den Gesundheitsministerien aller 16 Bundesländer zu ausgefallenen Impfterminen. Demnach liegt der Anteil gestrichener Impftermine zwischen einem und sechs Prozent. Bei deutschlandweit täglich mehr als 800.000 Impfungen fallen also an jedem Tag Zigtausende komplett aus.
Besonders viele Impfschwänzer gibt es offenbar in Mecklenburg-Vorpommern – hier schwanken die Terminabsagen zwischen 15 und 40 Prozent. Für die gibt es auch keine Ersatz-Impfwilligen. Was sind laut Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) die Gründe? Andere Termine bei den Hausärzten – oder aber die Urlaubszeit.
Zum Ferienbeginn zieht sich deshalb noch nicht bundesweit das große Schwänzen durch das Land, es zeigt sich aber eine leichte Tendenz zur Impfbummelei. Zu beobachten ist das etwa in Hessen, Rheinland-Pfalz, Bremen oder Sachsen.
Bundesländer mit vielen abgesagten Impfterminen:
- Beispiel Hessen:
Aktuell beläuft sich die No-Show-Rate, also die Rate der Termine, die in den Impfzentren schlicht nicht wahrgenommen werden, in ganz Hessen auf rund 20 Prozent
, teilt das Landesgesundheitsministerium dem Tagesspiegel mit. Es werde zwar dafür gesorgt, dass trotz dieser Anzahl an nicht wahrgenommenen Terminen keine Impfstoffe deswegen ungenutzt verworfen werden müssten. Wie viele es genau sind, kann das Ministerium aber nicht beziffern. - Beispiel Rheinland-Pfalz: 15 Prozent der Termine werden nicht wahrgenommen. Bis zu sechs Prozent fallen komplett aus.
- Beispiel Nordrhein-Westfalen: Der Anteil der nicht wahrgenommenen Termine lag laut Kassenärztlicher Vereinigung zuletzt bei sechs Prozent.
Auch in Bremen bewegt sich der Anteil der nicht wahrgenommenen Termine nach Angaben aus dem Haus von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich. Im Vergleich zu den vergangenen Monaten ist eine leichte Zunahme zu beobachten
, schreibt ihre Sprecherin. Mögliche Ursachen sind sehr wahrscheinlich Doppelbuchungen bei niedergelassenen Ärzt:innen und im Impfzentrum.
Doch in den Praxen läuft es ebenfalls nicht richtig rund. Gerade jetzt müssen wir aufpassen, den Schwung nicht zu verlieren
, beklagt Hausärztechef Ulrich Weigeldt. Er warnte vor einer Verlangsamung der Impfkampagne in den bevorstehenden Sommerferien: Dies wäre fatal
.
Kassenarztchef Andreas Gassen warnt bereits die Bevölkerung vor Leichtsinn: Die derzeit hohe Impfbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger darf nicht nachlassen. Wir dürfen nicht sorglos und damit leichtsinnig werden.
Schließlich besteht auch in den Praxen das Impfbummler-Problem. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung mahnt, wenigstens rechtzeitig abzusagen. Ansonsten verfallen nicht nur Terminoptionen, sondern unter Umständen müssen wertvolle Impfstoffe vernichtet werden
, schreibt ein KBV-Sprecher dem Tagesspiegel.
Zu einer solchen Situation kann es immer wieder auch in Sachsen kommen. Eine Stichprobe des Deutschen Roten Kreuzes zeigt, dass hier im Juni mehr als elf Prozent der Zweitimpfungen nicht wie geplant stattfanden – 5,5 Prozent fielen komplett aus. Die Impflinge sind trotz gebuchter Zweitimpftermine einfach nicht zu Ihrer Impfung erschienen.
Wer den zweiten Impftermin ausfallen lässt, gefährdet sich und seine Umgebung, weil die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht wird
, warnt Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Wer denkt, er kann sich seine zweite Impfung im Herbst holen, wenn es nötig ist, der täuscht sich, denn er ist bis dahin vor allem gegen eine Infektion mit der Delta-Variante relativ ungeschützt.
Köpping appelliert eindringlich
an die Menschen, sich die zweite Impfung geben zu lassen. Wir dürfen keine Termine ausfallen lassen.
Die schon fast flehenden Worte haben ihren Grund: Impfskepsis, Verschwörungsdenken und Regierungskritik sind einer repräsentativen Umfrage des Mercator Forums Migration und Demokratie an der Technischen Universität Dresden zufolge in Sachsen stark verbreitet. Der Anteil der impfskeptischen Personen im Freistaat liegt über dem Bundesdurchschnitt, nämlich bei 21 Prozent.
Wesentlich besser sieht die Situation in Hamburg oder in Baden-Württemberg aus. In der Hansestadt können die Verantwortlichen nicht beobachten, dass Impftermine in deutlich zunehmenden Maß ausfallen. Auch im Ländle ist der Anteil abgesagter Impftermine relativ gering
.
In Niedersachsen liegt die No-Show-Rate
bei vier Prozent, eine wesentliche Steigerung
sei nicht festzustellen. In Schleswig-Holstein liegt die Quote bei 3,3 Prozent. Als Spitzenreiter bei der Auslastung der Piks-Termine in den Impfzentren erscheint Berlin: Laut Senatsverwaltung wurden zwar 19 Prozent verschoben. Aber nur zwei Prozent sind überhaupt nicht erschienen.
Deutlich höher ist die Quote im Umland. In Brandenburg liegt sie bei fünf Prozent.
Als Gründe vermutet das Gesundheitsministerium:
- der Wunsch, sich in vertrauter Umgebung vom eigenen Hausarzt impfen zu lassen
- Sinkende Inzidenzen und Lockerungen der Maßnahmen
- die Hitzewelle der vergangenen Tage
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) schlägt daher vor, besonders Jugendliche mit niederschwelligen Impfangeboten zu erreichen. Impfen im Zelt, auf dem Dorfplatz oder im Stadtteil
, schlägt sie im Gespräch mit dieser Zeitung vor. Sie appelliert an die Jüngeren, die vielleicht denken: Jetzt ist endlich Partytime.
tgs, Fabian Löhe
Niederlande lockern Corona-Regeln weitgehend
Die Niederlande haben einen großen Schritt zurück zu einem öffentlichen Leben fast ohne Corona-Beschränkungen gemacht. Fast alle im Zuge der Pandemie eingeführten Maßnahmen sind seit Samstag wieder aufgehoben. Als zentrale Regel gilt nur noch der Sicherheitsabstand von 1,5 Meter. Wenn der - wie etwa in einer Disco - nicht eingehalten werden kann, ist Zutritt nur mit Test- oder Impfbeweis möglich. Die Regierung mahnte aber die Bürger weiterhin zur Vorsicht - auch im Blick auf die sich schnell verbreitende Delta-Variante des Virus, die als besonders ansteckend gilt.
Mehr als 15 Monate nach der erzwungenen Schließung öffneten bereits um Mitternacht in zahlreichen Städten Diskotheken und Nachtclubs wieder. Besucher konnten sich vor dem Eintritt testen lassen.
Auch für Gaststätten, Museen und Theater entfallen die Restriktionen. Und Fußballfans können ab sofort gemeinsam mit anderen die EM-Spiele auf Bildschirmen in Cafés und Kneipen anschauen. Auch andere Veranstaltungen sogar mit Zehntausenden Besuchern sind wieder möglich mit Test- oder Impfbeweis.
Auch die Maskenpflicht wurde fast vollständig aufgehoben. Nur in Bussen und Bahnen, auf Flughäfen sowie in Test- und Impfzentren müssen sie noch getragen werden.
Die Niederlande haben zur Zeit etwa 29 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner pro Woche. Mehr als 50 Prozent der Einwohner haben zumindest eine Impfdosis erhalten. Fast jeder Dritte ist vollständig geimpft. dpa
Vor allem Kinder infiziert; Israels Furcht vor Delta
Im jüdischen Staat galt dank einer effektiven Impfkampagne die Pandemie als überwunden, jetzt registriert Israel mehr als 100. Der Grund: die Delta-Variante.
Die Covid-19-Pandemie in Israel schien bereits Vergangenheit. Mit dem Maskenzwang in Innenräumen fiel vergangene Woche eine der letzten Einschränkungen zum Schutz vor dem Virus. Wie in Zeiten vor der Pandemie drängten sich die Menschen wieder maskenlos in überfüllten Bussen aneinander.
Doch die allgemeine Sorglosigkeit währte nur kurz. Am Samstag meldete das Gesundheitsministerium einen neuen Ausbruch des Virus in einer Schule in Binyamina, einer Kleinstadt nördlich von Tel Aviv.
Mindestens 45 Schüler wurden positiv auf das Virus getestet. Seitdem sind Neuinfektionen an weiteren Schulen bekannt geworden, darunter in Modiin im Zentrum des Landes. Seit Sonntag müssen Schüler und Lehrer in Binyamina und Modiin wieder Masken tragen.
Die neuen Ausbrüche des Virus haben eine Diskussion über Maskenzwang, Quarantäne und andere Maßnahmen wieder aufleben lassen, die zuletzt aus der Öffentlichkeit verschwunden war – viele hatten gehofft, für immer.
Dank seiner beispiellos effektiven Impfkampagne hatte Israel schon im Frühjahr etliche Beschränkungen aufheben können. Konzerte und Hochzeiten finden seit Monaten wieder statt, ab Anfang Juli sollen geimpfte ausländische Touristen ohne Probleme einreisen können.
Experten fordern rasche Gegenmaßnahmen
Auch der Covid-19-Impfpass, der seinen Trägern zu Beginn der Impfkampagne exklusiven Zugang zu Cafés, Theatern und Fitnessstudios gewährte, hat seit einigen Wochen kaum noch Bedeutung. Inzwischen dürfen auch Ungeimpfte sich wieder nahezu unbeschränkt bewegen.
Nun jedoch fordern mehrere Experten die Wiedereinführung mancher Maßnahmen. Hezi Levi, Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, empfahl am Sonntag der Bevölkerung, an überfüllten Orten wieder Maske zu tragen. Zudem sprach er sich dafür aus, Israelis, die verbotenerweise in Länder mit hohen Infektionsraten wie Russland oder Indien reisen, zu Strafzahlungen zu verpflichten.
Wir beobachten eine Krankheit, die zu großen Teilen aus dem Ausland kommt
, sagte er dem israelischen Nachrichtenportal Ynet. Wir haben die starke Vermutung, auch wenn es noch nicht definitiv feststeht, dass es sich um die Delta-Variante handelt.
Die sogenannte Delta-Variante, die wohl aus Indien stammt, gilt aus wesentlich ansteckender als andere bekannte Mutationen des Virus und verbreitet sich unter jungen Menschen.
Am Montag meldete Israels Gesundheitsministerium 125 Neuinfektionen an einem Tag, die höchste Zahl seit April. Am selben Tag veröffentlichte es eine Empfehlung, so schnell wie möglich Kinder ab zwölf Jahren zu impfen.
Schon Anfang Juni hatte Israel seine Impfkampagne auf diese Altersgruppe ausgeweitet; rund 20.000 Zwölf- bis 16-Jährige haben sich bereits immunisieren lassen. Nun will das Gesundheitsministerium die Geschwindigkeit der Kampagne erhöhen.
Ein Schwachpunkt scheint der internationale Ben-Gurion-Flughafen bei Tel Aviv zu sein. Offiziell sollen sich dort alle Einreisenden auf Corona testen lassen. Berichten zufolge wirkt die zuständige Firma mit der Aufgabe jedoch überfordert.
Um sich einen Überblick zu verschaffen und gewiss auch, die Bedeutung der Virusbekämpfung zu unterstreichen, hatte Ministerpräsident Naftali Bennett für Montagnachmittag einen Besuch am Flughafen angesetzt, in Begleitung der Minister für Gesundheit und Verkehr.
Zusätzliche Polizeikräfte sollen am Flughafen Einreisende kontrollieren
Bereits am Sonntag hatte er angeordnet, 250 zusätzliche Polizeibeamte dafür einzusetzen, die Quarantäne Wiedereinreisender aus Ländern mit hohen Infektionsraten zu kontrollieren. Außerdem sollen die Kapazitäten für Coronatests am Flughafen ausgeweitet werden.
Vor einem Jahr, damals in der Opposition, hatte Bennett die Regierung unter Benjamin Netanjahu für ihr oft erratisch wirkendes Pandemiemanagement scharf kritisiert.
Er machte konkrete Vorschläge zur Bekämpfung des Virus, gab Pressekonferenzen und zeigte sich derart gut informiert, dass eine führende israelische Wirtschaftszeitung ihn als leuchtendes Vorbild im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie
beschrieb. Nun als Ministerpräsident, muss Bennett beweisen, wie viel seine Ideen in der Praxis taugen. tgs, Mareike Enghusen
Ein halbes Jahr Corona-Impfung:
Rat zu dritter Spritze für Senioren
Aller guten Dinge sind drei: Ein halbes Jahr nach dem offiziellen Start der bundesweiten Corona-Impfkampagne am 27. Dezember geht es meist noch um die erste und zweite Spritze. Die Wissenschaft denkt schon weiter. Hochbetagte und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem brauchen nach Meinung vieler Experten bereits in diesem Herbst eine dritte Impfdosis. Für jüngere und gesunde Menschen seien Auffrischungsimpfungen dagegen noch kein Thema.
Wir müssen die nächste Phase beim Impfen jetzt schon andenken
, sagt Leif Erik Sander, Infektionsimmunologe an der Berliner Charité. Ich gehe davon aus, dass wir bei älteren Menschen, die zu Beginn dieses Jahres ihre Erst- und Zweitimpfung erhalten haben, eine nachlassende Immunantwort sehen werden.
Sander hält es für möglich, dass es ohne Auffrischungsimpfung im Winterhalbjahr zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen deshalb zu zusätzlichen Infektionen kommen könnte, einem gewissen JoJo-Effekt
, ergänzt er.
Das sieht Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, ganz genauso. Es ist überfällig, zu reagieren
, sagt er. Ich sehe aber weder bei Bund noch in den Ländern eine großangelegt Initiative zu diesem Thema. Als Grund vermute ich Sorge vor einer Verteilungsdiskussion.
Inzwischen ist gut die Hälfte der erwachsenen Bundesbürger einmal gegen Covid-19 geimpft, fast ein Drittel bereits zweimal. Bis zum Herbst und Winter würden sich aber vermutlich sogenannte Immunescape-Varianten durchsetzen, sagt Sander. Das sind Mutanten, gegen die bisherige Impfstoffe mitunter schlechter wirken. Dazu zählt zum Beispiel die Delta-Variante, die zuerst in Indien entdeckt wurde und deren Anteil am Infektionsgeschehen auch in Deutschland steigt. dpa
Sydney geht wegen Delta-Variante in den Lockdown
Die Innenstadt von Sydney sowie die östlichen Vororte der Stadt werden ab Freitag um Mitternacht für eine Woche in den Lockdown gehen. Wie die Premierministerin des Bundesstaates New South Wales, Gladys Berejiklian, mitteilt, versuche man so einen Ausbruch des hochansteckenden Delta-Variante des Coronavirus in der Stadt einzudämmen. Anwohner dürften ihre Häuser nur verlassen, wenn sie einen systemrelevanten Beruf hätten, für Lebensmitteleinkäufe, oder um Sport im Freien zu treiben. Am Freitag wurden in Sydney 22 Coronavirus-Fälle gemeldet, der höchste Anstiegt seit dem ersten Fall mit der Delta-Variante am vergangenen Mittwoch. Reuters
Hausärzteverband über hohe Absagequoten in Impfzentren besorgt
Der Deutsche Hausärzteverband ist besorgt über den fahrlässigen Umgang mit Impfterminen in großen Impfzentren. Die aktuellen Meldungen von abgesagten oder nicht in Anspruch genommen Terminen für die Zweitimpfung in Impfzentren machen deutlich, warum die Corona-Schutzimpfung in den hausärztlichen Praxen am besten aufgehoben ist
, sagte der Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt den Zeitungen der Funke Mediengruppe einem Vorabbericht zufolge. Die medizinische Notwendigkeit einer Zweitimpfung könne im persönlichen Gespräch mit dem Hausarzt besser erläutert werden als in der Anonymität von Impfzentren. dpa
Anteil binnen einer Woche mehr als verdoppelt:
Delta-Variante breitet sich jetzt auch in Deutschland rasant aus
Schlechte Zahlen vom RKI: Die Variante breitet sich aus. Lauterbach warnt: Im Herbst wird es eine 4. Welle geben, die besonders Kinder und Ungeimpfte trifft. Die in Indien entdeckte Deltavirus-Variante macht einigen Ländern auf der Welt zu schaffen. Darunter Großbritannien und Israel, zwei Länder, die es durch schnelle und erfolgreiche Impfkampagnen aus der Coronakrise geschafft zu haben schienen. Nun aber hat das Vereinigte Königreich erneut eine Inzidenz von 100 überschritten. In Israel verzeichnete man jüngst 100 Neuinfektionen pro Tag. Die Angst vor der Delta-Variante wächst auch dort. Und in Deutschland?
Die aus Indien stammende Delta-Variante wird allen Experten-Meinungen zufolge auf der gleichen Erfolgsspur durch Deutschland ziehen und aller Wahrscheinlichkeit nach im Herbst eine vierte Infektionswelle auslösen.
Wie schnell sie sich verbreitet und durchsetzt, wird von Medizinern und Gesundheitspolitikern aufmerksam beobachtet. Der aktuelle, am Mittwoch,23. Juni, veröffentliche 15. Bericht zu Virusvarianten von Sars-CoV-2 lässt wenig Gutes ahnen: Er zeigt die von Experten erwartete wöchentliche Verdoppelung des Delta-Anteils am Infektionsgeschehen. Es ist sogar noch mehr.
Bei 6,2 Prozent lag der Anteil der Delta-Variante in der letzten RKI-Veröffentlichung zu den Mutationen. Die Zahl bezog sich auf den Zeitraum von 31. Mai bis 6. Juni. In der Woche zuvor war noch ein Anteil von 3,7 Prozent am Infektionsgeschehen registriert worden. Und nun: 15 Prozent beträgt der Anteil der ansteckenden Virusvariante - eine sprunghafte Steigerung in der Zeit vom 7. bis 14. Juni.
Als gesichert gilt, dass diese deutlich ansteckender ist als alle anderen bekannten Varianten. Immer wieder werden zudem neue oder veränderte Virusvarianten entdeckt, deren Ausbreitung vom RKI genau beobachtet und deren Eigenschaften genau untersucht werden.
Jüngste Meldungen über die Delta-Variante aus der Bundesrepublik kamen aus Hessen. Dort verbreite sich die Variante besonders schnell, teilte der hessische Gesundheitsminister Kai Klose bei einer Pressekonferenz am Dienstag mit. "Wir haben doch deutliche Anzeichen, dass Delta auch in Hessen mittlerweile schon über 20 Prozent der Fälle dominiert", sagte er. Umso wichtiger sei es, sich so schnell wie möglich impfen zu lassen, appellierte der Grünen-Politiker.
Delta-Fallzahlen in Deutschland
Wie die Stuttgarter Zeitung
berichtet, breite sich die Delta-Variant auch im Südwesten rasant aus – allerdings auf geringem Niveau. Nach Angaben des Landesgesundheitsamtes vom Montag liege die Zahl dieser Variante (Stand 21. Juni, 16 Uhr) bei 368. In den vergangenen zwei Wochen belief sich ihr Anteil an allen gefährlichen Varianten auf 6,73 Prozent. In der ersten und zweiten Juni-Woche hatte sich der Prozentsatz noch auf 2,74 Prozent belaufen. Darin sind noch nicht einmal Zahlen enthalten, die nicht ganz sicher der Delta-Variante zugeordnet werden können.
Auch im Freistaat Bayern sei die Delta-Variante angekommen. Besonders stark betroffen sei München, wie der Münchener Merkur
berichtet. Es besteht immer die Gefahr, dass die Corona-Lage durch die Delta-Variante aus dem Ruder läuft
, sagte Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU). Die Zahl habe sich seit der vergangenen Woche verdoppelt. Da waren es noch 132 bestätigte Fälle, inzwischen sind es 229.
In Thüringen sind nach Angaben der Landesregierung bis Sonntagmittag bisher erst zwölf Fälle der Delta-Variante nachgewiesen, berichtet der MDR
. Auch nahe der Grenze zu Mittelsachsen seien laut Freie Presse
erste Delta-Fälle aufgetreten. In Nordrhein Westfalen ist die Delta-Variante ebenfalls im Kreis Unna angekommen. Bis Dienstagmittag wurden in dem östlich von Dortmund gelegenen Landkreis von insgesamt neun Fälle gezählt. Vor vier Tagen zählte man in Berlin bereits mehr als 150 Fälle. Und die Meldungen reißen nicht ab.
Drosten rät zu Blick nach England
Um Nachrichten wie beispielsweise jene aus Hessen künftig nicht täglich vermelden zu müssen, lohne sich laut Drosten vor allem der Blick nach England. So könne die Situation in Deutschland besser eingeschätzt werden. Zwar wolle er einen erneuten Anstieg der Fallzahlen in Deutschland weder voraussagen noch ausschließen, sagte Drosten nach einem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag in der Berliner Charité. Aber: Wenn es so sein sollte, dass im Juli die Fallzahlen wieder steigen, werden wahrscheinlich die Schulferien dann wieder eine Entspannung bringen
. Im Gegensatz zu Österreich und Deutschland hätten die Menschen in England von diesem Effekt aber nicht profitieren können.
Drosten sehe zudem für Deutschland auch die Möglichkeit eines anderen Verlaufs. Es könne sein, dass die Lage vorerst relativ konstant bleibe, sagte der Leiter der Virologie der Berliner Charité am Dienstag im Podcast Coronavirus-Update
(NDR-Info).
Er verwies zum Beispiel darauf, dass es nach Deutschland wohl keine so hohe Zahl an unabhängigen Eintragungen der Variante – etwa direkt aus Indien – gegeben habe. In Großbritannien gebe es zudem eine etwas andere Struktur in der Bevölkerung mit asiatischstämmigen Communitys, in denen das Virus anfangs hochgekocht sei. Deswegen kann es auch sein, dass sich das bei uns nicht so einstellt.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach twitterte, wir haben Glück, dass die Delta Variante bei uns erst dann die dominierende Variante sein wird, wenn mehr als in UK geimpft sein werden und die Fallzahl niedriger ist. Im Herbst wird es aber leider auch bei uns eine 4. Welle geben, die besonders Kinder und Ungeimpfte trifft.
Die Sorge im Zusammenhang mit der Delta-Variante in Deutschland bleibt also. So appellierte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) an alle Einwohner, sich trotz der verhältnismäßig entspannten Infektionslage impfen zu lassen. Dies sei insbesondere wegen der Delta-Variante notwendig sowie um Kinder zu schützen, betonte sie.
Kinderschutzbund wart vor Delta-Variante
Warnungen und Forderungen äußerte auch der Kinderschutzbund. Während die Corona-Regeln für Schüler teils gelockert werden, dringt er auf mehr Vorbeugung und besseren Schutz an Schulen. Auch in dieser Phase der Pandemie, in der sich die besonders ansteckende Delta-Variante ausbreitet, werde dafür politisch wieder nicht genug unternommen, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er verwies auf bessere Digitalausstattung oder den rechtzeitigen Einbau von Lüftungen. Seine Bilanz: Das ist ein einziges Trauerspiel.
Er fürchte, dass die Kinder erneut die Verlierer der Pandemie sein werden.
Die Bundesärztekammer rät zudem von Reisen in Urlaubsgebiete ab, in denen die Delta-Variante grassiert. Auf Reisen in Regionen, die von der Delta-Variante besonders betroffen sind, sollte verzichtet werden
, sagte Präsident Klaus Reinhardt der Funke Mediengruppe. Urlaub sei in diesem Sommer nur mit Vorsicht und Verantwortung vorstellbar, sagte Reinhardt.
Die Ärztekammer gehe davon aus, dass sich die ansteckendere Delta-Variante mittelfristig in Deutschland durchsetzen werde. Derzeit ist es weiterhin die Alpha-Variante, die hierzulande das Infektionsgeschehen bestimmt. Man könne davon ausgehen, so Ärztepräsident Reinhardt weiter, dass die Inzidenz zum Ende des Sommers saisonbedingt wieder ansteigen werde.
Wegen der Ausbreitung der gefährlichen Variante wächst zudem in der Politik das Unbehagen mit der britischen Hauptstadt London als Austragungsort des Fußball-EM-Finales. Ich hielte es nicht für gut, wenn voll besetzte Stadien dort sind
, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in Berlin.
Ich unterstütze alle Anstrengungen der britischen Regierung, die notwendigen Hygienemaßnahmen walten zu lassen.
Zu einer möglichen Verlegung des Austragungsorts äußerte sich Merkel nicht. Sie sagte, sie hoffe, dass die Europäische Fußball-Union (Uefa) verantwortungsvoll
mit der Situation umgehe.
Biontech bereitet schnelle Reaktion auf neue Virus-Varianten vor
Biontech-Chef Ugur Sahin hält jedoch trotz einer zunehmenden Verbreitung von Virusvarianten derzeit keine Anpassung seines Covid-19-Impfstoffs für nötig. Um vorbereitet zu sein und schnell reagieren zu können, falls eine dritte Dosis oder eine Anpassung an einen neuen Virusstamm erforderlich werden sollte, analysieren wir kontinuierlich die Wirksamkeit des Impfstoffs auch gegen neu auftretende Varianten
, sagte er am Dienstag auf der Hauptversammlung des Mainzer Biotechunternehmens. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass eine Anpassung unseres Impfstoffs an kursierende Varianten notwendig ist.
Noch wisse man nicht, wann und wie oft eine Auffrischungsimpfung nötig sein werde. Er gehe aber davon aus, dass eine dritte Impfung für die Auffrischung der Immunität von hohem Wert ist
, sagte Sahin. Das Wissen über das Coronavirus nehme stetig zu. Wir beobachten, dass die Immunität mit der Zeit nachlassen wird und neue Varianten entstehen.
Tsp mit Agenturen
Ende der Querdenker-Bewegung:
Urlaub von der Wirklichkeit
Die Querdenken-Bewegung ist am Ende. Doch die mediale Infrastruktur, die sie aufgebaut hat, ist für Fake News jederzeit wieder reaktivierbar. Es werden Ausweise ausgegeben, die ihre Besitzer als Einwohner eines autonomen Landes ausweisen. Es gibt eigene Anwälte, die pro bono für die Rechte der Demonstranten eintreten, und Barden, die auf der Wandergitarre Protestlieder vortragen. Weil die Presse
nicht unvoreingenommen berichtet, hat man sich alternative Medien
geschaffen. Man demonstriert in ausgefallenen Kostümen, meditiert gegen den Feind, fordert Basisdemokratie statt Parteiendiktatur
.
Das ist nicht die Beschreibung einer Coronaleugner-Demo zu ihren Hochzeiten. So ging es 1980 in der Republik Freies Wendland zu. Viele der Methoden derer, die im letzten Jahr gegen die Coronapolitik der Bundesregierung protestierten, lassen sich auf den Modus Operandi der Neuen Sozialen Bewegungen
der 1970er und 1980er Jahre zurückführen: Die Umwelt- und Friedensbewegung, die Gegner von Atomkraftwerken und Startbahn West verwendeten Methoden des zivilen Ungehorsams, schufen eine eigene Infrastruktur von Rechtsbeiständen, Medizinern und – besonders wichtig – eigenen Medien.
Es gibt freilich einen entscheidenden Unterschied: Anders als die Querdenker verfolgten die Neuen Sozialen Bewegungen republikanische Ziele. Sie leisteten Widerstand gegen objektives Unrecht und fragwürdige politische Entscheidungen, die sie aus guten Gründen ablehnten. Viele dieser Ziele sind heute mehrheitsfähig oder gar durchgesetzt. Die Truppe, die sich unter dem Banner des Querdenkertums zusammenfand, trieb teils ganz andere Ziele um. Diese reichten von legitimer Kritik an den Coronamaßnahmen bis zu wilden Staatsstreichsfantasien.
