Kanaken, Kannibalen, mein Opa und ich
Kapitel 14:
Begegnungen auf Samoa
Mein Opa schrieb:
Saluafata, an einem durch Riffe sehr geschützten Hafen liegend, ist ein freundliches Dorf,
welches zu Zeiten meines Opas von einem Häuptling regiert wird.
Durch Riffe hindurch steuernd kamen wir an einem dienstfreien Nachmittag mit dem Kutter an Land, mehrere Kinder kamen freundlichst auf mich zu und freuten sich, dass sie mein Badezeug tragen durften. Nach kurzer Wanderung gelangte ich in das Dorf, alle Hütten von innen und außen musterhaft sauber, in der Mitte des Dorfes stand eine größere Hütte, welche, wie ich gleich annahm, der Wigwam des Häuptlings war.
Da die Häuser über Tag nach allen Seiten offen sind, denn der Samoaner kennt keine Familiengeheimnisse, trat ich neugierig näher, um mich von den Bewohnern zu überzeugen. Es waren eine junge Dame und etwa sechs bis sieben ältere Damen, der Häuptling war nicht anwesend.
Die jüngere Dame rief mir etwas zu, was ich jedoch nicht verstand. Die Kinder, welche ich an der Hand hatte, zogen mich jetzt jedoch mehr in die Hütte hinein, was mich darauf schließen ließ, dass es eine Aufforderung für mich war, hinein zu kommen. Die junge Dame stand jetzt von ihrer Matte auf, reichte mir die Hand und sagtetalofa, jener so harmonisch klingende Gruß der Samoaner. Ich erwiderte den Gruß. Die junge Frau war die Schwester des Häuptlings, Tampa, d. h. Taufe genannt. Sie nötigte mich, auf einer Matte Platz zu nehmen. Eine der Hofdamen holte eine junge Kokosnuss, öffnete dieselbe und gab sie der Tampa, welche sie mir kredenzte, dann wurden mir noch Bananen vorgelegt, eine Unterhaltung kam jedoch nicht zustande. – Ich wandte meine Auge nun auf den Hausrat, derselbe bestand aus Matten, Schlummerrollen, Lapa-Vorhängen, einem halben Dutzend ausgetrockneter Kokosnussschalen, zwei Gewehren, einem Koffer und der großen Kawa-Bowle, außerdem noch einige Fächer, Speere, Netze, Ruder und dergleichen. Auch hing in der Mitte des Hauses eine Petroleumlampe. – Als ich etwas geruht und mich gelabt hatte, verabschiedete ich mich von meiner freundlichen Wirtin und schritt dem Badeplatz, eine hübsche Grotte mit kristallklarem Wasser, zu und bald wurde es dann auch wieder Zeit, an Bord zurück zu kehren. Ich war später noch oft an Land und hatte auch einmal Gelegenheit, einen Siva mit anzusehen und musste –oh Graus– sogar Kawa mittrinken.
Nach knapp sieben Monaten berichtete mein Opa zum ersten Mal über eine direkte Begegnung mit Einheimischen. Er wurde nicht wirklich eingeladen, sondern kleine Kinder, die sein Badezeug trugen, brachten ihn in ihr Zuhause. Dieses geschah an einem seiner wohl seltenen freien Tage. Während der gesamten Militärzeit berichtete er über keinen anderen persönlichen Landgang so ausführlich. Er wies aber darauf hin, dass er später noch öfter an Land war und dabei den Kriegertanz der Samoaner, den Siva, erlebte und zu einer Kava-Zeremonie eingeladen war, auch wenn diese bei ihm nicht in guter Erinnerung blieb. Mir ging es nicht anders, das braune Getränk ist sehr gewöhnungsbedürftig und erinnert mehr an das Wasser eines Feudeleimers als an eine Delikatesse.