Auf den Wogen des Lebens
Kapitel 11
Südafrika - dunkle lockende Welt
Und dann las Helmut im Ärzteblatt eine Anzeige, dass Arzt und Lehrerin für eine evangelische Missionsstation in Indonesien gesucht würden. Wir bewarben uns in Stuttgart und nahmen an einem langen informativen und freundlichen Gespräch teil. Wir waren bereit, in die Gegend von Surabaya in Indonesien zu gehen. In der Kapelle läutete es zum Abendmahlsgottesdienst. Den Vertrag sollten wir nach dem Gottesdienst unterschreiben. Man lud uns zur Feier ein. Helmut ging hin. Ich aber sagte, dass ich katholisch sei und darum nicht mitgehen könne. Man war sichtlich erschrocken und forderte uns zu einem weiteren Gespräch auf. Ich sollte nun erst nach meiner Konversion zum evangelischen Glauben die für uns so geeignete und begehrte Stelle antreten dürfen. Ich aber wollte nun nicht mehr – weder das eine noch das andere!
Wir bewarben uns bei den Benediktinern im Kloster Schwarzach am Main. Helmut sagte nun schon zu Beginn des Einführungsgespräches, dass er evangelisch sei. Der Pater nahm daran keinen Anstoß. Er sagte: Das macht nichts. Heilen und unterrichten sollen Sie und missionieren tun wir.
- Wir wurden genommen und schifften uns in Venedig zu einer dreiwöchigen Überfahrt nach Südafrika ein. In Durban angekommen wurden wir von Father lgnatius abgeholt und dem Bischof vorgestellt. Dann ging es weiter ins Reservat Zululand
. Daheim hatte ich im Lexikon gelesen: Die Zulus sind ein kriegerisches, kampferprobtes Volk.
Und nun waren wir mitten unter ihnen. Etwas ängstlich war ich darum bei der nächtlichen Fahrt schon. Aber wir standen ja unter Schutz und Schirm von Father lgnatius.
Vom Auto aus sahen wir auf der Fahrt vor den Hütten die vielen Feuer brennen. An den Straßenrändern saßen oder gingen spärlich bekleidete, barbusige Zulufrauen und halbnackte Männer. Nach Mitternacht erreichten wir Nongoma. Schwester Bergit bewirtete uns freundlich und zeigte uns den Bungalow, in dem wir wohnen würden. Für uns unerwarteter Luxus! Als Helmut am nächsten Tag über die Stationen geführt wurde, konnte er gar nicht erkennen, ob eine Frau oder ein Mann im Krankenbett lag. Alle hatten gekräuselte Locken und die Gesichtszüge waren für ihn noch ungewohnt. Die meisten Kranken teilten sich zu zweit ein Bett. Und unter dem Bett lagen auch noch ein oder zwei Patienten. Das Krankenhaus war hoffnungslos überfüllt. Einige Patientinnen hatten kahlgeschorene Köpfe. Die Schwestern hatten diesen Frauen ihren Sloko abgeschnitten und die Kopffläche rasiert. Ihr roter, aus Binsen geflochtener Sloko war eine traditionelle Kopfbedeckung, die in das Haar nach der Hochzeitsnacht eingeflochten und viele Jahre nicht erneuert wurde. Nur die rot leuchtende Farbe der Slokos wurde hin und wieder neu überstrichen. Unter dieser Haube sammelten sich Läuse und anderes Ungeziefer. Darum hatten die Frauen immer ein dünnes Stöckchen bei sich, um sich zu kratzen, wenn es juckte. Sie schliefen mit dem Kopf auf einer Art Fußbank. Aber im Krankenhaus, besonders vor einer Operation, musste diese Kopfbedeckung abgeschnitten und der Kopf desinfiziert werden.