Dass diese kuriose Allianz nicht von Dauer sein würde, war vorherzusehen. Dass in Deutschland altvordere Ökos und aktenkundige Nazis, AfD-Abgeordnete, abgedriftete DDR-Bürgerrechtler und Ausdruckstänzer einen gemeinsamen Nenner haben, bedauerlicherweise auch. Ihre Gemeinsamkeit war letztlich, dass man sich nichts vorschreiben lassen wollte und dass alles immer so bleiben soll, wie es ist. Jede noch so absurde Forderung wurde im Namen des Volkes
vorgetragen. Dabei waren die Querdenker letztlich nur der Aufstand ein paar grantiger Boomer.
Sozialen Medien als Propagandainstrument
Doch der Abenteuerurlaub von der Wirklichkeit ist vorbei, der Niedergang der Querdenker unübersehbar: Zu den Veranstaltungen kommen kaum noch Leute. Viele Wortführer sind abgetaucht. Andere müssen nun die strafrechtlichen Folgen ihres verantwortungslosen Tuns gewärtigen.
Einige Protagonisten versuchen noch, diese Tatsachen zu verdrängen, manchen ist die Verbitterung inzwischen deutlich anzusehen. All das kann man live verfolgen. Denn die Querdenker haben in kurzer Zeit eine autonome, parallele mediale Infrastruktur aufgebaut, die zeitweise eine erstaunliche Mobilisierungskraft hatte. Nun zeigen diese Kanäle, wie sich die Szene zerlegt.
Trotzdem bleibt festzuhalten: Querdenken und Co. haben zeitweise einen virtuosen Einsatz der sozialen Medien und von Videostreaming als Propagandainstrument betrieben, der in der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Bei Streamingdiensten wie DLive, Twitch oder YouTube, bei denen man Livesendungen per Webcam oder Smartphone verbreiten kann, sind nach wie vor täglich Übertragungen von den Demos und Kundgebungen der Szene zu sehen – auch wenn kaum noch wer kommt. Oder es werden faktenfreie Diskussionsrunden veranstaltet, in denen von Merkill-Diktatur
, Giftspritzen
, der New World Order
oder dem Great Reset
gefaselt wird.
Diese Sendungen, die teilweise Zehntausende Zuschauer verfolgen, haben oft fast den Charakter von Live-TV-Sendungen, bei denen zwischen verschiedenen Schauplätzen hin und her geschnitten wird oder Kommentatoren zugeschaltet werden. Dank Streamingtechnologie schufen ein paar Leute mit Smartphones und unlimitiertem Datenvolumen ein dezentrales Medienimperium, das seinen Zuschauern den Eindruck einer riesigen Unterstützerschaft suggeriert, auch wenn die tatsächliche Beteiligung vernachlässigbar war: Als Corona-Oberprofiteur Michael Ballweg in Stuttgart als Bürgermeisterkandidat antrat, erhielt er gerade einmal 1 Prozent der Stimmen. Gleichzeitig konnten seine Fans den Wahlkampf in den sozialen Medien so dominieren, dass man meinen konnte, sie seien ein nennenswerter Teil der Wähler.
Es ist wohl auf solche antidemokratische Methoden zurückzuführen, dass etwa der sächsische Ministerpräsident Kretschmer zu Jahresbeginn von Öffnungswünschen der Bevölkerung
redete, während laut Umfragen ein Drittel der Deutschen die geltenden Coronaregeln unterstützte und ein weiteres Drittel härtere Maßnahmen forderte. Ähnliches konnte man schon bei Pegida oder den sogenannten Montagsdemonstrationen 2015 beobachten: Einer kleinen Gruppe von Querulanten gelangt es damals, den öffentlichen Diskurs nachhaltig zu beeinflussen.
Auch wenn der Querdenker-Spuk jetzt erst mal vorbei ist, ist die mediale Infrastruktur robust, die für derartige Desinformationskampagnen eingesetzt werden kann. Sie wird bei der nächsten gesellschaftlichen Verwerfung oder politischen Großlage wieder dazu genutzt werden, Fake News zu verbreiten, Spenden oder Schenkungen
zu sammeln. Und die nächste Kohorte schlichter Gemüter auf die Idee bringen, dass sie in einer schlimmeren Diktatur als der DDR oder dem Dritten Reich leben. Für eine Demokratie ist das nicht gesund.
Solange man bei Streamingdiensten erzählen kann, was man will, und diese Unternehmen sogar noch eigene Kryptowährungen anbieten, mit denen man Hetzer für ihre Tiraden belohnen kann, wird dieses Geschäftsmodell attraktiv bleiben. Der mediale Schoß, aus dem die Querdenker krochen, bleibt fruchtbar. taz
Studie: Mehr als zwei Millionen Briten hatten Long Covid über drei Monate
Mehr als zwei Millionen Briten hatten einer repräsentativen Studie zufolge noch zwölf Wochen nach ihrer Corona-Infektion Symptome. Das wären doppelt so viele Fälle von Long Covid als bisher angenommen. Für die Beobachtungsstudie, die die britische Regierung finanziert hat, wurden zwischen September 2020 und Februar 2021 Antikörper-Test bei mehr als 500.000 Briten durchgeführt. Diese wurden anschließend auch nach dem Auftreten und der Schwere von 29 verschiedenen Corona-Symptomen gefragt. Über die Studie berichtete auch der Guardian
.
Die Wissenschaftler nennen die Ergebnisse der noch nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlichten Studie alarmierend
. Mehr als jeder dritte in der Studie Befragte berichtete, dass er oder sie mindestens eins der 29 Symptome auch noch zwölf Wochen nach Infektion hatte. Das sind auf alle symptomatisch infizierten Briten hochgerechnet mehr als zwei Millionen Menschen. Fast jeder Sechste berichtete davon, drei oder mehr Symptome gehabt zu haben.
Die Studie legt nahe, dass Menschen mit lange andauernden Symptomen in zwei Kategorien aufgeteilt werden können: Erstens solche mit Atemwegserkrankungen, die von anfangs schweren Verläufen berichteten. Und zweitens solche mit Ermüdungserscheinungen. Wie bereits frühere Studien, kommt auch diese zu dem Schluss, dass Frauen eher von Long Covid betroffen sind als Männer. Außerdem nimmt die Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter zu. tgs
Weltärztebund-Chef warnt vor EM-Reisen nach London
Angesichts der Verbreitung der Delta-Variante in Großbritannien warnt der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, vor Reisen zu EM-Spielen nach London. Ich halte das für Populismus und kann nur von Reisen zu den Spielen abraten
, sagte Montgomery der Passauer Neuen Presse
. Trotz der als ansteckernder geltenden Delta-Variante stehen im Londoner Wembley-Stadion Spiele vor bis zu 60.000 Zuschauern zur Diskussion. Am Dienstag spielt Deutschland dort gegen England.
Ich verstehe nicht, warum Premierminister Boris Johnson das zulässt
, betonte der Weltärztebund-Chef. Schon ein Geimpfter, der die Abstandsregeln einhält und dort ins Stadion pilgert, geht ein begrenztes Risiko ein.
Das gelte nicht in erster Linie für den Stadionbesucher selbst, aber er könne das Virus mitbringen und andere anstecken. Wer ungeimpft ist, handelt verantwortungslos angesichts der in Großbritannien vorherrschenden Delta-Variante und ihrer Ansteckungsgefahr
, sagte er über Stadionbesuche in London.
Die Menschen müssten alle weiterhin in unseren persönlichen Kontakten vorsichtig bleiben
. Doch die Appelle zur Vorsicht würden nicht mehr auf allzu große Resonanz treffen: Wir alle wollen doch unser altes Leben wieder haben. Daher ist momentan die Sehnsucht nach Freiräumen bei vielen Menschen groß und mancher Politiker bedient das und nährt die Illusion, als wäre alles möglich.
AFP
Brasilien: Rekordanstieg der Neuinfektionen
Brasiliens Gesundheitsministerium meldet mit 115.228 Neuinfektionen so viele wie nie zuvor binnen eines Tages in dem Land. Die Zahl der Corona-Toten stieg um 2392. Seit Beginn der Pandemie verzeichnet Brasilien demnach mehr als 18 Millionen Ansteckungen, die offizielle Zahl der Todesfälle klettert nach Angaben des Ministeriums auf 507.109. Einer Reuters-Zählung zufolge ist Brasiliens Sieben-Tage-Durchschnitt für bestätigte Infektionen und Todesfälle nun vor Indien der höchste weltweit. Reuters
Weltärztepräsident: Auf Impfskeptiker zugehen - sonst keine Herdenimmunität
Im Kampf gegen das Coronavirus fordert der Vorsitzende des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery, dass man auch auf Impfskeptiker und Impfleugner
zugehen müsse. Wenn wir nicht auch einen Teil dieser Gruppe vom Sinn der Impfung überzeugen, werden wir die Herdenimmunität nicht erreichen
, sagt Montgomery dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mit Blick auf die hoch ansteckende Delta-Variante erklärt er: Wer sich nicht impfen lässt, wird sich früher oder später mit dem Coronavirus infizieren.
Reuters
SPD-Gesundheitsexpertin ruft Urlauber zu Corona-Vorsicht auf
Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar hat Urlauber zu besonderer Corona-Wachsamkeit in den Sommerferien aufgerufen. Es müsse unbedingt verhindert werden, dass das Infektionsgeschehen auch bei uns erneut aufflammt
, sagte die gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion der Deutschen Presse-Agentur. Dittmar bezog sich auf den Wiederanstieg der Corona-Inzidenz in Großbritannien durch die Delta-Variante. Dieser zeige, wie fragil die Lage sei.
Gerade mit Blick auf die Sommerferien ist es extrem wichtig, darauf zu achten, dass durch Reiserückkehrende keine Infektionen eingetragen werden
, sagte Dittmar. Wir alle haben uns einen Urlaub verdient, allerdings rate ich davon ab, in Hochinzidenz- und Virusvariantengebiete zu reisen.
Wer dennoch dorthin reise, müsse sich der Risiken für sich und andere bewusst sein. Schließlich können wir es nur gemeinsam verhindern, dass im Herbst eine neue Infektionswelle auf uns zu rollt.
dpa
Indien stuft neue Variante Delta plus
als besorgniserregend ein
Indien stuft eine neu nachgewiesene Virusvariante als besorgniserregend ein. Die inoffiziell als Delta plus
bezeichnete Mutation sei in 16 Fällen im Bundesstaat Maharashtra entdeckt worden und leichter übertragbar, sagt der indische Bundesgesundheitsminister Rajesh Bhushan. Insgesamt seien inzwischen fast zwei Dutzend Infektionen in drei Bundesstaaten nachgewiesen. Bhushan ruft die Behörden zu verstärkten Tests auf. Reuters
Drosten: Delta muss sich hier nicht entwickeln wie in Großbritannien
Nach dem Wiederanstieg der Corona-Inzidenz in Großbritannien durch die Delta-Variante sieht der Virologe Christian Drosten für Deutschland auch die Möglichkeit eines anderen Verlaufs. Es könne sein, dass die Lage vorerst relativ konstant bleibe, sagte der Leiter der Virologie der Berliner Charité am Dienstag im Podcast Coronavirus-Update
(NDR-Info).
Er verwies zum Beispiel darauf, dass es nach Deutschland wohl keine so hohe Zahl an unabhängigen Eintragungen der Variante - etwa direkt aus Indien - gegeben habe. In Großbritannien gebe es zudem eine etwas andere Struktur in der Bevölkerung mit asiatischstämmigen Communitys, in denen das Virus anfangs hochgekocht sei. Deswegen kann es auch sein, dass sich das bei uns nicht so einstellt.
In Deutschland lag der Anteil von Delta an den Neuinfektionen nach Daten des Robert Koch-Instituts zuletzt bei gut 6 Prozent (Woche vom 31. Mai bis 6. Juni) - eine Zunahme im Vergleich zu den Wochen davor, der Trend bei der absoluten Zahl der Nachweise ist jedoch rückläufig. In Großbritannien ist Delta bereits die dominierende Variante. Neue RKI-Zahlen werden für Mittwochabend erwartet.
Drosten zufolge wäre es ein sehr schlechtes Signal
, sollte sich in den neuen RKI-Daten eine Verdopplung des Anteils im Wochentakt zeigen. Da sich die Werte stets auf einen Zeitpunkt vor etwa zwei Wochen beziehen, sei das im Nachhinein nicht mehr kontrollierbar; es drohe in der Folgewoche wieder eine Verdopplung. Wenn das so wäre, dann müssen wir eben uns darauf einstellen, dass andere Effekte so laufen wie sie in England nun mal gelaufen sind mit der Delta-Variante.
Die Entwicklung des Anteils der Delta-Variante in Deutschland sei ein wichtiger Frühindikator, den man anschauen müsse, sagte Drosten. Statt Voraussagen über den Sommer zu machen, sei zu beobachten, was passiert. Ich glaube, wir sind heute in einer Woche schon schlauer.
dpa
Herr Spahn und die Genesenen
Acht Monate ist es her, fast auf den Tag genau, dass Gesundheitsminister Jens Spahn positiv auf Corona getestet worden ist. Heute gilt er als genesen – umso bemerkenswerter ist, wie er mit den Leuten umgeht, die eine Corona-Infektion hinter sich haben. 3,7 Millionen Menschen sind das in Deutschland immerhin, und sie haben es nicht leicht. Die Ständige Impfkommission empfiehlt, dass Genesene sechs Monate nach ihrer Infektion noch eine Spritze bekommen, aber eben nur eine. So wird das auch oft schon gemacht.
Doch ihre Freiheiten bekommen die Genesenen mit dieser einen Impfung noch nicht so leicht. Als Genesener entgeht man Corona-Tests und Kontaktbeschränkungen nur sechs Monate nach der Infektion – danach muss die Impfung nachgewiesen werden.
Einfach ist das nicht. Die Handy-Apps können mit dieser Situation zum Beispiel noch gar nicht umgehen. Erst Ende Juni sollen sie ihren Impfstatus in den Apps speichern können, hat das Gesundheitsministerium angekündigt – schuld seien auch die anderen europäischen Länder, die von Genesenen zwei Impfungen erforderten.
Das heißt auch: Wer als Genesener mit einer Impfung ins Ausland reisen möchte, hat es dort möglicherweise immer noch schwer. Und auch das Gesundheitsministerium selbst macht die Sache nicht einfacher. In der Verordnung, die Geimpften ihre Freiheiten zurückgeben soll, ist eine Formulierung unklar , mit dem Ergebnis, dass Genesene mit einer Impfung vielleicht nicht befreit werden.
Unklare Formulierung: Wie viele Impfungen brauchen Genesene?
Das Problem liegt in der sogenannten Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung
mit der schönen Abkürzung SchAusnahmV
, die schon vermuten lässt, dass man darin vor lauter Bürokratie den Überblick verlieren kann. In der Verordnung ist zwar ausdrücklich vorgesehen, dass die Impfung bei einer genesenen Person aus einer verabreichten Impfstoffdosis besteht
– so weit entspricht das noch den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Doch danach definiert die Verordnung auch, wer als genesene Person gilt, und da wird verlangt, dass die zugrundeliegende Testung (…) maximal sechs Monate zurückliegt
.
Das bedeutet streng genommen: Freiheit mit einer Impfung gibt es für Genesene nur innerhalb der ersten sechs Monate nach Infektion – zu einer Zeit, zu der sie noch gar nicht geimpft werden und als Genesene ihre Freiheiten haben. Wenn die sechs Monate aber vorbei sind, brauchen sie eine zweite Impfung, doch die bekommen sie laut den Richtlinien der Ständigen Impfkommission erst einmal nicht.
Aus der Bundesregierung heißt es, so sei das nicht gemeint gewesen. Genesene sollten mit einer Impfung frei sein. Mehrere von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung kontaktierte Juristen interpretieren den Wortlaut aber anders. Möglicherweise ist die Regel so gemeint, dass Genesene auch nach sechs Monaten nur eine Impfung brauchen – aber das zählt nicht, weil die Definition von Genesenen eine andere ist
, sagt zum Beispiel Stephan Rixen, der an der Universität Bayreuth öffentliches Recht und Gesundheitsrecht lehrt und Mitglied im Deutschen Ethikrat ist. Klarstellungsbedarf gibt es da auf jeden Fall.
Die Grünen wollen der Frage nachgehen
Das Gesundheitsministerium selbst verweist auf die Gesetzesbegründung und andere Corona-Verordnungen, aus denen der Wille des Gesetzgebers klar hervorgehe. Auch auf einer Webseite des Justizministeriums stehe, dass eine Impfung ausreiche.
Der Wortlaut der Verordnung ist allerdings immer noch der Alte. Klarheit kommt bisher nicht mal vom Bundesverfassungsgericht: Dort war eine Verfassungsbeschwerde eingereicht worden, die unter anderem eben diese Formulierung der Verordnung bemängelte, der zufolge man auch nach überstandener Corona-Infektion zwei Impfungen braucht. Am Freitag gab das Gericht aber bekannt, dass es über die Beschwerde gar nicht entscheide, weil der Betroffene unter anderem dank niedriger Inzidenzen seine Freiheiten sowieso genießen kann.
Die Grünen haben angekündigt, dem Thema politisch nachzugehen. Außerdem muss auch noch wissenschaftlich ausgewertet werden, wie lange ausreichende Immunität besteht und was das für den Impfschutz und die benötigte Menge an Impfdosen bedeutet
, sagt die Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche.
Das Problem betrifft auch Gesundheitsminister Spahn selbst. Bisher hat er nur eine Impfung: Am 14. Mai ließ er sich von seinem Hausarzt AstraZeneca spritzen. Ein Sprecher sagte damals, eine zweite Impfung sei für Spahn als Genesener nicht nötig. F.A.S.
Ärzte warnen wegen Delta-Variante vor riskanten Reisezielen
Die Bundesärztekammer rät von Reisen in Urlaubsgebiete ab, wo die ansteckendere Delta-Variante des Coronavirus grassiert. Auf Reisen in Regionen, die von der Delta-Variante besonders betroffen sind, sollte verzichtet werden
, sagte Präsident Klaus Reinhardt der Funke-Mediengruppe. Er räumte ein, dass für viele Menschen der Urlaub nach den Belastungen der vergangenen Monate wichtig für das seelische Gleichgewicht sei. Notwendig ist aber die Einhaltung der Hygieneregeln auch im Urlaubsort.
Die zunächst in Indien nachgewiesene Delta-Variante verbreitet sich inzwischen in vielen Ländern schnell. Als gesichert gilt, dass sie deutlich ansteckender ist als alle anderen bekannten Varianten.
Reinhardt schloss sich den Prognosen der meisten Experten an, dass die Delta-Variante sich mittelfristig auch hierzulande gegen die Alpha-Mutante durchsetzen wird. Man könne auch davon ausgehen, dass die Infektionszahlen zum Ende des Sommers saisonbedingt wieder ansteigen werden. Ob es zu einer vierten Pandemie-Welle in Deutschland komme, hänge wesentlich vom Fortschritt der Impfkampagne ab. Es sei zudem zu erwarten, dass es auch bei einem Wiederanstieg der Infektionszahlen weniger schwere Krankheitsverläufe geben werde, weil insbesondere vulnerable Gruppen wie alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen durch Impfungen besser geschützt seien.
Reinhardt riet dazu, dass alle Erwachsenen deswegen die Impfangebote wahrnehmen und auch fristgerecht die notwendigen Zweitimpfungen vornehmen lassen sollten. dpa]>
London: Drastischer Corona-Anstieg in Cornwall nicht wegen G7-Gipfels
Die britische Regierung sieht nach eigenen Angaben keinen Zusammenhang zwischen dem G7-Gipfel in Cornwall in der vorvergangenen Woche und einem starken Anstieg von Corona-Fällen in der englischen Grafschaft. Das sagte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson am Montag im Gespräch mit Journalisten in London. Die Zahl der Neuinfektionen sei im Einklang mit denen in anderen Teilen des Landes. G7-Teilnehmer wurden vor ihrer Ankunft getestet und fortlaufend während des gesamten Gipfels. Wir wissen nichts von Ansteckungen der örtlichen Bevölkerung (durch Gipfelteilnehmer)
, so der Sprecher.
Medien hatten zuvor von einem erheblichen Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz - also der Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche - in den Konferenzorten St Ives und Falmouth berichtet. So soll der Wert in Falmouth in den sieben Tagen bis zum 13. Juni auf 600 gestiegen sein. Das entspricht einem Anstieg um 2000 Prozent. Landesweit lag der Wert im gleichen Zeitraum bei rund 77.
Das Treffen der Staats und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Wirtschaftsmächte in Cornwall vom 11. bis 13. Juni war der erste in Präsenz abgehaltene G7-Gipfel seit zwei Jahren. dpa
Hessens Ministerpräsident:
Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen nicht ausgeschlossen
Wegen der sich auch in Deutschland ausbreitenden ansteckenderen Delta-Variante des Coronavirus schließt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) eine Rückkehr zu Kontaktbeschränkungen nicht aus. Ob es zu einer vierten Welle komme, hänge entscheidend von der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Delta-Variante und der Höhe der Impfquote in der Bevölkerung ab, sagte Bouffier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Er rechne damit, dass die zuerst in Indien entdeckte Delta-Variante in einem Monat auch in Deutschland die vorherrschende Virusvariante sei, sagte der hessische Regierungschef. Dann stelle sich die Frage: Wie wirkt welches Vakzin auf sie?
Davon hänge ab, ob wir eine vierte Welle bekommen und wieder zu Kontaktbeschränkungen zurückkehren. Ausschließen können wir das nicht.
AFP
Lauterbach warnt Ungeimpfte vor Delta-Variante
Angesichts der Verbreitung der Delta-Variante warnt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vor den Gefahren für Menschen ohne Impfschutz. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass wir uns eine höhere Inzidenz leisten können, wenn die Impfquote weiter steigt. Denn für die Ungeimpften bleibt das Risiko weiterhin sehr hoch
, sagt Lauterbach der Zeitung Rheinische Post
.
Angenommen wir haben eine Impfquote von 66 Prozent, also zwei Drittel der Bevölkerung wären vollständig geimpft, und die Inzidenz läge bei 30. Das würde bedeuten, dass unter den Ungeimpften die Inzidenz sogar bei 90 läge. Die Menschen ohne Impfschutz sind damit einem viel höheren Risiko ausgesetzt.
Je stärker die Delta-Variante sich verbreite, desto mehr ungeimpfte Menschen würden auch sterben
. Er gehe fest davon aus, dass sich die Delta-Variante auch in Deutschland durchsetzen werde. Reuters
Corona-Impfstoff:
Curevacs Impfstoff-Desaster ist einfach tragisch
Der Schock kam kurz vor Mitternacht: Der lange angekündigte Impfstoff von Curevac ist nicht so wirksam wie erhofft. Für das Unternehmen ist es ein Desaster. Wie konnte es dazu kommen?
Der Anspruch lag ganz hoch: Den bestmöglichen Impfstoff
wolle Curevac entwickeln – so hatte es Großaktionär und Finanzier Dietmar Hopp angekündigt. Das Vakzin von Curevac sollte etwa länger haltbar sein und weniger Nebenwirkung aufweisen. Und tatsächlich hat sich der Impfstoff des Tübinger Biotechunternehmens als sicher und verträglich erwiesen.
Das Problem: Er wirkt kaum. Eine Zwischenanalyse, die Curevac gestern Nacht veröffentlichte, ergab lediglich eine Wirksamkeit von 47 Prozent. Das ist deutlich schlechter als bei den bisherigen Impfstoffen von Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson. Es ist ein Desaster. Curevac-Chef Franz-Werner Haas erklärt, das Unternehmen habe auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse
gehofft. Curevac will seine Tests weiter fortführen. Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern
, sagt Haas.
In der Folge stürzte nun die Curevac-Aktie um über 40 Prozent ab. Die Kursverluste treffen auch den Bund als Großaktionär – der deutsche Staat stieg im vergangenen Jahr mit 300 Millionen Euro bei Curevac ein; ihm gehören etwas weniger als zwanzig Prozent der Anteile. Für Gabriel Felbermayr, den Präsidenten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, zeigt der Fall Curevac wieder einmal, dass Politiker keineswegs die besseren Investoren sind.
Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärte der Ökonom weiter: Der Staat ist ohne Not in das Unternehmen eingestiegen, das ja im letzten Frühjahr auch genügend private Investoren gefunden hatte. Auch diese verlieren jetzt Geld, aber es ist ihr eigenes, nicht das der Steuerzahler.
Die geringe Wirksamkeit liege sehr wahrscheinlich an der Dosis
, sagt Professor Peter Kremsner von der Universitätsklinik Tübingen, der dort die CureVac-Impfstudie leitet, der Nachrichtenagentur Reuters. Mit 12 Mikrogramm war Curevac sehr niedrig dosiert. Eine höhere Dosierung bei Curevac sei aber wegen zu erwartender Unverträglichkeiten nicht möglich gewesen. Man müsse neidlos zugestehen, dass Biontech und Moderna die besseren Impfstoffe haben, sagte Kremsner. Dort waren die Wirkstoffe deutlich höher dosiert.
Aufgrund der miserablen Studienergebnisse müssen nun auch Impfkampagnen umgeplant werden. Für die Impfungen in Deutschland ist Curevac mittlerweile nicht mehr eingeplant. Die EU hatte jedoch große Hoffnungen auf das Vakzin gesetzt – und bis zu 405 Millionen Dosen bestellt. Dabei hatten schon die jüngsten Nachrichten aus der Curevac-Zentrale in Tübingen nicht gut geklungen. Weil sich weltweit immer weniger Menschen mit Corona infizieren, wurde es schwieriger, die für die Studie notwendigen Infektionsfälle zusammen zu bekommen.
Die zunehmenden Mutationen erschwerten die Studie zusätzlich. Hierbei enttäuscht Curevac nun besonders. Die bisherigen Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson wirken bei Mutationen zwar etwas schwächer als gegen das Ursprungsvirus. Bei allen liegt die Wirksamkeit gegen die Varianten jedoch deutlich über 50 Prozent – mit 47 Prozent fällt Curevac deutlich ab.
Es ist leider so, dass sich Curevac mit der Entwicklung zu viel Zeit gelassen hat. Der Rückstand auf Biontech und Moderna beträgt nun über ein halbes Jahr. Als Biontech im Dezember seinen Impfstoff auf den Markt brachte, begann Curevac erst mit seiner großen Studie. Als die Pandemie Anfang 2020 losbrach, schaltete die Konkurrenz schneller. Zudem fehlte es Curevac zu Beginn des vergangenen Jahres auch noch an Geld, um sich größere Studien leisten zu können. Finanziell hing das Unternehmen vor allem von Großaktionär Dietmar Hopp ab. Erst mit dem Einstieg des Bundes und weiterer Investoren im Sommer 2020 besserte sich die monetäre Lage.
Kritik übt auch der mittlerweile emeritierte Tübinger Chemieprofessor Günther Jung, einer der Mitgründer von Curevac. Ich bin schon enttäuscht, wie langsam das geht
, erklärte Jung der WirtschaftsWoche. Curevac hätte sich sehr viel früher mit einem potenten Partner zusammentun sollen – so wie Biontech das mit Pfizer vorgemacht hat.
Der Doktorvater des langjährigen Curevac-Chefs Ingmar Hoerr sieht noch weitere Gründe: 2020 gab es – unter anderem wegen einer schweren Erkrankung von Ingmar – zwei Wechsel an der Spitze. Sehr viel neues Personal wurde eingestellt. Das hat auch Zeit gekostet.
Hoerr hatte eine lebensgefährliche Hirnblutung erlitten. Jung hält immer noch Aktien an Curevac, die nun deutlich weniger wert sind. Gemeinsam mit Hoerr und drei weiteren Mitstreitern hat Jung Curevac um die Jahrtausendwende gegründet. Schon damals waren sie der segensreichen Wirkung der RNA-Botenstoffe auf der Spur, dem Grundprinzip der mRNA-Impfstoffe von Biontech, Moderna und Curevac. Die beiden Konkurrenten, die deutlich später gegründet wurden, haben auch von den Erkenntnissen der Curevac-Forscher profitiert.
