Kanaken, Kannibalen, mein Opa und ich
Kapitel 30:
Samoa wird geteilt
„Der Auftrag des S.M.S. »Falke« in Samoa ging mehr und mehr seinem Ende zu. Unter dem Einfluss der Kommission wurden die örtlichen Kontrahenten in Apia abgelöst. Am 15. Juni verließen der deutsche Generalkonsul Rose und der englische Konsul Maxse mit »Mariposa« Apia. Zur Ablösung von »Falke« lief am gleichen Tag S.M.S. »Cormoran« in den Hafen. Noch am selben Abend gegen Mitternacht fiel ein Heizer von der S.M.S. »Cormoran« über Bord und ertrank, die Leiche wurde zwei Tage später von Tauchern des S.M.S. »Falke« aufgefunden.“
Ein großes Abschiedsfest für S.M.S. »Falke« fand in dem BiergartenLindenaustatt, es spielte die Kapelle des »Cormoran« auf, zu der die Soldaten das letzte Mal mit den hübschen weiblichen Samoanerinnen den Tanzboden bevölkerten. Ausrichter war der deutsche VereinConcordiaauf Samoa, dessen Aktivitäten häufig durch die Bordkapelle bereichert wurden.
Zu einem Zwischenfall kam es, als sich einerseits Tanu weigerte, Samoa mit dem H.M.S. »Forch« zu verlassen, das mit Fieberkranken nach Fidschi, schließlich ohne seine Majestät, auslief. Andererseits wehte weiterhin die Königsflagge des Tanu über Mulinuu. Noch am Abend ließ der Präsident die in Mulinuu beim Palaste wehende Königsflagge von Polizisten niederholen. Tanu-Leute entrissen den Schutzleuten die Flagge und antworteten dem Präsidenten, als dieser ihnen erklärte, die Flagge sei auf Befehl der Kommission niedergeholt worden, Tanus Regierung bestände noch in Samoa. – Dieser Vorfall bedeutete für die Besatzung von S.M.S. »Falke«, dass sie Samoa vorläufig noch nicht verlassen konnten.
Am Morgen des 18. Juni forderte die Kommission die Tanu-Leute auf, Mulinuu zu räumen. Tatsächlich beugten sie sich dieser Aufforderung und Mulinuu wurde geräumt. Tanu siedelte nach Matautu über. Tamasese befand sich noch in Mulinuu. In Apia schien wieder völliger Friede zu herrschen. »Badger« befand sich mit den Mitgliedern der Kommission auf Rundreise, da selbige sich persönlich von der Stimmung der Einwohner auf den verschiedenen Inseln überzeugen wollten. Die Konsuln machten ihre Besuche auf den Kriegsschiffen und ließen sich ihren Salut in die Ohren knallen, ebenso Mr. Chambres.
Schließlich kam es doch am 25. Juni zum großen Abschiedsfest an Bord des »Falke«, hierzu war das ganze deutsche Apia geladen. Das Fest verlief äußerst gemütlich und beglückte die in Apia verweilenden Deutschen wie auch die auf ihre Heimreise wartende Mannschaft.
Als am nächsten Morgen die »Bagder« einlief, erfuhren die Soldaten durch verabredete Signale, dass »Falke« Samoa verlassen könnte, da in Savaii sich alles beruhigt hatte. In Erwartung der Abreise musste die Besatzung einen großen Verlust am Mittag verkraften, denn ihr Feuerwerksmaat Wittje starb an Fieber. Am Vormittag noch vor Abfahrt setzten sie ihn in Apia bei. Die Deutschen Apias sagten, dass solch einen Trauerzug Samoa noch nie gesehen hätte, denn so viel Militär von den Kriegsschiffen, die Mitglieder der Kommission sowie fast das ganze weiße Apia nahmen an der Trauerfeier teil. Am Nachmittag stach »Falke« ohne Sang und Klang in See in Richtung Leonka. Ich dachte:Wir binden nur die Schiffe ab, wer weiß, ob wir nicht wieder hinmüssen?– Gofa Samoa!
Hier endet der Bericht meines Opas über Samoa.