Je nach Krankenstation trugen die Patienten andersfarbige Nachthemden. So konnte man sie, wenn sie sich in dem großen Hospital verlaufen hatten, wieder auf ihre Station zurückbringen. Bruder Jakob und seine Helfer hatten jahrzehntelang gearbeitet, um all diese Gebäude zu errichten. Sogar die Steine waren von ihnen selbst geformt und gebrannt worden. Ein Problem im Hospital waren die ziemlich hohen und steilen Treppen. Viele Zulus hatten nie im Leben eine Treppe bestiegen. Hier standen sie ängstlich davor. Die Zulus erklommen sie nur, wenn unbedingt nötig und dann auf allen Vieren
kletternd.
Ich half schon bald bei den Untersuchungen und auf den Stationen. Dabei sah ich, dass besonders ältere Männer ihren Penis mit einem kunstvollen Netzwerk aus Binsen wunderbar verkleidet hatten. Darüber trugen sie nur einen Bijou, der aus Fasern geflochten oder aus Leder oder Beadwork (Perlenarbeit) gearbeitet war. Heiratsfähige und heiratswillige junge Männer, die meistens kamen, um ein Potenzmittel zu erhalten, waren bunt mit Beadwork und abenteuerlichem Kopfschmuck geschmückt. Wenn festgestellt worden war, dass sie nicht geschlechtskrank waren, gingen sie von Hütte (Roundaval) zu Hütte, um dort die heiratsfähigen Mädchen zu begutachten. Diese bunt und traditionell gekleideten jungen Männer hatten Arbeit, oft in der Goldgrube bei Johannisburg. Sie waren bei den Mädchen heiß begehrt, aber nur für einige Wochen da, wenn sie Urlaub hatten. Sie hatten meistens Geld für eine gute Lobola, das Brautgeschenk. Das bestand aus einer bestimmten Anzahl von Kühen für die Familie der Umworbenen, je nach Stand und Reichtum der begehrten Frau. Für ein gesundes, hübsches, einfaches Mädchen mussten elf Kühe gezahlt werden oder der Gegenwert in Bar.
Suchte der Zulukönig noch eine zusätzliche Frau, dann waren von ihm 25 Kühe für die Sippe des Mädchens zu zahlen. Als wir beim Zulukönig eingeladen waren, sahen wir, dass er schon acht Frauen hatte. Für jede Frau mit ihren Kindern hatte er eine eigene Hütte bauen lassen, ein kleines Dorf! Einige seiner Frauen waren Krankenschwestern bei uns im Krankenhaus.
Unsere regelmäßigen Fahrten über Land waren oft recht abenteuerlich. Helmut musste nicht nur Medizin verteilen, Spritzen geben, Wunden behandeln, sondern auch Zähne ziehen. Dabei saßen die Patienten auf der Stoßstange unseres Jeeps und zwei oder mehr Männer hielten das Opfer
fest. Helmut zog mit oder ohne Betäubung die Zähne, die faul oder locker waren, je nach Zahlungsbereitschaft. Eine Betäubung kostete umgerechnet zehn Pfennige. Wenn eine gynäkologische Untersuchung nötig war, riefen die Schwestern: Alle Männer umdrehen!
Dann wurde am Wegesrand untersucht. Ein Zulumann kam in jeder Woche zum Jeep, um mich zu umwerben. Er glaubte, ich sei Helmuts Tochter. Er bot von Woche zu Woche mehr Kühe für mich. Letztendlich aber wurde es meinem Helmut zu viel und ich fuhr nicht mehr mit in diesen Distrikt.
Einmal rief man uns zu einer Zwillingsgeburt. Als wir ankamen, lag der erste Zwilling schon tot und mit Ameisen und anderen Kleintieren bedeckt im Sand. Den zweiten konnten wir retten und die Schmerzen der Mutter lindern. Sie lag auf einer Decke auf dem Fußboden im Sand. Bei der Heimfahrt luden wir alle Patienten, die im Hospital behandelt werden mussten, in unseren Jeep. Sie wurden über Tag an den Straßenrand gelegt. So haben sie oft stundenlang auf unsere Rückkehr warten müssen. Der Jeep war immer überfüllt. Keiner dachte da an Apartheid, Ansteckung, oder die Übertragung von Ungeziefer.