Sie waren wirklich ganz früh dran – das macht das Scheitern von Curevac so tragisch. [WirtschaftsWoche, von Jürgen Salz
Christian Drosten:
Wir sind hier jetzt im Rennen mit der Delta-Variante
Der Virologe Christian Drosten sieht die Delta-Variante auch in Deutschland zunehmend auf dem Vormarsch. Schon im Juli könnten deswegen die Fallzahlen wieder steigen. Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt vor einer weiteren Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus in Deutschland. Ich bin mittlerweile so weit, dass ich sage, wir sind hier jetzt im Rennen in Deutschland mit der Delta-Variante
, sagte er auf dem Onlinekongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin. Wir müssen das ab jetzt wirklich ernst nehmen.
Nach einer Analyse des Robert Koch-Instituts (RKI) für die erste Juniwoche hat sich der Anteil der Delta-Variante an allen Corona-Infektionen in Deutschland innerhalb von nur einer Woche auf sechs Prozent fast verdoppelt. In den Wochen zuvor stagnierte diese Mutation bundesweit eher um die zwei Prozent.
Drosten: Was auch helfen könnte, sind die Schulferien
Drosten sagte dazu: Vom Gefühl her kann ich sagen, uns rufen immer mehr Leute an, die Ausbrüche beschreiben, immer mehr Labore.
Gerade in Süd-Dänemark und Schleswig-Holstein gebe es gerade ein Ausbruchsgeschehen. Das erinnert mich an den Beginn der B.1.1.7-Epidemie in Deutschland, wo es genauso war
, erklärt der Virologe. Die ansteckendere Variante B.1.1.7., die 2020 in Großbritannien bekannt wurde, hatte in Deutschland im Frühjahr für die dritte Pandemiewelle gesorgt. Eindämmungsmaßnahmen kamen damals zu spät oder waren zu inkonsequent.
Die aktuelle Situation in Deutschland sei mit der in England im Mai durchaus ein wenig vergleichbar, sagte Drosten. In Großbritannien hat die ansteckende Delta-Variante innerhalb weniger Wochen trotz fortgeschrittener Impfquoten die Vorherrschaft übernommen. Die Inzidenzwerte stiegen bisher wieder von 20 auf 70, weshalb Lockerungen gestoppt wurden. Angesteckt hätten sich dabei laut Drosten vor allem junge Erwachsene – zum Beispiel beim Feiern oder auch in der Gastronomie. Die Infektionen hätten sich in England vorwiegend bei den Menschen abgespielt, die noch keine Impfung erhalten haben.
Wenn wir jetzt so rechnen würden, wie sich das in England entwickelt hat, also mit einer ungefähren Verdoppelung pro Woche, dann hätten wir dieses spekulative Szenario: Dann lägen wir in dieser Woche schon bei 20 Prozent
, sagte der Chef-Virologe der Berliner Charité. Anfang Juli wäre die Delta-Variante dann auch in Deutschland im Bereich der Dominanz. Und wir müssten damit rechnen, dass Anfang Juli in Deutschland auch die Meldezahlen wieder hochgehen.
Drosten schränkte indes ein: Das sei noch reine Spekulation und eine Hypothese. So sieht er vor allem Hoffnung im baldigen Beginn der Sommerferien und der damit verbundenen Schließung der Schulen: Was auch helfen könnte, sind die Schulferien. In England ging es in den Schulen los. Das ist ein deutlicher Unterschied.
Kanzlerin: trügerische Sommerabende
Derweil zeigte sich auch die Bundeskanzlerin besorgt. Zwar könne man Ausbrüche wegen sehr geringer Fallzahlen derzeit sehr viel besser verfolgen und mit der Delta-Variante gut umgehen, sagte Angela Merkel. Aber ich kann nur sagen: Wir können nicht so tun, als wäre Corona vorbei. Auch wenn an einem solchen Sommerabend das Gefühl ist, da ist nichts mehr.
Auch weil es einen großen Teil nicht geimpfter Menschen gebe, die keinen vollen Schutz hätten, glaube ich, ist Vorsicht weiter notwendig, damit wir einen Sommer doch vieler Freiheiten haben, aber noch nicht aller Freiheiten.
Die Kanzlerin wies – so wie Drosten – darauf hin, dass bei einer kompletten Ausbreitung der Delta-Virusvariante die Infektionszahlen auch in Deutschland wieder steigen könnten. Der derzeitige sogenannte R-Wert von 0,7 sei nicht niedrig genug, um die Zahlen dauerhaft stabil zu halten. Dafür sei die Variante zu aggressiv.
Angesichts dessen mahnte die Kanzlerin auch zu großer Vorsicht bei der Fußball-EM. Es ist schön, dass jetzt in München zum Beispiel wieder 14.000 Fans sein können. Aber wenn ich vollkommen besetzte Stadien sehe in anderen Ländern Europas, dann bin ich bisschen skeptisch, ob das jetzt schon die richtige Antwort auf die augenblickliche Situation ist
, sagte Merkel. ZeitOnline
Inzidenz sinkt auf 8,8 – bundesweit nur 842 Neuinfektionen
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 842 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Sonntagmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.02 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 1489 Ansteckungen gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Sonntagmorgen mit bundesweit 8,8 an (Vortag: 9,3; Vorwoche: 17,3).
Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 16 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 18 Tote gewesen. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 90.385 angegeben.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Angaben von Samstagabend bei 0,69 (Vortag: 0,70). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 69 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Tausende Brasilianer protestieren gegen Corona-Politik Bolsonaros
In ganz Brasilien sind Tausende Menschen gegen die Corona-Politik des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro auf die Straßen gegangen. In der Hauptstadt Brasília sowie 14 Provinzhauptstädten forderten sie am Samstag mehr Impfungen und wirtschaftliche Unterstützung in der Corona-Krise, wie die Nachrichtenplattform G1
berichtete. Die Demonstranten verlangten zudem den Rücktritt Bolsonaros, mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger und die Umweltzerstörung sowie die Achtung der Rechte indigener Völker.
Brasilien ist noch immer ein Corona-Brennpunkt: Über 17,8 Millionen Menschen haben sich dort nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, fast eine halbe Million Menschen sind im Zusammenhang mit Covid-19 bisher gestorben. Bolsonaro hat das Virus von Anfang an verharmlost und sich mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen gegen harte Ausgangsbeschränkungen gestemmt. Zuletzt zog er auch den Sinn von Impfungen in Zweifel. Mittlerweile prüft ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Bolsonaros Krisenmanagement in der Pandemie. dpa
Regierung sieht Bedarf an FFP2-Masken für Kinder
Die Bundesregierung sieht nach eigener Aussage den Bedarf an FFP2-Masken für Kinder. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Grünen-Anfrage hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium habe deshalb das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Normung einer Infektionsschutzmaske beim Deutschen Institut für Normung initiiert, die auch Masken in Kindergrößen berücksichtigen soll.
Die Grünen-Politikerin Tabea Rößner kritisiert, dass das erst jetzt passiert. Es ist ein Armutszeugnis, dass nach 16 Monaten Corona-Pandemie noch immer keine spezifischen FFP2-Masken für Kinder auf dem Markt verfügbar sind. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, daher erschüttert es, dass es keine ausreichende Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet gibt
, sagte sie. Die FFP2-Maskenpflicht in Schulen sei zwar aufgehoben worden, viele Kinder trügen aber in Bus und Bahn die auf Erwachsene ausgerichteten Masken. Es ist unverantwortlich, dass die Bundesregierung angesichts der schon so lange anhaltenden pandemischen Lage nicht früher tätig geworden ist.
Beim gezielten Schutz der Kinder habe die Bundesregierung versagt.
Die Bundesregierung verwies in ihrer Antwort auf eine Europäische Norm, nach der bei der Überprüfung einer Maske zehn Probanden mit unterschiedlichen Gesichtsformen ausgewählt werden. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass Masken hergestellt und geprüft werden, die im Bereich Infektionsschutz für Kinder und Jugendliche geeignet sind. Hier ist dann insbesondere auf einen richtigen Sitz der Maske für Kinder und Jugendliche bei der Auswahl zu achten.
dpa
Kritik an Masken-Ignoranz im Münchner Stadion
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat kurz nach Abpfiff des EM-Spiels Portugal-Deutschland kritisiert, dass wieder Tausende Fans die Maskenpflicht im Münchner Stadion ignoriert haben. Ich finde es fahrlässig, dass sich schon wieder viele Fans im Fußballstadion nicht an die Spielregeln gehalten haben
, sagte der CSU-Politiker am Samstagabend laut Mitteilung. Der DFB ist nun endgültig aufgefordert, plausibel darzulegen, wie er beim nächsten Spiel am Mittwoch die Masken-Regeln um- und durchzusetzen will.
Obwohl die EM-Organisatoren in München angekündigt hatten, die Zuschauer auf den Rängen zum Tragen von Masken zu bewegen, haben nur wenige Fans die vorgeschriebenen FFP2-Masken aufgehabt. Wie schon beim ersten Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verfolgten Tausende Zuschauer die Partie gegen Portugal am Samstag ohne Maske, wie auf Fernsehbildern erkennbar war.
Im Kampf gegen das Coronavirus müssen Besucher während der ganzen Zeit im Münchner Stadion eine FFP2-Maske tragen. Die Polizei hatte schon beim ersten Spiel nach Angaben eines Sprechers festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit (etwa zwei Drittel) der anwesenden Zuschauer auf den Sitzplätzen keinen vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz trug
. dpa
WHO: Ungleiche Impfstoffverteilung lässt Corona-Gefahr in Afrika wachsen
Der sprunghafte Anstieg der Corona-Zahlen in Teilen Afrikas könnte nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Folge der ungleichen Impfstoffverteilung sein. In der vergangenen Woche habe sich die Zahl der Neuinfektionen zum Beispiel in Liberia, Sambia, Simbabwe und Ruanda verdoppelt, sagte WHO-Krisenkoordinator Mike Ryan am Freitag in Genf. Die Kurve sei sehr besorgniserregend.
Das ist die Konsequenz der aktuell unfairen Verteilung von Impfstoffen
, sagte Ryan. Nur ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung sei trotz aller Appelle der WHO bisher geschützt. Wir sind dabei, einen hohen Preis für diese Ungerechtigkeit zu zahlen.
Die Signale aus Afrika deuteten auf einen möglicherweise deutlichen generellen Anstieg hin.
Anzunehmen, dass die nächste Welle in Afrika ein vorübergehender kleiner Schauer und kein Sturm ist, ist sehr, sehr voreilig.
Ryan warnte zugleich auch für den Rest der Welt vor der Annahme, dass eine Corona-Welle der vorhergehenden ähnlich sein werde. Jede Welle ist einzigartig.
Sie hänge von der Jahreszeit, den Virusvarianten und der Intensität der Übertragung ab. dpa
Italien erlässt 5-Tage-Quarantäne für Reisende aus Großbritannien
Italien erlässt im Kampf gegen die Delta-Variante des Coronavirus eine fünftägige Quarantäne für Reisende aus Großbritannien. Das teilte Gesundheitsminister Roberto Speranza am Freitag in Rom mit. Die Maßnahme soll ab Montag gelten und wird durch eine Pflicht zum Coronatest ergänzt, wie es hieß. In Großbritannien sorgt die ansteckendere Variante durch ihre schnelle Ausbreitung für erhebliche Probleme.
In Italien ist diese Form noch recht selten, die wissenschaftliche Gimbe-Stiftung nannte am Donnerstag Prozentanteile im einstelligen Bereich. Doch die Gesundheitsbehörden warnen vor einer Beschleunigung bei der Delta-Ausbreitung auch in dem Mittelmeerland.
In Deutschland gilt Großbritannien als Virusvariantengebiet, deshalb müssen Reisende von dort noch strengere Regeln als jetzt in Italien beachten. Insgesamt befindet sich das 60-Millionen-Einwohner-Land seit Wochen auf einem stetigen Lockerungskurs bei den Corona-Beschränkungen. Die Regierung in Rom erlässt zudem schrittweise ein Regelwerk, um die Anwendung des sogenannten Grünen Passes für Geimpfte, Genesene und Menschen mit aktuellem Corona-Test umzusetzen - auch für Reisende aus der Europäischen Union und einigen anderen Staaten. dpa
Corona-Lage in Russland verschärft sich - Moskau meldet Höchstwert an Neuinfektionen
Die Corona-Lage in Russland verschärft sich weiter. Moskau meldete am Freitag mit 9056 Neuinfektionen einen neuen Höchstwert für die Hauptstadt. Damit hat sich dort die Zahl der neuen Fälle innerhalb von zwei Wochen verdreifacht. Bürgermeister Sergej Sobjanin verlängerte deswegen die Alltagsbeschränkungen. Die Maßnahmen sollen nun bis zum 29. Juni gelten. Unter anderem müssen bis dahin Cafes und Restaurants am Abend geschlossen bleiben, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern sind verboten. Auch Fanzonen für die Fußball-Europameisterschaft sollen geschlossen werden.
In Russland wird eine dritte Corona-Welle befürchtet. Die Moskauer Behörden hatten zuletzt von einer massiven Verschärfung der Corona-Lage gesprochen und auf eine Ausbreitung der Delta-Variante des Virus verweisen. Die Delta-Variante, die zuerst in Indien festgestellt wurde, soll aggressiver und ansteckender sein und die anschließende Gesundung nach einer Infektion schleppender.
Die russische Regierung machte für den Anstieg der Infektionszahlen neben neuen Virus-Varianten auch eine gewisse Gleichgültigkeit in der Bevölkerung und eine geringe Impfbereitschaft verantwortlich. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow sagte, die Massenimpfkampagne sei offensichtlich nicht so effektiv verlaufen wie gewünscht. Präsident Wladimir Putin beobachte die Situation genau. Landesweit erhöhte sich die Zahl der Ansteckungen binnen 24 Stunden um 17.262 auf mehr als 5,28 Millionen, wie die Regierung mitteilte. Die Zahl der Todesfälle stieg nach ihren Angaben um 453 auf 128.445. Das Statistikamt weist allerdings eine mehr als doppelt so hohe Zahl aus. Reuters
Wales verschiebt Lockerungen wegen Delta-Variante
Nach England hat auch die britische Provinz Wales geplante Corona-Lockerungen wegen der Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante um vier Wochen verschoben. Wir haben alle Daten überprüft und werden die Änderungen der Regeln um vier Wochen verschieben
, twitterte der walisische Regierungschef Mark Drakeford am späten Donnerstagabend. Sein Land habe noch immer die höchste Impfquote und die niedrigsten Corona-Zahlen im Vereinigten Königreich, aber es seien nun in allen Teilen Wales Fälle der Delta-Variante nachgewiesen worden. Mitte Juli sollen die Corona-Beschränkungen erneut überprüft werden.
Wie auch in anderen Teilen Großbritanniens ist das Leben in Wales jedoch in vielen Bereichen ohnehin schon wieder fast zur Normalität zurückgekehrt - Pubs, Restaurants und Geschäfte haben geöffnet, auch Hochzeiten und kleinere Kulturveranstaltungen können unter Auflagen stattfinden. dpa
Sydney setzt auf Masken gegen Ausbreitung der Delta-Variante
Das australische Bundesland New South Wales hat das Tragen von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln in Sydney wieder zur Pflicht gemacht, nachdem sich immer mehr Menschen mit der hochinfektiösen Delta-Variante des Coronavirus angesteckt hatten. Laut der Behörden können dennoch geplante Veranstaltungen im Freien unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen statt finden. Wir wollen nicht, dass die Menschen in Panik geraten, aber gleichzeitig wollen wir, dass jeder in höchster Alarmbereitschaft ist
, sagte die Premierministerin des Bundesstaates, Gladys Berejiklian, vor Reportern in Sydney. [Quell: Reuters
Braun rät von Reise zum EM-Finale ab
Kanzleramtschef Helge Braun rät den deutschen Fußball-Fans von einer Reise zu den entscheidenden EM-Spielen ab. Meine große Sorge ist die sich ausbreitende Delta-Variante in Großbritannien - und London ist ein Austragungsort. Man sollte nicht in Virusvariantengebiete reisen
, sagte der CDU-Politiker in einem Interview dem RedaktionsNetzwerk Deutschland
(RND). In der englischen Hauptstadt finden die beiden Halbfinals und das Endspiel der Fußball-Europameisterschaft statt. dpa
Curevac-Vorsitzender sieht Impfstoff zu Unrecht in der Kritik
Die vorläufig geringe Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs von Curevac steht nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden Franz-Werner Haas zu Unrecht in der Kritik. Kein anderes Vakzin sei an so vielen Virusvarianten getestet worden, sagte Haas im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Es ist faktisch eigentlich nicht korrekt, die Zahl der vorläufigen Wirksamkeit unseres Corona-Impfstoffs und die Zahlen zur Wirksamkeit anderer Impfstoffe nebeneinander zu stellen
, sagte Haas. In der Studie zum Corona-Impfstoffkandidaten CVnCov seien 29 Virusvarianten enthalten. Das ursprüngliche Virus, der Wildtyp, spiele kaum mehr eine Rolle. Die Zahlen zur Wirksamkeit der anderen Impfstoffe sähen vermutlich anders aus, wenn man deren Studien zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt hätte.
dpa
Maskenstreit um Minister Jens Spahn:
Noch schlechter als behauptet
Das Gesundheitsministerium hat Corona-Masken nachlässig geprüft. Die interne Test-Anleitung zeigt nun, wie viele Schritte dabei wirklich fehlten.
Das Gesundheitsministerium hat Corona-Schutzmasken für Arztpraxen, Pflegeheime und andere Einrichtungen noch weniger sorgfältig getestet, als es selbst seit Tagen behauptet. Das geht aus der Test-Anleitung für sogenannte CPI-Masken hervor. Das Ministerium von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das Dokument lange unter Verschluss gehalten, veröffentlichte es am Donnerstag kurzzeitig auf seiner Homepage, entfernte es dann aber kommentarlos wieder. Nur über den Google-Zwischenspeicher war es am Freitag weiterhin abrufbar.
Es geht dabei um Masken, die das Ministerium im Frühjahr 2020 importieren ließ, also zu Beginn der Coronapandemie. Auf dem Markt gab es damals zu wenige Masken, die nach der europäischen CE-Norm geprüft und damit garantiert sicher waren. Die Bundesländer hatten deshalb ein temporäres, abgespecktes Testverfahren entwickelt (CPA-Verfahren
). Das Gesundheitsministerium wiederum entwickelte für seine Masken gemeinsam mit dem TÜV Nord einen noch weniger strengen Test, das CPI-Verfahren.
Der genaue Ablauf des Tests war bisher unbekannt. Die Anleitung, den sogenannten Prüfgrundsatz, wollte das Ministerium auf Presseanfragen hin nicht veröffentlichen. Einige Angaben machte es nur in einem am letzten Wochenende veröffentlichten Faktenblatt
. Die CPI-Prüfung sei so gut wie deckungsgleich mit der CPA-Prüfung, heißt es darin. Nur ein unnötiger Prüfschritt fehle komplett, ein anderer sei gleichwertig ersetzt. Wie die nun öffentlich gewordene Testanleitung zeigt, stimmt das nicht. Die Prüfverfahren unterscheiden sich in vier Punkten ganz wesentlich.
Kennzeichnung: Das CPA-Verfahren der Länder sah vor, dass Hersteller und Modell auf den Masken oder der Verpackung korrekt angegeben sein müssen. Auch eine kurze Anleitung zum An- und Ablegen war Pflicht. Außerdem durften die Masken nicht fälschlicherweise als nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken gekennzeichnet sein.
Auch im CPI-Prüfgrundsatz gibt es dieses Kapitel. Darüber steht jedoch: Das Ergebnis wird nur notiert und hat keine Auswirkung auf das endgültige Testergebnis. Das Verbot eines falschen CE
- oder FFP2
-Aufdrucks ist gar nicht explizit aufgeführt. Dabei sind die Angaben wichtig, damit sich Nutzer*innen nicht in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie gefälschte oder mangelhafte Masken erhalten haben.
Festigkeit: Im CPA-Verfahren wird mit einem starken Pinsel zehn Mal über die Maskeninnenseite gestrichen. Es dürfen sich keine Partikel oder Fasern lösen.
Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. Beschaffenheit und Festigkeit werden während weiterer ausführlicher Prüfungen getestet
, steht an der entsprechenden Stelle nur. Im weiteren Verlauf taucht aber kein Prüfschritt auf, der den Pinseltest ersetzen kann.
Gebrauchssimulation: Der Kern beider Testverfahren ist die Prüfung der Filterwirkung. Mit Kochsalzlösung wird geprüft, wie viele Partikel die Filter durchlassen. Im CPA-Verfahren werden die Masken vorher zwanzig Minuten lang durch eine Maschine mit warmer, nasser Luft beatmet. Die Filter müssen in der Praxis schließlich auch noch funktionieren, wenn die Maske schon eine Weile in Gebrauch war.
Im CPI-Verfahren fehlt dieser Schritt. Das Gesundheitsministerium hatte das in seinem Faktenblatt
zwar schon zugegeben, aber behauptet, feuchtigkeitsabweisende Eigenschaften
würden anderweitig geprüft. Durch einen nicht näher beschriebenen Test werde geprüft, ob die Filter der Masken bei Kontakt mit Aerosolen durchfeuchtet werden und damit die Schutzwirkung eingeschränkt ist
. Das stimmt aber nicht. Der Kochsalz-Test wird laut Prüfgrundsatz mit fabrikfrischen
Masken durchgeführt. Eine andere spezielle Feuchtigkeitsprüfung wird nicht aufgeführt.
Temperaturkonditionierung: Im CPA-Verfahren werden die Masken vor dem Test mit der Kochsalzlösung auch 24 Stunden bei 70 Grad gelagert. Laut Arbeits- und Sozialministerium sollen sie dadurch voraltern. So wird geprüft, ob die Masken auch noch gut genug sind, nachdem sie längere Zeit unter schlechten Bedingungen transportiert oder gelagert wurden.
Auch dieser Schritt fehlt im CPI-Verfahren. Wie gesagt: Der Kochsalz-Test wird hier an fabrikneuen Masken durchgeführt. Immerhin: Zumindest diesen fehlenden Schritt hatte das Gesundheitsministerium auch schon in seinem Faktenblatt angegeben – mit der Rechtfertigung, im Pandemie-Alltag trage niemand seine Maske bei 70 Grad.
Seit Tagen in der Kritik
Jens Spahn und sein Gesundheitsministerium stehen im Zusammenhang mit den CPI-Masken seit Tagen in der Kritik. Die nach dem niedrigen Standard getesteten Masken hatte das Ministerium unter anderem an die Bundesländer, die Kassenärztlichen Vereinigungen, Pflegeheime und Asylunterkünfte geliefert.
Die Verteilung startete, als es zu Beginn der Pandemie noch an ordentlich geprüften Masken mangelte. Sie lief aber auch noch im Herbst und Winter, als es eigentlich schon genügend nach CE-Norm geprüfte FFP2-Masken gab, auch aus deutscher Produktion.
Für Empörung hatte vergangene Woche ein Spiegel-Bericht gesorgt, demzufolge das Ministerium restliche CPI-Masken noch Anfang 2021 an Obdachlose und Menschen mit Behinderung verteilen wollte. Das scheiterte allerdings am Veto des Sozialministeriums. Inzwischen sind übriggebliebene Masken in der nationalen Reserve eingelagert. BERLIN taz
Weniger Biontech-Impfstoff im Juli
Der Impfstoffhersteller Biontech wird seine Impfstofflieferungen für Deutschland im Juli deutlich reduzieren. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch aus Kreisen der Gesundheitsministerkonferenz bestätigt, die per Videokonferenz tagte. Eine Reduzierung der Biontech-Lieferungen war für das dritte Quartal bereits vor längerer Zeit angekündigt worden, allerdings nur ein leichter Rückgang.
Das Bundesministerium prognostiziert nun für die erste volle Juliwoche (KW 27) 3,2 Millionen Biontech-Dosen - nach 5,7 Millionen für die letzte Juniwoche. Einem Bericht des Magazins Business Insider
zufolge soll die Impfstoffmenge in der zweiten Juliwoche auf drei Millionen Dosen reduziert werden. Im Internet nennt das Bundesministerium für die zweite bis vierte Juliwoche diese Zahl auch offiziell, allerdings in Klammern gesetzt. dpa
Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland sinkt auf 11,6
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 1330 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Donnerstagmorgen hervor. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 3187 Ansteckungen gelegen. Deutschlandweit wurden nun den Angaben nach binnen 24 Stunden 105 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 94 Tote gewesen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Donnerstagmorgen mit bundesweit 11,6 an (Vortag: 13,2; Vorwoche: 19,3). Das Institut zählte seit Beginn der Pandemie 3.718.955 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.594.700 an.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Mittwochabend bei 0,71 (Vortag: 0,72). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 71 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Immunologen: Müssen uns wegen Delta auf Corona-Welle im Herbst vorbereiten
Immunologen fordern die Politik auf, sich angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante insbesondere an den Schulen intensiv auf eine neue Corona-Welle im Herbst vorzubereiten. Es ist fest davon auszugehen, dass spätestens im Herbst die Delta-Variante die dominierende Variante in Deutschland sein wird
, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), Carsten Watzl, der Zeitung Augsburger Allgemeinen
.
Wenn sehr viele Kinder nicht geimpft sind und die Delta-Variante im Herbst kommt, droht in den Schulen wieder ein stärkeres Ausbruchsgeschehen.
Man müsse sich daher schon jetzt an Konzepte wie Luftfilter machen, um nicht im Herbst wieder die Schulen zumachen zu müssen. Watzl verweist darauf, dass der Anstieg der Inzidenzzahlen in Großbritannien größtenteils auf Schulkinder zurückgehe, für die es zum Teil noch gar keine Impfstoffe gebe. Reuters
RKI registriert 1455 Corona-Neuinfektionen - Inzidenz bei 13,2
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 1455 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Mittwochmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.11 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 3254 Ansteckungen gelegen. Deutschlandweit wurden nun den Angaben nach binnen 24 Stunden 137 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 107 Tote gewesen. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 90.074 angegeben.
Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Dienstagmorgen mit bundesweit 13,2 an (Vortag: 15,5; Vorwoche: 20,8). Das Institut zählte seit Beginn der Pandemie 3.717.625 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.590.900 an.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Dienstagnachmittag bei 0,72 (Vortag: 0,77). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 72 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Sputnik-Zulassung verzögert sich voraussichtlich bis September
Die Zulassung des russischen Corona-Impfstoffes Sputnik V in der EU verschiebt sich deutschen Regierungskreisen zufolge voraussichtlich auf September, vielleicht sogar auf Ende des Jahres
. Der Grund sei, dass der russische Hersteller bislang nicht die nötigen Daten der klinischen Studien bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA eingereicht habe, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus Regierungskreisen. Das klinische Dossier habe eigentlich bis 10. Juni vorliegen sollen.
In Deutschland hatten etliche Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und ostdeutsche Landeschefs einen Einsatz von Sputnik V gefordert - allerdings erst, wenn die Zulassung durch die EMA vorliegt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte bei einem Besuch in Moskau gesagt, dass Deutschland insgesamt 30 Millionen Sputnik-V-Impfdosen habe kaufen wollen - im Juni, Juli und August. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zurückhaltend auf die Äußerung reagiert und früher bereits darauf verwiesen, dass der Hersteller der EMA bisher nicht alle nötigen Daten für eine Zulassung übermittelt habe.
Der russische Staatsfonds RDIF, der Sputnik V vertreibt, lehnte zunächst eine Stellungnahme ab. Von der EMA war vorerst keine zu erhalten. Reuters
Mehr Gewalt gegen Bahnbeschäftigte im Corona-Jahr 2020
Die Gewalt gegen Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter hat im Corona-Jahr 2020 zugenommen. So gab es im vergangenen Jahr 2070 Gewaltdelikte gegen Zugbegleiter und andere Bahn-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter - 421 mehr als im Vorjahr. Das geht aus der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
2019 waren es demnach 1649 solche Gewaltstraftaten gegen Bahnbeschäftigte. 2018 waren es erst 1344. Im Jahr 2021 waren es allein in den ersten vier Monaten bereits 744 Gewalttaten. Die Antwort beruht auf Daten der Bundespolizei.