Die Kommission arbeitete effektiv. Tanu, Tamasese und Mataafa stimmten formell zu, die Entscheidungen der Kommission zu befolgen. Am 10. Juni schaffte die Kommission den Königstitel ab. Dr. SolfDr. Wilhelm Solf war ab 1899 Präsident des Munizipalrates in Apia auf Samoa; 1900 wurde er Gouverneur der neuen deutschen Kolonie Deutsch-Samoa. [71] wurde zum Präsidenten der Gemeindeverwaltung ernannt. Die Waffen wurden gegen die Zusage der Kommission, dass die Einheimischen eine finanzielle Entschädigung für die abgelieferten Waffen erhalten, abgegeben. Die Kriegsschiffe wurden abgezogen.
Schließlich schlug die Kommission ihren Regierungen vor, dass die einzige Möglichkeit zur Beruhigung von Samoa die Teilung sei. In einem separaten Vertrag übertrug England seine Rechte an Samoa westlich des 171. Längengrades auf Deutschland. Alles was östlich des 171. Längengrades lag, wurde den Amerikanern zugeschlagen. Allen Mächten wurde Handelsfreiheit zugesichert.
Einen offenen Punkt bildeten die Haftungsfragen über die Schäden am Eigentum ausländischer Bewohner, die die Kommission dem König Oskar II. von Schweden übertrug. In seinem Schiedsspruch ging die Haftung an Großbritannien und Amerika über. Die Zahlungen wurden von beiden Mächten hinausgezögert, die letzte Zahlung erfolgte erst im Jahre 1917.
Unter Berücksichtigung der Arbeit der Kommission war Deutschland weitestgehend für die auf Samoa angerichteten Schäden rehabilitiert. Auch die vorherigen Untersuchungen im Jahre 1879 zeigten, dass Landenteignungen von allen Seiten durchgeführt wurden, die jedoch nicht immer redlich waren. Trotzdem ist es bezeichnend, wenn über 50 Prozent der deutschen Ansprüche als gerechtfertigt angesehen wurden, aber nur sieben beziehungsweise drei Prozent der Amerikaner und Briten. Zu allen Zeiten wurde aber deutlich, dass nur persönliche Kontakte und gegenseitiges Verständnis Probleme lösen halfen. Wo das nicht der Fall war, kam es zu unschönen Szenen, die allen Beteiligten nicht gut anstanden.
Mit unserem heutigen Wissen fehlt mir das Verständnis für den kolonialen Landerwerb und das koloniale Machtstreben. Die Händler haben wie auch alle Missionare zu keiner Zeit die einheimische Bevölkerung als gleichberechtigt akzeptiert. Ähnlich ging es aber auch den von den Regierungen entsandten Vertretern. Der beste Oberrichter war für die Deutschen stets der, der in ihrem Interesse die Entscheidungen fällte. Die ideale Kombination auf Samoa war aus Sicht der meisten deutschen Händler die Zeit, als Thomas Weber, Geschäftsführer der DHPGDeutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee-Inseln zu Hamburg. Die Gesellschaft ging 1878 aus der Firma J. C. Godeffroy & Cohn hervor. Sie besaß Faktoreien, Kokospalmen- und Kakao-Pflanzungen auf Samoa, den Tonga-Inseln und in Neuguinea. Aktionäre erhielten die Genussscheine im Verhältnis eins zu zwei zugeteilt.Siehe Wikipedia.org [72] auf Samoa und Oberrichter in Apia war, solange seine Entscheidungen nach dem Sankt-Florians-PrinzipDas Sankt-Florian-Prinzip bezeichnet Verhaltensweisen, potentielle Bedrohungen oder Gefahrenlagen nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben. Heiliger Sankt Florian / Verschon' mein Haus / Zünd' and're an!
[73] sich nicht gegen die persönlichen, eigenen Interessen der Betroffenen richteten.
[72] Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee-Inseln zu Hamburg. Die Gesellschaft ging 1878 aus der Firma J. C. Godeffroy & Cohn hervor. Sie besaß Faktoreien, Kokospalmen- und Kakao-Pflanzungen auf Samoa, den Tonga-Inseln und in Neuguinea. Aktionäre erhielten die Genussscheine im Verhältnis eins zu zwei zugeteilt.
[73] Das Sankt-Florian-Prinzip bezeichnet Verhaltensweisen, potentielle Bedrohungen oder Gefahrenlagen nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben. Der Schutzpatron für die Abwendung von Feuer und Dürre wurde angerufen:
Heiliger Sankt Florian / Verschon' mein Haus / Zünd' and're an!