Nach einigen Wochen unseres Aufenthaltes in Nongoma wollte ich auch in der Missionsschule den Zulukindern auf dem Krankenhausgelände helfen. Ich konnte sofort anfangen. Da ich aber die Zulusprache mit ihren Klicklauten nicht sprechen konnte, war mein Hilfsprogramm sehr eingeschränkt. Ich turnte, sang und malte mit den Schülern. Dann versuchte ich etwas Englisch zu vermitteln, was einigermaßen gelang. Bald schon bekam der Rektor einen Anruf vom Schulamt mit der Warnung, man würde die Schule schließen, wenn die weiße Lehrerin noch einen Tag länger unterrichten würde. Beim Abschied waren alle traurig. Beim Sonntagsgottesdienst aber sah ich einige der Schüler wieder. Einmal setzte ich mich zu ihnen unten in den Kirchenraum. Aber kaum hatte ich Platz genommen, kamen einige Zulumänner und zeigten mir, dass diese Plätze für Zulus reserviert seien. Ich wurde unten im Kirchenraum unter ihnen nicht geduldet. Ich musste zu den anderen Weißen oben auf die Orgelbühne. Sie hatten wohl Angst, Verbotenes zuzulassen.
Ich ging eines Tages ins Dorf Nongoma zum Direktor Herrn van Zyl, der eine Schule für weiße Kinder leitete. Es waren dort vornehmlich afrikanische Farmerskinder, die im angeschlossenen, spartanisch eingerichteten Internat lebten. Es gab für alle Jahrgänge der Schule Parallelklassen in englischer Unterrichtssprache und Afrikaans. Herr van Zyl war Bure. Er prüfte mein Englisch und nahm mich nicht als Lehrerin an. So ging ich fast täglich ins örtliche Schwimmbad. Außerdem lernte ich Tennis spielen. Dabei traf ich einige Europäer
aus dem Ort Nongoma. Es waren Pfarrersfrauen unterschiedlicher christlicher Konfessionen und Frauen von Staatsangestellten wie Richter, Polizeidirektor, Bürgermeister, Postangestellte. Sie alle hatten Sondergenehmigungen, das Zulureservat zu betreten, wie auch die deutschen Ärzte. Die Genehmigung benötigte man während der Zeit der Apartheidsgesetze, um als Europäer im Reservat leben zu dürfen. Man fragte mich bald, warum ich nicht in der örtlichen Schule unterrichten würde. Ich erzählte von der vergeblichen Vorstellung. Die Eltern riefen eine Elternversammlung ein und beschlossen, Herrn van Zyl zu bitten, mich doch einzustellen. Sie sagten: lt is better to have a teacher for our children who does not speak a perfect English than to have a burish one
. Ich wurde über Nacht eingestellt und betrat am nächsten Morgen meine Klasse. Am Abend zuvor hatte Mr. van Zyl gegen 22 Uhr angerufen und gefragt, ob ich am nächsten Morgen in der Schule anfangen wolle. Ich wollte.
In meiner Klasse waren fünfjährige Kleinkinder, die das erste Schuljahr besuchen sollten. Die Jüngste war noch vier Jahre alt. Ich bekam keinerlei Einweisung und begann zu arbeiten. Ich besann mich auf unseren deutschen Lehrplan für Erstklässler und startete mit Eifer und Ideen. Täglich stand mein Rektor eine Weile am stets offenen Fenster und beobachtete mein Tun. Erst als ich Lernspiele zum Lesenlernen einsetzte, schritt er ein und verbot das Spiel
in der Schule. Es ging dabei zu laut zu!
Der handgeschriebene Stundenplan hing an der Wand. So wusste ich mehr oder weniger genau, was von mir erwartet wurde. Aber schon nach einigen Tagen protestierte meine jüngste Schülerin: Mrs. Hatting told us every morning stories about our Lord Jesus Christ!