Gegen Beschäftigte anderer Bahnunternehmen gab es 2018 170, 2019 305 und 2020 443 Übergriffe; in den ersten vier Monaten 2021 waren es 153.
Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, sagte: Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn ist vollkommen inakzeptabel.
Den Bahnbeschäftigten wurden mit der Durchsetzung der Maskenpflicht faktisch polizeiliche Aufgaben aufgebürdet.
Einer 2019 veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag des Beamtenbunds dbb zufolge werden Beschäftigte bei Polizei, Rettungsdienst oder Nahverkehr häufig beschimpft oder angegriffen. Insgesamt hatten 48 Prozent der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nach eigenen Angaben bei der Arbeit schon einmal einen Übergriff auf sich erlebt. Beleidigungen kamen dabei am häufigsten vor, bei 89 Prozent der Betroffenen. Es folgen Anschreien (68 Prozent), körperliches Bedrängen (31 Prozent) und Schläge (17 Prozent). dpa
Schon 52 Corona-Fälle bei der Copa América
Zwei Tage nach dem Auftakt der Copa América gibt es bei dem südamerikanischen Kontinentalturnier bereits Dutzende Corona-Fälle. 52 Fußballspieler und Mitarbeiter seien positiv getestet worden, berichtete die Sportzeitung Lance
am Dienstag unter Berufung auf das brasilianische Gesundheitsministerium. Allein in der venezolanischen Delegation hatten sich zuletzt rund ein Dutzend Spieler und Mitarbeiter infiziert.
Die Copa América hatte am Sonntag begonnen. Das südamerikanische Kontinentalturnier war erst von wenigen Wochen nach Brasilien verlegt worden, nachdem Argentinien wegen der zweiten Corona-Welle als Ausrichter abgesprungen war. Der südamerikanische Fußballverband Conmebol geriet daraufhin in die Kritik, denn auch Brasilien ist noch immer ein Corona-Brennpunkt: Über 17,5 Millionen Menschen haben sich dort nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 490.000 Menschen sind im Zusammenhang mit Covid-19 bisher gestorben. dpa
Mehrheit für Aufhebung der Maskenpflicht in Schulräumen
Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Aufhebung der Maskenpflicht in Unterrichtsräumen an Schulen. In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich 59 Prozent dafür aus. 31 Prozent lehnen dies ab. 10 Prozent machten keine Angaben. Frauen befürworten eine Aufhebung mit 62 Prozent etwas stärker als Männer mit 56 Prozent.
Der Deutsche Lehrerverband hatte sich gegen eine schnelle Aufhebung der Maskenpflicht an den Schulen ausgesprochen. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Berlin, er rate insbesondere während des Unterrichts zu größtmöglicher Vorsicht
. Das Virus ist ja noch nicht von der Bildfläche verschwunden.
Maskenpflicht und auch regelmäßige Tests sollten im auslaufenden Schuljahr bleiben. dpa
Kassenärzte-Chef nennt Kinderimpfungen auf breiter Basis rücksichtslos
Andreas Gassen, Orthopäde und Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV), spricht sich gegen das flächendeckende Impfen von Kindern und Jugendlichen aus. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung
sagte er: Das Impfrisiko ist für gesunde Kinder und Jugendliche, auch wenn es sehr gering ist, wohl höher als das einer Coronainfektion.
Und weiter: Wenn mein Kind zwölf oder dreizehn und gesund wäre, würde ich es nicht impfen lassen.
Seine Einschätzung decke sich mit der Haltung der Stiko, sagte Gassen. Die Impfkommission hatte zuletzt eine Empfehlung Impfungen für Jugendliche ab 12 Jahre nur mit Einschränkungen gegeben. Vor allem vorerkrankte Jugendliche sollten geimpft werden.
Gassen warnte davor, in der Pandemie erneut Kinder und Jugendliche zu Leidtragenden zu machen. Es sei falsch, mit Impfungen bei ihnen die Herdenimmunität absichern zu wollen.
Er sagte im Interview: Wenn wir in drei, vier Monaten feststellen, wir haben eine Durchimpfung von 70 bis 75 Prozent der erwachsenen Bevölkerung erreicht, damit praktisch keine schweren Erkrankungen mehr, nur noch wenig Hospitalisierungsfälle, und nur in der Gruppe der Sechs- bis Zwölfjährigen ist die Inzidenz relativ hoch - dann wird man das aus meiner Sicht einfach hinnehmen müssen.
Angesichts der immer noch knappen Impfstoffe, so kritisiert Gassen, sei es ohnehin zu früh, Jugendliche in die Impfkampagne einzubeziehen. Tgs
Pflegebevollmächtigter rät zu Augenmaß bei Lockerung
In der Debatte über ein Ende der Maskenpflicht warnt der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, vor einer übereilten Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen in Betreuungseinrichtungen. Wenn wir jetzt die Bremse ganz loslassen, kann es sein, dass wir wieder von der Straße in Richtung Normalität abkommen
, sagte Westerfellhaus den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Westerfellhaus sagte zur Begründung, nicht alle Pflegekräfte, Bewohner und Besucher seien geimpft. Lockerungen in Pflegeeinrichtungen wie etwa die Aufhebung der Maskenpflicht müssten daher mit Augenmaß erfolgen
. Mit Blick auf die aktuelle Diskussionen über eine weitreichende Aufhebung der Corona-Auflagen erklärte er, trotz sinkender Fallzahlen sollte der besonderen Situation in Pflegeeinrichtungen weiterhin unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit gelten
.
Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte anhaltende Vorsichtsmaßnahmen, zugleich aber auch bessere Bedingungen für Pflegebedürftige in den Einrichtungen. Klar ist, dass der Infektionsschutz und die Freiheitsrechte von Heimbewohnern im Einklang miteinander stehen müssen
, sagte Brysch den Funke-Zeitungen. Besuche, Zusammenkünfte und Feste für vollständig Geimpfte oder Getestete müssten bedingungslos möglich sein
. Um den Schutz der Hochrisikogruppe weiter sicherzustellen, bleibe aber eine Testpflicht für ungeimpfte Mitarbeiter und Besucher unerlässlich, sagte Brysch.
Der Vizepräsident des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, Stefan Werner, sagte, trotz rückläufiger Inzidenzen sei in den Pflegeeinrichtungen noch keine Rückkehr zum Normalzustand möglich. Die Einrichtungen sorgten aber dafür, dass die Isolation von Betreuten so weit als möglich
vermieden und beispielsweise Mahlzeiten in den meisten Einrichtungen wieder gemeinsam eingenommen werden könnten. [Quell: AFP
Studie: Zwei Impfstoff-Dosen verhindern schwere Verläufe bei Delta-Variante
Mit einer vollständigen Corona-Impfung lassen sich laut einer britischen Studie auch bei der Delta-Variante des Coronavirus schwere Krankheitsverläufe vermeiden. Zwei Dosen des Wirkstoffs von Pfizer/Biontech verhinderten der am Montag vorgestellten Studie der Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) zufolge in 96 Prozent der Fälle eine stationäre Behandlung. Für das Vakzin von Astrazeneca lag die Quote bei 92 Prozent.
Die Wirksamkeit des Impfstoffs für die Delta-Variante sei demnach vergleichbar mit jener für den Alpha-Virusstamm, teilte PHE mit. Diese enorm wichtigen Ergebnisse bestätigen, dass die Impfstoffe bei der Delta-Variante einen signifikanten Schutz vor Krankenhausaufenthalten bieten
, erklärte Mary Ramsay, Leiterin der Abteilung Immunisierung am PHE. Für die Studie wurden in England 14.019 Infektionsfälle mit der Delta-Variante zwischen dem 12. April und dem 4. Juni untersucht.
Früheren Untersuchungen zufolge ist eine einzelne Impfstoffdosis bei der erstmals in Indien aufgetretenen Variante 17 Prozent weniger wirksam als bei der Alpha-Variante. Den neuesten Erkenntnissen zufolge ist der Unterschied nach zwei Dosen jedoch gering. AFP
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf 16,6
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen ist weiter gesunken und liegt nun bei 16,6 Fällen pro 100.000 Einwohner. Wie das Robert-Koch-Institut am Montagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter meldete, wurden innerhalb eines Tages 549 Neuinfektionen sowie zehn Todesfälle in Verbindung mit dem Virus registriert.
Am vergangenen Montag waren 1117 Neuinfektionen gezählt worden. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag vor einer Woche bei 24,3. Der Wert ist ein wesentlicher Maßstab für die Verschärfung oder Lockerung von Corona-Auflagen. Sie gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche an. Die Zahl der Neuinfektionen liegt in der Regel am Wochenende und am Montag niedriger als im Wochendurchschnitt, weil an den Wochenenden weniger getestet wird und weniger Testergebnisse übermittelt werden.
Die Gesamtzahl der verzeichneten Corona-Fälle in Deutschland seit Beginn der Pandemie liegt nach Angaben des RKI mittlerweile bei 3.715.518. Die Zahl der insgesamt registrierten Todesfälle stieg auf 89.844. Die Zahl der von einer Covid-19-Erkrankung Genesenen bezifferte das RKI auf 3.580.600. Tgs, RKI
US-Klinik droht bei Nicht-Impfung mit Entlassung
Eine US-Richterin hat eine Klage von mehr als hundert Angestellten eines der größten Krankenhäuser des Bundesstaates Texas gegen eine faktische Impfpflicht an ihrem Arbeitsplatz abgeschmettert. Eine Covid-19-Impfung ist keine illegale Handlung und wird nicht strafrechtlich geahndet
, erklärte Bundesrichterin Lynn Hughes am Samstag (Ortszeit).
Hughes rügte zudem die Initiatorin des Protests, die Pflegerin Jennifer Bridges, für die Aussage, dass die Drohung mit Entlassung bei einer Impfverweigerung wie medizinische Zwangsexperimente während des Holocausts
sei. Die Gleichsetzung der Impfpflicht mit medizinischen Experimenten in Konzentrationslagern ist verwerflich,
erklärte die Richterin. Bridges und 116 weitere Mitarbeiter des Houston Methodist Hospital in der texanischen Hauptstadt hatten Klage gegen ihren Arbeitgeber eingereicht, weil dieser eine Frist für eine erste Impfung gesetzt hatte. Bei Verstreichenlassen droht den Mitarbeitern die Kündigung. Bridges und ihre Kollegen hatten argumentiert, dies sei illegal, weil die Impfstoffe lediglich eine Notfallzulassung hätten.
In den USA haben bisher 173 Millionen Menschen, mehr als 50 Prozent der Bevölkerung, mindestens eine Dosis eines Covid-19-Impfstoffs erhalten. Umfragen zeigen jedoch, dass Mitarbeiter im Gesundheitswesen zu den größten Impfskeptikern des Landes gehören. AFP
Maskenpflicht in Dänemark so gut wie vorbei
Die Däninnen und Dänen müssen von nun an kaum noch Mund-Nasen-Schutz tragen. Die seit Monaten im Kampf gegen das Coronavirus geltende Pflicht zum Tragen einer Maske oder eines Visiers ist zum Montag für fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens aufgehoben worden. Darauf hatten sich die Regierung und der Großteil der Parlamentsparteien geeinigt. Einen solchen Corona-Schutz muss man in Dänemark jetzt nur noch im öffentlichen Nahverkehr tragen, wenn man dort nicht sitzt. Bis zum 1. September soll die Maske dann gänzlich verschwinden.
Dänemark hatte seinen schrittweisen Weg aus den Corona-Maßnahmen schon im Frühjahr eingeleitet. Seitdem sind zahlreiche Beschränkungen im Land zurückgefahren worden, so dass mittlerweile im Grunde alles wieder offen ist bis auf die Diskotheken, die nun voraussichtlich Anfang September öffnen dürfen.
Die Zahl der Neuinfektionen war in Dänemark im Zuge der Lockerungen leicht gestiegen, allerdings nicht in die Höhe geschossen. Seit einigen Tagen sinkt die Inzidenz wieder: Am Sonntag wurden nur 315 nachgewiesene Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden gemeldet - das war der niedrigste Wert seit Mitte Februar. Allerdings wurden auch weniger Menschen als normalerweise getestet. Bei den jüngsten Vergleichszahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC lag Dänemark bei einer 14-Tages-Inzidenz von rund 215, was dem höchsten Wert im Europäischen Wirtschaftsraum entsprach. Allerdings sind die Werte in zahlreichen weiteren Ländern auch zuletzt rapide gesunken. dpa
Bundesrechnungshof: Kritik an Spahns Geldverschwendung
Apotheker hätten von der Maskenabgabe übermäßig profitiert, teuer finanzierte Intensivbetten seien nicht auffindbar. Das sind zwei der Kritikpunkte des Bundesrechnungshofs an Gesundheitsminister Spahn. Der Bundesrechnungshof (BRH) hat am Mittwoch dem Haushaltsausschuss des Bundestags seinen ersten umfassenden Bericht über die Corona-Ausgaben der Bundesregierung vorgelegt. Im Zentrum steht dabei das Gesundheitsministerium (BMG) unter Jens Spahn.
Das BMG habe nicht nachvollziehbar hohe Preise für Masken an Apotheker bezahlt und Fehlanreize für Ausfallpauschalen bei Kliniken geschaffen, urteilen die Rechnungsprüfer. Der 42 Seiten umfassende Bericht ist noch nicht öffentlich, liegt NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung
aber vor.
Apothekenpreise
für Masken
Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder hatten am 16. November 2020 beschlossen, dass besonders vulnerable Personengruppen mit kostenlosen FFP2-Masken versorgt werden sollen. Das BGM hatte daraufhin eine Verordnung erlassen, nach der die Masken über Apotheken abgegeben werden. Die Apotheker erhielten dafür pro Maske zunächst sechs Euro, ab Februar 2021 dann 3,90 Euro.
Der Bundesrechnungshof kritisiert die Preise als völlig überteuert. Eine Preisanalyse des BMG im November habe ergeben, dass Schutzmasken mit nachweislicher Zertifizierung zu einem durchschnittlichen Preis von 1,62 Euro erhältlich waren
. Warum das BMG den Apothekern dennoch sechs Euro zahlte, sei nicht nachvollziehbar. Eine begründende Preisanalyse für die Festlegung dieses Erstattungsbetrags konnte das BMG nicht vorlegen
, schreibt der Rechnungshof.
Als das Ministerium im Februar schließlich den Erstattungspreis auf 3,90 Euro absenkte, war auch das nach Ansicht des Rechungshofes unverständlich, weil zu diesem Zeitpunkt Masken im Einzelhandel bereits unter einem Euro angeboten wurden. Kritik äußern die Prüfer auch daran, dass sich die Spitze des Gesundheitsministeriums über die Bedenken der hauseigenen Fachleute hinweggesetzt
habe, die vor unkalkulierten Folgekosten
warnten.
2,1 Milliarden Euro für Masken
Insgesamt flossen bei der Maskenaktion 2,1 Milliarden Euro an die Apotheker. Das heißt, jede Apotheke in Deutschland bekam im Schnitt mehr als 100.000 Euro - kein Wunder, dass der Rechnungshof hier eine deutliche Überkompensation zu Gunsten der Apotheken
sieht. Das BMG kommt in dem Bericht auch zu Wort. Zur Maskenabgabe über die Apotheker nimmt dass BMG für sich in Anspruch, dass für die Umsetzung nur vier Wochen zur Verfügung standen
und der Preis wesentlich auf einer Markterhebung
beruhe.
Falsche Anreize für Kliniken?
Im zweiten Teil des Berichts bewertet der Rechungshof die Zahlungen an die Krankenhäuser und speziell die Anreize für die Schaffung neuer Intensivbetten. Für die Behandlung von Patientinnen und Patienten hatten die Kliniken im Jahr 2020 schon von den gesetzlichen Krankenkassen 1,3 Milliarden mehr bekommen als im Jahr zuvor, obwohl die Betten um knapp acht Prozent weniger ausgelastet waren.
Zusätzlich erhielten die Kliniken 10,2 Milliarden Euro aus Steuermitteln als Ausgleichszahlungen für verschobene oder ausgesetzte Eingriffe. Auch das stellt für den Bundesrechnungshof eine massive Überkompensation der Krankenhäuser aus Steuermitteln dar. Außerdem mahnen die Prüfer, dass Unterstützungsleistungen nach dem Gießkannenprinzip
künftig vermieden werden sollten.
Das Gesundheitsministerium räumt in diesem Punkt immerhin ein, von März bis Juli 2020 zu viel Geld ausgegeben zu haben. Seit November erhalten Kliniken die Ausgleichszahlungen nur noch, wenn die freien Intensivbetten in der Region weniger als 25 Prozent betragen, die Auslastung also sehr hoch ist. Hierin sieht der Rechnungshof einen gefährlichen Fehlanreiz, die Zahl der freien Intensivbetten künstlich nach unten zu rechnen.
Der Bericht zitiert in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom 11. Januar dieses Jahres ans Gesundheitsministerium. Dabei äußerte das RKI die Vermutung, dass Krankenhäuser zum Teil weniger intensivmedizinische Behandlungsplätze meldeten, als tatsächlich vorhanden waren.
Nach Ansicht des RKI seien die ans DVI-Zentralregister gemeldeten Daten daher nicht mehr für eine Bewertung der Situation geeignet
, schreibt der Rechnungshof. Im Klartext heißt das: Die Zahlen der freien Intensivbetten könnten tatsächlich höher gewesen sein als ausgewiesen. Die Auslastung der Intensivstationen aber war (und ist) neben den Inzidenz-Werten ein magnetisches Kriterium der Bundesregierung dafür, wie streng oder locker die Corona-Maßnahmen gefasst werden.
Betten nicht auffindbar
In einem dritten Punkt analysiert der Bericht die Schaffung neuer Intensivbetten. Von März bis September 2020 habe der Bund jedes neue Intensivbett mit 50.000 Euro zusätzlich finanziert. Insgesamt wurden von den Krankenhäusern dafür knapp 700 Millionen Euro abgerufen. Teilt man die Summe durch den Zuschuss pro Bett müsste es jetzt 13.700 neue Intensivbetten in Deutschland geben - doch die kann der Rechnungshof nicht finden. Ein solcher Kapazitätszuwachs ist aus den vorliegenden Statistiken indes nicht abzulesen
, schreiben die Rechnungsprüfer.
Das Gesundheitsministerium rechtfertigt sich damit, dass für Intensivbetten bis Frühjahr 2020 keine einheitliche Definition existierte.
Von Markus Grill, NDR/WDR
Schwerere Krankheitsverläufe in China bei Infektionen mit Delta-Variante
Ärzte im Südosten Chinas berichten von schwereren Krankheitsverläufen bei Patienten, die sich mit der Delta-Variante des Coronavirus infiziert haben, im Vergleich zur Ursprungsvariante. Das berichtet die New York Times
. Die Patienten würden kränker und ihr Zustand verschlechtere sich viel schneller. Das hätten Ärzte am Donnerstag und Freitag dem staatlichen Fernsehen in China gesagt. Die Viruskonzentrationen im Körper steige auf höhere Werte als bisher und sinke dann nur langsam.
Bis zu 12 Prozent der Patienten werden innerhalb von drei bis vier Tagen nach Einsetzen der Symptome schwer oder sehr schwer krank, zitiert die Zeitung den Direktor der Intensivmedizin an der Sun Yat-sen-Universität in der Stadt Guangzhou, wo sich der Ausbruch konzentriert habe. In der Vergangenheit habe der Anteil 2 oder 3 Prozent betragen, gelegentlich aber auch bis zu 10 Prozent.
Die WHO hatte einen Strang der zuerst in Indien entdeckten Corona-Variante B.1.617, nämlich die Unterlinie Delta, als besorgniserregend
eingestuft. Bei den beiden weiteren Strängen der Mutante sei ein geringeres Ansteckungsrisiko beobachtet worden. Die Variante B.1.617 wird wegen ihrer Zersplitterung in drei Stränge auch als Dreifach-Mutante bezeichnet.
In Untersuchungen sei deutlich geworden, dass mit der als Delta bekannten Unterlinie B.1.617.2 ein höheres Risiko für die Allgemeinheit verbunden ist. Tsp, AFP
Mehr als fünf Millionen Corona-Infektionen in Afrika
Die Zahl der Corona-Infektionen in Afrika hat am Samstag die Schwelle von fünf Millionen überschritten. Bis zum frühen Nachmittag wurden laut einer auf Angaben staatlicher Stellen in 54 Ländern beruhenden Zählung der Nachrichtenagentur AFP 5.008.656 Ansteckungen registriert. Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass dies nur ein Bruchteil der wirklichen Infektionen ist - Experten gehen in den meisten armen Ländern Afrikas von einer extrem hohen Dunkelziffer aus.
Afrika ist inzwischen der einzige Kontinent, auf dem die Corona-Pandemie noch zunimmt. Derzeit steigt die Zahl der wöchentlichen Infektionen um rund 30 Prozent. Weltweit dagegen sanken die Neuinfektionen bereits die sechste Woche in Folge. 8Quelle: AFP
Zwei weitere Watschen für Jens Spahn:
Schummelei-Verdacht bei Intensivbetten – wie konnte es soweit kommen?
Fast 14.000 Betten für Intensivpatienten sollten Krankenhäusern durch die Corona-Wellen helfen. Doch kann das Spahn-Ministerium nicht prüfen, ob es sie gibt. Es ging in der Kritik über die zu hohen Erstattungsbeträge für die Masken-Verteilaktion in Apotheken fast unter: Der Bundesrechnungshof (BRH) hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zwei weitere Watschen erteilt.
Neben den 10,2 Milliarden an Ausgleichszahlungen für coronabedingte Umsatzausfälle an die Krankenhäusern alleine für 2020, kritisierte der Bericht auch die Zahlungen für den Aufbau von Intensivbetten.
700 Millionen Euro wies der Bund per Verordnung an. 13.700 zusätzliche Betten für intensivpflichtige Patient:innen sollten dadurch geschaffen werden und ein Polster für die Spitzen der Corona-Wellen bieten. Nur: Ob die bereits bezahlte Leistung tatsächlich abgeliefert wurde wie bestellt, ist nicht nachvollziehbar.
Das liegt vor allem an Definitionsschwierigkeiten um die Frage, was denn ein Intensivbett ausmacht und wie viele davon ein Krankenhaus zur Verfügung hat. Denn die Bundesländer nutzen für ihre Statistiken unterschiedliche Definitionen. Durch einen Bericht der Bild
-Zeitung waren Vorwürfe laut geworden, die Krankenhäuser hätten Auslastungsquoten künstlich hoch gehalten, um mehr Kompensation zu kassieren.
Vielversprechend
sei das Programm zunächst gewesen, so die Rechnungsprüfer. Denn angesichts möglicher zukünftiger Epidemien könnten mehr Intensivbetten langfristig das Gesundheitssystem krisenfester machen. Genau deshalb aber ist es so wichtig, dass diese Betten tatsächlich existieren.
Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass das BMG bis heute nicht in der Lage ist, die Zahl der tatsächlich aufgestellten Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit verlässlich zu beziffern
, heißt es deshalb im Bericht. Außerdem sind Kontroll‐ und Rückforderungsmöglichkeiten nicht vorgesehen. Das Ministerium wird also bezichtigt, Gelder mit der Gießkanne verteilt zu haben.
Diese Kontrollschwierigkeiten wurzeln in einem ganz pragmatischen Problem: Ein Intensivbett ist nicht gleich ein Intensivbett. Betten etwa für Intensivpatient:innen nach einer Herz-OP oder Kinderintensivbetten sind nicht für die Versorgung von Corona-Patient:innen mit schweren Verläufen geeignet – entweder, weil sie in Abteilungen stehen, die nicht coronasicher sind, oder weil die Ausstattung schlicht nicht geeignet ist.
Die im Register der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) verzeichneten Krankenhäuser haben keine einheitliches, differenziertes System für diese Unterscheidungen. Aus diesen Definitionsschwierigkeiten resultierte teilweise der Vorwurf an das Divi-Register, Zahlen manipuliert zu haben.
Denn im August 2020 sanken plötzlich die Zahl der Intensivbetten. Der Internist Matthias Schrappe warf der Divi daraufhin Manipulation vor. Die wies das gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften zurück und erklärte die Änderung der Zahlen mit neuen Kriterien für die Statistik. So seien etwa Kinderintensivbetten aus der Zählung gefallen.
Genau zu diesem Punkt verteidigte sich das BMG in einem Faktenblatt
am Freitag und reagierte damit auf die Vorwürfe des BRH. Denn auch die milliardenhohen Ausgleichszahlungen für freigehaltene Betten und Umsatzausfälle wegen abgesagter Operationen hingen zumindest teilweise an der Auslastungsquote der Intensivkapazitäten.
Die Auslastung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten in den einzelnen Landkreisen ist nur einer von mehreren Parametern im Rahmen der komplexen Systematik der Ausgleichszahlungen
, heißt es in der Mitteilung.
Spahn bat die Länder um sauber erfasste Daten
Damit reagierte das Ministerium auf Passagen im Rechnungshofbericht die sich auf Warnungen des Robert Koch-Instituts (RKI) bezogen. Das stand auf dem Standpunkt, dass die gemeldete Zahl der Intensivkapazitäten nicht zur Bemessung geeignet sei.
Außerdem bestünde bei diesem Vorgehen die Gefahr, dass potentielle Zahlungsempfänger die Zahlungsparameter beeinflusst hätten, so der Bericht – also etwa die Deutsche Krankenhausgesellschaft Einfluss auf das BMG genommen hat. Auf Kriterien wie die Sieben-Tage-Inzidenz aber hätten die Krankenhäuser keinen Einfluss, konterte das BMG.
Außerdem sei das RKI gebeten, keine weiteren rückwirkenden Anpassungen der gemeldeten ITS-Kapazitäten mehr vorzunehmen, um einen eventuelle Manipulationsverdacht zu unterbinden. Auch habe Spahn gegenüber den Ländern immer wiederum sauber erfasste Zahlen gebeten. Auch hier wiederholt sich der Konflikt zwischen Bund, Ländern und Krankenhäusern, die laut Rechnungsprüfern von Mitnahmeeffekten
profitiert hätten.
Die Intensivmediziner der Divi reagierten am Freitag mit einer ausführlichen Pressemitteilung auf die Vorwürfe, die gemeldeten freien Intensivbetten im Intensivregister könnten durch die meldenden Kliniken künstlich reduziert worden sein: Das Divi-Intensivregister und die hierin abgefragten Daten aller Intensivstationen mit Akutversorgung in Deutschland, rund 1330 an der Zahl, sind und waren zu jeder Zeit belastbar – zur Bewertung der Pandemie und der Lage auf den Intensivstationen.
Die Divi habe keinen Hinweis darauf, dass eine bewusste Falschmeldung der Krankenhäuser erfolgt sei, heißt es weiter. Wir weisen den Verdacht entschieden zurück, Kliniken würden sich im großen Stil durch bewusste Falschmeldungen bereichern.
Die Zahlen aus dem Intensivregister hätten sich stets mit Daten aus weiteren Surveillance-Systemen gedeckt. Entsprechend kann durch diese zahlreichen Mechanismen und Kontrollinstanzen kein Betrug mit Intensivbetten im großen Stil stattgefunden haben
, so die Divi.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bemühte sich bei den Intensivbetten durchaus um Einheitlichkeit, wie aus dem Bericht hervorgeht. Das BMG habe im Sommer 2020 entschieden, dass Krankenhäuser rückwirkend zum Stichtag 1. Januar 2020 tatsächlich aufgestellte, technisch vollständig ausgestattete Low‐Care, High‐Care und ECMO-Behandlungsplätze melden sollten
, heißt es im Bericht.
