22Feb2021

Abenteuer Corona-Impfung

Bernd Herzog

Durch die Zeitung war ich informiert, dass es nun bald eine Impfung gegen Covid 19 geben werde. Die Koordinierung sollte unter der Telefonnummer 116117 erfolgen. Die Impfberechtigen über 80 Jahren mögen sich aber gedulden, sie würden ein Schreiben der Behörde erhalten. Das Schreiben kam dann auch einige Tage später. Unsere Sozialsenatorin teilte mir darin nicht den erhofften Impftermin mit, sondern die sensationelle Empfehlung, ich möchte mir doch unter der Nummer 116117 einen Termin holen …?

Beim achten Versuch, an mehreren Tagen, wurde ich dann tatsächlich mit einem Mitarbeiter verbunden! Er teilte mir mit, ich möge es in einer Woche noch einmal probieren, bis dahin gebe es keine neuen Termine. In derselben Nacht, um 00:15 Uhr hat mein Sohn dann einen Impftermin für mich bekommen. Leider nicht für meine Frau / Betreuerin, die uns wegen meiner außergewöhnlichen Gehbehinderung zugeteilt ist. Dies ist über das Internet nicht möglich, sondern nur über 116117, wo es aber keine Termine gab! So wurde es uns mitgeteilt.

Das Anmelden übers Internet war aber auch nicht einfach. Nach der Anmeldung bekommt man einen Code auf sein Handy, mit dem man dann im Netz weitermachen kann.

Wieviele über Achtzigjährige haben einen Computer und kennen sich damit aus? Bei mir wäre es schon an meinem zehn Jahre alten Handy gescheitert!

Mit dem Termin musste ich jetzt nur noch eine Einwilligungserklärung zu Informationspflichten bei einer Erhebung von Daten, ein dreiseitiges Aufklärungsblatt zur Schutzimpfung, eine Einwilligungserklärung und einen Anamnesebogen herunterladen.

Nun wollte ich nur noch wissen, ob ich meinen Rollator mitbringen soll, oder, wie es im Abendblatt stand, es vor Ort ausreichend Rollstühle und Rollatoren gibt. Im Internet gab es hunderte Seiten über die Messehallen, aber keine Telefonnummer, wo man so etwas hätte erfragen können. Bei der Hamburger Behördenauskunft erhielt ich die Antwort: Dafür sind wir nicht zuständig, das ist keine Behörde. Zählt denn die Sozialbehörde von Frau Dr. Leonhard nicht zu den Behörden?

Auch meine Krankenkasse erklärte sich als nicht zuständig. Meine Beförderung mit einem Taxi zu den Ärzten, die mir wegen meiner Schwerbehinderung normalerweise von der Krankenkasse bezahlt wird, gilt für die Corona-Impfung nicht. Ich möchte mich doch gefälligst an meinen Hausarzt wenden und mir eine Bescheinigung ausstellen lassen, dass ich einen Behindertenausweis aG habe und auf einen Transport angewiesen bin. Auch mein Hinweis, dass die Krankenkasse doch alle Unterlagen hat, nützte nichts, "ist Vorschrift", bekam ich als Antwort. Das hatte ich in meinem Leben schon öfter gehört.

Aber nun gibt es Licht am Ende des Tunnels.

Das Deutsche Rote Kreuz hat sich eingeschaltet! Die Telefonnummer habe ich wieder einmal nur aus der Zeitung erhalten! Nun ging alles ganz schnell. Angerufen, Impftermin genannt, wir rufen in zehn Minuten zurück. Nach fünf Minuten riefen sie zurück, wir fahren Sie hin und zurück, machen Sie sich keine Gedanken um die Kosten.

Fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit stand dann auch ein achtsitziger Kleinbus des DRK vor unserer Tür. Es war aber kein Sammeltransport, wie ich befürchtet hatte, sondern ich blieb der einzige Passagier. Die Zufahrt zum Impfzentrum war ab der Rentzelstraße sehr gut ausgeschildert. Horst, der Fahrer, brachte mich direkt vor den Eingang. Er zeigte mir dann noch den eigens für das DRK reservierten Parkplatz, wo er warten würde, bis ich fertig bin.

Als Erstes musste ich am Eingang meine Terminbestätigung vorzeigen. Dann ging es durch einen Gang, in dem ich aufgefordert wurde, meine Mütze abzunehmen. Sollte ich hier jemanden begrüßen? Nein, natürlich nicht. Hier wurde im Vorbeigehen von einer Wärmebildkamera meine Temperatur gemessen.

Nun war ich im Impfzentrum angekommen. Eine riesige Halle mit nur wenigen Besuchern. Zuerst wurde ich gefragt, ob ich einen Rollstuhl haben möchte! Angesichts der vielen durch Absperrbänder gekennzeichneten Wege habe ich dann um einen Rollstuhl gebeten.

Ein junger Mann kam sofort und hat mich zu den verschiedenen Anlaufstellen geschoben. Es waren hier fast nur junge Frauen und Männer im Einsatz. Alle sehr nett, höflich und hilfsbereit.

Das mit dem Herunterladen des Aufklärungsblattes zur Schutzimpfung, der Einwilligungserklärung und dem Anamnesebogen hätte ich mir sparen können, es war hier alles vorbereitet. Weiter ging es zu einer sehr netten, jungen Ärztin mit blondem Pferdeschwanz und braunen Augen, die mit mir den Anamnesebogen und meine Tablettenliste sorgfältig besprach.

Da der junge Mann, der mich bis dahin mit dem Rollstuhl geschoben hatte und mich nun zur Impfkabine weiterschieben sollte, verschwunden war, holte sich die Ärztin meine Spritze und verabreichte sie mir in ihrem Raum. Dann schob sie mich noch in den Ruheraum, in dem alle eine halbe Stunde bleiben müssen, um eventuelle Reaktionen auszuschließen. Von hier aus schob mich jetzt ein junges Mädel zur Abmeldung. Hier wurden noch einmal alle Papiere überprüft. Sie schob mich sogar über den Parkplatz bis zum DRK-Bus, der mich nach Hause brachte.

Alles zusammen hat eineinhalb Stunden gedauert. Ich möchte mich bei allen Mitarbeitern des Impfzentrums für die freundliche Behandlung bedanken.

Auf der Rückfahrt gerieten wir in Eppendorf in eine Demonstration mit über hundert Autos von Impfgegnern, Corona-Leugnern und anderen mit bunten Plakaten beklebten Autos, welche die Straßen verstopften. Mit Mühe versage ich mir einen Kommentar dazu.

Bernd Herzog, 6. Februar 2021