Mrs. Hatting erzählt uns jeden Morgen Geschichten über unseren Heiland Jesus Christus! [15] Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Ich hatte Scripture
The holy Scripture - die heilige Schrift [16] als Schreibübung verstanden und hatte dabei gedacht: Unsinnig, morgens, wenn die Kinder noch frisch sind, mit Schreibübungen anzufangen
. Von nun an erzählte auch ich ihnen jeden Morgen Geschichten vom Lieben Heiland, Our Dear Savior
. Eine Pfarrersfrau brachte mir dazu eine Kinderbibel.
Zum allmorgendlichen Gottesdienst im Schulsaal hatte ich meinen Jungen wegen der großen Hitze erlaubt, die wollenen Jacketts der Schuluniform in der Klasse zu lassen. Beim Eintritt in den Schulsaal wurde ich postwendend mit ihnen zusammen zurückgeschickt. Die Jungen mussten formvollendet wieder erscheinen, mit Schlips, Kragen und Jackett. Ich selbst hatte zu meinem Unbehagen auch lange Seidenstrümpfe und hohe Absätze zu tragen. Ich wechselte meine Schuhe stets vor dem Unterricht in der Klasse. Ich trug längere Röcke und darunter Kniestrümpfe. Bei meinem dicken Haarknoten konnte ich keinen Hut tragen, ich hätte auch gar keinen gehabt. Ich arbeitete eifrig mit den Kindern und nach einem Jahr konnten alle lesen und im Zahlenraum bis 100 mit Plus und Minus rechnen. Und ich hatte viele Lieder und Gedichte eingeübt. Einige Mütter besuchten hin und wieder den Unterricht, weil sie Kinderlieder lernen wollten. Als meine Nachfolgerin von mir zur Übernahme eingeführt wurde, beklagte sie, dass sie nun gar nicht wisse, was sie noch tun solle, da die Kinder schon das Programm vom zweiten Schuljahr erlernt hätten. Ich aber hatte erkannt, dass Kinder schon mit vier bis fünf Jahren leicht lesen lernen können, genauso leicht, wie das mit sechs Jahren bei uns üblicherweise geschieht.
Der Alltag in Nongoma
Ich lud meine Kolleginnen, eine nach der anderen, zu uns zum Nachmittagskaffee ein. Eine Kollegin, die auch Pfarrersfrau bei der Dutch Reformed Church war kam gern, schaute sich im Haus um, setzte sich zu mir und unterhielt sich. Aber sie rührte kein Stück des bereiteten Kuchens an und trank nicht ihren Tee. Ich nötigte sie mehrfach und erhielt dann zur Antwort: Es hat sich herumgesprochen, dass ihre schwarze Hausangestellte kein separates Geschirr hat. Entschuldigen sie, somit kann ich bei ihnen nichts essen.
Wir hatten bezüglich Apartheid noch viel zu lernen.
Auch unseren afrikanischen Krankenhausgeistlichen, der in Flom studiert und promoviert hatte, luden wir ein. Er kam gerne und wir hatten interessante Gespräche mit ihm. Wir fragten vor der Verabschiedung, ob wir ihn bald wieder einladen dürften. Er bedauerte sehr, dass er ablehnen müsse, wegen der Apartheidgesetze.
Zum Essen ging ich an jedem Tag knapp drei Kilometer zu Fuß ins Krankenhaus hinunter. Unser Ortspolizist, der auch das Hospital bewachte und dort ein Zimmer bewohnte, bot mir eine Mitfahrgelegenheit in seinem Volkswagen an. Ich nahm gerne an. Ich kannte ihn ja schon lange. Nach einigen Fahrten bekam er eine dienstliche Verwarnung. Und ich marschierte wieder täglich alleine durch die stechende Sonne zum Krankenhaus hinunter und der afrikanische Polizist fuhr winkend an mir vorbei!