Diese Bemühungen scheiterten in der Folge anscheinend an Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Krankenhäusern, den Ländern, die für die Krankenhäuser zuständig sind, und dem Bund. Im September 2020 bat das BMG die Länder, die Krankenhäuser darum zu bitten, Korrekturmeldungen zu verschicken um bundesweit einen einheitlichen Stand zu erreichen. Das gelang wohl nicht: Auch danach wurde allerdings bezüglich der Definition Erörterungs- und Klärungsbedarf gesehen
, so die Rechnungsprüfer.
Das Ergebnis: Bis heute kann die aktuelle Zahl der Intensivbetten nicht mit der vor der Pandemie verglichen werden. Dabei ist das eigentlich zwingend notwendig, um zu überprüfen, ob 700 Millionen Euro an Steuergeldern auch das Resultat erzielten, für das sie vorgesehen waren. Die Auszüge aus dem Bericht zeigen auch, dass wohl ein Großteil der Verantwortung bei Ländern und Krankenhäusern lag – oder dass das BMG nicht klar genug kommunizierte, was die Definition für ein Intensivbett ist.
Rückzahlungen zu fordern, wird eine Herausforderung
Die Praxis ist komplex: So rüsteten Krankenhäuser teilweise Low-Care-Behandlungsplätze auf und erhielten dafür den vollen Zuschuss von 50.000 Euro – die gleiche Summe, als wenn sie ein Intensivbett komplett neu eingerichtet hätten. Betrug ist das nicht, höchstens schlechte Regulierung vonseiten des BMG.
Das Fazit des Bundesrechnungshofs ist klar: Es muss Kontrollmechanismen geben und gegebenfalls Rückzahlungsforderungen. Dem Gesundheitsfonds als letztendlichem Kostenträger sei diese Kontrolle aber verwehrt. Rückzahlungen von den Krankenhäusern einzufordern, wird eine Herausforderung, das ist jetzt schon abzusehen. Eine solche Maßnahme müsste über die Länder laufen, die die Kontrollhoheit über die Anträge innehatten.
Die sahen sich bereits mit Klagen von Krankenhäusern überzogen, als einige Länder Antragspapiere für die Aufstockungsförderung als unzureichend bemängelten. Will Spahn also die Forderungen der Rechnungsprüfer erfüllen, wird es auf ein Seilziehen mit den Ländern und der Krankenhauslobby hinauslaufen. Die hatte sogar 85.000 Euro pro Bett gefordert.
Diese Aufgabe wird dann wahrscheinlich Spahns Nachfolger zufallen. Das gilt auch für die zu hohen Erstattungserträge für Schnelltests und die saftige Summe von 18 Euro pro ausgestelltem digitalen Impfpass für Apotheken. Denn pauschale Auszahlungen ohne ausreichende Kontrolle sieht der Bundesrechnungshof gar nicht gerne. tgs, Nantke Garrelts
Millionen Impfdosen von Johnson & Johnson nach Produktionspanne unbrauchbar
Nach einer Produktionspanne in einem US-Werk muss der Corona-Impfstoff-Hersteller Johnson & Johnson Millionen Impfdosen vernichten. Mehrere Chargen im Umfang von jeweils mehreren Millionen Dosen seien wegen einer möglichen Kontamination unbrauchbar, teilte die Arzneimittelbehörde FDA am Freitag mit. Weder die FDA noch der Hersteller nannten eine genaue Zahl. Die New York Times
berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, dass 60 Millionen Impfdosen betroffen seien.
Die Firma Emergent BioSolutions, die in einem Werk in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland das Corona-Vakzin für J&J herstellt, hatte die Produktion im April auf Anordnung der FDA eingestellt, nachdem die Inhaltsstoffe des Präparats aus Versehen mit denen des Vakzins von Astrazeneca vertauscht worden waren.
Derzeit wird geprüft, ob 60 Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs, die in Baltimore produziert wurden, den Qualitätsvorgaben entsprechen. Für zehn Millionen Dosen des Vakzins von Johnson & Johnson erteilte die FDA derweil die Freigabe. AFP
Studie zeigt mehr Infektionen nach Bundesliga-Spielen
Forscher haben einer Zeitung zufolge bei Bundesliga-Fußballspielen ohne Maskenpflicht für die Zuschauer im Stadion eine Zunahme der Infektionszahlen festgestellt. Die Dynamik sei an den Spieltagen im September und Oktober 2020 statistisch signifikant angestiegen, zitierte die Rheinische Post
unter Berufung auf die Studie des RWI-Leibniz Instituts für Wirtschaftsforschung. Der Anstieg habe sich vollständig den Spielen zuordnen lassen, bei denen Schutzmasken lediglich auf den Wegen zum Platz getragen werden mussten. Bei einer Tragepflicht auch am zugewiesenen Platz seien keine erhöhten Infektionszahlen aufgetreten. Reuters
Großbritannien verschiebt Lockerungen wegen Delta-Variante
Angesichts eines starken Anstiegs von neuen Infektionen mit der Delta-Variante des Coronavirus will der britische Premierminister Boris Johnson einer Zeitung zufolge die Einschränkungen im Land verlängern. Diese sollten nicht am 21. Juni, sondern erst am 19. Juli aufgehoben werden, berichtete The Sun
am Freitag. Bei einer niedrigen Zahl von Krankenhausfällen könne es auch eine Öffnung bereits am 05. Juli geben, hieß es. Johnson soll am Montag eine Entscheidung über ein Ende der Maßnahmen bekanntgeben.
Zwar hat in Großbritannien inzwischen mehr als drei Viertel der Bevölkerung mindestens eine Impfdosis erhalten. Trotzdem stieg neusten Daten zufolge die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf 8125. Das ist der höchste Wert seit Ende Februar. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde macht die zuerst in Indien nachgewiesene Mutante inzwischen mehr als 90 Prozent der neuen Fälle auf der Insel aus. Sie ist britischen Experten zufolge 60 Prozent ansteckender als die zunächst vorherrschende Alpha-Variante des Virus. Reuters
Bundesregierung hebt Reisewarnung für Corona-Risikogebiete auf
Nach mehr als einem Jahr hebt die Bundesregierung die generelle Reisewarnung für touristische Reisen in Corona-Risikogebiete ab 1. Juli auf. Nach langen Monaten des Lockdowns dürfen wir uns auf mehr Normalität freuen, das gilt auch für das Reisen
, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas am Freitag zu diesem Schritt. dpa
USA, Österreich und Schweiz für Deutschland keine Risikogebiete mehr
Deutschland streicht die USA, Österreich und die Schweiz von der Liste der Corona-Risikogebiete. Auch Zypern, Kanada und einige griechische Regionen zählten nicht mehr dazu, teilt das RKI mit. Die neuen Regelungen gelten ab Sonntag. Reuters
Auch Nordrhein-Westfalen meldet Quote von 50 Prozent bei Corona-Erstimpfungen
Nach Bremen, Schleswig-Holstein und dem Saarland hat auch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Corona-Impfquote von mehr als 50 Prozent gemeldet. Seit Donnerstag ist dort jeder zweite Bürger mindestens einmal gegen das Virus geimpft, wie die Staatskanzlei in Düsseldorf am Freitag mitteilte. Damit sei das zu Ostern ausgegebene Ziel, bis zu den Sommerferien jedem Zweiten in Nordrhein-Westfalen mindestens eine Corona-Impfung zu ermöglichen, bereits deutlich früher erreicht.
Jetzt haben wir ein wichtiges Versprechen eingelöst, das ich persönlich am Ostermontag gegeben habe
, erklärte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Im 16. Monat der Pandemie sei festzuhalten, dass dieser Sommer ein Wendepunkt
sein wird. Wir werden ein großes Stück unserer gewohnten Normalität zurückgewinnen
, erklärte Laschet.
Vollständig geimpft sind in Nordrhein-Westfalen laut Zahlen des Robert-Koch-Instituts vom Freitag 25,6 Prozent. Damit liegt das Bundesland auf einem der vorderen Plätze. Im Saarland erhielten bereits 29,3 Prozent beide Impfungen, in Hessen erst 22,2 Prozent. AFP
Politische Tricks und ein Brief bringen Gesundheitsministerium in Erklärungsnot
Wie der Spiegel
berichtet, wollte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) von Jens Spahn das Bundesarbeitsministerium (BMAS) dazu bewegen, verkürzt getestete Masken an Behinderte und Obdachlose abzugeben. So soll Spahns Staatssekretär Thomas Steffen seinen Amtskollegen Björn Böhning im Arbeits- und Sozialressort mit dem Angebot gelockt haben, die Ware kostenlos zu liefern, um die Zustimmung des Arbeitsministeriums einzuholen. Das jedoch nur, sofern das BMAS dabei helfe, die rechtlichen Voraussetzungen für die Lieferung jener Ware zu schaffen, so der Spiegel
weiter.
Das BMAS habe sich jedoch dagegen gesperrt. Steffen habe daraufhin am 8. Februar eine Mail geschickt: Mein Minister möchte gern mit Bundesminister Heil und dem positiven Ergebnis unserer gemeinsamen Masken-Anstrengungen das Corona-Kabinett nächsten Montag unterrichten. In der Annahme, dass dies so ok ist, würden wir dann jetzt auch alle unsere Projekte (SodEG. …etc.) ins Umlaufverfahren geben können
, zitiert der Spiegel
.
Böhning habe jedoch abgelehnt: Der Plan des BMG entbehrt jeder fachlichen Grundlage. Ich möchte Sie bitten, diese Verknüpfung zurückzuziehen.
Ein BMG-Sprecher teilte dem Spiegel
auf Anfrage mit, es sei normale Regierungsarbeit, Vorhaben zu bündeln. Letztlich haben sich die zwei Minister auf den Kompromiss, die Masken in der Nationalen Reserve einzulagern, geeinigt, heißt es.
Auch ein Brief an das Bundesgesundheitsministerium bringt Spahn in Bedrängnis. Wie der Spiegel
weiter berichtet, erhebt die Betreiberin einer Pflegeeinrichtung, die Paritätischen Pflege Schleswig-Holstein (Pflege SH), im Zusammenhang mit einem Corona-Ausbruch in der Einrichtung schwere Vorwürfe gegen Spahn.
Im Heim in Boostedt hatten sich im Januar 23 Bewohnerinnen und Bewohner und 10 Angestellte mit Corona infiziert. Fünf Senioren starben dabei. Es ist nicht auszuschließen, dass der Einsatz Ihrer mangelhaften Masken für den Ausbruch mitverantwortlich war
, zitiert der Spiegel
aus dem Brief, den die Pflege SH an Spahn schrieb.
Demnach seien alle Schutzausrüstungen für das Heim stets kontrolliert worden, außer die 1.000 Halbmasken, die am 18. Dezember in einem Hilfspaket des Gesundheitsministeriums geliefert und nach den Angaben im Beipackzettel ausreichend geprüft worden waren. Der nach dem Ausbruch eingeholte Test der Masken ergab, dass keine der Masken die geforderte Filterleistung von 95 Prozent der Partikel erreichte, der schlechteste Wert lag bei nur 79.
So habe das schleswig-holsteinische Gesundheitsministerium am 5. Februar auf seiner Website vor der Benutzung der vom Spahn-Ministerium gelieferten Masken gewarnt. Das Bundesgesundheitsministerium teilte mit, dass nach allen vorliegenden Informationen kein Zusammenhang
zwischen den Todesfällen bestehe, so der Spiegel
. tsa
Corona-Fälle auf erster Kreuzfahrt von Nordamerika
Auf einem der ersten Kreuzfahrtschiffe, die seit Beginn der Corona-Pandemie von Nordamerika aus in See gestochen sind, hat es zwei Infektionen mit dem Coronavirus gegeben. Zwei Gäste, die sich eine Kabine an Bord der
, erklärte die US-Reederei Royal Caribbean am Donnerstag in Miami. Beide Infizierten zeigen demnach keine Krankheitssymptome und sind in Quarantäne.Celebrity Millennium
teilten, wurden positiv auf Covid-19 getestet
Das Schiff war am Samstag vergangener Woche vom niederländischen Teil der Karibikinsel St. Martin aus in See gestochen und sollte bei einer einwöchigen Karibik-Rundreise auf Barbados, Aruba und Curaçao anlegen. Alle 600 Passagiere und 650 Besatzungsmitglieder der Celebrity Millenium
hatten den Angaben zufolge vor Beginn der Reise sowohl einen Nachweis über eine Corona-Impfung als auch ein negatives Testergebnis vorgelegt.
Damit waren die Vorgaben sogar strenger als von den US-Behörden gefordert: Die US-Gesundheitsbehörde CDC schreibt seit Mai für die ersten Kreuzfahrten nach der mehr als einjährigen Corona-Zwangspause vor, dass mehr als 95 Prozent der Passagiere und Besatzungsmitglieder geimpft sein müssen. Nach Angaben von Royal Caribbean wurden die Corona-Infektionen bei vorgeschriebenen Tests zum Ende der Kreuzfahrt festgestellt.
Mitte März 2020 hatten die US-Behörden alle Kreuzfahrten wegen der Corona-Pandemie untersagt. Zuvor waren auf etlichen Kreuzfahrtschiffen Corona-Infektionen nachgewiesen worden. Häfen weltweit hatten den Schiffen deshalb das Einlaufen untersagt, zahlreiche Urlauber saßen teils wochenlang auf See fest.
In Europa und anderen Teilen der Welt waren schon im vergangenen Jahr wieder erste Kreuzfahrtschiffe in See gestochen, in den USA blieben Kreuzfahrten aber bis zuletzt verboten. AFP
Anbieter bekommen ab Juli weniger Geld für Corona-Tests
Nach mutmaßlichem Betrug in Corona-Schnellteststellen sollen die Betreiber ab Juli weniger abrechnen können. Das sieht eine geänderte Testverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor. Betreiber von Teststellen sollen für die Entnahme des Abstrichs ab 1. Juli nur noch 8 Euro abrechnen können. Bisher waren es 15 bei ärztlichen und 12 Euro bei anderen Anbietern. Weil die Tests günstiger geworden sind, sollen sie nur noch pauschal mit 4,50 statt mit bis zu 6 Euro abgerechnet werden können.
Der Verdacht auf Testbetrug in großem Stil war durch eine Veröffentlichung von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung
Ende Mai aufgekommen. Die abgerechneten Tests mehrerer von den Reportern beobachteter Stellen überstiegen demnach die Besucher an einzelnen Tagen deutlich. Die für die Abrechnung zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen sollen die Abrechnungen künftig gründlicher prüfen - mit Hilfe von Wirtschaftsprüfern auch im Detail und vor Ort.
Generelle Beauftragungen von Teststellen, wie sie mit sogenannten Allgemeinverfügungen möglich waren, soll es nicht mehr geben. Gesundheitsämter sollen die Stellen nur noch einzeln beauftragen können. Zudem sollen sich alle Anbieter von Bürgertests an die Corona-Warn-App anschließen müssen. Auf Wunsch der Getesteten sollen sie ein Testzertifikat direkt über die App bekommen. dpa
Dänemark verabschiedet sich großteils von Mund-Nasen-Schutz
In Dänemark wird man ab nächster Woche deutlich weniger Menschen mit Mund-Nasen-Schutz sehen. Die Pflicht zum Tragen einer Maske oder eines Visiers wird am Montag für fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens aufgehoben. Einzige Ausnahme davon bleibt der öffentliche Nahverkehr - dort aber auch nur, wenn man nicht sitzt. Im Nahverkehr soll die Tragepflicht dann endgültig am 1. September fallen. Darauf und auf weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen hat sich die Regierung in der Nacht zum Donnerstag mit dem Großteil der Parlamentsparteien in Kopenhagen geeinigt.
Bereits ab Freitag dürfen Restaurants und weitere Lokale bis Mitternacht offen bleiben, ab Mitte Juli wird das bis auf 2.00 Uhr ausgeweitet. Auch das Verbot zum Verkauf von Alkohol zu später Stunde wird ab Freitag gelockert.
Dänemark hatte im Frühjahr erste Öffnungsschritte eingeleitet und die Beschränkungen seitdem nach und nach zurückgefahren. Mittlerweile ist im Land im Grunde wieder alles offen bis auf die Diskotheken - die dürfen nun nach fast anderthalbjähriger Schließung voraussichtlich ab dem 1. September öffnen. Die restlichen bestehenden Beschränkungen und Richtlinien sollen zudem ab nächster Woche vereinfacht und schließlich ganz aufgehoben werden. Ab Montag soll somit unter anderem wieder ein weitgehend normaler Alltag an den Schulen und weiteren Bildungs- und Tageseinrichtungen möglich sein.
Die Zahl der Neuinfektionen ist in Dänemark im Zuge der Lockerungen leicht gestiegen, allerdings nicht in die Höhe geschossen. Die Inzidenz liegt jedoch mittlerweile deutlich über derjenigen in Deutschland, wo sie zuletzt stark gesunken ist. dpa
Indien meldet mit mehr als 6000 Corona-Toten neuen weltweiten Höchstwert
Indien hat mit mehr als 6.000 Corona-Toten einen neuen weltweiten Höchstwert verzeichnet. Das indische Gesundheitsministerium meldete am Donnerstag 6148 bestätigte Todesfälle binnen 24 Stunden, nachdem der Bundesstaat Bihar am Mittwoch rund 4000 Fälle nachgemeldet hatte. Der bisherige weltweite Höchstwert von 5527 Todesfällen war laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP am 12. Februar in den USA verzeichnet worden - auch dort waren Nachmeldungen der Grund.
Das Oberste Gericht in Bihar hatte zuvor eine Überprüfung der Corona-Statistik in dem nordostindischen Bundesstaat gefordert. Der Regionalregierung war vorgeworfen worden, das wahre Ausmaß der Pandemie zu verschleiern und die Infektions- und Totenzahlen künstlich niedrig zu halten. Daraufhin korrigierte die Regierung die Totenzahl am Mittwoch um rund 4.000 auf 9.500 Fälle nach oben.
Indien hatte sich vor einigen Wochen zum Epizentrum der Corona-Pandemie entwickelt. Nachdem die Zahl der täglichen Neuansteckungen Anfang Mai bei mehr als 400.000 lag, ist sie mittlerweile wieder deutlich zurückgegangen.
Experten zufolge gibt es in Indien allerdings eine sehr hohe Dunkelziffer bei den Infektions- und Totenzahlen. Während der heftigen zweiten Infektionswelle waren vielerorts die Krankenhäuser und Krematorien überlastet, hunderte Leichen wurden in Flüsse geworfen oder in eilig gegrabenen Gräbern verscharrt. Viele Todesfälle wurden also gar nicht erfasst.
Offiziell liegt die Totenzahl in Indien inzwischen bei knapp 360.000 - schon das ist die dritthöchste Totenzahl weltweit nach den USA und Brasilien. Viele Experten gehen aber davon aus, dass sie tatsächlich bei mehr als einer Million liegen könnte - das wäre der weltweite Spitzenplatz. Die Zweifel an der offiziell gemeldeten Totenzahl werden unter anderem damit begründet, dass die Sterberaten Ländern wie Brasilien oder den USA deutlich höher sind als in Indien. AFP
Johnson: Die Welt braucht den G7-Gipfel
Vor dem G7-Gipfel in Großbritannien hat der britische Premierminister Boris Johnson die Notwendigkeit einer engen Kooperation angesichts der Corona-Krise betont. Das erste persönliche Treffen der Gruppe seit Beginn der Pandemie erfolge zu einem entscheidenden Moment für die Welt
, schrieb Johnson in einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag. Die Welt braucht dieses Treffen.
Die internationale Ordnung und Solidarität sei von der Pandemie stark getroffen worden, Länder hätten bei Nachbarn um Schutzausrüstung, Medikamente und Impfstoffe betteln müssen. In Carbis Bay müssen wir diese Tage hinter uns lassen
, so Johnson.
Der G7-Gipfel findet von diesem Freitag bis zum Sonntag im südwestenglischen Strandort Carbis Bay statt. Zu der Gruppe sieben führender Demokratien gehören außer Gastgeber Großbritannien noch Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die USA. Als Gäste hat Johnson Australien, Südafrika, Südkorea und Indien eingeladen. Daraus ergebe sich eine demokratische Elf
, bei der Großbritannien ein wettbewerbsfähiger und kreativer Spieler im Zentrum des Feldes
sein wolle, schrieb Johnson kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft.
Dies ist der Moment, in dem die wichtigsten und technologisch am weitesten fortgeschrittenen Demokratien Verantwortung übernehmen und die Welt impfen müssen
, betonte Johnson. Ziel sei die Ausarbeitung eines globalen Vertrags zur Vorbereitung auf künftige Pandemien, damit die Welt nie wieder auf diese Weise kalt erwischt wird
. Die G7 würden bei dem Gipfel auch die Verteilung von Impfstoffen versprechen, kündigte der Premier an. Millionen
Dosen kämen dabei aus dem britischen Überschuss. Großbritannien wird dafür kritisiert, dass das Land trotz großer Vorräte bisher kaum Dosen exportiert hat.
Zahl der britischen Covid-Patienten in Krankenhäusern steigt wieder
Die Zahl der Krankenhaus-Patienten mit Covid-19 ist in Großbritannien wieder deutlich angestiegen. Erstmals seit Mitte Mai liegt die Zahl wieder über 1000, wie die BBC am Donnerstag berichtete. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf rund 49, nachdem sie wochenlang knapp über 20 gelegen hatte. Wissenschaftler sprechen vom Beginn einer dritten Corona-Welle, die durch die Ausbreitung der wohl sehr ansteckenden, zunächst in Indien entdeckte Delta-Variante verursacht wird.
Trotz der steigenden Zahlen wird in England weiter über die für den 21. Juni angepeilte Aufhebung aller Corona-Beschränkungen gestritten. Lobby-Verbände und Vertreter der Kulturbranche machen Druck auf die Regierung, auf den Schutz der Impfkampagne zu vertrauen und weiter zu lockern. Premier Boris Johnson äußerte sich zuletzt zurückhaltend. Eine Entscheidung soll am 14. Juni verkündet werden.
Mittlerweile haben mehr als 54 Prozent der erwachsenen Briten einen vollständigen Impfschutz, mehr als 77 Prozent immerhin die erste Dosis bekommen. Allerdings gilt der Schutz der Erstimpfung bei der Delta-Variante als deutlich geringer als bei anderen Typen. dpa
Stiko: Trotz Impfung fehlt manchen der Immunschutz
Die Ständige Impfkommission (Stiko) geht davon aus, dass etliche Menschen trotz vollständiger Impfung keinen wirksamen Corona-Immunschutz aufgebaut haben. Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: Es gibt inzwischen mehrere Studien, die zeigen, dass die Impfung gegen Covid-19 bei Menschen, deren Immunsystem medikamentös gebremst wird, nicht so gut wirkt wie bei anderen.
Die Immunantwort sei schlechter oder falle ganz aus.
Betroffen seien etwa Menschen nach einer Organtransplantation oder zum Teil auch Krebspatienten. In solchen Fällen sei es wichtig, das Ansteckungsrisiko im Umfeld durch Impfungen so weit wie möglich zu verringern. Man nennt das Kokonstrategie
, so Mertens. Auch bei Rheumapatienten sei die Immunantwort je nach Art der Immunsuppression zumindest reduziert. Im Moment könne man noch nicht abschätzen, wie groß die Gruppe der Patienten sei, die trotz vollständiger Impfung keinen oder einen zu geringen Immunschutz aufgebaut hätten. Wir müssen aber davon ausgehen, dass es nicht nur Einzelfälle sind.
dpa
Charité-Studien: Alte Menschen reagieren schwächer auf Impfstoff
Forscher der Berliner Charité haben eine Erklärung dafür gefunden, warum es trotz zweifacher Impfungen immer noch Corona-Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gibt. Das Immunsystem von alten Menschen reagiere weniger effizient auf die Impfung als das von jüngeren, teilte die Charité am Mittwoch nach zwei im Fachblatt "Emerging Infectious Diseases" veröffentlichten Studien mit. Deshalb sei es besonders wichtig, dass Pflegepersonal und Besucher immunisiert seien.
Darüber hinaus blieben Hygienemaßnahmen und Tests wichtig. Mittelfristig komme auch eine weitere Auffrischimpfung für ältere Menschen infrage, um deren Impfschutz zu verbessern. Für eine der Untersuchungen arbeiteten die Wissenschaftler einen Ausbruch in einer Berliner Pflegeeinrichtung vom Februar auf. Dabei hatten sich - neben 11 Pflegekräften ohne vollständigen Impfschutz - rund 20 Bewohner mit Sars-CoV-2 in der Variante Alpha (B.1.1.7) angesteckt.
Bis auf vier von ihnen waren alle vollständig mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer geimpft. Die vier Ungeimpften erkrankten so schwer, dass sie in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Nur rund ein Drittel der Geimpften hatte Krankheitszeichen wie Husten oder Atemnot. Zwei geimpfte Bewohner starben laut Charité, aber vermutlich nicht ursächlich an Covid-19. dpa
Kritik an Impfaktion in Mainzer Gymnasium wächst
Einen Tag nach der organisierten Impfung von Schülern eines katholischen Mainzer Gymnasiums ist das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium auf deutliche Distanz zu der Aktion gegangen. Seit Beginn der Impfkampagne gilt leider bis heute: Der Impfstoff ist Mangelware
, erklärte Landesgesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) am Mittwoch. Deswegen sei es weiterhin richtig, dass zuerst Menschen mit hohem Ansteckungsrisiko oder erhöhter Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs geimpft werden.
Aktionen wie die im Mainzer Theresianum könnten schlimmstenfalls zur Folge haben, dass das nötige Vertrauen und die Akzeptanz für die Impfkampagne sinkt
. Dies müsse dringend verhindert werden. Den Minister hatten nach eigenen Angaben Rückmeldungen vieler Bürgerinnen und Bürger erreicht, die kein Verständnis hätten. Für die Entscheidung, die Priorisierung bei den Coronavirus-Impfungen bereits jetzt aufzuheben, sei allerdings das Bundesgesundheitsministerium verantwortlich.
Die Mainzer Schule hatte für rund 150 Schülerinnen und Schüler über 16 sowie Abiturienten eine Impfstraße aufgebaut. Ärzte aus der Elternschaft hatten den Impfstoff organisiert und einen Tag nach der offiziellen Aufhebung des bisherigen Terminvergabe-Verfahrens verimpft. In Rheinland-Pfalz warteten Anfang der Woche noch mehr als 200.000 Menschen aus einer der drei Priorisierungsgruppen auf eine Terminvergabe. epd
Die Gesamtleistung des Gesundheitsministers ist unterdurchschnittlich
Der Konflikt zwischen Union und SPD um angeblich minderwertige Corona-Masken hält an. Im Bundestag kam es zu Attacken auf Spahn von fast allen Seiten. Vertreter der Koalitionsparteien Union und SPD haben sich im Plenum des Bundestags einen harten Schlagabtausch wegen der so genannten Maskenaffäre geliefert.
Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen warfen sich gegenseitig unfaire Methoden und Unaufrichtigkeit vor. Die CDU-Gesundheitsexpertin Karin Maag kritisierte die Vorwürfe der SPD gegen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wegen angeblich minderwertiger Masken als ehrabschneiderisch
. SPD-Fraktionsvize Katja Mast wiederum wies die Kritik der Union als unwürdig
zurück.
In dem Streit geht es um vom Bundesgesundheitsministerium erworbene Masken ohne EU-Zertifizierung, die an Behinderte oder Obdachlose abgegeben werden sollten. Die SPD-Führung hatte Minister Spahn deshalb menschenverachtendes Verhalten vorgeworfen. Spahns Ministerium verweist darauf, dass die Masken voll funktionsfähig seien.
Die CDU-Gesundheitspolitikerin Maag warf den SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans vor, angesichts der schlechten SPD-Wahlergebnisse zu jedem sich bietenden Ablenkungsmanöver zu greifen, um von der eigenen Ratlosigkeit abzulenken
.
Maag fügte hinzu: Dass Sie nun bewusst besonders vulnerable Gruppen - Obdachlose, Menschen mit Behinderungen - verunsichern, nur um parteipolitisch Stimmung zu machen, das ist schäbig.
Offensichtlich sei einigen Sozialdemokraten auf der Zielgeraden der Koalition das Niveau vollständig abhanden gekommen
.
Der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), forderte Esken und Walter-Borjans zu einer Entschuldigung auf: Zeigen Sie endlich Rückgrat und entschuldigen Sie sich wegen dieser Nummer.
Er fügte hinzu: Wenn man mit parteitaktischen Manövern Ängste der Menschen schürt, macht man Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächeren.
SPD-Fraktionsvize Mast wies die Vorwürfe empört zurück. Eines lasse ich mir von Ihnen nicht gefallen - den Vorwurf einer parteipolitischen Debatte
, sagte sie an die Union gerichtet. Es geht hier einzig und allein darum, dass wir in der Pandemie alle Menschen im Land im gleichen Maße schützen.
Zu den Vorwürfen der Union gegen die SPD sagte Mast: Nichts davon ist wahr.
Auf Zwischenrufe aus der Unionsfraktion reagierte Mast verärgert mit den Worten: Ihr Schreien bestätigt, dass ich Recht habe.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider warf Minister Spahn eine schlechte Leistungsbilanz vor. Zugleich bekräftigte er den Willen seiner Partei, für den Rest der Legislaturperiode an der großen Koalition festzuhalten. Die SPD und diese Fraktion stehen zu dieser Regierung.
Früher am Mittwoch hatte Schneider bereits gesagt, dass die Gesamtleistung des Gesundheitsministers, insbesondere was Test etc. betrifft, unterdurchschnittlich ist
. Den Rücktritt Spahns forderte Schneider ausdrücklich nicht. Das ist eine Entscheidung, die die Union für sich zu treffen hat.
Arbeitsminister Hubertus Heil verteidigt sein Handeln
Zuvor hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sein Handeln verteidigt und Aufklärung von Spahn gefordert. Es gab den Versuch des Gesundheitsministeriums, die Standards zu senken, anzupassen an die Beschaffung. Das haben meine Fachleute abgelehnt, und ich habe mich auch durchgesetzt
, sagte Heil am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin
. Er betonte: Ich habe das Gefühl, dass wir sauber gehandelt haben.
Nun gebe es Fragen an Spahn, die dieser beantworten müsse.
Spahn hatte die Vorwürfe an seine Person zurückgewiesen und eine Entschuldigung des Koalitionspartners gefordert, von der SPD-Spitze kamen Rücktrittsforderungen. Für ihn sei die Diskussion schon erledigt gewesen, für die Veröffentlichung, durch die es nun die öffentliche Debatte gebe, könne er nichts, sagte Heil. Bei den Abläufen müsse man bei der Wahrheit bleiben
.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hatte dem Koalitionspartner SPD in dem Streit vorgeworfen, ihre Selbstverpflichtung auf einen fairen Wahlkampf gebrochen zu haben. Wenn die SPD Spahn menschenverachtendes Verhalten vorwerfe, sei dies das Gegenteil von fairem Wahlkampf
, sagte Ziemiak am Dienstag in einer Diskussion mit Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch zur Vorstellung des neuen Buches Streiten? Unbedingt!
des Publizisten Michel Friedman in Berlin. Politik dürfe nicht bewusst falsch sein, kritisierte Ziemiak. Die hätten lieber sich diesen Angriff sparen sollen.
dpa, AFP
Corona-Friedensdividendestatt Rüstung
Spahn: Alle Impfwilligen sollen im Juli mindestens eine Erstimpfung bekommen
Mit 38 Millionen Menschen haben nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn 46 Prozent der Deutschen eine Erstimpfung erhalten. Bei einer vermuteten Impfbereitschaft von 75 Prozent der Bevölkerung blieben noch 15 Millionen, die auf eine Impfung warteten, sagt der CDU-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Angesichts des Impfstoffmangels wirbt Spahn um Geduld. Es können jetzt nicht alle innerhalb von ein, zwei Wochen geimpft werden.
Noch im Laufe des Juli sollten nach Angaben des Gesundheitsministers jedoch alle Impfwilligen zumindest eine Erstimpfung erhalten haben. Dies gelte, wenn die Impfungen kommen, wie sie sollen
, sagte Spahn weiter.
Allein für diesen Monat noch erwarten wir deutlich über 20 Millionen Dosen allein von Biontech, und im Juli wird es weitere Lieferungen geben.
AFP/Reuters
135.000 Kurzarbeiter stockten Einkünfte mit Hartz IV auf
In der Corona-Pandemie haben zwischen April 2020 und April 2021 etwa 135.000 Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter ihre Einkünfte mit Hartz-IV-Leistungen aufgestockt. Insbesondere im April und Mai 2020 kam es zu einem sprunghaften Anstieg, wie die Bundesagentur auf Anfrage der Linken-Abgeordneten Sabine Zimmermann mitteilte. Zimmermann sagte, die Zahlen zeigten sehr deutlich, dass das Kurzarbeitergeld für viele Menschen zu niedrig sei, besonders in den ersten Monaten. Das treffe vor allem Beschäftigte mit kleinem Einkommen. Über die Zahlen hatte zuerst die Neue Osnabrücker Zeitung
berichtet.
Zimmermann erklärte, die Zahl der Anspruchsberechtigten auf aufstockendes Hartz IV dürfte sogar noch weitaus größer sein, da viele den Gang zum Jobcenter scheuten und stattdessen ihre Ersparnisse aufbrauchten. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag kritisierte, die Bundesregierung lasse Geringverdienende beim Kurzarbeitergeld im Stich. Nötig sei ein Kurzarbeitergeld von 90 Prozent vom letzten Netto vom ersten Tag. dpa
Forscher fordern Corona-Friedensdividende
statt Rüstung
Friedensforscher fordern eine Corona-Friedensdividende
anstelle von Rüstung. Es gilt, Militärausgaben zu reduzieren, um die sozial-ökologische Erneuerung der Weltwirtschaft anzugehen und soziale Ungleichheiten abzubauen
, empfehlen vier deutsche Forschungsinstitute in ihrem am Dienstag in Berlin vorgestellten diesjährigen Friedensgutachten
. Mit einer solchen Dividende
könnten die Folgen der Pandemie besser bewältigt werden.
Die Pandemie habe zwar nicht zu einer unmittelbaren Zunahme an Gewaltkonflikten weltweit geführt, analysieren die Forscher. Dennoch wirke sich die Corona-Krise verschärfend auf die Ernährungssituation in vielen Krisenregionen wie etwa im Jemen, am Horn von Afrika oder im westlichen Sahel aus. Daher müsse die humanitäre Hilfe gestärkt werden. KNA
Fast 16.000 Neuinfektionen und 302 weitere Tote in USA
In den USA sind bislang annähernd 600.000 Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Binnen 24 Stunden stieg ihre Zahl um mindestens 302 auf 597.767, wie eine Reuters-Erhebung auf Basis offizieller Daten ergibt. Mindestens 15.920 Menschen wurden positiv auf das Virus getestet, seit Ausbruch der Pandemie sind es damit 33,54 Millionen. Die USA weisen bei Infektions- und Totenzahlen weltweit die höchsten Werte auf. Reuters
Krankenhaushygieniker fordern Entsorgung minderwertiger Corona-Schutzmasken
Führende Krankenhaushygieniker haben die sofortige Vernichtung der von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestellten umstrittenen Import-Masken gefordert. Die schnell geprüften FFP2-Masken sollten schnellstmöglich entsorgt werden. Sie gehören auch nicht in die Notfallreserve des Bundes
, sagte Peter Walger, Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), der Neuen Osnabrücker Zeitung
(NOZ).
Zu den Importmasken liegt uns eine Fülle von Hinweisen auf Fake Ware vor, die die Qualitätsanforderungen im medizinischen Bereich nicht ansatzweise erfüllt, aber trotzdem zum Einsatz kommt.
Grundsätzlich gelte, dass FFP2-Masken nur für den professionellen Einsatz im Pflege- und medizinischen Bereich geeignet seien, und dann nur unter Bedingungen, sagte Walger.
Pflegekräfte oder Ärzte müssten, um sich selbst zu schützen, eine passgenaue Maske auswählen können. Die Dichtigkeit beim Tragen müsse individuell geprüft werden. Und es müsse gegebenenfalls auch geprüft werden, wie lange die Masken getragen werden könnten. Das ist in der Praxis quasi nirgendwo gewährleistet.
FFP2-Masken gehören nicht in die Hände von Laien, egal ob von Obdachlosen, Hartz-IV-Empfängern oder Vorstandsvorsitzenden
, betonte Walger. Die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken für alle in der Öffentlichkeit sei daher eine Fehlentscheidung
gewesen. Die DGKH appelliere an Bund und Länder, zur Pflicht zum Tragen einer einfachen medizinischen Maske (OP-Maske) zurückzukehren
, sagte der Vorstandssprecher. Selbst viele Alltagsmasken schützen Laien besser vor Corona als schlecht sitzende FFP-Masken.
AFP
WHO: G7-Gipfel soll für gerechtere Impfstoff-Verteilung sorgen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wenige Tage vor Beginn des G7-Gipfels an die reichen Länder appelliert, umgehend für die dringend nötigen Corona-Impfstoffe im ärmeren Teil der Welt zu sorgen. Die G7-Staaten hätten bei ihrem Treffen im englischen St. Ives die Macht, zusätzliche 100 Millionen Dosen allein im Juni und Juli zur Verfügung zu stellen, um die weltweiten Impfziele zu erreichen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag.
Das baldige Teilen von Impfstoff ist die beste Art, die akute Phase der Pandemie zu beenden.
Bisher seien fast 44 Prozent aller Dosen in den reichen Ländern verabreicht worden, aber nur 0,4 Prozent in den armen Regionen. Besonders frustrierend an diesen Zahlen ist, dass sich daran seit Monaten nichts geändert hat.
WHO-Experte Mike Ryan erinnerte daran, dass erst eine Impfrate von etwa 80 Prozent der impfbaren Bevölkerung für eine hohe Sicherheit vor dem Virus sorge. Auch gerade Länder mit einer bisher vergleichsweise geringen Zahl von Corona-Infektionen seien auf Impfstoffe angewiesen, da deren Bürger besonders anfällig seien. Jede Dosis zählt, jede Dosis ist hilfreich
, sagte ein weiterer WHO-Fachmann.
Generell entwickle sich die Corona-Pandemie aktuell auf zwei unterschiedlichen Pfaden, sagte Tedros. Während die Verbreitung des Virus in einigen Weltregionen deutlich abnehme, steige sie zum Beispiel in Afrika und Südamerika an. Weltweit ist die Zahl der Neuinfektion laut WHO in der sechsten Woche in Folge zurückgegangen. Auch die Zahl der Todesfälle sei nun fünf Wochen hintereinander gesunken. dpa
Tschechien öffnet Grenzen für Touristen aus allen EU-Staaten
Tschechien öffnet seine Grenzen vom 21. Juni an für Touristen aus allen EU-Staaten sowie Serbien. Das kündigte Gesundheitsminister Adam Vojtech am Montag an. Die Reisenden müssten nachweisen, dass sie gegen das Coronavirus geimpft, negativ getestet oder genesen seien. Es reiche, wenn die erste Impfung mehr als 22 Tage zurückliege.
Die Tourismusbranche in Tschechien hat unter der Corona-Pandemie stark gelitten. Die Zahl der ausländischen Hotelgäste ging 2020 um knapp 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Bereits seit einiger Zeit dürfen geimpfte Touristen aus Deutschland, Österreich und fünf weiteren EU-Staaten wieder nach Tschechien reisen, wenn die erste Spritze mehr als 22 Tage zurückliegt. Es muss ein Online-Einreiseformular ausgefüllt werden.
Für Deutschland ist Tschechien aufgrund sinkender Corona-Infektionszahlen ab Sonntag kein Risikogebiet mehr. Die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner betrug zuletzt 22. Die tschechische Hauptstadt will den Reiseverkehr mit dem Programm "In Prag wie zu Hause" ankurbeln. Übernachtungsgäste erhalten kostenlose Eintrittskarten für Museen, Denkmäler, Galerien oder den Zoologischen Garten. dpa
Bericht: Fast jede fünfte Firma in Gastronomie und Freizeitwirtschaft vor dem Aus
In Gastronomie, Hotellerie und Freizeitwirtschaft steht beinahe jedes fünfte deutsche Unternehmen finanziell vor dem Aus, zeigt laut Handelsblatt
eine Sonderauswertung der aktuellen Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). In der Gastronomie klagen demnach zwei von drei Unternehmen über sinkendes Eigenkapital, in der Freizeitwirtschaft ist es jedes zweite. Gesamtwirtschaftlich seien davon 24 Prozent der gut 27.000 vom DIHK befragten Unternehmen betroffen, berichtet die Zeitung vorab. Reuters
WHO: Können China nicht zur Herausgabe von Daten zu Virus-Ursprung zwingen
In der Debatte über den Ursprung des Virus hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach eigener Darstellung keine Handhabe, um China zur Mitarbeit zu bewegen. Die WHO hat nicht die Macht, jemanden diesbezüglich zu zwingen
, sagt WHO-Experte Mike Ryan auf die entsprechende Frage eines Journalisten. Wir erwarten in dieser Sache die Zusammenarbeit, einen Beitrag und die Unterstützung aller unserer Mitgliedstaaten.
Ein WHO-Team hatte nach einem Besuch in China beklagt, nicht Zugang zu allen Daten erhalten zu haben. Diskutiert wird, ob das Virus vom Tier auf den Menschen übergriff oder aus einem Labor entwich. Reuters
RKI meldet 2440 Neuinfektionen und 74 Todesfälle
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 2440 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Sonntagmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.04 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 3852 Ansteckungen gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Sonntagmorgen mit bundesweit 24,7 an (Vortag: 26,3; Vorwoche: 35,2).
Das RKI wies allerdings in einem Lagebericht auf den Feiertag Fronleichnam in vielen Bundesländern am Donnerstag hin: Bei der Interpretation der Fallzahlen ist zu beachten, dass an Feiertagen weniger Personen einen Arzt aufsuchen, wodurch auch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden.
Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 74 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 56 Tote gewesen.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.700.367 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.538.000 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 89.222 angegeben.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Samstagabend bei 0,84 (Vortag: 0,88). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 84 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Intensivmediziner sehen langsame Entlastung der Kliniken
Die Belastung in den Kliniken hat sich zuletzt aus Sicht der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) klar verbessert. Auf den Stationen ist deutliche Entspannung zu spüren", sagte der DIVI-Präsident Gernot Marx dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Corona-Krise sei "noch nicht geschafft, geht aber in die richtige Richtung
.
Diese Woche würden rund 2.000 an Covid-19 erkrankte Patientinnen und Patienten behandelt - ein Stand, der laut Marx zuletzt Anfang November vergangenen Jahres gemeldet wurde. Die Intensivbetten seien aber weiterhin konstant ausgelastet, weil abgesagte Operationen nun nachgeholt werden müssten.
Das disziplinierte Verhalten der Menschen sowie die Impfkampagne und Bundesnotbremse hätten Wirkung gezeigt, sagte Marx. Er appellierte jedoch an die Bürger, weiterhin vorsichtig zu sein und warnte vor einer vierten Welle. Wenn viele Menschen unvorsichtig werden, könnten sich im Herbst aber wieder mehr Infektionen ereignen
, sagte der DIVI-Präsident. Das Risiko dafür, dass es erneut viele Schwerkranke und Todesfälle geben könnte, besteht weiterhin
, fügte er hinzu. AFP
RKI meldet 2294 Neuinfektionen und 122 Todesfälle
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 2294 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Das geht aus Zahlen vom Samstagmorgen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.31 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 5426 Ansteckungen gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Samstagmorgen mit bundesweit 26,3 an (Vortag: 29,7; Vorwoche: 37,5).
Das RKI wies allerdings in einem Lagebericht auf den Feiertag Fronleichnam in vielen Bundesländern am Donnerstag hin: Bei der Interpretation der Fallzahlen ist zu beachten, dass an Feiertagen weniger Personen einen Arzt aufsuchen, wodurch auch weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt werden. Dies führt dazu, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet werden.
Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 122 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 163 Tote gewesen.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.697.927 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.533.900 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 89.148 angegeben.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Freitagabend bei 0,88 (Vortag: 0,87). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 88 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Mediziner erwarten gefährliche Variante in Deutschland
Intensivmediziner rechnen damit, dass sich die zunächst in Indien entdeckte Delta-Variante des Coronavirus in Deutschland durchsetzen wird. Der große Unsicherheitsfaktor ist gerade die neue Mutation B.1.617.2, die noch ansteckender als die derzeit dominierende Variante B.1.1.7 sein soll. Schrittweise wird sich deshalb auch in den nächsten Wochen diese neue Mutation durchsetzen
, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, der Rheinischen Post
. Wenn die Menschen unvorsichtig würden, könnten die Infektionszahlen wieder hochschnellen. Dann ist eine vierte Welle möglich
, warnte Marx. Die Intensivmedizin sei auf dieses Szenario aber vorbereitet.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach räumte in derselben Zeitung ein, dass die Delta-Variante deutlich gefährlicher sei. Die gute Nachricht sei aber, dass sie in Deutschland bisher weniger als zwei Prozent der Infektionen ausmache. Wenn wir Superspreading verhindern, sind wir bei dieser Variante auf der sicheren Seite
, sagte Lauterbach. Daher sollten Innenräume von Restaurants, Hotels und bei Veranstaltungen nur für Geimpfte, Getestete oder Genesene zugänglich sein, forderte der SPD-Politiker. Im Herbst kann es eine kleinere vierte Welle geben, aber wir werden keinen Lockdown mehr brauchen
, prognostizierte Lauterbach.
Die Virologin Melanie Brinkmann zeigte sich besorgt über größere Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen, etwa in Fitnessstudios, beim Hallensport oder in der Innengastronomie. Mir wird dabei ganz anders
, sagte sie der Rheinischen Post
. Auf die Frage, ob eine vierte Welle noch in diesem Sommer komme, sagte sie: Wenn es richtig schlecht läuft, dann schon.
Auch trüge der Eindruck, dass Deutschland beim Impfen schon auf der sicheren Seite sei. Sie sei auch skeptisch, ob das Versprechen der Regierung, bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen, zu halten sei. Sieben-Tages-Inzidenzen von 100 Neuinfektionen je 100 000 Menschen halte sie für möglich. Ich befürchte, das kann ganz schnell gehen, auch im Sommer.
dpa
Betrugsverdacht in Schnelltestzentren
Im Fall um mutmaßlichen Betrug in Schnelltestzentren hat es in Bochum zwei Festnahmen gegeben. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Einer der beiden Festgenommenen sitzt demnach wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs in Untersuchungshaft. Bei einem zweiten Tatverdächtigen sei U-Haft beantragt, sagte Staatsanwalt Timo Dörffer der dpa. Die WAZ
hatte zuvor berichtet.
Seit März sieht die Corona-Testverordnung der Bundesregierung Bürgertests vor. Im April hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) erstmals die Kosten beim Bundesamt für Soziale Sicherung abgerechnet. Die Teststellen erhalten 18 Euro pro Test. In den Monaten April und Mai wurden insgesamt 660 Millionen Euro überwiesen. Nach Recherchen von SZ, NDR und WDR lädt das System zum Abrechnungsbetrug ein, da eine Kontrolle fehle. dpa
Einige Bundesländer bleiben bei Priorisierung
Trotz der generellen Öffnung der Corona-Impfungen für alle an diesem Montag halten einige Bundesländer in ihren Impfzentren am Vorrang für Risikogruppen fest. In Schleswig-Holstein, Hamburg und Bayern soll die Priorisierung dort vorerst bestehen bleiben. In Bremen arbeiten die Impfzentren die Vorranglisten zunächst weiter ab. Im Saarland sollen Menschen der bisherigen Priorisierungsgruppen dort nach wie vor vorrangig bei Terminen bedacht werden. In den übrigen Ländern endet auch in den Impfzentren die bisherige Impfreihenfolge.
In den Arztpraxen fällt die Priorisierung bundesweit am Montag weg, wie Bund und Länder vereinbart hatten. Den Ländern ist es dem Beschluss zufolge aber unbenommen, die Priorisierung im Rahmen der ihnen zugewiesenen Impfstoffdosen aufrechtzuerhalten
.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, dass nur wenige Länder die Priorisierung in den Zentren aufrecht erhalten. Auf die niedergelassenen Ärzte kann niemand verzichten
, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Doch es gibt Millionen Menschen, die keinen festen Hausarzt haben.
Nicht zu vergessen sei, dass die Teams der Zentren auch bei zusätzlichen Impfangeboten in Corona-Hotspots gefordert sind. Massenimpfangebote in Kirchen, Moscheen, Sportanlagen oder Bürgerhäusern wären sonst kurzfristig kaum möglich.
Die feste Reihenfolge war seit Beginn der Corona-Impfungen eingeführt worden, um angesichts noch knappen Impfstoffes einen Vorrang für besonders gefährdete Menschen zu sichern. Dazu gehörten in drei Gruppen Menschen ab 80 Jahre, dann ab 70 und ab 60 sowie mit chronischen Erkrankungen und in bestimmten wichtigen Berufen. dpa
Astrazeneca heißt jetzt Vaxzevria. Oder die Chronik eines PR-Desasters
Laut Markus Söder braucht es Mut, um sich mit Astrazeneca impfen zu lassen. Oder Vaxzevria, wie es heißt. Der Spruch des Ministerpräsidenten fasst gut zusammen, in welchen Schlamassel der Impfstoff geraten ist. Rückblick auf Pleiten, Pech und Pannen.
Vaxzevria - der Name klingt ein wenig wie Obelix' neue Hinkelstein-Lieferantin aus Lutetia. Oder wie eine Schlager-Gothic-Band. Unter diesem Kunstwort versteckt Astrazeneca ab sofort seinen in die Dauerschlagzeilen geratenen Corona-Impfstoff. Die Umstellung auf einen dauerhaften Markennamen ist üblich und wurde seit vielen Monaten geplant
, schreibt das Unternehmen dazu. Gut möglich, dass das so ist, die Internetseite Vaxzevria.com jedenfalls existiert bereits. Dennoch wirkt die Namensänderung wie eine PR-Notbremse – ein mieseres Image als das des britisch-schwedischen Unternehmens ist derzeit kaum vorstellbar.
Unfreiwillig wie ungeschickt degradierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die sinnvolle Impfung mit dem Wirkstoff zu einer Art Mutprobe: Irgendwann wird man bei Astrazeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren müssen und sagen müssen: Wer will und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben
, sagte er anlässlich des zweiten Anwendungsstopps innerhalb von nur zwei Wochen. Und als stünden dutzende Alternativen zur Verfügung, sägte er mit seiner flapsigen Bemerkung am ohnehin dürren Vertrauen der Deutschen ins Impfen. Gerade einmal 60 Prozent wollen sich mit Hilfe zweier Spritzen gegen das Virus schützen. Der Dauerärger um den Stoff aus Großbritannien ist da wenig hilfreich.
Keine Impfungen für über 65-Jährige oder unter 65-Jährige?
Die ganze Aufregung begann bereits mit seiner Zulassung im Januar. Weil der europäischen Zulassungsbehörde EMA nur unzureichende Daten über ältere Testpersonen vorlag, empfahl sie, das Serum nicht für Menschen über 55 Jahre zu benutzen. Deutschland legte noch zehn Jahre drauf, doch das bedeutete auch, dass damals noch schnöde genannte Covid-19 Vaccine Astrazeneca
für über 65-Jährige tabu sein würde. Die ohnehin schon knappen Bestände schrumpften also noch einmal – obwohl klar war, dass es im Land an allen Ecken und Enden an Corona-Vakzinen mangelte.
Kurz danach brach dann eine Debatte über die Wirksamkeit los. Durch die etwas umständliche Berechnung kam der Eindruck auf, dass das Vakzin im Vergleich zum deutschen Highend-Produkt von Biontech nichts tauge. Als dann bei Pflegekräften noch Impfreaktionen wie Kopfschmerzen und Erkältungssymptome bekannt wurden, stapelten sich plötzlich die Dosen in den Kühlschränken der Impfzentren. Schnell hieß es, man könne doch die Impfreihenfolge lockern und zum Beispiel Lehrer mit den ungeliebten Chargen impfen. Doch deren Freude hielt sich in Grenzen. Einige fühlten sich als Versuchskaninchen, andere wie Impflinge zweiter Klasse.
So weit, so schlecht. Da half es auch nicht, dass Virologen und andere Experten sich den Mund fusselig redeten. Einige wenige, wie etwa Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery, schürten zwar Zweifel, doch die meisten verteidigten Astrazeneca. SPD-Gesundheitsexperte und Pandemie-Orakel Karl Lauterbach erklärte sich bereit zur öffentlichen Impfung. Denn natürlich sei der Stoff empfehlenswert und auch verpuffe er nicht ergebnislos. Dass die Reaktionen auf den Piks unangenehm seien, stimme wohl, doch das sei ein Zeichen dafür, dass alles wie geplant funktioniere. Das war in etwa die Verteidigungsrede der Fachleute.
Voreilige Berichterstattung, schiefe Diskussionen
Obwohl Astrazeneca noch taufrisch in den Regalen lag, war bereits der Versuch einer Ehrenrettung nötig. Da allerdings ließ sich die Image-Schieflage noch auf voreilige Medienberichterstattung und falsch abgebogene Diskussionen zurückführen. Die Fortsetzung des Desasters besorgte der Pharmariese selbst. Und zwar in Form seines Chefs, der live den nächsten Fehltritt vollführte. Ende Februar hatte das Europaparlament die Führungskräfte aller Pharmaunternehmen vorgeladen, bei denen die EU Corona-Vakzine bestellt hat. Biontech, Pfizer, Moderna. Thema: Warum dauert das alles so lange? Und an den Chef von Astrazeneca, Pascal Soriot, gerichtet: Warum liefern Sie nicht die vereinbarten Mengen? Warum nicht zum vereinbarten Zeitpunkt? Warum aber bekommen die Briten, was sie geordert haben? Der Spitzenmanager hatte auf all das kaum Antworten. Hilflos hangelte er sich von einer nichtssagenden Floskel zur nächsten.
Nur eine Aussage blieb hängen. Eine, die dem Ansehen seiner Firma einen weiteren Schlag versetzte: Die EU habe keinen juristischen Anspruch
auf die im Vertrag vereinbarten Liefermengen, so Soriot. Sein Unternehmen habe nur zugesagt, nach besten Kräften
zu produzieren und zu liefern. Selbst ohne die genauen juristischen Hintergründe zu kennen, war dieser Hinweis ein weiterer Mittelfinger ins Gesicht der Menschen. Und auf den nächsten mussten sie nur zwei Wochen warten.
90 Millionen Impfstoffdosen hatten die EU-Vertreter bei Astrazeneca als ersten Schwung bestellt, lieferbar bis Ende März. Nach der ersten Kürzung auf 40 Millionen, teilte das Unternehmen dann Mitte des Monats dann mit, dass es leider noch nur 30 Millionen Dosen werden würden. Astrazeneca begründete die Kappung mit Exportbeschränkungen, die die Lieferungen im ersten Quartal, wahrscheinlich auch im zweiten Quartal reduzieren
würden. Die nächste Empörungswelle flammte auf, währte aber nur kurz. Was womöglich damit zu tun hatte, dass plötzlich Meldungen von ernsthaften Nebenwirkungen aufploppten: So berichtete die dänische Gesundheitsbehörde von schweren Fällen
von Blutgerinnseln bei Geimpften, genauer: Hirnvenenthrombosen.
Nicht nur Deutschland brach Impfungen ab
Diese Form des Gefässverschlusses ist selten und behandelbar, allerdings gefährlich. Laut Paul-Ehrlich-Institut sind bis Mitte März sieben Fälle auf 1,6 Millionen Impfungen bekannt, drei Personen sind gestorben. Wegen dieser auffälligen Häufung
hatten die Experten empfohlen, die Impfungen mit Astrazeneca zu stoppen. Gesagt, getan. Auch andere Staaten ließen Vorsicht walten: Dänemark, Norwegen, Island und Bulgarien brachen ihre Kampagnen ab. Die europäische Arzneimittelbehörde prüfte die Vorfälle, unter anderem, ob die Thrombosen überhaupt im Zusammenhang mit der Impfung standen. Und warum eher Frauen als Männer betroffen sind. Nach einigen Tagen kam die Entwarnung: Der Nutzen überwiegt das Risiko, es kann weiter geimpft werden.