Als unser Bischof aus Eshowe zu Besuch auf die Missionsstation kam, besuchte er auch uns. Er fragte uns dabei einmal, wer von den Ärzten den Volkswagen fahren würde, den er besorgt hatte. Wir schauten uns fragend an und sagten, dass die diensttuenden Ärzte auch nachts wie eh und je zu Fuß zwei Kilometer vom Bungalow bis zum Krankenhaus gingen. Keiner hatte einen Volkswagen gestellt bekommen. Später erfuhren wir, dass Schwester Bergit den Wagen zwar schon Wochen vorher beim Bischof für die Ärzte abgeholt hatte, ihn aber zur Probe
erst selbst fahren wollte. Wir verstanden sie und lachten über sie. Wo Menschen sind, da menschelt
es!
Die Hexe
Als Helmut eine hübsche junge Afrikanerin, die viele Wochen auf der Station gelegen hatte, bei der Entlassung fragte, ob wir sie mal besuchen dürften, willigte sie freudig ein. Sie hatte schon seit Kindertagen eine Ausbildung
zur Hexe bekommen und wollte uns ihre Zauberkünste gerne zeigen. Wir fragten dann, was wir ihr zur Freude mitbringen könnten? Sie sagte spontan: Eine große Schachtel Aspirin.
Helmut schaute sie fragend an. Sie aber erklärte ihm mit verschmitztem Lächeln, sie würde die Tabletten ihren Kräutermischungen und Heiltränken dosiert und abgezählt untermischen. Dann würden die Kräutermischungen viel besser helfen. Das habe sie schon öfter getan.
Als wir bei ihr ankamen, hatte sich der ganze Clan versammelt, alle traditionell und bunt gekleidet. Viele Frauen mit freiem Oberkörper. Wir schauten suchend umher und fanden unsere Zauberin nicht. Und dann begann der Tanz. Stampfend mit schrill ausgestoßenen Lauten betrat unsere Hexe
, umherwirbelnd, den freien Platz in der Mitte. Sie war mit Fetzen aus Ziegenleder bekleidet, trug an Armen und Beinen klirrenden Metallschmuck und war bis zur Unkenntlichkeit angemalt. Ihre Haare standen ihr buchstäblich spitz zu Berge. Ihre Augen aber begrüßten uns freundlich. Sie rollte sich auf dem Boden zusammen und alles um uns herum wurde still. Eine fast unheimliche Stille trat ein. Plötzlich sprang sie wie erschreckt auf, begleitet vom Dröhnen der Trommeln, und begann zu tanzen, immer schneller, immer wirbelnder. Sie wollte die Regenwolken bezwingen, dem Land bald Regen zu bringen! Sie hatte wegen einer kaum ausgeheilten Tuberkulose im Krankenhaus gelegen und Helmut hatte sie behandelt. Nun sorgte er sich zunehmend um sie. Eine solch anstrengende und schweißtreibende, stundenlange Tanzübung in der glühenden Sonne war schädlich für ihre kaum ausgeheilte TBC. Sie aber ließ sich nicht ablenken, tanzte sich in eine Ekstase hinein. Erst als der Häuptling sie auf unser Bitten hin beruhigen konnte, erlahmte sie und sank in sich zusammen. Sie war enttäuscht und vielleicht auch gekränkt.
Schon in den ersten Wochen unseres Aufenthaltes im Zululand hatten wir unseren Hausschlüssel verloren. Wir meldeten Bruder Peter den Verlust. Er versprach uns bald einen neuen zu bringen. Wir lebten zwei Jahre mitten im Zululand und schlossen unser Haus niemals ab, wir bekamen auch nie einen neuen Schlüssel. Wir reisten durch Südafrika, Sambia, Zimbabwe, Basutoland, Swasiland und Namibia. Schwarze Afrikaner haben uns oft geholfen, wenn wir nicht mehr weiterkamen. What would the white man do with his car, if it would not break down where the black men are?