Zwischenstand Mitte März: Das Pharmaunternehmen produziert einen Impfstoff, der für Ältere nicht empfohlen, später aber dann doch für sie zugelassen wird. Der unangenehme bis gefährliche Nebenwirkungen hat, und zudem nicht in der vereinbarten Menge geliefert werden kann. Die gute Nachricht: Die allermeisten Fachleute bescheinigen dem Serum immerhin eine gute Wirksamkeit. So weit, so mittel. Und der Monat ist ja auch noch nicht vorbei.
Am 23. März machte plötzlich die Meldung die Runde, nach der in einem Abfüllwerk in der Nähe Rom 29 Millionen Astrazeneca-Impfdosen entdeckt worden waren. Sofort wurde der Verdacht geäußert, Astrazeneca würde diese Chargen den Europäern quasi vorenthalten. Laut einer Firmensprecherin aber habe alles seine Ordnung. Doch diese Mini-Episode zeigte einmal mehr, wieviel Vertrauen das Unternehmen bereits verspielt hat.
Wenige Tage später bat die Europäische Union zum Krisengipfel. Weil die Firma so derart in Lieferverzug ist, stand die Drohung eines Exportstopps von Astrazeneca-Impfdosen im Raum. Wir werden sicherstellen, dass alles in Europa bleibt, bis die Firma ihre Zusagen einlöst
, sagte Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton. Ob der Druck wirkt, ist weiter unklar, aber offenbar ist die britische Regierung bereit, ein Abkommen mit der EU zu schließen, mit dessen Hilfe weniger des ungeliebten, wenn auch benötigten Serums exportiert werden soll.
Dieser Streit wiederum überlagerte die ebenfalls ungünstige Nachricht, laut der es Zweifel an der Wirksamkeit des Vakzins gibt. So schütze der Impfstoff zu 76 statt zu 79 Prozent vor einer Corona-Infektion mit Symptomen, teilte das Unternehmen Ende März mit. Grund seien Hinweise von US-Experten, nach denen bei einer Phase-III-Studie möglicherweise veraltete Daten zum Einsatz gekommen waren. Das könne ein unvollständiges Bild der Wirksamkeit vermitteln
, hieß es weiter. In den USA ist der Impfstoff von Astrazeneca noch nicht zugelassen.
Die Thrombose meldet sich zurück
Am 29. März meldet sich plötzlich eine alte Bekannte von vor zwei Wochen wieder: die Sinusvenenthrombose. Nachdem in Nordrhein-Westfalen eine Frau an dem Gefässverschluss gestorben und eine weitere schwer erkrankt war, setzten die Behörden die Astrazeneca-Impfungen für Frauen unter 55 Jahren aus. Tags darauf stoppten auch die Länder Berlin und Brandenburg sowie die Stadt München die Behandlungen für 60-Jährige und jüngere. Insgesamt sind dem Paul-Ehrlich-Institut 31 Thrombose-Fälle bekannt, neun sind gestorben. Die meisten Betroffenen sind Frauen zwischen 20 und 63. Warum? Unklar. Es gibt folgende These: In den Branchen, in denen das Serum verstärkt zum Einsatz kommt, in der Pflege und in Schulen, arbeiten deutlich mehr Frauen als Männer. Die Nebenwirkungen hätten also nicht in erster Linie mit dem Geschlecht oder dem Alter zu tun. Vielleicht ist so, vielleicht nicht.
Die EU-Arzneimittelbehörde ist immer noch dabei, die Gefahren genauer zu untersuchen, sieht aber keinen Grund, den Impfstoff nur eingeschränkt zu empfehlen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Impfstoff ist nicht bewiesen, aber er ist möglich und die weitere Analyse läuft
, heißt es bei der EMA.
Vielleicht hilft ja letztlich doch die Politik, dem Schlamassel ein Ende zu bereiten. Am 1. April ließ sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Berliner Bundeswehrkrankenhaus mit Astrazeneca impfen. Ich vertraue den in Deutschland zugelassenen Impfstoffen
, sagte er unaufgeregt und forderte die Menschen auf, sich ebenfalls impfen zu lassen. Ob solche Nachrichten den ramponierten Ruf des Vakzins wieder aufbessern? Der neue Name Vaxzevria jedenfalls wird bislang geflissentlich ignoriert. Stern, tkr
Spiegel
: Bund hält mehr als eine Millionen Biontech-Dosen zurück
Der Bund hält nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel
rund 1,2 Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs von Biontech zurück. Demnach geht aus Aufstellungen des Bundesgesundheitsministeriums von Jens Spahn (CDU) hervor, dass Biontech für die laufende Woche rund 5,13 Millionen Dosen Comirnaty
an den Staat ausgeliefert hat. Das Ministerium stellt den Impfzentren der Länder und den Hausarztpraxen aber für diese Woche nur 3,92 Millionen Dosen bereit. Damit verzögert sich die Impfkampagne – vor allem bei den Erstimpfungen durch die Hausärzte.
Ursprünglich sollten die Praxen in dieser Woche Impfstoff für mehr als 3,3 Millionen Spritzen bereitgestellt bekommen. Tatsächlich sind es dem Bericht zufolge aber nur etwa 2,2 Millionen Portionen Comirnaty
– also 1,1 Millionen Dosen weniger für die Hausärzte. Bei den Impfzentren wurden rund 75.000 Dosen gekürzt.
Die Aufgabe des Bundesgesundheitsministeriums sei es, die Mengen in die Arztpraxen so zu steuern, dass der Bedarf für Zweitimpfungen zu jedem Zeitpunkt gedeckt werden kann
, schrieb eine Ministeriumssprecherin auf eine Spiegel
-Anfrage. In den kommenden drei Wochen müssten überproportional viele Zweitimpfungen durchgeführt werden. Der Bedarf an Zweitimpfungen müsse zwingend deutlich niedriger sein als die Gesamtmenge, die durch das Ministerium BMG in das Regelsystem überführt werde. Die Liefermenge von Biontech in den kommenden zwei Wochen reiche nicht aus, um dies sicherzustellen – insbesondere, da die Betriebsärzte ebenfalls mit 700.000 Impfdosen von Biontech mitimpften. Tsp
EM-Spiele in München vor Fans: Jeweils rund 14.000 Zuschauer
Jeweils rund 14.000 Zuschauer sollen die Spiele bei der Fußball-EM in München besuchen dürfen. Dies kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Sitzung des Kabinetts am Freitag an und sprach von einer Stadionauslastung von bis zu 20 Prozent
. Zunächst hatte die Bild
darüber berichtet. Die Fußball-EM ist eine Sondersituation, die wir haben
, erklärte Söder. Die Partien vor Zuschauern könnten als Pilotprojekt für den weiteren Profisport betrachtet werden. Die EM-Spiele würden mit einem strengen Hygiene- und Sicherheitskonzept begleitet werden.
In der Münchner Allianz Arena finden bei der Europameisterschaft vom 11. Juni bis zum 11. Juli zunächst die drei deutschen Vorrundenspiele statt. Joachim Löws Mannschaft trifft am 15. Juni auf Weltmeister Frankreich, am 19. Juni auf Titelverteidiger Portugal sowie am 23. Juni auf Außenseiter Ungarn. Zudem ist am 2. Juli ein Viertelfinale angesetzt. Die DFB-Elf würde dem Spielplan zufolge aber nur als Gruppendritter zum K.o.-Duell nach München zurückkehren.
Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hatte Ende April die bayerische Landeshauptstadt als Mitgastgeber der EM bestätigt, strittig blieb aber die Zuschauer-Frage. Der Verband verlangte von München eine Garantie, dass die Partien vor Fans ausgetragen werden dürften.
Die Staatsregierung gab diese Zusicherung damals nicht. Alles ist vorbehaltlich der pandemischen Lage
, hatte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betont. Bilbao und Dublin verloren im Gegensatz zu München ihre EM-Gastgeberrollen wegen der fehlenden Zusage in der Fan-Frage.
Für die Landeshauptstadt wurde in einem sogenannten Leitszenario eine Mindestkapazität von 14.500 Zuschauern als realistisch eingestuft. Münchner Planspiele reichten aber auch von Geisterspielen bis hin zu einer Maximalauslastung mit 27.000 Fans. Nun dürfen also bis zu 14.000 Besucher ins Stadion kommen. "Die Behörden vor Ort entscheiden vor den Spielen, ob Zuschauer zugelassen werden oder nicht", hatte UEFA-Boss Aleksander Ceferin erklärt.
Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sprach sich zuletzt angesichts der sinkenden Corona-Zahlen für das Szenario mit rund 15.000 EM-Zuschauern in der Allianz Arena aus. Ich bin schon der Meinung, wenn jeder fünfte Platz besetzt ist und die vorher getestet sind, bitteschön
, sagte er im BR Fernsehen: Dann rein mit den Leuten, hilft ja nix!
Die Arena verfügt über 70.000 Sitzplätze. EM-Spiele mit Fans in München könnten uns eine gewisse Normalität zurückgeben
, hatte DFB-Organisationschef Philipp Lahm gesagt. Die Gesundheit müsse aber an erster Stelle stehen. dpa
Mehr psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Pandemie
Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen haben während der Corona-Pandemie einem Bericht zufolge deutlich zugenommen. Die Zahl der wegen Essstörungen behandelten Minderjährigen könnte 2020 um rund 60 Prozent gestiegen sein, berichtete das ARD-Mittagsmagazin
am Donnerstag unter Berufung auf eine Auswertung von Versichertendaten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH). Auch andere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout könnten um rund 30 Prozent zugenommen haben.
Innerhalb von zehn Jahren habe sich die Zahl der Depressionen bei Minderjährigen fast verdoppelt. Auch Anpassungsstörungen, Burnout, Angststörungen und Essstörungen nahmen demnach zwischen 2009 und 2019 deutlich zu. Die Pandemie habe diesen Trend verstärkt. Bundesweit wiesen die Zahlen auf einen Anstieg von mehr als 20 Prozent aller psychischen Erkrankungen hin.
Für den Bericht wurden die Daten von 209.332 sechs- bis 18-jährigen Versicherten der KKH ausgewertet. Von den rund 200.000 versicherten Kindern und Jugendlichen befanden sich 2019 rund zwölf Prozent aufgrund psychischer Erkrankungen in Behandlung.
Am stärksten seien Kinder und Jugendliche in Berlin betroffen gewesen. Von knapp 15.000 versicherten Sechs- bis 18-Jährigen mussten 2019 mehr als 2000 behandelt werden. Mit 13,9 Prozent war der Anteil dort bundesweit am höchsten.
Im ersten Halbjahr 2020 lag der Anteil für Berlin bei neun Prozent - auch das der Spitzenplatz im bundesweiten Vergleich. Über dem Durchschnitt lagen auch Niedersachsen mit 13,6 Prozent und Schleswig-Holstein mit 13,2 Prozent. AFP
Trotz erfolgreicher Impfkampagne sind Chiles Kliniken am Limit
Trotz eines der am weitesten fortgeschrittenen Impfprogramme weltweit geraten in Chile die Krankenhäuser aufgrund der Corona-Pandemie an ihre Grenzen. Die Intensivstationen des südamerikanischen Landes seien zu 96,7 Prozent ausgelastet, sagte der Beauftragte für die Intensivpflege des chilenischen Gesundheitswesens, Luis Castillo, am Mittwoch im Radiosender Cooperativa.
Im ganzen Land seien nur noch 146 Intensivbetten frei. Das sei die höchste Auslastung in Chiles Geschichte, sagte Castillo. Bei den meisten Intensivpatienten handele es sich um Menschen mit Covid-19. Ein Großteil sei noch nicht geimpft worden.
Dabei liegt Chile beim Bevölkerungsanteil der vollständig Geimpften mit rund 53 Prozent weltweit auf einem der vordersten Plätze. Chile hat sich frühzeitig Impfstoffe einer ganzen Reihe von Herstellern gesichert. Geimpft wird nach einem recht einfachen Priorisierungsplan ohne komplizierte Terminvergabe - in Gesundheitszentren, Fußballstadien und Impfstraßen. dpa
RKI: Variante Alpha bleibt vorherrschend
Die vor einigen Wochen als besorgniserregend eingestufte Corona-Variante Delta (B.1.617.2) spielt in Deutschland nach Daten des Robert Koch-Instituts weiter eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil an untersuchten Proben aus der Woche vom 17. bis 23. Mai betrug 2,1 Prozent. Das geht aus einem RKI-Bericht vom Mittwochabend hervor. In den Wochen zuvor hatte der Anteil leicht, aber beständig zugenommen, auf bis zu 2,4 Prozent.
Die zuerst in Indien festgestellte Mutante hat damit den RKI-Daten zufolge in Deutschland den zweitgrößten Anteil, allerdings mit enormem Rückstand: Alpha (B.1.1.7) kommt auf rund 93 Prozent. Diese in Großbritannien entdeckte Variante breitete sich seit Ende 2020 international stark aus. Die weiteren als besorgniserregend eingestuften Varianten Beta (B.1.351) und Gamma (P.1.) wurden in noch geringerer Zahl gefunden.
In Deutschland werden längst nicht alle positiven Proben auf Varianten untersucht. Wie die Autoren schreiben, erlaube es die Verordnung zur molekulargenetischen Corona-Überwachung, dass für bis zu zehn Prozent der wöchentlichen positiven Proben eine Gesamtgenomsequenzierung gemacht und vergütet werden kann, da seit etwa Mitte Mai die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen in Deutschland unter 70.000 Fällen liege. Damit wolle man sichergehen, dass auch in Phasen niedriger Inzidenz ein umfassendes Bild
zu den in Deutschland vorkommenden Varianten für die Analyse und Bewertung der Situation zur Verfügung stehe. In Zeiten mit höheren Fallzahlen sind es laut Verordnung bis zu fünf Prozent der Proben.
Die besorgniserregenden Corona-Varianten sind neuerdings nach Buchstaben des griechischen Alphabets benannt. Die neutralen Namen sollen verhindern, dass sie nach den Ländern der Entdeckung benannt werden. Das ist stigmatisierend und diskriminierend
, hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Montagabend mitgeteilt.
Als besorgniserregend gelten Varianten mit Erbgutveränderungen, die mit bestimmten Eigenschaften wie höherer Übertragbarkeit und einer veränderten Immunantwort im Zusammenhang stehen. Bei der hierzulande vorherrschenden Variante Alpha steckt ein Infizierter im Schnitt mehr Menschen an als bei früheren Virusformen. dpa
Johnson&Johnson-Impfstoff wird zum Ladenhüter
Obwohl viele Menschen immer noch sehnsüchtig auf ihren Impftermin warten, liegen mehrere Hunderttausend Dosen des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson deutschlandweit ungenutzt herum. Von den 424.800 Dosen, die bis zum 26. Mai geliefert wurden, sind laut einem internen Bericht des Bundesgesundheitsministeriums lediglich 35 Prozent verimpft worden. Die Quote der Impfstoffe von Astrazeneca, Biontech und Moderna hingegen beläuft sich auf jeweils 90 Prozent.Dabei ist zur vollständigen Immunisierung bei Johnson&Johnson sogar nur eine einmalige Impfung erforderlich.
Ein Grund für die zurückhaltende Abgabe des Impfstoffs könnte laut focus.de sein, dass der Wirkstoff von Johnson & Johnson bislang vorrangig an Personen verimpft wird, bei denen sich die Organisation einer Zweitimpfung schwierig gestaltet. Dazu zählen unter anderem Obdachlose, Flüchtlinge, Gefängnis-Insassen oder Bewohnerinnen von Frauenhäusern, die keinen festen Wohnsitz haben oder Deutsch nicht als Muttersprache sprechen.
Die Impfkampagne in solchen Einrichtungen gerät jedoch immer wieder ins Stocken. Das liegt unter anderem an dem erhöhten Beratungsbedarf, der auf Empfehlung der Stiko mit der Verimpfung des Wirkstoffes an Unter-60-Jährige einhergeht. Nicht selten fehlt es auch an Dolmetschern.
Trotz dieser absehbaren Komplikationen haben viele Länder das Vakzin von Johnson & Johnson zunächst nicht an Arztpraxen und Impfzentren weitergegeben.
In der vergangenen Woche erhielten die Hausärzte nun 540.000 Dosen Johnson&Johnson. Sie sollen die Verimpfung mit dem Johnson&Johnson-Impfstoff vorantreiben und die Impfkampagne beschleunigen.
G7-Gesundheitsminister treffen sich in Oxford
Inmitten einer Debatte um Corona-Lockerungen in Großbritannien empfängt der britische Gesundheitsminister Matt Hancock seine G7-Kollegen zu einem persönlichen Treffen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nimmt teil. In Oxford, rund 80 Kilometer nordwestlich von London, wollen die Ressortchefs unter anderem über die gemeinsame Abwehr künftiger Pandemien sprechen. Der Ort ist symbolisch gewählt: Forscher der Universität Oxford haben gemeinsam mit dem Pharmakonzern Astrazeneca einen Corona-Impfstoff entwickelt.
Die Bundesregierung hatte das Vereinigte Königreich wegen der dortigen Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus, die zuerst in Indien entdeckt worden war, zum Virusvariantengebiet erklärt. Unter den Vorschriften dürfen nur noch deutsche Staatsangehörige sowie Menschen mit Wohnsitz in Deutschland aus Großbritannien einreisen und müssen sich dann für 14 Tage in Quarantäne begeben. Die Zahl der Neuinfektionen war in Großbritannien zuletzt aber nur leicht gestiegen.
EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides drängte darauf, das politische Momentum zu nutzen, um die globale Gesundheitsstrukturen zu stärken. Wir haben keine Zeit zu verlieren
, sagte Kyriakides. Nötig seien bessere Überwachung und stärkere Zusammenarbeit, vor allem beim Austausch von Daten und Krankheitserregern. Nie war globale Zusammenarbeit wichtiger als jetzt.
Kyriakides forderte die G7-Staaten auf, Impfstoffe mit ärmeren Ländern zu teilen.
Zu der Gruppe der G7 gehören Großbritannien, das dieses Jahr die Ratspräsidentschaft inne hat, sowie Deutschland, die USA, Frankreich, Italien, Kanada und Japan. dpa
Impfstoffe können besser werden,
Forscher kommen Blutgerinnseln auf die Spur
Die bei Impfungen mit Astrazeneca und Johnson & Johnson auftretenden Blutgerinnsel haben zu großer Verunsicherung geführt. Nun finden Forscher einen Ansatz, warum es zu der Komplikation kommt. Möglicherweise lassen sich die Impfstoffe verbessern - das Problem könnte dann bald der Vergangenheit angehören.
Mögliche Blutgerinnsel gehören zu den potenziellen Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson, die viele Menschen beunruhigen. Nun könnten Wissenschaftler die Ursache dafür gefunden haben. Forscher der Goethe-Universität Frankfurt und der Uni Ulm vermuten nach Laborversuchen den in den Impfstoffen verwendeten Adenovirus als Verursacher.
Mit dem Erkältungsvirus wird der Bauplan für das Spike-Protein des Coronavirus in den menschlichen Körper gegeben, um eine Immunantwort zu erzeugen. Im Zellkern findet dort eine Art Abschrift des genetischen Codes statt, aus der dann neue Proteine entstehen. Dabei können in seltenen Fällen jedoch Fehler passieren, aufgrund derer die Zelle nicht Spike-Proteine, sondern zu kurze Protein-Stummel baut. Nach der Theorie der Forscher werden diese Varianten dann von der Zelle einfach in den Körper abgesondert, wo sie die Entstehung von Blutgerinnseln begünstigen, schreiben Rolf Marschalek und seine Kollegen in einer noch nicht von Fachleuten begutachteten Studie.
Das Problem liegt demnach eher im Eintritt des Adenovirus in den Zellkern als in der Zellflüssigkeit, in der das Virus normalerweise Proteine produziert. Der Lebenszyklus des Adenovirus umfasst die Infektion von Zellen, den Eintritt der adenoviralen DNA in den Zellkern und anschließend die Gentranskription durch die Wirts-Transkriptionsmaschinerie
, schreiben die Autoren. Und genau hier liegt das Problem: Das virale DNA-Stück ist nicht dafür optimiert, innerhalb des Kerns transkribiert zu werden.
Umbau der Impfstoffe möglich
Die Entdeckung könnte auch erklären, warum die seltenen Blutgerinnsel bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna nicht auftreten. Dazu erklären die Forscher, dass die mRNA-Impfstoffe das genetische Material des Coronavirus-Spike-Proteins nur an die Flüssigkeit im Inneren der Zellen abgeben, nicht an den Zellkern.
Daraus leiten sie wiederum die Idee ab, dass es möglich ist, auch die Vektor-Impfstoffe so umzubauen, dass die bedrohliche Nebenwirkung vermieden werden kann. Das Papier schlägt vor, dass Impfstoffhersteller, die Adenovirus-Vektoren verwenden, die Sequenz des Spike-Proteins modifizieren könnten, um unbeabsichtigte Spleißreaktionen zu vermeiden und die Sicherheit dieser pharmazeutischen Produkte zu erhöhen
.
Mit Johnson & Johnson sind die Wissenschaftler dem britischen Guardian
zufolge bereits im Austausch. Mit Astrazeneca habe man hingegen noch nicht gesprochen, sagte Marschalek der Finacial Times
. Man könne jedoch sagen, was zu tun ist, um einen besseren Impfstoff herzustellen
.
Im Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts waren bis zum 30. April 67 schwere Thrombosefälle nach Impfungen mit Astrazeneca verzeichnet. Vierzehn Personen seien gestorben, heißt es dort. Bei den meisten Fällen habe es sich um Sinusvenenthrombosen gehandelt. ntv.de, sba
Infektionszahlen in Großbritannien steigen wieder
Lange ging die Zahl der Coronafälle zurück, nun breitet sich das Virus in Großbritannien erneut aus – vor allem die aus Indien bekannte Mutante B.1.617.2. Was heißt das für Deutschland?
Nach einem langen Abwärtstrend verzeichnet Großbritannien wieder mehr neue Coronafälle. Die Zahl der Neuinfektionen war am Mittwoch mit 3542 so hoch wie seit dem 12. April nicht mehr, teilte Gesundheitsminister Matt Hancock mit. Bis zu drei Viertel der neuen Fälle könnten ihm zufolge der Variante B.1.617.2 zugeordnet werden, die zuerst in Indien entdeckt wurde.
Auch die Sieben-Tage-Inzidenz ist in Großbritannien zuletzt gestiegen. Aktuell liegt sie bei etwa 26 Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Die kommenden Wochen müssen zeigen, ob sich der Trend fortsetzt. Laut Zahlen des nationalen Statistikamts vom Freitag hat sich der Anstieg im Vergleich zur Vorwoche verlangsamt.
Die rasante Ausbreitung der Variante B.1.617.2 bereitet Experten dennoch Sorgen. Sie ist einer von drei eng verwandten Subtypen, der zunächst in Indien entdeckt worden war und sich weltweit ausbreitet. Großbritannien und die WHO stuften die Variante vor einigen Wochen als besorgniserregend ein.
Erste Dosis schützt offenbar weniger effektiv
Was B.1.617 potenziell gefährlich macht, ist ein Mix aus zwei Mutationen, »E484Q« und »L452R«. Sie ist deshalb auch als »Doppelmutante« bekannt, weist aber noch deutlich mehr Genveränderungen auf. Was genau diese Mutationen bewirken, können Forschende noch nicht genau sagen. Allerdings ist die Variante womöglich auf gleich zwei Wegen gefährlicher als der Ursprungstyp des Virus:
Die Genveränderungen könnten es dem Virus leichter machen, an menschliche Zellen anzudocken und in diese einzudringen. Der Erreger würde dadurch ansteckender. Dafür spricht auch, dass sich die Mutante in Indien und anderen Ländern sehr schnell ausgebreitet hat.
Geimpfte und Genesene sind normalerweise vor einer erneuten Infektion mit dem Coronavirus gewappnet, weil ihr Immunsystem den Erreger bereits kennt und ihn gezielt ausschalten kann. Die nun aufgetretenen Mutationen verändern das Virus jedoch so, dass es der Immunabwehr womöglich entkommen kann. Solche Genveränderungen werden auch Fluchtmutationen genannt. Im schlimmsten Fall könnten durch sie auch Geimpfte und Genesene erneut schwer erkranken. Die Pandemie würde von vorn beginnen.
Großbritannien gilt als mögliche Blaupause für die Entwicklung der Pandemie in Deutschland. Dort ist bereits ein Großteil der Bevölkerung geimpft, die Infektionszahlen sind deutlich gesunken. Eine Entwicklung, die sich auch in Deutschland abzeichnet. Wenn in Großbritannien neue Varianten zu einer erneuten Infektionswelle führen sollten, dürfte das auch hierzulande bald der Fall sein.
In Großbritannien haben etwa 56 Prozent der Bevölkerung zumindest eine erste Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten. Zum Vergleich: In Deutschland sind es bisher etwa 42 Prozent. Laut ersten Studienergebnissen der britischen Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) schützen die Coronaimpfstoffe von Biontech/Pfizer und AstraZeneca etwas weniger effektiv vor einer Infektion mit der Variante B.1.617.2.
Besonders die erste Dosis, die bei anderen Varianten bereits einen Großteil der Infektionen verhindern kann, wirkt möglicherweise weniger gut. Drei Wochen nach der ersten Impfung erzielten die Impfstoffe von Biontech und AstraZeneca demnach gegen die Variante B.1.617.2 eine Schutzwirkung von 33 Prozent. Bei der Variante B.1.1.7, die in Deutschland aktuell das Infektionsgeschehen dominiert, lag die Schutzwirkung laut ersten Studien nach der ersten Dosis dagegen bereits bei etwa 50 Prozent.
Nach der zweiten Dosis steigt die Immunität gegen B.1.617.2 zwar offenbar, doch auch ihre Wirkung könnte etwas geringer ausfallen.
Lage in Krankenhäusern (noch) entspannt
Allerdings sind Experten weiterhin zuversichtlich, dass die Impfstoffe weiterhin vor schweren Erkrankungen schützen. Laut Gesundheitsminister Hancock ist die Zahl der Coronapatienten in britischen Kliniken insgesamt bisher nicht gestiegen. Ein Indiz, dass Geimpfte weiterhin vor schweren Erkrankungen geschützt sind. Allerdings vergehen in der Regel einige Wochen, bis sich steigende Infektionszahlen auch in den Krankenhäusern bemerkbar machen.
In einigen Regionen, in denen sich B.1.617.2 besonders schnell verbreitet, ist die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen Covid-19 bereits wieder gestiegen, berichtet die britische Gesundheitsbehörde PHE. Betroffen seien aber vor allem Menschen, die noch nicht geimpft sind. »Das zeigt, wie wichtig es ist, die Menschen in den betroffenen Gegenden schnellstmöglich zu impfen«, teilte die Behörde mit. Zunächst hatte der »Guardian« darüber berichtet.
Gesundheitsminister Hancock betonte zudem, auch die große Mehrheit der neu Infizierten sei noch nicht geimpft gewesen. Laut der britischen Behörde für gesundheitliche Sicherheit (UKHSA) könnte auch vermehrtes Testen ein Grund für den Anstieg der Infektionszahlen sein.
Trotz niedriger Zahlen – Großbritannien gilt als Hochrisikogebiet
Deutschland hat Großbritannien wegen der sich ausbreitenden Variante B.1.617 als Risikogebiet eingestuft, obwohl die Sieben-Tage-Inzidenz dort niedriger ist als hierzulande. Wer aus Großbritannien einreist, muss für zwei Wochen in Quarantäne, auch wenn ein negativer Coronatest vorliegt.
So ist die Lage in Deutschland
In Deutschland spielt die aus Indien bekannte Mutante bisher kaum eine Rolle. Laut dem jüngsten Bericht des Robert Koch-Instituts vom Mittwoch machte sie Mitte Mai nur etwa zwei Prozent der Infektionen aus. Damit dominiert weiterhin die Variante B.1.1.7 deutlich, ihr Anteil liegt bei etwa 90 Prozent.
Wenn Coronavakzinen tatsächlich weniger gegen die Variante B.1.617 ausrichten können, dürfte ihr Anteil auch in Deutschland mit zunehmender Impfquote rasch steigen. In Großbritannien wurde der Subtyp B.1.617.2 innerhalb weniger Wochen zur dominierenden Variante. Ende April lag sein Anteil laut dem Wellcome-Sanger-Institut noch bei nur sechs Prozent. Zur Erinnerung: Inzwischen macht die Variante laut britischem Gesundheitsministerium 75 Prozent der Infektionen aus.
Bisher hält die britische Regierung dennoch an ihrem Vorhaben fest, alle Coronamaßnahmen am 21. Juni aufzuheben. Allerdings soll der Schritt zuvor erneut geprüft werden. Wissenschaftler und Regierungsmitglieder hatten zuletzt eingeräumt, dass wegen der Variante der Zeitplan nach hinten geschoben werden könnte. Spiegel, koe/dpa
Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 36,8 – wieder mehr Neuinfektionen
Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland ist laut Robert Koch-Institut (RKI) den zweiten Tag in Folge gestiegen. Der Wert lag Angaben von Mittwochmorgen zufolge bei 36,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche (Vortag: 35,2; Vorwoche: 46,8). Über das offenbar gestoppte Absinken der Inzidenz hatte RKI-Chef Lothar Wieler am Dienstag gesagt, Modellierungen ließen einen leichten vorübergehenden Anstieg erwarten. Das RKI bringe dies mit Öffnungsschritten in Zusammenhang, die die Chancen des Virus erhöhten. Mit einem erneuten exponentiellen Wachstum der Fallzahlen werde bei vorsichtigen Öffnungen allerdings zunächst nicht gerechnet, so Wieler.
Binnen eines Tages meldeten die Gesundheitsämter dem RKI 4.917 Corona-Neuinfektionen, wie aus RKI-Angaben hervorgeht, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.35 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert kurz nach dem verlängerten Pfingst-Wochenende bei 2.626 Ansteckungen gelegen.
Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 179 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 270 Tote gewesen. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 88.774 angegeben.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Dienstagabend bei 0,77 (Vortag: 0,76). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 77 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa
Kampagne gegen BioNTech/Pfizer:
Influencer sollten für Geld verleumden
Eine PR-Agentur bietet Influencern auf der ganzen Welt Geld, damit sie Botschaften mit irreführenden Informationen über Impfungen verbreiten. Der Auftraggeber soll geheim bleiben - doch eine Spur führt nach Russland.
Eine Londoner Agentur hat Social-Media-Influencern auf mindestens drei Kontinenten Geld angeboten, damit sie Desinformation über den Impfstoff von BioNTech/Pfizer verbreiten - dies ergeben gemeinsame Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste und von netzpolitik.org
. Mindestens zwei Influencer haben sich offenbar auf das Angebot eingelassen und Videos veröffentlicht, in denen sie behaupteten, eine große Zahl von Menschen sei wegen der Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty von BioNTech und Pfizer gestorben. Auch in Deutschland und Frankreich sollten solche Beiträge in den sozialen Medien erscheinen. Nach Recherchen der beiden Redaktionen steckt dahinter eine Scheinfirma mit engen Verbindungen nach Russland.
So liegen Kontraste und netzpolitik.org
E-Mails vor, die die Agentur mit dem Namen Fazze dem deutschen YouTuber und Journalisten Mirko Drotschmann geschickt hat. Drotschmann ist bekannt für seinen Kanal MrWissen2Go
bei funk, dem Online-Angebot von ARD und ZDF. Auf YouTube haben ihn rund 1,5 Millionen Menschen abonniert. Die Agentur Fazze bot Drotschmann Geld dafür, wenn er die angeblich brisanten Informationen verbreitet.
Streng vertrauliche Informationen
Drotschmann stellte eigene Nachforschungen an und wurde stutzig. Ein Mitarbeiter der Agentur wollte ihm nicht sagen, wer die Negativkampagne bezahlt habe - dabei handele es sich um eine streng vertrauliche
Information. Drotschmann sagte, es passiere immer wieder, dass Influencer dubiose Anfragen erhielten. Aber dass man Geld angeboten bekommt, um Falschnachrichten zu verbreiten, ist eine völlig neue Dimension.
Influencer in Brasilien und Indien nahmen Angebot an
Fazze schickte YouTubern ein Passwort, das ihnen Zugang zu einem geschützten Bereich auf der Website der Agentur verschaffte. Dort erteilte die Agentur detaillierte Anweisungen, wie Influencer die Desinformation ihren Followern präsentieren sollten und forderte die Beteiligten dazu auf, zu verschweigen, dass es sich um eine bezahlte Botschaft handele. Stattdessen sollten sie so tun, als wären sie selbst in Sorge über die angeblichen Impftoten.
Ein brasilianischer Influencer teilte seine vermeintlichen Sorgen über Impftote auf Instagram, wo er mehr als drei Millionen Abonnenten hat. Auch der indische YouTuber Ashkar Techy mit circa 500.000 Abonnenten unterbrach vergangene Woche einen Zusammenschnitt mit lustigen Filmchen und blendete eine Tabelle ein, die ihm offenkundig Fazze geschickt hatte.
Diese Tabelle steht im Zentrum der Kampagne, ihrem Titel zufolge stellt sie Impftote durch unterschiedliche Impfstoffen dar, aufgeschlüsselt nach Ländern. Die Kernaussage: Deutlich häufiger seien Menschen durch eine Impfung mit BioNTech/Pfizer gestorben als durch eine Impfung mit AstraZeneca.
Zahlen grob irreführend
Doch während die für Deutschland genannten Zahlen tatsächlich aus einem Bericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zu stammen scheinen, ist die Überschrift falsch. Tatsächlich erfasst wurde demnach lediglich, wie viele Menschen innerhalb von 40 Tagen nach einer Impfung gestorben sind - ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Todesfällen ist hingegen unbelegt.
Dazu kommt, dass die Verstorbenen laut dem PEI-Bericht im Schnitt älter als 80 Jahre waren - also altersbedingt ein deutlich erhöhtes Risiko hatten, aus natürlichen Gründen zu sterben. Diesen Zusammenhang unterschlägt Fazze bei seiner Kampagne, die über die sozialen Medien wohl vor allem junge Menschen erreichen sollte. Und so bewertet das Paul-Ehrlich-Institut auf Kontraste-Anfrage die Darstellung der Agentur Fazze auch als grob irreführend
.
Die Daten stammten laut Fazze angeblich aus einem Hack des Impfstoffherstellers AstraZeneca. Das Unternehmen distanziert sich auf Nachfrage von Kontraste und netzpolitik.org jedoch deutlich von diesen Behauptungen. Wir verurteilen auf das Schärfste jede Initiative, die darauf abzielt, das Vertrauen in Impfstoffe zu untergraben
, so eine Sprecherin von AstraZeneca.
Scheinfirma hat vor allem russische Kunden
Genauso wie die Tabelle mit den angeblichen Impftoten hält auch die Agentur Fazze einem zweiten Blick nicht stand. Kontraste und netzpolitik.org haben versucht, sie in London ausfindig zu machen, aber an der auf ihrer Website genannten Adresse hat sich noch nicht einmal ein Klingelschild befunden. Auch im britischen Handelsregister wurde Fazze nie eingetragen: Es handelt sich offenbar um eine reine Scheinfirma. Laut Angaben auf seinem Social-Media-Profil arbeitet der angebliche Geschäftsführer von Moskau aus. Auch alle vier Kunden, die Fazze auf seiner Website Influencern als mögliche Auftraggeber präsentiert, haben ihre Ursprünge in Russland.
Im Hintergrund scheint zudem eine zweite Firma mit dem Namen AdNow zu stehen, die an derselben Londoner Adresse gegründet wurde und ebenfalls von einem Mann mit russischen Wurzeln geführt wird. E-Mails, die an Fazze adressiert waren, wurden zuletzt zu AdNow umgeleitet, auch der vorgebliche Geschäftsführer von Fazze soll dort gearbeitet haben. Als Kontraste bei der Firma anrief und nach seinem Namen fragte, wurde schnell aufgelegt. Auch auf schriftliche Anfragen reagierten die Verantwortlichen nicht.
Stimmungsmache gegen westliche Impfstoffe
Bereits in der Vergangenheit wurden aus Russland Zweifel an westlichen Impfstoffen gestreut. Ein offizielles Twitterkonto, das auf den Namen des russischen Impfstoffs Sputnik V
läuft und offenbar Teil einer staatlich finanzierten Kampagne ist, machte Zahlen von Todesfällen nach Impfungen mit BioNTech/Pfizer bereits im April zum Thema.
Laut dem Desinformationsexperten Felix Kartte von der Initiative Reset.Tech ist es schwierig zu beurteilen, ob der Kreml hinter der Kampagne steckt, für die Fazze nun Influencer angeworben hat. Das Vorgehen entspreche jedoch Taktiken, die man während der Pandemie beobachtet habe. Häufig konzentriere sich Russland auf Themen, die das Potenzial hätten, Angst zu schüren und Gesellschaften zu spalten. Es ist überhaupt nicht unüblich, dass der Kreml PR-Agenturen beauftragt. Ein Grund dafür ist, dass das die Zuordnung schwieriger macht.
Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Omid Nouripour, sieht einen eindeutigen Nutznießer derartiger Kampagnen. Das Schlechtreden der Impfstoffe im Westen unterminiert das Vertrauen in unsere Demokratien und soll das Vertrauen in die Impfstoffe Russlands erhöhen und da gibt es nur eine Seite, die etwas was davon hat und das ist der Kreml.
In Frankreich, wo Fazze mehrere Influencer kontaktiert hatte, äußerte sich am Dienstag gegenüber dem Sender BMFTV der Gesundheitsminister Olivier Véran. Er nannte das Vorgehen armselig, gefährlich und verantwortungslos
.
Auch in Deutschland sind die Behörden auf den Fall aufmerksam geworden. Nach Informationen von Kontraste und netzpolitik.org
ist das beim Bundesinnenministerium angesiedelte Referat Hybride Bedrohungen
an dem Fall interessiert. NDR Tagesschau, von Daniel Donath, rbb
Corona-Impfungen: Angstmache, Falschmeldungen und Gerüchte
Der Auftakt der Corona-Impfungen wird von einer Welle an Desinformation begleitet. Im Netz verbreiten Impfgegner falsche Fotos und Gerüchte über angebliche Spätfolgen. Viele Menschen lassen sich dadurch offenbar verunsichern.
Seit Monaten rechnen Coronaleugner die Zahl der Todesopfer durch Covid-19 herunter, behaupten, Hunderttausende Menschen wären sowieso
gestorben. Geht es aber um Impfungen, klingen die Behauptungen plötzlich ganz anders: Einzelne Menschen, die versterben und bereits geimpft waren, werden nun als Opfer
der Impfung dargestellt - obwohl entsprechende Belege fehlen. So soll bewiesen werden, dass die Impfungen tödliche Nebenwirkung hätten. Weltweit werden einzelne Fälle gesammelt, um Angst zu schüren. Durchaus mit Erfolg: Unter dem Schlagwort #IchLassemichnichtimpfen erklären Hunderte Menschen auf Facebook, warum sie eine Impfung ablehnen. Manche aus Sorge vor befürchteten Langzeitfolgen; andere, weil sie meinen, allein gesunde Ernährung und Sport reiche als Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung. Wieder andere wollen nicht glauben, dass es in kurzer Zeit überhaupt möglich sei, einen Impfstoff zu entwickeln. Die Mehrzahl der Posts in diesen Gruppen stammen von Frauen, viele arbeiten nach eigenen Angaben im Bereich der Pflege. Andere beschreiben sich als besorgte Mütter und verweisen auf ihre Kinder, die sie ebenfalls generell nicht impfen lassen.
Legenden von der Neuen Weltordnung
Dazwischen tauchen aber immer wieder groteske Verschwörungslegenden auf. Eine Frau, die sich auf ihrem Profil gegen wissenschaftlich verifizierte Medizin bei der Krebsbehandlung wendet, schreibt im Kontext der Impfungen von einem satanischen Weltkomplott
. Eine andere versichert, sie leugne das Virus nicht, vermute aber, dass dieser ganze Zirkus nur zum Vorwand benutzt wird, um die NWO einzuläuten
. NWO ist die Abkürzung von New World Order - also Neue Weltordnung. Dahinter verbirgt sich eine Verschwörungslegende, wonach eine geheime Weltregierung im Verborgenen eine neue Herrschaft etabliere.
Eine weitere Frau schreibt, es gebe keine Pandemie, es gehe stattdessen um die massive Etablierung von 5G
zur totalen Überwachung sowie Kontrolle
. Ziel sei eine totalitäre digitale Diktatur
sowie ein globaler Massengenozid!
Auch dies ist eine gängige Verschwörungslegende, die immer wieder im Netz verbreitet wird.
Querdenkerin
als Admin
Die Grenzen zwischen verunsicherten Menschen und fanatischen Verschwörungsanhängern sind in solchen Gruppen nicht mehr zu erkennen. Fast 75.000 Menschen sind allein in einer Facebook-Gruppe organisiert, die erst sei Anfang Dezember existiert. Unter den Administratoren findet sich eine Aktivistin aus der Querdenken
-Bewegung sowie eine Aktivistin eines Netzwerks, das sich gegen Impfungen einsetzt und dafür zahlreiche Telegram-Kanäle und weitere Social-Media-Auftritte pflegt. Der Name dieser Initiative tauchte auf T-Shirts bei Querdenken
-Demonstrationen auf.
Impfstoff verändert nicht das Erbgut
In den täglich Dutzenden Beiträgen in diesen privaten Gruppe finden sich Versatzstücke aus zahlreichen Falschmeldungen und Gerüchten, die seit Monaten verbreitet werden. Besonders groß ist die Angst, der Impfstoff könnte das Erbgut verändern. Dies ist allerdings ein Missverständnis: Die sogenannte mRNA gelangt lediglich in die Zelle und wird dort abgelesen
. Danach wird sie abgebaut. Das WDR-Wissenschaftsmagazin Quarks schreibt dazu:
Wenn mRNA in DNA in menschlichen Zellen umgebaut werden könnte, müsste das häufig passieren. Denn mRNA befindet sich ständig in jeder Zelle und zwar zahlreich. Das Erbgut wäre ziemlich schnell kaputt, würde sich mRNA ständig in den Zellkern und das Erbgut einschleichen.
Das Paul-Ehrlich-Intitut betont, es bestehe keine Gefahr einer Integration von mRNA in das humane Genom. Beim Menschen befindet sich das Genom in Form von DNA im Zellkern. Eine Integration von RNA in DNA ist unter anderem aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die von den Körperzellen nach der Impfung aufgenommen mRNA in DNA umgeschrieben wird.
Missverständnis über Spätfolgen
Dementsprechend seien auch keine Spätfolgen zu befürchten, meinen Fachleute. Bei einem Impfstoff gebe es schon aus biologischen Gründen keine
, erklärt Petra Falb in ihrem Blog. Die Gutachterin in der Zulassung für Impfstoffe beim österreichischen Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen betont, Nebenwirkungen zeigten Spätnebenwirkungen
, die fünf Jahre nach der Impfung plötzlich auftretensich binnen weniger Stunden bis ein bis zwei Tage nach der Impfung, bei Lebendimpfstoffen nach der Inkubationszeit der natürlichen Erkrankung. Auch allergische Reaktionen - ob leicht oder schwerwiegend - kommen bald nach der Verabreichung. Als sehr seltene Nebenwirkungen sind unterschiedliche Autoimmunreaktionen möglich, aber selbst diese treten spätestens nach wenigen Wochen auf.
Sie spricht von einem grundlegenden Missverständnis, was den Begriff der Spätfolgen bei solchen Impfungen betrifft. Dennoch sei es wichtig, die Reaktionen zu beobachten, um sehr seltene Nebenwirkungen erkennen zu können.
Langzeit-Nebenwirkungen, die erst nach Jahren auftreten, sind bei Impfstoffen generell nicht bekannt
, bestätigt auch Susanne Stöcker, Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts im ZDF. Die meisten Nebenwirkungen von Impfungen treten innerhalb weniger Stunden oder Tage auf. In seltenen Fällen auch mal nach Wochen.
Aussage wird ins Gegenteil verkehrt
Dennoch wird weiter an der Legende gestrickt, der Impfstoff sei äußerst gefährlich. Ein Aktivist suggeriert auf seinem Blog, selbst der Gründer von Biontech wolle sich und seine Mitarbeiter nicht impfen lassen - aus Sorge vor Nebenwirkungen. Bereits seit mehreren Wochen kursieren ähnliche Behauptungen in sozialen Medien, wie unter anderem Mimikama berichtet. In den Postings werden Aussagen von Ugur Sahin verdreht, der mehrfach betonte, dass er sich selbst impfen lassen wolle - das gelte auch für seine Mitarbeitenden.
In der ARD sagte Sahin im Dezember, er wolle sich natürlich liebend gern auch impfen lassen
, doch auch für ihn und die Mitarbeitenden gelten die rechtlichen Grundlagen. Sahin betont sogar, dass man nach schnellen Lösungen suche. Denn man solle in den kommenden Monaten mehr als 1,3 Milliarden Impfstoffdosen herstellen, da sei es wichtig, dass da keine Mitarbeiter ausfallen
. Dementsprechend suche man nach Möglichkeiten, die es dem Unternehmen rechtlich erlaube, die Mitarbeiter zu schützen.
Manipuliertes Bild
Wie bei solchen Desinformationskampagnen üblich, tauchen verschiedene Formen von Falschmeldungen auf. Neben der glatten Umkehr von Aussagen gehören dazu auch manipulierte Bilder. Das Faktencheck-Portal Correctiv berichtete beispielsweise über ein auf Facebook geteiltes Foto, auf dem ein weißer LKW zu sehen ist, der von der Straße abgekommen ist. Auf der Plane ist das Logo des Pharmakonzerns Pfizer zu sehen. In Kommentaren machen sich Nutzer darüber lustig und schreiben, mutmaßlich sei der Fahrer wohl gerade geimpft worden und deswegen von der Straße abgekommen.
Es handelt sich bei dem Foto allerdings um eine Fälschung. Das Originalbild fand Correctiv per Rückwärtssuche mit der Suchmaschine Bing. Es tauchte am 4. März 2019 in einem Bericht der französischen Regionalzeitung Le Républicain Lorrain
auf. Die Originalbilder zeigen eindeutig: Das Foto wurde manipuliert, das Logo von Pfitzer darauf montiert. Eine einfache Fälschung, die für viel Aufsehen sorgen kann.
Mit solchen Beiträgen erreichen Medien beachtliche Reichweiten, wie Datenanalysen zeigen. Auch, weil sie unter anderem auf Facebook ein Massenpublikum erreichen können. Manche Seiten, die wegen wiederholter gezielter Falschmeldungen dort aufgefallen waren und gesperrt wurden, geben sich einfach einen Namenszusatz und machen auf der Plattform weiter. Videos, die YouTube wegen Verstößen gegen die Richtlinien gelöscht hat, werden auf Portalen wie BitChute hochgeladen, auf der Propaganda und Hetze ungefiltert verbreitet werden.
WHO warnt vor Gefahr durch Impfgegner
Die Gerüchte über vermeintliche Gefahren durch Impfungen sind keineswegs neu. Im Frühjahr wurden Ängste vor der Grippeimpfung geschürt. Im Jahr 2019 waren anlässlich eines Kabinettsbeschlusses zum Masernschutzgesetz
, das eine verpflichtende Impfung gegen Masern für bestimmte Gruppen vorsieht, grundlegende Vorbehalte gegen Impfungen laut geworden, die ähnliche Behauptungen enthielten wie die derzeitigen zur Corona-Impfung.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor solchen Falschinformationen. Impfgegner seien zwar nur ein kleines Phänomen, sagte Kate O' Brian, eine Impfexpertin bei der WHO. Aber sie können ihre Botschaft mit den sozialen Medien heute weiter verbreiten als früher.
Diese Botschaften schürten Ängste.
Die Impfskepsis scheint um sich zu greifen, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnte, dass sich viele Pflegekräfte in Bayern nicht impfen lassen wollen. Die Gerüchte und Falschmeldungen im Netz verstärken Ablehnung und Ängste; Fake News können so die Auswirkungen der Pandemie verschlimmern und verlängern.
Dennoch will sich eine große Mehrheit der Deutschen gegen das Coronavirus impfen lassen. Vor allem bei den unter 65-Jährigen ist die Impfbereitschaft gestiegen, wie aus dem ARD-DeutschlandTrend hervorgeht. Aufklärung und erste Erfahrungen mit den Impfungen führen wohl zu einer steigenden Bereitschaft, da sich viele Ängste und Sorgen als übertrieben oder sogar komplett unbegründet erweisen. NDR Tagesschau, von Patrick Gensing, Redaktion ARD-faktenfinder
Impfkampagne: Ernüchterung statt Durchbruch: Sputnik V wird vom Hoffnungsträger zum Ladenhüter
Russland wollte mit seinem Corona-Impfstoff weltweit auftrumpfen. Doch nun herrscht Enttäuschung. Auch im Land selbst wird nur schleppend geimpft.
Berlin: Es vergeht kaum ein Tag, an dem der russische Staatsfonds RDIF keine Jubelmeldungen verbreitet, in welchem Land auf dem Globus der von ihm finanzierte Corona-Impfstoff Sputnik V
gerade wieder zugelassen wurde. V
steht für Victory. RDIF-Chef Kirill Dmitrijew sagte im Handelsblatt mit der Zulassung im Sommer 2020 einen Sputnik-Moment
voraus.
Wie beim Start des Sputnik
genannten Satelliten vor den Weltraumambitionen der USA 1957 wollte Moskau damit beweisen, wie technologisch führend es ist. Als der erste zugelassene Covid-Impfstoff weltweit
wurde Sputnik V betitelt. Der Spruch klebt auf jedem Karton mit den russischen Impfampullen, die Flugzeuge in alle Erdteile fliegen. Immer wieder haben Staatschefs oder Minister die ersten Pakete aus Moskau auf Flughäfen in Empfang genommen.
Doch die Hoffnung auf schnelle Hilfe weicht massiver Ernüchterung. Denn nur acht Prozent der bestellten Impfdosen des vom Moskauer Gemaleya-Zentrums für Epidemiologie und Mikrobiologie entwickelten Corona-Vakzins wurden ins Ausland geliefert. Bis zum 21. Mai hatte Russland 16,3 Millionen Dosen Sputnik exportiert, rechnet die russische Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Forbes
vor.
Von den laut RDIF mehr als 60 Ländern
, die Sputnik V zugelassen haben, haben 45 Länder feste Bestellungen aufgegeben. Darunter machen vier Länder die Hälfte der Orders aus: die Türkei (50 Millionen Dosen), Mexiko (24 Millionen), Argentinien und Venezuela (je 20 Millionen).
Nur ein Bruchteil dieser Bestellungen ist bisher russischen Industriekreisen zufolge erfüllt worden: Argentinien habe gut 6,5 Millionen Sputnik-Dosen erhalten, Mexiko 2,4 Millionen und das EU-Land Ungarn trotz der fehlenden Zulassung durch die europäische Arzneimittelagentur Ema zwei Millionen.
Andere Staaten haben nur symbolische Lieferungen bekommen, wie der eng mit Russland verbündete Iran oder Venezuela, das 430.000 von 20 Millionen bestellten Impfdosen erhalten hat. Sri Lanka bekam bisher 15.000 von 13 Millionen georderten Sputnik-Dosen.
Zu wenig Produktionsorte, mangelndes Vertrauen
Russlands Problem sind mangelnde Produktionskapazitäten. Das berichten russische Industrie-Insider unter der Bedingung, dass sie nicht namentlich zitiert werden.
Denn Russlands Präsident Wladimir Putin hat am 21. April verordnet, dass als nationale Priorität
die 145 Millionen Russen bis Spätsommer über Massenimpfungen eine Herdenimmunität
erreichen sollen. Selbst dafür reiche die Produktion nicht – geschweige denn für weitere Exporte, heißt es bei Industriellen.
Und so will im bayerischen Illertissen der russische Hersteller R-Pharm sein bisher Salben produzierendes Werk um eine Impfstoffproduktion erweitern. Sputnik-V-Fabriken wurden auch in Weißrussland und Kasachstan in Betrieb genommen, weitere sollen in der Türkei, in Indien und Südamerika in Betrieb gehen.
Allerdings ist die Produktionskapazität der kasachischen und weißrussischen Fabriken gering: 1,8 Millionen beziehungsweise 300.000 Dosen haben sie bisher produziert.
Zu den Exportengpässen kommen massive Imageprobleme: In der Slowakei und Brasilien kam es zu Skandalen nach Sputnik-Lieferungen. Die Ware habe nicht den zertifizierten Deklarationen entsprochen, hieß es bei den lokalen Behörden. Moskau reagierte gereizt und drohte mit Klagen.
Doch auch in Russland selbst sinkt das Vertrauen in den anfänglichen Hoffnungsträger Sputnik rapide. Nur knapp elf Prozent der Russen haben sich bisher mit dem Moskauer Mittel gegen das Coronavirus immunisieren lassen. Sogar Mitarbeiter der Impfstofffabriken ließen sich nicht mit russischen Vakzinen impfen, berichten Industrievertreter unter der Hand.
Laut einer Studie der Credit Suisse ist das Vertrauen in eine Impfung in Russland verglichen mit anderen Schwellenländern deutlich geringer: Demnach seien in China etwa 90 Prozent der Befragten bereit, sich impfen zu lassen, in Brasilien 80 Prozent, in Indien etwa 70 Prozent und in der Türkei rund 60 Prozent. In Russland hingegen waren es nur 40 Prozent.
Die Skepsis hat zwei Gründe: mangelndes Vertrauen in die Sicherheit von Sputnik V und den zwei anderen russischen Vakzinen – und die lange von der russischen Regierung verbreitete Behauptung, die Corona-Pandemie sei bereits besiegt. Um auch das Vertrauen in den rivalisierenden Impfstoff von Biontech zu unterminieren, habe eine Londoner PR-Agentur für russische Auftraggeber Social-Media-Influencern in Deutschland, Brasilien und Indien Geld dafür gezahlt, in Videos über angebliche Impftote durch den deutschen Impfstoff zu berichten. Das berichteten das ARD-Magazin Kontraste
und die Rechercheplattform netzpolitik.org
. Handelsblatt, von Mathias Brüggmann
RKI meldet 1785 Neuinfektionen und 153 Tote
Erstmals seit drei Wochen liegt die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland wieder höher als am Vortag. Das geht aus Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) von Dienstagmorgen hervor. Demnach wurden den Gesundheitsämtern zuletzt 35,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche gemeldet. Einen Tag zuvor wurde der Wert noch mit 35,1 angegeben (Vorwoche: 58,4). Zuletzt gestiegen war die Inzidenz von 9. auf den 10. Mai, seitdem war sie kontinuierlich gefallen. Was der Inzidenz-Anstieg genau bedeutet, ist nur schwer einzuschätzen. Das RKI hatte nach dem Pfingstmontag (24.5.) darauf hingewiesen, dass der Feiertag zunächst zu weniger gemeldeten Erregernachweisen - und damit einer niedrigeren Inzidenz - geführt haben dürfte.
Binnen eines Tages meldeten die Gesundheitsämter dem RKI 1785 Corona-Neuinfektionen, wie aus RKI-Angaben hervorgeht, die den Stand des RKI-Dashboards von 06:09 Uhr wiedergeben. Zum Vergleich: Vor einer Woche hatte der Wert bei 1911 Ansteckungen gelegen.
Deutschlandweit wurden den Angaben nach binnen 24 Stunden 153 neue Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 33 Tote gewesen.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.682.911 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.498.400 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, wird nun mit 88.595 angegeben.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Montagnachmittag bei 0,76 (Vortag: 0,75). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 76 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. dpa