Was würde der Weiße mit seinem Auto machen, wenn es nicht dort kaputt gehen würde, wo die Schwarzen sind? [17]> - Wir haben uns dort immer wohl und sicher gefühlt, niemals bedroht oder gefährdet.
Unsere Busi
Wir bekamen auch ein Hausmädchen, unsere Busi. Dr. Ernst, der mit uns zusammen im Haus wohnte, hatte sie eines Tages von einer Überlandfahrt mitgebracht. Ein hübsches, schlankes, schwarzbraunes Mädchen mit freundlich lachenden Augen. Sie trug ein Köfferchen bei sich mit einem Slip, einem zerbrochenen Spiegel, einem Kamm und einem Lippenstift. Das war's! Mehr hatte sie nicht. Zu ihrem großen Erschrecken setzten wir sie als erstes in die Badewanne und ließen sie in Seifenwasser weichen. Als sie sich daran gewöhnt hatte, wollte sie gar nicht mehr wieder heraus. So ließen wir das Seifenwasser ablaufen und füllten die Wanne wieder mit klarem warmem Wasser. Nun begann das Schrubben, Bürsten und Haarewaschen. Sie half fleißig mit und nach kurzer Zeit stand sie strahlend sauber, warm in meinen Bademantel gehüllt vor uns. Meine Kleider waren ihr zu klein. Sie probierte Helmuts Jeans und T-Shirts und sah nun aus wie ein junger Mann. Erst in dem von meiner Schwester aus den USA geschickten Hilfspaket fanden wir passende Kleider. Als sie am nächsten Sonntag in einen neuen Mantel gekleidet vom Gottesdienst heimkehrte, erklärte sie uns strahlend: I am not Catholic anymore, now I am Dutch Reformed. l got this coat in their church!
Ich bin nicht mehr katholisch, jetzt bin ich niederländisch reformiert. Ich habe diesen Mantel ihrer Kirche gespendet! [18]
Wir frühstückten stets alle im Haus gemeinsam. Dann verließen Dr. Ernst, mein Helmut und ich das Haus zum Dienstantritt. Als ich einmal etwas vergessen hatte, kehrte ich eilig zurück und betrat leise durch die Hoftür die Küche. Busi stand am Küchenschrank und leckte die Frühstücksteller einen nach dem anderen ab und stellte sie so in den Schrank. Als sie merkte, dass ich hinter ihr stand, drehte sie sich um und erklärte, dass ihre Methode leichter sei und schneller gehe als das von uns mit ihr eingeübte Spülen. Busi durfte laut Apartheidgesetz nicht im Haus wohnen. Ihr hatte man im Garten eine Rundhütte gebaut, die wir nach und nach sehr wohnlich einrichteten. Es gab auch eine Waschstelle im Garten, an der sie sich waschen durfte, die sie aber nie zu diesem Zweck benutzte. Sie duschte in unserem Haus. Nachdem ich allerdings entdeckt hatte, dass sie immer nur das Wasser plätschern ließ, ohne sich unter die Dusche zu stellen, musste sie stets mit offener Türe duschen.
Charlotte, eine Kollegin von Helmut, kam aus Deutschland einige Wochen zu uns. Sie kam und blieb sieben Monate bei uns und half den Ärzten unentgeltlich im Hospital. Ich werde die Zeit zusammen mit ihr niemals vergessen! Außerdem kamen unsere Freunde aus Namibia, Wiltrud und Karl Kleiner. Mit ihnen zusammen machte ich eine Zeltreise durch das Basutoland Lesotho. Nach etwas mehr als zwei Jahren kehrten wir mit dem Schiff nach Deutschland zurück.
[16] The holy Scripture - die heilige Schrift
[17] Was würde der Weiße mit seinem Auto machen, wenn es nicht dort kaputt gehen würde, wo die Schwarzen sind?
[18] Ich bin nicht mehr katholisch, jetzt bin ich niederländisch reformiert. Ich habe diesen Mantel ihrer Kirche gespendet!